Linz, 26.02.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA von Ghana, X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Linz vom 1. Februar 2013, AZ.: 1055692/FRB, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbots in der Dauer von 5 Jahren gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs. 4 AVG
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 1. Februar 2013, AZ.: 1055692/FRB, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 iVm. 53 Abs. 2 Z. 1 und 3 und Abs. 3 Z4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung und ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum ausgesprochen sowie gemäß § 55 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Durchsetzbarkeit des Bescheides festgelegt.
Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt Folgendes aus:
Die belangte Behörde führt weiter aus, dass der Bw in seiner Stellungnahme vom 17. Jänner 2013 angeführt habe, dass er noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, schon ganz gut deutsch spreche und auch gern einen Beruf ausüben würde. In Ghana habe er in der höchsten Fußballliga gespielt, auch in Österreich sei er in verschiedenen Vereinen tätig gewesen.
In der Auflistung der Verwaltungsübertretungen sei wirklich jede "kleine" Übertretung aufgelistet, das gehe von Falschparken, über das Vergessen der Warnweste bis zu Verletzung des Vorranges im Straßenverkehr.
Übertretungen des FSG und der StVO, die hinsichtlich der Erlassung eines Einreiseverbotes beachtlich seien, seien in § 53 Abs. 2 Z 1 FPG ausdrücklich angeführt.
Die in der Auflistung der Verwaltungsübertretungen des Bw angeführten Gesetzesstellen seien hier nicht darunter, obwohl seine Verstöße gegen das FSG und die StVO wohl noch am schwersten wögen.
Weiters:
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 14. Februar 2013.
Anfangs stellt er die Anträge, die Rechtsmittelbehörde möge
1. den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und damit die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung und das unter Einem erlassene Einreiseverbot aufheben;
2. in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen.
3. in eventu die Befristung des Einreiseverbotes von 5 Jahren herabsetzen.
Begründend führt der Bw Folgendes aus:
2.1.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 14. Februar 2013 dem UVS des Landes Oberösterreich vor.
2.1.2. Mit Schreiben vom 19. Februar 2013 übermittelte die belangte Behörde eine Anzeige gegen den Bw vom 18. Februar 2013, die Folge eines Aufgriffs des Bw war, der ein KFZ in einem alkoholisierten Zustand (1,52 mg/l) gelenkt haben soll.
2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG). Der Bw hat den in Rede stehenden Sachverhalt auch in keinster Weise bestritten; überdies liegt auch kein Parteienantrag des durch seinen Rechtsberater "unterstützten" Bw auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor.
2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.
2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).
3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 87/2012, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig ist.
Es ist jedoch bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.
3.2.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
3.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.
3.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.
Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Um so mehr gilt dies, wenn durch das persönliche Verhalten eines Fremden dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet werden. Vorweg ist hier schon auf die massiven und vielfachen Verwaltungsübertretungen des Bw zu verweisen. Es ist festzuhalten, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.
3.3.2. Durch die Rückkehrentscheidung bzw. das Einreiseverbot ist nach Aktenlage lediglich das Privatleben des Bw betroffen, zumal keinerlei familiäre Bindungen oder Sorgepflichten im Bundesgebiet bekannt sind oder geltend gemacht wurden.
3.3.3. Der Bw hält sich bereits seit über 7 Jahren in Österreich auf, wobei knapp 6 Jahre davon als nicht rechtmäßig erkannt werden müssen.
3.3.4. Von einer beruflichen Integration oder gar einer konstanten Selbsterhaltungsfähigkeit kann im Fall des Bw nicht gesprochen werden. Aufgrund seines relativ langen Aufenthalts ist aber von einer gewissen sozialen Integration auszugehen, zumal der Bw auch über relativ gute Deutschkenntnisse verfügt und in verschiedenen Fußballvereinen tätig war. Eine besondere Schutzwürdigkeit des Privatlebens lässt sich aus dem Sachverhalt nicht erschließen.
3.3.5. Der Bw verbrachte rund 30 Jahre in seinem Heimatstaat und kann also dort als sowohl sprachlich als auch kulturell voll integriert angesehen werden. In diesem Sinn ergeben sich auch keine Hinweise darauf, dass eine Rückkehr nach Ghana für ihn unzumutbar wäre.
Der Bw ist zwar in Österreich noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten, jedoch wiegen die von ihm konstant über einen mehrjährigen Zeitraum gestreuten Verwaltungsübertretungen insbesondere im Verkehrsrecht und im Fremdenrecht erheblich, worauf aber noch einzugehen sein wird.
3.3.6. Das Privatleben des Bw entwickelte sich großteils während unsicherem aufenthaltsrechtlichen Status. Verzögerungen von Seiten der behördlichen Verfahren sind nicht zu konstatieren; vielmehr hat es der Bw verabsäumt, den behördlichen Vorgaben Folge zu leisten.
3.3.7. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss.
Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.
3.4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder gerichtlich strafbaren Handlung im sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
7. aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
3.4.2. Mit einer Rückkehrentscheidung ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
Als Fiktion dieser Umstände wird in Z. 4 dieser Bestimmung ua. die – im vorliegenden Fall einschlägige - Wiederholungstat im Bereich des FPG genannt (vgl. die 4 rechtskräftigen Verwaltungsstrafen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts) . Demnach ist also grundsätzlich die Erlassung eines Einreiseverbotes von höchstens 10 Jahren zulässig. Darüber hinaus verwirklichte der Bw auch § 53 Abs. 2 Z. 1 in Form der je 6 Übertretungen der StVO (alkoholisiertes Lenken eines KFZ) sowie des FSG (Fahren ohne Lenkberechtigung, die entgegen dem Berufungsvorbringen sehr wohl explizit in den Strafnormen dieser Bestimmung angeführt werden. Für diese kommt eine Höchstdauer des Einreiseverbotes von 5 Jahren in Betracht.
3.4.3. Es ist – im Hinblick auf die festzusetzende Dauer des Einreiseverbotes sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit schwerwiegend zu gefährden.
Das Lenken eines KFZ in alkoholisiertem Zustand – noch dazu, wenn es vielfach praktiziert wird – ist fraglos geeignet die öffentliche Ordnung und Sicherheit massiv zu gefährden, da regelmäßig bei derartigem Verhalten nicht nur die Selbst- sondern auch oftmals die Fremdgefährdung äußerst massiv zu Tage tritt. Wie sich aus der Berufung des Bw ergibt, hat er das Ausmaß dieses Gefährdungspotentials keinesfalls erfasst und zeigt sich im Gegenteil bemüht, diese Verwaltungsübertretungen gravierend zu verharmlosen, was angesichts deren Häufung als unangebracht erscheinen muss. Ähnliches gilt für das vielfache Lenken ohne Lenkberechtigung, das der Bw – trotz vielfacher Bestrafung – vehement zu ignorieren scheint. Zu den mit jenen verkehrsrechtlichen Übertretungen verbundenen Gefahren für menschliches Leben und die öffentliche Ordnung darf auch auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde verwiesen werden.
Ein ähnlich uneinsichtiges Bild vermittelt der Bw betreffend die 4 Verwaltungsübertretungen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts und verkennt damit den hohen Stellenwert der Einhaltung fremdenpolizeilicher Normen und eines geordneten Fremdenwesens, der nicht nur gesellschaftlich, sondern auch höchstgerichtlich anerkannt ist.
Von einer Läuterung bzw. einer geänderten Einstellung des Bw kann im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden, da sich die einzelnen Delikte konstant über die letzten 6 Jahre verteilen und eine Besserung nicht erkennbar ist; dies auch ohne die Berücksichtigung der nur knapp 10 Tage zurückliegenden Anzeige wegen erneuten alkoholisierten Lenkens eines KFZ. Eine positive Zukunftsprognose kann dem Bw keinesfalls zugemessen werden.
3.4.4. Ohne den Grundsatz in dubio pro reo außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der
Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens bildet.
3.5. Im Lichte der eben getroffenen Feststellungen scheint die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum im Ausmaß von 5 Jahren unbedingt erforderlich und auch verhältnismäßig. Bei derart massiver verwaltungsrechtlicher Delinquenz bedarf es des angeführten Zeitraums, in dem der Bw Schritte zu einer Gesinnungs- und Handlungsänderung unternehmen müssen wird.
3.6.1. Allerdings stellt der Bw nunmehr auch den Antrag den Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend einzuschränken, dass die Wortfolge "für den gesamten Schengenraum" entfallen möge.
3.6.2. § 53 Abs. 1 FPG normiert zwar, dass das Einreiseverbot für das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gilt; das FPG bleibt aber sowohl nach grammatikalischer Interpretation dieser Bestimmung als auch nach allfälligen expliziten Begriffsbestimmungen die Antwort schuldig, um welche Mitgliedstaaten, welchen internationalen Vertragswerks es sich handelt. Bei Heranziehen der teleologischen Interpretation wie auch der "Erläuternden Bemerkungen" wird deutlich, dass unter dem Begriff "Mitgliedstaaten" hier die Mitgliedstaaten des Schengen-Aquis zu verstehen sind.
Wie sich aus dem – vom Bw zitierten Erkenntnis des UVS Wien zutreffend ablesen lässt – ergibt sich das Verbot für einen Fremden, gegen den eine Rückkehrentscheidung eines Schengenstaates erlassen wurde, in andere Schengenstaaten einzureisen oder sich dort aufzuhalten aus der Verordnung (EG) 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex). Dabei handelt es sich aber um einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Union, der keiner innerstaatlichen Umsetzung bedarf, bzw. ist eine solche grundsätzlich ausgeschlossen.
3.6.3. Mit dem vorliegenden Bescheid wurde ein Einreiseverbot angeordnet. Dieses Einreiseverbot gilt (gemäß dem Schengener Grenzkodex) für den gesamten Schengenraum. Es mag zwar fraglich sein, ob die explizite Anführung des Geltungsbereichs erforderlich ist, zumal sich dieser per se schon aus der oa. Verordnung ergibt. Es ist aber dadurch für den Bw materiell nichts gewonnen, da das Einreiseverbot jedenfalls im gesamten Schengenraum gilt, es aber einzelnen Mitgliedstaaten offensteht, davon abzugehen. Diesfalls wäre die nationale österreichische Normierung nicht anwendbar.
In diesem Sinn geht aber auch der Spruch nicht zu weit, da er den gesetzlichen Vorgaben des § 53 Abs. 1 folgt und darüber hinaus eine Nennung des Geltungsbereichs nicht entgegen dem Umsetzungsverbot des EU-Rechts scheint.
3.6.4. Es war also auch diesem Berufungsantrag nicht zu folgen.
3.7. Die Gewährung des 14-tägigen Durchsetzungsaufschubes wird in der Berufung nicht moniert. Es ergeben sich nach Aktenlage auch keine Hinweise darauf von dieser abzugehen.
3.8.1. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, der angefochtene Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.
3.8.2. Aufgrund der ausreichend vorhandenen Deutschkenntnisse des Bw konnte die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides gemäß § 59 Abs. 1 FPG unterbleiben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.
Bernhard Pree