Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281516/5/Kl/TK/BU

Linz, 19.03.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5.2.2013, BZ-Pol-09079-2012, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 - KJBG zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und  das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich der verhängten Strafen wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen aufgehoben werden und eine Ermahnung erteilt wird.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 21 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5.2.2013, BZ-Pol-09079-2012, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 72 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 22 Stunden, in 25 Fällen wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 30 Abs. 1 und 5 Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz 1987 – KJBG verhängt, weil sie als Gesellschafterin der Fa. x und als Betreiberin der Tanzschule x am 24.11.2012 um ca. 22.45 Uhr nachstehende Kinder beim Debütantenball der Tanzschule x in der Stadthalle x, mit der Tanzvorführung "Phantom" zu Arbeiten herangezogen hat, obwohl Kinder zu Arbeiten irgendwelcher Art nicht herangezogen werden dürfen und eine Bewilligung für die Verwendung und Beschäftigung von Kindern bei öffentlichen Schaustellungen iSd § 6 KJBG idgF für die nachfolgend namentlich genannten Kinder zum Tatzeitpunkt nicht vorgelegen hat.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und um Nachsicht ersucht. Begründend wurde ausgeführt, dass der Auftritt, auch wenn es sich um keine Pflichtschule handle, trotzdem zu Unterrichtszwecken diene. Die Berufungswerberin sei geprüfte Tanzlehrerin und habe in ihrer Tanzschule einen pädagogischen Aufbau, der sehr wohl auch Praxisübungen vorsehe. Es werde aber um Nachsicht ersucht, da der Auftritt dieser Gruppe als "Notlösung" zustande gekommen sei, weil von der anderen Gruppe, die ursprünglich vorgesehen gewesen wäre, Mitglieder erkrankt seien. In letzter Zeit seien immer alle Ballettkinder vorschriftsmäßig für Veranstaltungen – so auch wie für diese Veranstaltung – angemeldet worden, allerdings sei es für das gegenständliche Mal einfach zu kurzfristig und zu spät gewesen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Da je Delikt eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, im Übrigen um Nachsicht der Strafe angesucht wurde und eine mündliche Verhandlung trotz ausdrücklicher Belehrung im angefochtenen Straferkenntnis nicht beantragt wurde, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 51 e VStG entfallen.

 

4. 1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Daraus ist folgender Sachverhalt einwandfrei erwiesen:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23.11.2012, WI-2012-109877/7-Jak, wurde der Tanzschule x die Bewilligung für einen Ballettauftritt am 23. November 2012 für die nachstehend namentlich genannten 12 Kinder unter Auflagen erteilt.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23.11.2012, WI-2012-109877/8-Jak, wurde ebenfalls der Tanzschule x die Bewilligung für einen Ballettauftritt am 24. November 2012 und am 1. Dezember 2012 für namentlich genannte 10 Kinder erteilt.

Das Arbeitsinspektorat Wels hat anlässlich einer Besichtigung am 31. März 2011 mit Schreiben vom 11. April 2011 die Tanzschule x zur Ergreifung von notwendigen Maßnahmen aufgefordert, insbesondere wurde unter Punkt 10 darauf hingewiesen, dass Kinder, soweit das KJBG nicht anderes bestimmt, zu Arbeiten irgendwelcher Art nicht herangezogen werden dürfen. Es wurde aber darauf hingewiesen, dass der Landeshauptmann die Verwendung von Kindern bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen und sonstigen Aufführungen bewilligen kann.

 

Am 24. November 2012 um ca. 22.45 Uhr wurde vom Arbeitsinspektorat festgestellt, dass die namentlich angeführten Kinder beim Debütantenball der Tanzschule x in der x zu Tanzvorführungen "Phantom" und daher zu Arbeiten herangezogen wurden, ohne dass für diese Kinder eine Bewilligung vorlag.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 – KJBG, BGBl. Nr. 599/1987 idgF, sind Kinder im Sinn dieses Bundesgesetzes Minderjährige

1. bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres oder

2. bis zur späteren Beendigung der Schulpflicht.

 

Gemäß § 4 KJBG gilt als Kinderarbeit im Sinn dieses Bundesgesetzes die Beschäftigung von Kindern mit Arbeiten jeder Art. Als Kinderarbeit gilt nicht die Beschäftigung von Kindern, die ausschließlich zu Zwecken des Unterrichts oder der Erziehung erfolgt und die Beschäftigung eigener Kinder mit leichten Leistungen von geringer Dauer im Haushalt.

Gemäß § 5 KJBG dürfen Kinder, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, zu Arbeiten irgendwelcher Art nicht herangezogen werden.

Gemäß § 6 Abs. 1 KJBG kann der Landeshauptmann die Verwendung von Kindern bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen und sonstigen Aufführungen, sowie bei Foto-, Film-, Fernseh- und Tonaufnahmen bewilligen. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn

1.     ein besonderes Interesse der Kunst, der Wissenschaft oder des Unterrichts vorliegt oder es sich um Werbeaufnahmen handelt und

2.     die Beschaffenheit und Eigenart der betreffenden Beschäftigung es rechtfertigen.

Die Verwendung von Kindern in Varietes, Kabaretts, Bars, Sexshops, Tanzlokalen, Discotheken und ähnlichen Betrieben darf nicht bewilligt werden.

 

Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes liegt für die in der Anzeige genannten Kinder für den Debütantenball der Tanzschule x am 24. November 2012 für die Verwendung in der Tanzvorführung "Phantom" keine Bewilligung des Landeshauptmannes vor. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt, zumal die genannten Kinder nicht im Rahmen der Schule verwendet bzw. des Unterrichtes verwendet wurden, sondern die Verwendung bei einer sonstigen Tanzvorführung erfolgte. Dies erforderte eine Bewilligung nach dem KJBG.

Die Berufungswerberin ist als Gesellschafterin der Fa. x Betreiberin der Tanzschule und hat daher die Übertretung für jedes verwendete Kind verwaltungsstrafrechtlich gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten.

 

5.2. Die Berufungswerberin macht in ihrer Berufung weiters geltend, dass sie in der letzten Zeit vorschriftsgemäß für die Ballettkinder für die jeweiligen Veranstaltungen eine Bewilligung erlangt hat bzw. die Kinder für die Veranstaltung gemeldet hat. Allerdings sind zu der gegenständlichen Veranstaltung Kinder erkrankt, sodass kurzfristig eine Notlösung getroffen werden musste und die Kinder einer anderen Gruppe herangezogen wurden.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Das Vorbringen der Berufungswerberin ist nicht geeignet, eine Entlastung herbeizuführen. Vielmehr liegt es an der Sorgfaltspflicht der Berufungswerberin, Vorsorge zu treffen, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden können. Eine entsprechende Vorsorgemaßnahme hat die Berufungswerberin nicht vorgebracht. Dass hingegen Kinder kurzfristig erkrankt sind rechtfertigt noch nicht die Verletzung der gesetzlichen Bestimmungen. Es war daher kein Entschuldigungsgrund, der ein Verschulden ausschließt, gegeben. Es war daher auch von schuldhaftem Verhalten, nämlich zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen. Das Straferkenntnis war daher hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

Allerdings waren die Einwände der Berufungswerberin bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

 

5.3. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen und, wenn es aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist, eine Ermahnung erteilen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Diesbezüglich war festzustellen, dass die Berufungswerberin bemüht ist, vorschriftsgemäß die Kinder zu den jeweiligen Ballettauftritten anzumelden und sohin die erforderliche Bewilligung zu erhalten. Sie hat insbesondere auch für den Tatzeitpunkt am 24.11.2012 eine Bewilligung für namentlich genannte Kinder erhalten. Wenn nunmehr Kinder kurzfristig erkranken und die Berufungswerberin daher andere Kinder zur Ballettaufführung heranzieht, so liegt zwar formal gesehen eine Bewilligung des Landeshauptmannes nicht vor, allerdings ist ihr zugute zu halten, dass grundsätzlich sie um Bewilligung angesucht hat und diese Bewilligung auch – wenn auch für andere Kinder – erhalten hat. Es konnte daher angesichts der besonderen Tatumstände von der Verhängung von Geldstrafen abgesehen werden. Da auch für den Vortag und für den 1. Dezember 2012 jeweils Bewilligungen erteilt wurden, ist der Wille der Berufungswerberin, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten ausreichend dargelegt. Nachteilige Folgen sind für diese einmalige außerordentliche Tatbegehung nicht hervorgekommen. Es kann daher von geringfügigem Verschulden ausgegangen werden. Dies rechtfertigt ein Absehen von der Strafe. Da aber die Berufungswerberin weiterhin eine Tanzschule betreibt und allenfalls wieder einmal eine entsprechende "Notsituation" auftreten kann, hält es der Oö. Verwaltungssenat für erforderlich, ihr eine Ermahnung zu erteilen, nämlich, dass in weiterer Zukunft entsprechende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden müssen und die Berufungswerberin auch für solche Ausnahmesituationen entsprechende Maßnahmen zu setzen hat bzw. eben Ersatzlösungen bereits in ihre Bewilligung einzuflechten hat. Weiters wird die Berufungswerberin darauf hingewiesen, dass bei einer weiteren Tatbegehung nicht mehr mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden kann. Im Übrigen war auch zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin bislang unbescholten war. Aufgrund der bisherigen gesetzestreuen Vorgehensweise, war die Anwendung des § 21 VStG gerechtfertigt.

 

6. Weil die Berufung hinsichtlich der Strafe Erfolg hatte, nämlich, dass die Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen aufgehoben wurden, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Tanzvorführung durch Kinder, Bewilligung, Notlage, Ermahnung

 

 

 

 

 

 

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