Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750091/2/BP/WU

Linz, 22.03.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X alias X, geboren am X alias X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Februar 2013, GZ.: Sich96-104-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

            I.      Aus Anlass der Berufung wird das in Rede stehende Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

        II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm.

          § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

Zu II.: § 64ff. VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Februar 2013, GZ.: Sich96-104-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 333 Stunden verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei als "Spruch" unter der Überschrift Straferkenntnis wie folgt aus:

Anlässlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle am 24.11.2010 um ca. 7.25 Uhr in X auf Höhe des "X-Marktes", wurde von Beamten der Polizeiinspektion O festgestellt, dass Sie nach einer Ausweisung vom 6.10.2010 nicht rechtzeitig ausgereist sind und sich als ghanaischer Staatsbürger noch am 24.11.2012 unerlaubt im österreichischen Bundesgebiet aufhielten.

In Ihrer Begleitung befanden sich auch Ihre Kinder, X, geb. X, X, geb. X, sowie X, geb. X. Auch gegen Ihre Kinder bestand eine aufrechte Ausweisung.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 31, i.V.m. § 120 Abs.1 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, i.d.g.F.

 

1.2. Gegen dieses - dem Vertreter des Bw am 22. Februar 2013 zugestellte - Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 28. Februar 2013.

 

Darin wird Folgendes ausgeführt:

1)  Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als vormalige Fremdenrechtsbehörde war im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides am 18.02.2013 zur Erlassung eines derartigen Bescheides nicht mehr zuständig. Zuständig wäre gewesen die Landespolizeidirektion OÖ.

 

2)  Die Erstbehörde hat jegliches Ermittlungsverfahren dahingehend unterlassen, in wie weit der Berufungswerber an ihrer Abschiebung gegenüber den Behörden mitgewirkt hat. Derartige Feststellungen wären aber unbedingt notwendig gewesen, um feststellen zu können, ob dem Berufungswerber ein Verschulden an seinem illegalern Aufenthalt zur Last zu legen ist. Seit seinem unbestrittenermaßen illegalen Aufenthalt hat der Berufungswerber bei allen behördlichen Maßnahmen unwidersprochen mitgewirkt.

 

Dennoch war eine tatsächliche Abschiebung des Berufungswerbers nicht möglich, weshalb der Berufungswerber als „geduldet" im Sinne der Vorschriften des FPG anzusehen ist.

 

Das gegenständliche Straferkenntnis hätte daher nicht erlassen werden dürfen.

 

3)  Soweit das Straferkenntnis auf die Bestimmungen des § 120 Abs. 1 FPG Bezug nimmt und anfuhrt, diese Übertretung wäre mit einer Geldstrafe von € 1.000,00 bis € 5.000,00 zu bestrafen, geht die Erstbehörde nicht von den gesetzlichen Grundlagen aus, sondern übersieht, dass die Mindeststrafe von € 1.000,00 für ein derartiges Vergehen bereits seit langem vom VfGH aufgehoben wurde und daher nicht mehr anzuwenden ist.

 

Diesbezüglich dürfte aktenkundig sein, dass auf Grund des unbestrittenen illegalen Aufenthaltes der Berufungswerber nicht in der Lage ist einer legalen Erwerbstätigkeit nachzugehen und daher über keinerlei Einkünfte derzeit verfugt, abgesehen von caritativen Zuwendungen und ist eine Strafe von € 1.000,00 für das dem Berufungswerber vorgeworfenen Delikt bei weitem überhöht, selbst wenn sich der Berufungswerber überhaupt strafbar gemacht hätte.

 

Abschließend werden die Anträge gestellt,

1.) das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben;

2.) jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen; in eventu

3.) das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung oder Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 18. März 2013 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel – trotz entsprechendem Parteienantrag – gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländer­beschäfti­gungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsende­be-­       willi­gung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2.1. Hinsichtlich der Tatanlastung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Bw stellt sich nun zunächst die Frage, ob der "Spruch" des in Rede stehenden Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a VStG genügt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes – wie im vorliegenden Fall – die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG bzw. FPG genannten Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007 (2007/21/03/03). Ein Spruch eines Straferkenntnisses, der diesen Anforderungen nicht genügt, entspricht nach diesem Erkenntnis nicht dem Maßstab des § 44a VStG.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Tatanlastung des angefochtenen Bescheides jedoch nur auf die Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des Bw im Bundesgebiet gemäß § 31 FPG, weil er einer Ausweisungsverpflichtung nicht entsprochen habe, ohne dass auf die Alternativen des § 31 Abs. 1 FPG konkret eingegangen bzw. diese verneint werden. Es mangelt dem Spruch daher insgesamt an der erforderlichen Konkretisierung.

3.2.3. Unter Bedachtnahme auf die oa. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG wird die (im Übrigen nicht explizit als Spruch bezeichnete) Tatanlastung den gesetzlichen Voraussetzungen nicht gerecht, zumal hier die Unverwechselbarkeit der Tat insbesondere hinsichtlich des Nicht-Vorliegens der in § 31 Abs. 1 FPG angeführten Alternativen nicht gegeben ist.

 

Eine allfällige Korrektur des Spruchs war aufgrund der Tatsache, dass der Tatvorwurf auch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht entsprechend ausgeführt worden war, dem UVS des Landes Oberösterreich verwehrt.

 

3.3. Es war daher – ohne auf die Berufungsvorbringen näher einzugehen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

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