Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240902/2/Re/MG

Linz, 20.03.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, x, x, xstraße x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 08.05.2012, Zl. SanRB96-79-2011, wegen zweier Verwaltungsübertretungen nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz - LMSVG (BGBl I Nr. 13/2006 idF BGBl I Nr. 95/2010) bzw. der Nährwertkennzeichnungsverordnung – NWKV (BGBl Nr. 896/1995 idF BGBl II Nr. 186/2009) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Ersatz von Untersuchungskosten zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG idgF iVm §§ 24, 45   Abs. 1 Z 1 und 2 sowie § 51 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idgF.

zu II: § 65, § 66 Abs. 1 VStG iVm § 71 Abs. 3 LMSVG idgF.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben es als verantwortlich Beauftragter für die Einhaltung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes BGBl. I. Nr. 13/2006, im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG. 1991 des Lebensmittelunternehmens x mit dem Sitz in x, xstraße x, zu verantworten, dass, wie anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung am 04.04.2011 um 14:55 Uhr im Lebensmittelunternehmen x in x, xstr. x, festgestellt wurde, die als Lebensmittel einzustufende Ware, und zwar

 

'x'

 

am 04.04.2011 im Kühllager des Lebensmittelunternehmens x. in x, xstr. x, gelagert und somit in Verkehr gebracht wurde, obwohl sich nach einer Untersuchung der am 04.04.2011 gezogenen Proben (10 Packungen – 10 x 100g) bei der x Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung x, x, x, ergab, dass

 

a)    die vorliegende Probe (10 Packungen à 100g x) durch die Auslobung "allergenfrei" eine zur Täuschung geeignete Angaben über ihre Art gemäß § 5 Abs.2 Z. 1 LMSVG, BGBl. Nr. 13/2006 idgF aufwies und somit dem Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 5 Abs. 2 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006, unterlag, da als allgemeine Auslobung die Angabe "allergenfrei" für den Verbraucher irreführend ist, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der durchschnittliche Konsument um das Fachwissen, welche Substanzen als kennzeichnungspflichtige Allergene angeführt werden müssen, verfügt. Außerdem kann grundsätzlich jedes Protein eine allergenes Potential in sich tragen und somit ist die Auslobung 'allergenfrei' zu generell um pauschal einzutreffen und

b)    die vorliegende Probe (10 Packungen à 100g x) auf ihrer Verpackung eine Nährwertkennzeichnung gemäß der Nährwertkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 896/1995 i.d.g.F. im Umfang § 5 Abs. 1 Z. 2 (Brennwert, Gehalt an Eiweiß, Kohlenhydraten, Zucker, Fett, gesättigte Fettsäuren, Ballaststoffen und Natrium), § 5 Abs. 3/4 (Gehalt an Mineralstoffen), § 9 Abs. 2 (Prozentsatz der im Anhang genannten empfohlenen Tagesdosen der Mineralstoffe) aufweist, die Probe jedoch in folgendem Punkt nicht den Bestimmungen dieser Verordnung entspricht:
Nach den Bestimmungen dieser Verordnung (§ 5 Abs. 3 Z. 6 in Verbindung mit der Anlage) darf nur auf jene Mineralstoffe hingewiesen werden, die im Anhang genannt sind und die in signifikanten Mengen (wenigstens 15% der im Anhang genannten empfohlenen Tagesbasis) enthalten sind. Bei Eisen und Magnesium ist laut Deklaration die im Anhang geforderte Menge von 15% der empfohlenen Tagesdosis in 100 g erheblich unterschritten. Ihre Angabe ist daher unzulässig.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

a)    § 90 Abs. 1 Ziffer 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG 2006, BGBl. I Nr. 13/2006 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Ziffer 1 leg.cit.

b)    § 90 Abs. 3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG 2006, BGBl. I Nr. 13/2006 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 leg.cit. und der Nährwertkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 896/1995 i.d.g.F."

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde zu Spruchpunkt a) nach dem Strafrahmen des § 90 Abs 1 LMSVG und zum Spruchpunkt b) nach dem Strafrahmen des § 90 Abs 3 LMSVG je eine Geldstrafe von 100,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden), schrieb gemäß § 64 VStG die Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10% der Geldstrafen (jeweils 10,-- Euro, insgesamt sohin 20,-- Euro) vor und verpflichtete zum Ersatz der Lebensmitteluntersuchungskosten von 75,-- Euro. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrug somit 295,-- Euro.

 

1.2. In der Begründung des Straferkenntnisses verweist die belangte Behörde zunächst auf das Gutachten der x Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (x), Institut für Lebensmitteluntersuchung x, x, x, dessen Inhalt sie wiederholt. Danach gibt sie die im ordentlichen Ermittlungsverfahren erstattete Rechtfertigung des Bw vom 13.09.2011 einschließlich der gutachterlichen Stellungnahme von X, Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, DI x & DI x ZT-GmbH, vom 24.01.2011 und eine dazu eingeholte Stellungnahme des Instituts für Lebensmitteluntersuchung Linz vom 30.01.2012 wieder.

 

In ihrer rechtlichen Beurteilung der Tatvorwürfe und der Rechtfertigungsangaben des Bw schließt sich die belangte Behörde den Ausführungen des Instituts für Lebensmitteluntersuchung Linz an.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung des Bw vom 01.06.2012.

Darin bringt der Bw im Wesentlichen wie folgt vor:

 

2.1. Zum Tatvorwurf in Spruchpunkt a)

 

Der Bw führt dazu im Wesentlichen aus, dass gemäß § 4 Abs.1 Z 7 LMKV jede Zutat, die im Anhang III angeführt sei oder die aus einer Zutat nach Anhang III gewonnen worden sei, mit einem deutlichen Hinweis auf die Bezeichnung dieser Zutat zu deklarieren sei. Es handle sich dabei um die Allergen-Kennzeichnung. Die deklarierungspflichtigen Zutaten seien in Anhang III aufgezählt. Das Produkt "x" enthalte keine dieser Zutaten. Die Aufzählung in Anhang III sei taxativ. Aus der Formulierung "allergenfrei" könne der Verbraucher schließen, dass keine unter dem Gesichtspunkt der Allergenkennzeichnung deklarierungspflichtige Zutat enthalten sei. Ein solcher Hinweis diene der Verbraucherinformation. Es sei nicht anzunehmen, dass ein Verbraucher den Anhang III auswendig wisse oder diesen ständig bei sich trage. Kaufe er nun Lebensmittel, könne er sichergehen, dass keine deklarierungspflichtige allergene Zutat enthalten sei. Der Verbraucher könne sichergehen, dass dieses Lebensmittel auch keine bei ihm unentdeckte oder beim Personenkreis, für den er einkaufe, ihm nicht bekannte Allergie auslöse. Die Ansicht der x, diese Information als irreführend zu bezeichnen, könne nicht geteilt werden. Die Bezeichnung entspreche dem aktuellen Verbraucherleitbild. Die Ansicht der x, ein allergenfreies Lebensmittel sei undenkbar, sei nicht haltbar.

 

2.2. Zum Tatvorwurf in Spruchpunkt b)

 

Der Bw führt dazu im Wesentlichen aus, dass die Behörde unrichtig zitiere. Gemäß § 5 Abs. 3 Z 6 NWKV könne die Kennzeichnung auch Mengen der in der Anlage angeführten und gemäß den dort angegebenen Werten in signifikanten Mengen vorhandenen Vitaminen und Mineralstoffen enthalten. Der Anhang gebe eine Reihe von Vitaminen und Mineralstoffen an, die in der Angabe enthalten sein dürften und ihre empfohlene Tagesdosis. Die 15%-Klausel des letzten Absatzes sei eine "Soll-Regelung". Mit einem Sollen seien keine rechtlich sanktionierbaren Anordnungen verbunden (Blass-Brustbauer et al., LMR³ Rn 2 zu § 5 NWKV).

Die Rechtsansicht der Behörde, es dürfe nur auf jene Mineralstoffe hingewiesen werden, die im Anhang genannt seien und die in signifikanten Mengen enthalten seien, könne nicht geteilt werden. Die x gebe den Gehalt und den Anteil an der empfohlenen Tagesdosis an, und dies sei eine wichtige Verbraucherinformation. Es werde dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben, die Nahrungsmittel so zu kombinieren, dass er die empfohlene Tagesdosis erreichen könne.

 

Ferner weist der Bw hinsichtlich Tatvorwurf a) und b) auf die Bestätigung der einwandfreien Beschaffenheit des Produkts, auch hinsichtlich der Kennzeichnung, durch die Fa. X, Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, DI x & DI x ZT-GmbH, hin.

 

2.3. Der Bw stellt den Antrag, der Oö. Verwaltungssenat möge eine mündliche Verhandlung anberaumen und die angefochtene Entscheidung aufheben sowie das Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu die angefochtene Entscheidung dahingehend abändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.2. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenats zur Entscheidung über die Berufung ergibt sich aus Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 51 Abs. 1 VStG. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu GZ SanrB96-79-2011; da sich bereits aus diesem Akt der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und insbesondere bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.4. Der UVS geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

3.4.1. Anlässlich einer von einem Aufsichtsorgan durchgeführten lebensmittelrechtlichen Kontrolle wurde am 04.04.2011 eine Probe der im Betrieb der x, x Straße x, x, im Kühllager bereitgehaltenen Ware "x" entnommen (Probenzeichen: x) und in der Folge der x Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (x), Institut für Lebensmitteluntersuchung x, x, x, zur Untersuchung übermittelt.

 

3.4.2. Wann die entnommene Probe von der Fa. x hergestellt und wann sie expediert wurde, kann nicht festgestellt werden.

 

3.4.3. Auf dem Etikett der Ware "x" findet sich folgender – verfahrensrelevanter – Text:

 

"x

HERKUNFT GARANTIERT AUS ÖSTERREICH

 

x

die x von x

·         ohne Geschmacksverstärker

·         gluten- und laktosefrei

·         zuckerfrei

·         allergenfrei

·         mit jodiertem Salz

[...]"

 

"x

 

Pro 100 g

(***RDA)

**Pro Portion

(25 g)

(***RDA)

X

2,9 mg

29%

0,7 mg

7%

X

1,4 mg

10%

0,4 mg

4%

X

26 mg

7%

7 mg

2%

X

266 mg

38%

67 mg

10%

X

54 µg

36%

14 µg

9%

***RDA (Recommended Daily Amount)

= Richtwert für die empfohlene Tagesdosis."

 

3.4.4. In ihrem Gutachten kommt die Sachverständige des Instituts für Lebensmitteluntersuchung x, Frau Mag. x, zu folgenden verfahrensrelevanten Schlussfolgerungen (amtliches Untersuchungszeugnis zu Auftragsnummer x vom 12.05.2011):

 

"Die vorliegende Probe 'x' weist auf der Etikette folgende Angabe auf: 'allergenfrei'.

 

Als allgemeine Auslobung ist die Angabe 'allergenfrei' für den Verbraucher irreführend, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der durchschnittliche Konsument um das Fachwissen, welche Substanzen als kennzeichnungspflichtige Allergene angeführt werden müssen, verfügt. Außerdem kann grundsätzlich jedes Protein ein allergenes Potential in sich tragen, und somit ist die Auslobung 'allergenfrei' zu generell, um pauschal zuzutreffen.

 

Die Probe weist daher durch die Auslobung 'allergenfrei' eine zur Täuschung geeignete Angabe über ihre Art gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF, auf.

 

Die vorliegende Probe 'x' weist auf ihrer Verpackung eine Nährwertkennzeichnung auf gemäß der Nährwertkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 896/1995 idgF, im Umfang

 

§ 5 Abs. 1 Z 2 (Brennwert , Gehalt an Eiweiß, Kohlehydraten, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Natrium)

§ 5 Abs. 3/4 (Gehalt an Mineralstoffen)

§ 9 Abs. 2 (Prozentsatz der im Anhang genannten empfohlenen Tagesdosen der Mineralstoffe).

 

Die vorliegende Probe entspricht in folgendem Punkt nicht den Bestimmungen dieser Verordnung:

 

Nach den Bestimmungen dieser Verordnung (§ 5 Abs. 3 Z 6 in Verbindung mit der Anlage) darf nur auf jene Mineralstoffe hingewiesen werden, die im Anhang genannt sind und die in signifikanten Mengen (wenigstens 15% der im Anhang genannten empfohlenen Tagesdosis) enthalten sind. Bei Eisen und Magnesium ist laut Deklaration die im Anhang geforderte Menge von 15% der empfohlenen Tagesdosis in 100 g erheblich unterschritten. Ihre Angabe ist daher unzulässig.

 

Die vorliegende Probe entspricht somit nicht der zitierten Verordnung.

 

Nach § 98 Abs. 1 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF, gelten Verordnungen auf Grund des LMG 1975 als Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes. Die Nährwertkennzeichnungsverordnung gilt daher als Verordnung gemäß § 6 Abs. 1 LMSVG.

[...]"

 

3.4.5. Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 04.07.2011, Zl. SanRB96-79-2011, wurden gegen den Berufungswerber zwei Verwaltungsstrafen iHv jeweils Euro 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden) wegen des folgenden Tatvorwurfs verhängt:

 

"Sie haben es als verantwortlich Beauftragter für die Einhaltung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes BGBl. I Nr. 13/2006 im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG. 1991 des Lebensmittelunternehmens x mit Sitz in x, xstr. x, zu verantworten, dass, wie anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung am 04.04.2011 um 14:55 Uhr im Lebensmittelunternehmen x in x, xstr. x, festgestellt wurde, die als Lebensmittel einzustufende Ware, und zwar

'x'

am 04.04.2011 im Kühllager des Lebensmittelunternehmens x in x, xstr. x, gelagert und somit in Verkehr gebracht wurde, obwohl sich nach einer Untersuchung der am 04.04.2011 gezogenen Probe (10 Packungen -10 x 100g) bei der x Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH., Institut für Lebensmitteluntersuchung x, x, x, ergab, dass

a) die vorliegende Probe (10 Packungen á 100 g x) durch die Auslobung 'allergenfrei' eine zur Täuschung geeignete Angaben über ihre Art gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF aufwies und somit dem Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 5 Abs. 2 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006, unterlag, da als allgemeine Auslobung die Angabe 'allergenfrei' für den Verbraucher irreführend ist, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der durchschnittliche Konsument um das Fachwissen, welche Substanzen als kennzeichnungspflichtige Allergene angeführt werden müssen, verfügt. Außerdem kann grundsätzlich jedes Protein ein allergenes Potential in sich tragen und somit ist die Auslobung 'allergenfrei' zu generell um pauschal einzutreffen und

b) die vorliegende Probe (10 Packungen á 100 g x) auf ihrer Verpackung eine Nährwertkennzeichnung gemäß der Nährwertkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 896/1995 i.d.g.F. im Umfang

§ 5 Abs. 1 Z 2 (Brennwert , Gehalt an Eiweiß, Kohlehydraten, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Natrium)

§ 5 Abs. 3/4 (Gehalt an Mineralstoffen)

§ 9 Abs. 2 (Prozentsatz der im Anhang genannten empfohlenen Tagesdosen der Mineralstoffe)

aufweist, die Probe jedoch in folgendem Punkt nicht den Bestimmungen dieser Verordnung entspricht:

Nach den Bestimmungen dieser Verordnung (§ 5 Abs. 3 Z. 6 in Verbindung mit der Anlage) darf nur auf jene Mineralstoffe hingewiesen werden, die im Anhang genannt sind und die in signifikanten Mengen (wenigstens 15% der im Anhang genannten empfohlenen Tagesdosis) enthalten sind. Bei Eisen und Magnesium ist laut Deklaration die im Anhang geforderte Menge von 15% der empfohlenen Tagesdosis in 100 g erheblich unterschritten. Ihre Angabe ist daher unzulässig."

 

Gegen diese Strafverfügung erhob der Bw mit Schreiben vom 13.07.2011 rechtzeitig Einspruch.

 

3.4.6. Mit Schreiben vom 08.08.2011 forderte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den Bw zur Rechtfertigung auf und hielt ihm dabei wiederum den o.g. Tatvorwurf vor. Mit Schreiben vom 13.09.2011 kam der Bw dieser Aufforderung – nach Fristverlängerung durch die belangte Behörde – fristgerecht nach und wies insbesondere auf die beiliegende Stellungnahme von DI x & DI x ZT-GmbH, X Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, hin.

 

In dieser Stellungnahme vom 24.01.2011, Zl. G142920/2011, kommt der Privatsachverständige DI x hinsichtlich des Prüfungsgegenstands "x" zu folgenden verfahrensrelevanten Schlussfolgerungen:

 

"Die Kennzeichnung entspricht den österreichischen Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, der Fertigverpackungsverordnung und der Nährwertkennzeichnungsverordnung.

In Hinsicht auf die Deklaration ist die Ware in Österreich verkehrsfähig.

 

Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen bietet die Probe keinen Anlaß für eine Bemängelung."

 

3.4.7. Die Rechtfertigungsangaben des Bw übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Institut für Lebensmittelsicherheit Linz mit dem Ersuchen um Stellungnahme. In dieser Stellungnahme vom 30.01.2012 führt die Gutachterin Mag. x verfahrensrelevant wie folgt aus:

 

"[...] Die Kennzeichnung von Lebensmittelzutaten, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, ist in der Richtlinie 2000/13/EG hinsichtlich der Angabe der in Lebensmitteln enthaltenen Zutaten geregelt. Diese Richtlinie wurde durch die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 idgF in österreichisches Recht umgesetzt. Die häufigsten Auslöser von Lebensmittelallergien wurden in eine Liste aufgenommen und müssen speziell gekennzeichnet werden. Derzeit umfass diese Liste 14 Substanzgruppen, die als mögliche Auslöser von Nahrungsmittelallergien bekannt sind. Durch Kreuzreaktionen können aber auch Pollenallergiker auf bestimmte Nahrungsmittel allergisch reagieren. Unter einer Allergie versteht man eine Überempfindlichkeitsreaktion, die durch das Immunsystem des Menschen ausgelöst wird. Jede Substanz, die im Stande ist, eine Immunantwort auszulösen, kommt als Allergen in Frage. Generell sind Proteine am wirksamsten, aber auch Polysaccharide oder Lipide können allergische Reaktionen hervorrufen.

Da ein Lebensmittel immer aus vielen einzelnen Bestandteilen besteht, ist ein allergenfreies Lebensmittel undenkbar. Jeder Inhaltsstoff kann für einen Menschen, dessen Immunsystem auf diesen Stoff überreagiert, ein Allergen darstellen und deshalb ist die Auslobung 'allergenfrei' zu generell um pauschal zuzutreffen.

 

[...] Nach den Bestimmungen der Nährwertkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. 896/1995 idgF (NWKV) § 5 Abs 3 Z 6 in Verbindung mit der Anlage darf nur auf Mineralstoffe hingewiesen werden, die im Anhang genannt sind und die in signifikanten Mengen (mindestens 15% der im Anhang genannten empfohlenen Tagesbasis) enthalten sind. Im Anhang steht: In der Regel sollte eine Menge von 15% der empfohlenen Tagesdosis bei der Festsetzung der signifikanten Menge berücksichtigt werden. Auf Grund des allgemeinen Irreführungsverbotes gem. § 5 Abs 1 LMSVG idgF dem Gebot der leichten Verständlichkeit gem. § 7 Einleitungssatz NWKV wird die 15% Regel in der Praxis als Orientierungsgröße herangezogen. So ist etwa die Auslobung eines Mineralstoffes, der unterhalb der 15% bzw. sogar nur in Spuren vorhanden ist, als irreführend zu beurteilen. Der Verbraucher erwartet sich bei der Auslobung eines bestimmten Stoffes eine zusätzliche positive Wirkung eines Lebensmittels und er kann nicht abschätzen in welcher Menge dies vorhanden sein muss, um beim Konsum eine positive Wirkung erzielen zu können. Daher ist die Einhaltung der 15% - Regelung sinnvoll und anzuwenden.

Die Einhaltung der 15% - Regelung bezieht sich in jedem Fall auf die Nährwertkennzeichnung selbst, denn § 5 Abs. 3 Z 6 bezieht sich auf jene Stoffe (Vitamine oder Mineralstoffe), die in der Anlage angeführt und gemäß den dort angegebenen Werten in signifikanten Mengen vorhanden sind. Wie schon erwähnt, wird bei signifikanten Mengen in der Regel von 15% der empfohlenen Tagesdosis ausgegangen. Die Angabe von weniger als 15% für Mineralstoffe ist daher gemäß den genannten Bestimmungen nicht zulässig."

 

3.4.7. Mit Straferkenntnis vom 08.05.2012 entschied die belangte Behörde in der oben dargestellten Weise.

 

3.5. Der dargestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den Beweismitteln.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Beim gegenständlichen Produkt handelt es sich unbestritten um ein Lebensmittel, das unter den Geltungsbereich des LMSVG fällt (§ 3 Z 1 LMSVG iVm Art. 2 VO (EG) 178/2002, ABl 2002 L 31/1 idF ABl 2009 L 188/14: "alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.").

 

4.2. Die Aufgabe von Sachverständigen im Verwaltungsverfahren besteht allgemein darin, Tatsachen zu erheben (Befund) und aus den erhobenen Tatsachen aufgrund ihrer Fachkundigkeit  Schlussfolgerungen zu ziehen (Gutachten). Die Tätigkeit der Befundstellung und der Abgabe des Gutachtens sind streng von der Entscheidung über Rechtsfragen zu unterscheiden, zu der allein die Verwaltungsbehörde berufen ist. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe des Sachverständigen, den Sachverhalt rechtlich zu beurteilen (VwGH 14. 1. 1993, 92/09/0201; 25. 2. 2004, 2003/12/0027). Vielmehr hat sich die Behörde auf Grund des Sachverständigengutachtens ihr Urteil über Rechtsfragen zu bilden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, 2. Teilband [2005] Rn 6 zu § 52).

Enthält das Gutachten dennoch eine rechtliche Beurteilung des Sachverhalts, überschreitet der Sachverständige seine Aufgabe; eine solche „Lösung“ von Rechtsfragen ist für die erkennende Behörde unbeachtlich (VwGH 23. 1. 1992, 91/06/0184; 29. 11. 1994, 92/05/0139; 24. 4. 2002, 2001/12/0218), beeinträchtigt aber die Aussagekraft eines ansonsten mängelfreien Gutachtens nicht (VwGH 7. 10. 1996, 95/10/0205; 27. 1. 1997, 93/10/0190; 20. 4. 2001, 99/05/0211).

 

 

4.3. Zum Tatvorwurf in Spruchpunkt a)

 

4.3.1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 LMSVG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verkehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung in Verkehr bringt.

 

Nach § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere

 

1.     zur Täuschung geeignete Angaben über Eigenschaften des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;

2.     Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;

3.     Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.

 

4.3.2. Was unter Inverkehrbringen zu verstehen ist, ergibt sich aus der Begriffsbestimmung nach § 3 Z 9 LMSVG, die zunächst grundsätzlich auf den Art. 3 Z 8 der VO (EG) 178/2002 verweist. Nach Art. 3 Z 8 VO (EG) 178/2002, ABl 2002 L 31/1 idF ABl 2009 L 188/14, bezeichnet der Ausdruck "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

Im Absatz 2 des § 3 Z 9 LMSVG wird davon abweichend bei ursprünglich auf Grund des LMG 1975 erlassenen Verordnungen (wie im früher geltenden § 1 Abs. 2 LMG 1975) angeordnet, dass als "Inverkehrbringen" auch das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht, zu verstehen ist. Bei Beurteilung einer Ware ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonderheit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein "Inverkehrbringen" liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Befugnisse der Aufsichtsorgane gemäß §§ 35, 39 und 41 LMSVG bleiben davon unberührt.

 

Das LMSVG kennt demnach zwei teilweise verschiedene Begriffe des "Inverkehrbringens", wobei grundsätzlich der engere Begriff nach VO (EG) 178/2002 anzuwenden ist. Für die auf Grund des LMG 1975 erlassenen Verordnungen – wie im gegenständlichen Fall die NWKV in Spruchpunkt b) – gilt jedoch der alte Begriff des § 1 Abs. 2 LMG 1975 weiter (vgl Blass ua, LMR3 § 3 LMSVG Rz 35). Für den Tatvorwurf des Spruchpunkts 1 des bekämpften Bescheids ist daher der Begriff des Inverkehrbringens gem. Art. 3 Z 8 VO (EG) 178/2002 maßgeblich.

 

4.3.3. Im Anhang IIIa der EG-Etikettierungsrichtlinie (RL 2000/13/EG, ABl L 109/2000 idF ABl L 368/2006) sind zwingend deklarierungspflichtige Zutaten im Sinne des Artikel 6 Absätze 3a, 10 und 11 der Richtlinie taxativ aufgezählt.

 

Art 6 Abs 11 der EG-EtikettierungsRL lautet:

 

"(11) Das Verzeichnis in Anhang IIIa wird auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Kenntnisse regelmäßig überprüft und erforderlichenfalls aktualisiert. Die erste Überprüfung erfolgt spätestens am 25. November 2005.

Die Aktualisierung kann auch darin bestehen, dass Zutaten, bei denen nachgewiesen ist, dass sie keine unerwünschten Reaktionen hervorrufen können, aus Anhang IIIa gestrichen werden. Zu diesem Zweck können der Kommission bis zum 25. August 2004 Studien mitgeteilt werden, die derzeit durchgeführt werden, um festzustellen, ob Zutaten oder Stoffe, die aus den in Anhang IIIa aufgeführten Zutaten gewonnen werden, unter bestimmten Umständen wahrscheinlich keine unerwünschten Reaktionen hervorrufen. Die Kommission beschließt bis zum 25. November 2004 nach Konsultation der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ein Verzeichnis der Zutaten oder Stoffe, die sodann, bis die endgültigen Ergebnisse der mitgeteilten Studien vorliegen oder spätestens bis zum 25. November 2007, aus Anhang IIIa ausgeschlossen werden.

Unbeschadet von Unterabsatz 2 kann Anhang IIIa entsprechend dem in Artikel 20 Absatz 2 genannten Verfahren nach Einholung eines gemäß Artikel 29 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit abgegebenen Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit geändert werden.

Erforderlichenfalls können technische Leitlinien für die Auslegung des Verzeichnisses in Anhang IIIa entsprechend dem in Artikel 20 Absatz 2 genannten Verfahren festgelegt werden."

 

Die in der EG-EtikettierungsRL grundgelegte Allergen-Kennzeichnungspflicht wird im § 4 Abs 1 Z 7g LMKV in Verbindung mit Anhang III der LMKV geregelt und umgesetzt. Aus dem zitierten Art 6 Abs 11 der EG-EtikettierungsRL idF der AllergenkennzeichnungsRL 2003/89/EG ergibt sich die Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung und Aktualisierung der Liste der allergenen Stoffe in Anhang IIIa der Richtlinie entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl näher Blass ua, LMR3, Teil II A1, Rz 78 zur LMKV).

 

Die belangte Behörde übernimmt die Rechtsansicht der x, wonach die Angabe "allergenfrei" nicht berechtigt gewesen sei, obwohl der gegenständliche Lebensmittelerzeuger zutreffend keinen der allergenen Stoffe im Anhang III der LMKV deklariert hat. Es könnten nämlich (theoretisch) auch noch andere als die dort angeführten Stoffe allergische Reaktionen auslösen.

 

Bei streng wissenschaftlicher Betrachtung mag es zutreffen, dass Allergene nie ganz ausgeschlossen werden können, man sich also nie vollkommen sicher sein kann. Denn eine Allergie ist eine angeborene oder erworbene spezifische Änderung der Reaktionsfähigkeit des Immunsystems von Menschen gegenüber körperfremden, an sich unschädlichen Substanzen, die als Allergene erkannt werden (vgl näher Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259 A [2002], 43 f).

 

Mit diesem negativen Ansatz des "Nicht-Ausschließen-Könnens" ist in der Praxis weder für das Informationsbedürfnis eines durchschnittlichen Verbrauchers, noch für die (auch grundrechtlich geschützten) Werbeinteressen von Lebensmittelunternehmen etwas gewonnen. Deshalb gibt es zur positiven Orientierung einen Katalog von deklarationspflichtigen Allergenen im Anhang IIIa der EG-Etikettierungsrichtlinie bzw im Anhang III der LMKV, der dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einem aktuellen Zeitpunkt entspricht und gegebenenfalls nach einem Gutachten der Europäischen Lebensmittelbehörde aktualisiert wird. Damit wird eine relativ hohe Informationssicherheit über bestehende Allergene für den Lebensmittelmarkt geschaffen, die sowohl dem informierten Konsumenten als auch dem Lebensmittelunternehmer nützt.

 

Wenn ein Lebensmittelerzeuger keinen einzigen Stoff mit allergenem Potential, der nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand in Anhängen zu Rechtsvorschriften genannt wird, deklarieren musste, dann erscheint es auf der Grundlage des oben beschriebenen Regelungssystems nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats durchaus zulässig, nach dem derzeitigen Wissensstand von "allergenfrei" sprechen zu dürfen. Denn darin kann schon deshalb keine Irreführung des verständigen und über allfällige Allergien informierten Verbrauchers gesehen werden, weil dieser die Angabe ohnehin nicht absolut, sondern nur unter dem Vorbehalt künftigen besseren Wissens verstehen darf (vgl. dazu auch die Erkenntnisse des Oö. Verwaltungssenats VwSen-240860/2/WEI/Ba vom 28.09.2012; VwSen-240910/2/Py/MG/AK vom 05.02.2013; VwSen-240906/2/Kl/MG/TK vom 12.02.2013).

 

4.3.4. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 90 Abs. 1 LMSVG enthält weder eine Bestimmung über das Verschulden, noch gehört zum Tatbestand des Inverkehrbringens der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr; es handelt sich somit um ein Ungehorsamsdelikt (VwGH 26.09.2011, 2010/10/0145). Es genügt daher auf subjektiver Tatseite zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Selbst wenn man jedoch hinsichtlich der objektiven Erfüllung des Tatbestands anderer Meinung wäre, hätte der Bw nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats auf das eingeholte Fachgutachten vom 24.01.2011, Zl. G142920/2011 des Ziviltechnikerunternehmens DI x & DI x ZT-GmbH, X Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, vertrauen dürfen, das nach Analyse einer offenbar vergleichbaren Probe der "x" die Ware ohne Mängel und als in Österreich verkehrsfähig befunden und auch die Übereinstimmung mit den österreichischen Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnung angenommen hat. Der Bw hätte damit im gegenständlichen Fall eines Ungehorsamsdelikts entsprechend dem § 5 Abs 1 Satz 2 VStG glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

4.4. Zum Tatvorwurf in Spruchpunkt b)

 

4.4.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z 2 LMSVG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2 oder 57 Abs. 1 LMSVG erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Nach § 98 Abs. 1 LMSVG gelten Verordnungen auf Grund des LMG 1975 als Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes. Die Nährwertkennzeichnungsverordnung gilt daher als Verordnung gemäß § 6 Abs. 1 LMSVG. Gemäß § 5 Abs 1 Z 3 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die den nach den § 4 Abs 3, §§ 6 oder 57 Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht entsprechen, in Verkehr zu bringen.

 

4.4.2. Gemäß § 1 Abs. 1 NWKV regelt diese Verordnung die Nährwertkennzeichnung sowie nährwertbezogene Angaben beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher bestimmt sind. Das gegenständliche Produkt "x" unterfällt jedenfalls dem sachlichen Geltungsbereich der NWKV.

Gemäß § 2 Abs. 2 NWKV muss, wenn beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln eine nährwertbezogene Angabe erfolgt, - ausgenommen bei produktübergreifenden Werbekampagnen - die Kennzeichnung des Lebensmittels die Angaben gemäß § 5 NWKV enthalten; ausgenommen davon kann sich hingegen die Kennzeichnung beim Inverkehrbringen unverpackter Lebensmittel auf die Deklaration jener Angabe(n) beschränken, auf die sich die nährwertbezogene Angabe bezieht.

Gemäß § 5 Abs. 3 Z 6 NWKV kann die Kennzeichnung gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 oder Z 2 NWKV auch die in der Anlage angeführten und gemäß den dort angegebenen Werten in signifikanten Mengen vorhandenen Vitamine oder Mineralstoffe umfassen. Gemäß Anlage zur NWKV zählen zu diesen Mineralien insb. auch Eisen und Magnesium. In der Regel sollte eine Menge von 15 % der in dieser Anlage angegebenen empfohlenen Tagesdosis in 100 g oder 100 ml oder in einer Packung, sofern die Packung nur eine einzige Portion enthält, bei der Festsetzung der signifikanten Menge berücksichtigt werden. Für Eisen beträgt die empfohlene Tagesdosis 14 mg, für Magnesium 375 mg. 15% der empfohlenen Tagesdosis von Eisen sind demnach 2,1 mg ([14/100]*15); 15% der empfohlenen Tagesdosis von Magnesium sind 56,25 mg ([375/100]*15). Beide Werte sind beim gegenständlichen Produkt wesentlich unterschritten (Eisen: 10%, Magnesium: 7%).

 

4.4.3. Nach Rechtsprechung des VwGH ergibt sich aus § 5 Abs. 3 Z 6 NWKV, dass der Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen, die in einem Lebensmittel in nicht signifikanten Mengen vorhanden sind, gar nicht gekennzeichnet werden dürfen (VwGH 30.09.2002, 2001/10/0241; vgl. auch VwGH 30. September 2002, 2002/10/0036). Eine objektive Verletzung des aus § 5 Abs. 3 Z 6 iVm § 90 Abs. 3 Z 2 LMSVG ableitbaren Verbots der Kennzeichnung solcher Mineralstoffen, die in einem Lebensmittel in nicht signifikanten Mengen vorhanden sind (hier: Magnesium und Eisen), liegt jedenfalls vor.

 

4.4.4. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 90 Abs. 3 LMSVG enthält weder eine Bestimmung über das Verschulden, noch gehört zum Tatbestand des Inverkehrbringens der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr; es handelt sich somit um ein Ungehorsamsdelikt (VwGH 26.09.2011, 2010/10/0145). Es genügt daher auf subjektiver Tatseite zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats konnte der Bw auf das eingeholte Fachgutachten vom 24.01.2011, Zl. G142920/2011 des Ziviltechnikerunternehmens DI x & DI x ZT-GmbH, x Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik, vertrauen dürfen, das nach Analyse einer offenbar vergleichbaren Probe der "x" die Ware ohne Mängel und als in Österreich verkehrsfähig befunden und auch die Übereinstimmung mit den österreichischen Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnung angenommen hat. Der Bw hätte damit im gegenständlichen Fall eines Ungehorsamsdelikts entsprechend dem § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

4.4.5. § 44a VStG lautet wie folgt:

"§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten."

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu § 44a Z 2 VStG muss im Fall von Blankettstrafnormen nur die verletzte, nicht auch jene Vorschrift genannt werden, die die Verletzung zur Verwaltungsübertretung erklärt (VwSlg 11.525 A/1984 u.a.; vgl. auch Kneihs in N.Raschauer/Wessely [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz [2010] Rn. 5 zu § 44a VStG). Eine "Blankettstrafnorm" ist eine Norm, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie selbst keine Tatbilder enthält, sondern auf andere Vorschriften verweist, die damit Teil des Verwaltungsstraftatbestandes werden (VwGH 22.04.1997, 94/11/0303 bis 0313, mwN). Grundgedanke der Auslegung des § 44a Z 2 VStG ist es, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift so präzise zu sein hat, dass in Verbindung mit der Tatumschreibung nach § 44a Z 1 VStG eine eindeutige Zuordnung der vorgeworfenen Tat zu einem bestimmten Straftatbestand möglich ist (VwGH 29.05.2008, 2007/07/0063). Bezeichnet die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides entgegen der Bestimmung des § 44 a lit b VStG nicht genau die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift, indem sie es unterlässt, jene nach Buchstabe und Ziffer untergliederte konkrete Bestimmung zu bezeichnen, belastet sie dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (VwGH 23.12.1988, 88/04/0100). Richtigerweise hätte die belangte Behörde hinsichtlich des Tatvorwurfs in Spruchpunkt b) auf § 5 Abs. 1 Z 3 LMSVG bzw. auf § 5 Abs. 3 Z 6 NWKV abstellen müssen. Auch wegen dieser Rechtswidrigkeit im Spruchbestandteil b) des angefochtenen Bescheids war der Berufung Folge zu geben.

 

4.5. Im Ergebnis war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis in beiden Spruchpunkten aufzuheben, und es war das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 bzw. Z 2 VStG mangels Vorliegens der angelasteten Verwaltungsübertretungen einzustellen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch nach § 71 Abs. 3 LMSVG der Ersatz von Untersuchungskosten vorzuschreiben.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

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