Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730718/3/BP/JO

Linz, 27.03.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA von Georgien, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 4. März 2013, AZ: 1041306/FRB, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines auf 10 Jahre befristeten Rückkehrverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben als der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wird, dass das gegen den Berufungswerber bestehende auf 10 Jahre befristete Rückkehrverbot aufgehoben wird. 

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid vom 9. Februar 2007, AZ: 1041306/FRB, erließ die Bundespolizeidirektion Linz gemäß § 62 Abs.1 und 2 iVm § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw).

 

Einer dagegen erhobenen Berufung des Bw vom 5. März 2007 wurde von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich mit Bescheid vom 26. März 2007 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

1.2. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich wies mit Bescheid vom 4. März 2013, AZ: 1041306/FRB, einen Antrag des Bw vom 09.01.2013 auf Aufhebung dieses Rückkehrverbotes gemäß § 69 Abs.2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF ab. Sein Eventualantrag, das Aufenthaltsverbot jedenfalls auf unter sechs Jahre zu verkürzen wurde mangels gesetzlicher Grundlage als unzulässig zurückgewiesen.

                                                                            

Begründend führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

1) Mit Schriftsatz vom 09.01.2013 stellten Sie - rechtsfreundlich vertreten - einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes und führten darin aus wie folgt:

 

Mit db Bescheid vom 09.05.2007, Zl 1041306/FrB, wurde gegen den Antragsteller gem. § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 66 FPG 2005 ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.

Diesem Rückkehrverbot lag zugrunde, dass der Antragsteller strafrechtliche Verurteilungen, zuletzt aus 2006, aufweist.

Der Antragsteller gelangte im Mai 2002 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin X in das Bundesgebiet und beantragte die Asylgewährung. Das Verfahren des Antragstellers wurde negativ beendet und der Antragsteller am 24.10.2010 nach Georgien rechtskräftig ausgewiesen.

 

Gem. § 62 Abs. 4 FPG in der mit 01.01.2010 in Kraft getretenen Fassung BGBL Nr. 122/2009 gilt ein Rückkehrverbot als Aufenthaltsverbot, sobald eine Ausweisung durchsetzbar wurde. § 125 Abs. 16 FPG idF BGBl Nr 38/2011 bestimmt weiter, dass vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl Nr 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gem. § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt gültig bleiben.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. (VwGH vom 06.09.2007, Zl.: 2007/18/0171).

 

Der Antragsteller bereut seine strafrechtlichen Verurteilungen, die über 6 Jahre zurückliegen. Er hat sich seitdem wohlverhalten. Die Lebensgefährtin des Antragstellers X, X und die gemeinsamen Töchter X, geb. X und X, geb. X befinden sich nunmehr rechtmäßig im Bundesgebiet. Ihnen wurden am 11.05.2011 der Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte plus erteilt.

 

Die Lebensgefährtin des Antragstellers ist seit 01.07.2011 laufend bei der Firma ` X` angestellt. Der Antragsteller, der der Kindesvater der beiden Kinder ist, hat ein berechtigtes Interesse auf persönlichen Umgang mit seinen Familienmitgliedern und vor allem seinen mj. Kindern. Durch die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sind auch keine Besuchskontakte bei seiner Familie im Bundesgebiet möglich. Zumal eine Tochter schulpflichtig ist, sind auch Besuche seiner Familie in Georgien nur in großen zeitlichen Abständen möglich, aber auch ökonomisch kaum durchführbar. Aus einer Gesamtbewertung der nunmehr veränderten Umstände ergibt sich, dass die weitere Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes in der gegenständlichen Form unverhältnismäßig ist.

 

(...)

 

Gem. § 62 Abs. 4 FPG 2005 in der hier relevanten Fassung ( BGBl. I Nr. 122/2009) gilt ein Rückkehrverbot als Aufenthaltsverbot, sobald eine Ausweisung durchsetzbar wurde.

 

Gem. § 69 Abs. 2 FPG 2005 in der Fassung des FRÄG 2011, ist eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

Da nun das mit Ihnen geführte Asylverfahren unter der AZ: 02 13.624-BAL lediglich gem. § 7 und 8 AsylG (Asylverfahren alt) , d.h. ohne eine unter einem gegen Sie verfügte asylrechtliche Ausweisung in Ihr Heimatland negativ beschieden wurde , erließ die vormalige BPD Linz gegen Sie eine Ausweisung gem. § 53 Abs.1 FPG 2005 in der damals geltend gewesenen Fassung .

 

Ihrer Berufung gegen diese fremdenrechtliche Ausweisung wurde mit Bescheid der SID O.Ö. vom 08.10.2007 ( ZI. St 243/07) keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt , womit diese Ausweisung vorerst in Rechtskraft erwuchs und durchsetzbar wurde.

 

Ihre Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid der SID O.Ö. vom 08.10.2007 wurde vom VwGH mit Erkenntnis vom 18.09.2008 , Zl.: 2007/21/0491-7 als unbegründet abgewiesen. Dieser Beschwerde war zuvor mit Beschluß des VwGH vom 30.07.2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

 

Wie sich aus diesen Ausführungen ersehen läßt, bedeutet dies , dass das verfahrensgegenständliche Rückkehrverbot nun als Aufenthaltsverbot gem. § 60 FPG (in der Fassung vor FRÄG 2011 ) gilt. ( § 62 Abs.4 FPG 2005 )

 

(...)

 

Bei der Beurteilung nach § 65 Abs.1 FPG 2005 (jetzt § 69 Abs.2 FPG 2005 ) ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grund des § 66 FPG 2005 (jetzt § 61 FPG i.d.g.F.) zulässig ist.

Hier ist festzuhalten, dass der Regierungsvorlage zum FRÄG 2011 zur neuen Bestimmung des § 61 FPG zu entnehmen ist, dass diese neue Bestimmung wortwörtlich dem § 66 FPG entnommen wurde und als allgemeine Norm für alle im 8. Hauptstück normierten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen Fremde, die sich schon länger in Österreich aufhalten, gilt.

 

Angesichts Ihres massiven strafrechtlichen Fehlverhaltens ist zutreffend, dass von Ihnen auch jetzt noch eine maßgebliche Gefährdung ausgeht.

 

Nach der Bestimmung des § 65 Abs.1 FPG 2005 (jetzt § 69 Abs.2 FPG 2005 ) , die Ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit §§ 60 und § 66 FPG 2005 (jetzt § 61 FPG 2005 ) gewinnt , hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen , ob ein relevanter Eingriff im Sinne des § 66 FPG 2005 vorliegt und - gegebenenfalls -die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und bejahendenfalls - ferner, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen.

 

Hier ist festzuhalten, dass damit das gegenständliche Aufenthaltsverbot in Ihrem Fall nach aktueller Rechtsprechung des VwGH (siehe VwGH vom 28.08.2012, Zl.: 2012/21/0159) als ein Aufenthaltsverbot gem. § 60 FPG (alt, i.d.F. vor FRÄG 2011) weiterhin als solches gültig bleibt.

Weiters führte der VwGH hier aus, dass, wenn nun alte Aufenthaltsverbote unabhängig von der seinerzeitigen Rechtsposition des betroffenen Fremden weitergelten, diese dem Wortlaut nach zwanglos unter § 69 Abs.2 FPG i.d.g.F. fallen.

 

Darüber hinaus hat die Behörde bei der verfahrensgegenständlichen Entscheidung auch das ihr in diesen Bestimmungen eingeräumte Ermessen zu üben.

 

Im konkreten Fall ist festzustellen, dass auch jetzt die nachteiligen Folgen einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes um vieles schwerer zu wiegen scheinen, als die Auswirkungen desselben auf Ihre Lebenssituation.

Auch jetzt stellt Ihr persönliches kriminelles Verhalten noch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar , die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von massiven qualifizierten Eigentumsdelikten und es bedarf auch keiner näheren Erörterung , dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um derartigen Vergehen und Verbrechen entgegenzuwirken.

 

Das Aufenthaltsverbot war seinerzeit im Wesentlichen gegen Sie erlassen worden, weil Sie während Ihres Aufenthaltes in Österreich wie folgt verurteilt worden sind:

1) LG Linz, am 22.06.2004, GZ: 22 HV68/2004x, §§ 127, 130 , 131 (1. Fall) und 15/1 StGB, 9 Monate Freiheitsstrafe, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt auf 3 Jahre

 

2) LG Linz, am 08.11.2004, GZ: 22 HV 177/2004A, § 164/2, 3 u. 4 (1. Satz 2. Fall) StGB, 9 Monate Freiheitsstrafe

 

3) BG Enns, am 15.10.2005, GZ: 2 U 94/2005H, § 83/1 StGB, Geldstrafe von 80 Tagsätzen zu je 2,00 Eur

 

4) BG Traun, am 10.03.2006, GZ: 3 U 58/2006D, § 223/2 StGB, Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

5) BG Traun, am 12.05.2006, GZ: 3 U 105/2006s, §§ 127, 15 StGB, Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hier auf die Begründungen der vorgenannten Urteile, bzw. auf die den Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalte, den o.a. Aufenthaltsverbotsbescheid der BPD Linz vom 09.02.2007 und den o. a. Bescheid der SID vom 26.03.2007 verwiesen - welche Ihnen ja bekannt sind.

 

Während des Verfahrens zur Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes (Rückkehrverbotes ) erfolgte nun eine neuerliche gerichtliche Verurteilung am 05.02.2007 durch das LG Linz, GZ. 24 Hv 3/07g wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall StGB nach dem 1. Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 (neun) Monaten und gemäß § 389 Abs. 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens.

 

Der Sachverhalt stellt sich in diesem Urteil wie folgt dar:

X und X sind schuldig; es haben zu nachangeführten Zeiten in X und X

 

I.) X und X am 7.12.2006 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken gewerbsmäßig nachangeführten Geschädigten nachangeführte fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1.) Verfügungsberechtigten der Fa. X Kleidungsstücke im Wert von € 72,45;

2.) Verfügungsberechtigten der Fa. X zwei Manikürsets im Wert von € 380,-;

3.) Verfügungsberechtigten der Fa. X eine Kinderdecke im Wert von €9,99;

4.) Verfügungsberechtigten der Fa. X Lebensmittel im Wert von € 4,49,

 

Auf Grund der für Sie auch jetzt zu erstellenden negativen Zukunftsprognose, ist

nach Ansicht der Behörde die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten, weil das maßgebliche Öffentliche Interesse (an der Verhinderung von massiven   strafbaren   Handlungen   im   Eigentumsbereich)   in   diesem   Fall unverhältnismäßig schwerer wiegt, als Ihre privaten Interessen.

Diese letzte Verurteilung zeigt der Behörde eindrucksvoll, dass Sie nicht im Geringsten gewillt sind, die österreichische Rechtsordnung anzuerkennen.

Hier stellte sogar das Gericht als straferschwerend fest, dass bei ihnen einschlägige Vorstrafen vorliegen , die besonders massiv sind , weil hier sogar § 39 StGB (Rückfall) vorliegt.

Auf Grund der für Sie auch jetzt zu erstellenden negativen Zukunftsprognose, ist nach Ansicht der Behörde die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung von massiven strafbaren Handlungen gegen fremdes Eigentum in diesem Fall unverhältnismäßig schwerer wiegt, als Ihre privaten und familiären Interessen.

 

Im Hinblick auf den Schutz der Gesellschaft ist eine derartige Maßnahme dringend erforderlich.

Unter Berücksichtigung des Umstandes , dass das Aufenthaltsverbot auf 10 Jahre befristet erlassen wurde, ist der seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um eine günstige Zukunftsprognose zu erstellen und kann in Anbetracht der Schwere ihrer Straftaten nicht abgesehen werden, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, tatsächlich wieder weggefallen sein werden.

 

Es wird noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um eine für Sie günstige Zukunftsprognose erstellen zu können.

 

Hier ist darauf hinzuweisen, dass Ihre, dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegenden gerichtlichen Verurteilungen noch nicht getilgt sind.

 

Entscheidungsrelevant ist vor allem auch, dass Ihre damalige gesamte private und familiäre Situation bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes von der Behörde berücksichtigt wurde, vor allem der Umstand, dass Sie mit Ihrer Lebensgefährtin X, und dem gemeinsamen Kind X, geb. X in Österreich leben.

 

Auch im korrespondierenden Ausweisungsverfahren wurden die damaligen familiären Verhältnisse bereits berücksichtigt - auch vom VwGH - s. Erk. des VwGH vom 18.09.2008 , ZI.: 2007/21/0491-7.

Zwischenzeitig haben sich Ihre privaten und familiären Umstände nach Ihren Angaben wie folgt geändert:

Geburt eines weiteren gemeinsamen Kindes , nämlich X am X in X.

 

Nach h.a. Ansicht hat sich damit zwischenzeitig Ihre schon damalige starke familiäre Position, welche bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestand, nicht entscheidungsrelevant verstärkt.

 

Davon abgesehen ist hier festzuhalten, dass Sie bereits damals Ihre gesamten privaten und familiären Umstände nicht davon abhalten konnten, schwere Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung zu setzen, im Gegenteil , die der letzten Verurteilung zugrunde liegenden Eigentumsdelikte setzten Sie gemeinsam mit Ihrer Lebensgefährtin.

 

Auf Grund der bereits bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch die Behörde durchgeführten gebotenen ordnungsgemäßen Interessensabwägung, kam diese zum Ergebnis , dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die von Ihnen ausgehende große Gefährlichkeit von Ihnen hingenommen werden müssen.

 

(...)

 

Wenn Sie nun in Ihrem gegenständlichen Antrag darauf verweisen , dass Sie sich seit Ihrer letzten strafrechtlichen Verurteilung wohlverhalten hätten , so ist dies -bezogen auf Österreich - wohl nur deshalb der Fall , da die Behörde Ihre kriminelle „Laufbahn" in Österreich letztendlich durch Ihre Abschiebung am 24.10.2010 nach Georgien beenden konnte.

 

Auch ist der verstrichene Zeitraum seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu kurz, um eine Änderung in den maßgeblichen Umständen (nur durch Zeitablauf) annehmen zu können.

 

Angesichts Ihrer gravierenden Straffälligkeit und Ihrer sich daraus ergebenden besonderen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse am gegenständlichen Aufenthaltsverbot rechtfertigt, haben Sie und Ihre Angehörigen, der ständigen Judikatur des VwGH folgend, eine allfällige Trennung in Kauf zu nehmen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 17.07.2008, GZ: 2007/21/0084), ebenso allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in Ihrem Heimatstaat, die sich offenbar nach Ihrer Außerlandesverschaffung aber nicht ergeben haben, da Sie solche auch nicht behauptet haben.

 

Zudem bleibt es Ihren Angehörigen unbenommen, Sie in Ihrem Aufenthaltsstaat regelmäßig zu besuchen, bzw. kann der Kontakt mittels Telefon und E-Mail (wenn auch in geminderter Form) aufrechterhalten werden.

 

Abschließend ist festzuhalten, dass nach ständiger Spruchpraxis des VwGH im konkreten Fall der Bescheid der SID O.Ö. vom 26.03.2007 an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheids der BPD Linz vom-09.02.2007 getreten ist, somit der Bescheid der SID O.Ö. den Bescheid der BPD Linz in seinen Rechtswirkungen voll überlagert.

 

Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorliegt, weshalb Ihr Antrag auf Aufhebung des gegen Sie bestehenden Aufenthaltsverbotes als unbegründet abzuweisen war.

 

2) Eine Herabsetzung der Befristung eines Einreiseverbotes ist gem. § 60 Abs.1 FPG i.d.g.F. lediglich unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen möglichl:

•   § 60. (1) Die Behörde kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 und 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände auf die Hälfte des festgesetzten Zeitraumes herabsetzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

 

Diese Bestimmung bezieht sich lediglich auf Einreiseverbote , welche nach den Bestimmungen des FPG in der Fassung FRÄG 2011 erlassen wurden .

Weitere Bestimmungen , welche die Möglichkeit einer Herabsetzung der Befristung eines Aufenthaltsverbotes gem. § 60 FPG vorsehen würden , sind dem FPG 2005 nicht zu entnehmen, womit hier spruchgemäß zu entscheiden war.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Telefax vom 21. März 2013 und führt wie folgt aus:

 

Der zur Gänze bekämpfte Bescheid ist inhaltlich rechtswidrig und rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

(...)

 

Gem. § 37 AVG hat die Behörde den verfahrensrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte zu gewähren.

 

Gem. § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

Die Erstbehörde begründet ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass aufgrund der aktenkundigen strafrechtlichen Verurteilungen des Berufungswerbers die Beibehaltung des Aufenthaltsverbotes geboten sei. Sein persönliches kriminelles Verhalten stelle eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren würde. Weiters habe sich zwischenzeitig die schon damalige starke familiäre Position, welche bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestand, nicht entscheidungsrelevant verstärkt.

 

Richtig ist, dass der Berufungswerber im Zeitraum von 2004 bis 2007 strafrechtliche Verurteilungen wegen Vermögensdelikten aufweist. Die Erstbehörde hätte jedoch den seit der letzten Tat vergangenen Zeitraum von über 6 Jahren bei der Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose als Zukunftsprognose zu beachten gehabt. Der Berufungswerber bereut seine Straftaten und hat einen Gesinnungswandel vollzogen. Es mangelt beim vorliegenden Sachverhalt an der Gegenwärtigkeit der Gefährdung (vgl, VwSen-730709/3/BP/WU; UVS OÖ vom 08.02.2013)

 

Die Erstbehörde verkennt weiters, dass sich die familiären Bindungen im Bundesgebiet seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes entscheidend verstärkt haben. Es ist aktenkundig, dass der Ehegattin und den beiden mj Kindern im Jahr 2011 Aufenthaltstitel erteilt wurden, welche bis dato verlängert wurden. Die Ehegattin ist ordnungsgemäß im Bundesgebiet beschäftigt und erwirtschaftet den Lebensunterhalt als Alleinerzieherin nach Kräften. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes war die Kernfamilie lediglich als Asylwerber aufhältig, wobei die Mj Tochter X erst nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes geboren wurde.

 

Die Erstbehörde hat die privaten und familiären Interessen, vor allem aber auch das Kindeswohl der betroffenen mj Töchter des Berufungswerbers zu berücksichtigen gehabt. Die Erstbehörde übergeht diesen Umstand mit Stillschweigen, obwohl bei Entscheidungen, die wesentliche Interessen von Kindern berühren, deren Interessenlage zumindest festzustellen und abzuwägen ist.

 

Die Erstbehörde hat sich des weiteren nicht mit der Zumutbarkeit der Führung eines gemeinsamen Familienlebens außerhalb des Bundesgebietes auseinandergesetzt. Dies wäre nach ständiger Rechtsprechung wohl zu erörtern gewesen.

 

Aus den angeführten gravierenden und vielfältigen Verfahrensmängeln ist der bekämpfte Bescheid rechtswidrig. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes ist unverhältnismäßig.

 

Abschließend werden die Berufungsanträge gestellt, den bekämpften Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 04.03.2013, Zl. 1041306/FRB, zu beheben und das Aufenthaltsverbot aufzuheben, in eventu eine verhältnismäßige Befristung auszusprechen, in eventu die Behebung des bekämpften Bescheides gem. § 66 Abs.2 AVG und Zurückverweisung an die Erstbehörde beantragt. Weiters wird noch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 25. März 2013 zur Entscheidungsfindung vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Da sich daraus schon der entscheidungsrelevante Sachverhalt unwidersprochen ergibt, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden. 

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1., 1.2. und 1.3. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Die belangte Behörde stützte ihre Erwägungen – unter Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 28. August 2012, Zl. 2012/21/0158 - auf den  (dem § 60 Abs. 5 FPG, der für Anträge auf Aufhebung eines Rückkehrverbotes nunmehr vorgesehen ist,  inhaltlich vergleichbaren) § 69 ABs. 2 FPG idgF.

 

Das angesprochene Erkenntnis behandelt jedoch primär die Frage der Qualifikation und Zuordnung von Aufenthaltsverboten "alter Rechtslage" im Licht der FRÄG-Novelle 2011 und stellt hier fest, dass betreffend der Aufhebung solcher Aufenthaltsverbote ohne Differenzierung nach Rückkehrentscheidungen iVm., Einreiseverboten und Aufenthaltsverboten grundsätzlich § 69 Abs. 2 FPG zur Überprüfung heranzuziehen ist. "Zu Aufenthaltsverboten nach § 60 FPG (alt) – sowie zu alten Rückkehrverboten – wird in § 125 Abs. 16 FPG nämlich normiert, dass sie als zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig bleiben. Von einer Überleitung in das neue Recht ist dabei nicht die Rede, (...)".

 

In diesem Sinn scheint – wenn inhaltlich auch auswirkungsneutral – für die Aufhebung von Rückkehrverboten § 60 Abs. 5 FPG einschlägig, gleich, ob diese nach "alter" Rechtslage zu Aufenthaltsverboten mutierten.

 

3.1.2. Gemäß § 60 Abs. 5 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 87/2012, ist das Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß § 54 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z. 1, 2, 4, 5, 7 – 9 und Abs. 3. § 63 Abs. 5 und 6 und § 61 gelten.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z. 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen.

 

Als bestimmte Tatsache gemäß § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG gilt eine gerichtliche Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder, wenn ein Drittstaatsangehöriger mehr als einmal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

3.1.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes bzw. hier Rückkehrverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung der Maßnahme die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Rückkehrverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem dieses erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Rückkehrverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind (vergl. VwGH vom 24.2.2009 , 2008/22/0587 und vom 10.11.2009 , 2008/22/0848).

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst – wie oben dargestellt – festzuhalten, dass der Bw hinsichtlich der Voraussetzungen für die Aufhebung des in Rede stehenden Rückkehrverbotes unter § 60 Abs. 5 FPG fällt. Somit ist zu überprüfen, ob die Gründe, die zur Erlassung des ursprünglichen Rückkehrverbotes geführt haben, nunmehr weggefallen sind.

 

Der UVS des Landes Oberösterreich hat sich – sofern die Gründe als nicht weggefallen angesehen werden - mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Rückkehrverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

3.2.2. Bei der Beurteilung des Falls ist also zunächst auf die Gründe einzugehen, die zur Erlassung des Rückkehrverbotes geführt haben.

 

Der Bw war zuletzt im Februar 2007 wegen schwerem gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer 9-monatigen unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

X und X haben am 7.12.2006 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken gewerbsmäßig nachangeführten Geschädigten nachangeführte fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1.) Verfügungsberechtigten der Fa. X Kleidungsstücke im Wert von € 72,45;

2.) Verfügungsberechtigten der Fa. X zwei Manikürsets im Wert von € 380,-;

3.) Verfügungsberechtigten der Fa. X eine Kinderdecke im Wert von €9,99;

4.) Verfügungsberechtigten der Fa. X Lebensmittel im Wert von € 4,49,

 

Schon davor war der Bw im Jahr 2004 wegen schwerem gewerbsmäßigen Diebstahls, wegen Hehlerei, und in den Folgejahren wegen leichter Körperverletzung und eines Urkundendelikts teils zu unbedingten, teils zu bedingten / teilbedingten bzw. zu Geldstrafen verurteilt worden.

 

Die konstatierte kriminelle Neigung betraf vor allem Eigentumsdelikte und konnte aufgrund des längeren Zeitraums und der Wiederholungsneigung als durchaus erheblich und konstant angesehen werden.

 

3.2.3. Die belangte Behörde stellt im angefochtenen Bescheid fest, dass eine Änderung des vom Bw ausgehenden Gefährdungspotentials nicht erkannt werden könne. Insbesondere weist sie darauf hin, dass er in Österreich kein nachträgliches Wohlverhalten habe zeigen können, zumal er ja nach Georgien ausgewiesen worden war.

 

Dazu ist anzumerken, dass der Bw am 24. Oktober 2010 Österreich verließ, wobei die letzte Straftat im Dezember 2006 von ihm begangen wurde. Auch, wenn man die mehrmonatige unbedingte Strafhaft aufgrund der Verurteilung im Februar 2007 berücksichtigt, verbleiben doch rund 3 Jahre des nachträglichen Wohlverhaltens des Bw in Österreich, das nicht unberücksichtigt bleiben darf. Insgesamt sind bereits sechs Jahre des ursprünglichen Rückkehrverbotes verstrichen. 

 

Der belangten Behörde folgend ist jedoch auch festzuhalten, dass dieser Beobachtungszeitraum – trotz der nunmehrigen Einsichtsbeteuerungen des Bw – nicht ausreicht, um klar eine maßgeblichen Änderung in der Beurteilung der Gefährdungsprognose vornehmen zu können.

 

Allerdings ist weiters auf maßgebliche Änderungen im Privat- und Familienleben des Bw seit der Verhängung der Maßnahme (Bescheid der SID vom 26. März 2007) Bedacht zu nehmen.

 

3.3.1. Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.3.2. Die Frage des Privat- und Familienlebens des Bw wurde sowohl im dem Rückkehrverbot zugrundeliegenden Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 26. März 2007 und in dem in der Folge ergangenen Ausweisungsbescheid (ebenfalls der SID) vom 8. Oktober 2007, Zl. St 243/07, erörtert und in den Erkenntnissen des VwGH vom 17. Juli 2008 und vom 18. September 2008, Zl. 2007/21/0491-7, bestätigt.

 

Allerdings sind nun wesentliche Änderungen eingetreten, die grundsätzlich Berücksichtigung finden müssen. Zum Einen ist dies der Umstand, dass am 7. April 2011 (knapp 6 Monate nach der Ausreise des Bw) eine weitere Tochter in Österreich geboren wurde und zum Anderen die Tatsache, dass seiner Lebensgefährtin (im Zeitpunkt der Erlassung des Rückkehrverbotes noch Asylwerberin) und seinen beiden Töchtern am 11. Mai 2011 Rot-Weiß-Rot-Karten plus ausgestellt wurden, weshalb deren Aufenthalt als berechtigt und gefestigt gelten kann. Zudem geht die Lebensgefährtin des Bw einer Beschäftigung nach und bezieht daraus Einkommen. Es kann also das Gewicht des Privat- und Familienlebens des Bw, dessen Kernfamilie mutmaßlich auf Dauer in Österreich niederzulassen berechtigt ist und zudem um ein Familienmitglied angewachsen ist, als verändert und verstärkt qualifiziert werden.  

 

3.3.3. Im Sinne der zitierten Normen ist einzelfallbezogen durch Abwägung der Interessen des Bw, mit den in Art 8 Abs 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen zu entscheiden, ob ein Rückkehrverbot weiterhin gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.

 

Das vom Bw ausgehende Gefährdungspotential ist zwar noch nicht weggefallen (vgl. Punkt 3.2.), aber nicht mehr in der ursprünglichen Intensität gegeben, weshalb die Gewichtung des öffentlichen Interesses eine gewisse Reduktion erfährt. Im Gegenzug dazu ist die Verstärkung der privaten Interessen festzustellen, was letztendlich begründete Zweifel an der Aufrechterhaltung des in Rede stehenden Rückkehrverbotes erkennen lässt.

 

Der Aufenthalt der Kernfamilie hat sich im Bundesgebiet gefestigt und die Geburt einer zweiten Tochter ist grundsätzlich geeignet das Interesse des Bw an einer Präsenz zu verstärken. Gerade im Vorschulalter ist – nach Rechtsprechung des VwGH – die Rolle beider Elternteile von besonderer Bedeutung. In Relation zu der gemindert festgestellten Gefährlichkeitsprognose überwiegen somit die persönlichen Interessen des Bw am Wegfall der Maßnahme die öffentlichen Interessen an deren Aufrechterhaltung.

3.3.4. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich der Bw erfolgreich auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens im Rahmen der Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK bzw. nach § 61 Abs. FPG stützen kann.

 

3.4. Es war daher im Ergebnis der Berufung stattzugeben und das gegen den Bw mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 26. März 2007 auf die Dauer von 10 Jahren erlassene Rückkehrverbot aufzuheben.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

Bernhard Pree

 

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