Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253387/2/Kü/Ba

Linz, 26.03.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herr G S, vertreten durch die R Dr. L J K, Dr. J M, S, P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 04.02.2013, SV96-10-2011 und SV96-21-2011, mit dem die Gewährung eines Zahlungsaufschubes, in eventu Ratenzahlung, abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm. §§ 54b Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.                Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 04.02.2013, SV96-10-2011 und SV96-21-2011, wurde der Antrag des Berufungswerbers (in der Folge: Bw) auf Gewährung eines Zahlungsaufschubes bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die von ihm gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16.11.2012, Zl. VwSen-252970/11/Kü/Ba, eingebrachte Beschwerde, in eventu Bewilligung einer Ratenzahlung, abgewiesen. Grund für diesen Antrag war die obzitierte rechtskräftige Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von jeweils 4.000 Euro samt Verfahrenskostenzuschlag wegen zweier Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, somit insgesamt 9.600 Euro. Einer dagegen eingebrachten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof war die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt worden.

 

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Berufungswerber beziehe lt. vorgelegtem Pensionsbescheid für das Jahr 2012 eine monatliche Pension von 1.887,32 Euro und verfüge über kein anderweitiges relevantes Einkommen oder Vermögen.

 

Erhebungen zur wirtschaftlichen Situation des Bw hätten ergeben, dass über die in seinem Eigentum befindlichen Transportbetriebe S G-Gesellschaft mbH und S S gmbH am 14.12.2012 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Laut Medienberichten bestünden offene Forderungen in der Höhe von 48,7 Millionen Euro, der Masseverwalter würde die Verbindlichkeiten mit über 50 Millionen Euro beziffern.

 

Bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen seien rechtskräftige Strafbeträge wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes von etwa 3 Millionen Euro ausständig, deren Vollstreckung der Verwaltungsgerichtshof zwar bis zum Abschluss des höchstgerichtlichen Verfahrens aufgeschoben habe, die im Falle der Abweisung der Beschwerde aber sofort fällig würden.

 

Weiters wäre erst im Jänner 2013 eine weitere, allerdings noch nicht rechtskräftige, Geldstrafe von 713.000 Euro über den Bw verhängt worden. Ein weiteres einschlägiges Verfahren sei bis zur Vorfragenentscheidung des Gerichts ausgesetzt.

 

Nicht zuletzt die in den Medien kolportierten Vorgänge rund um die Konkursverfahren (verspätete Insolvenzanmeldung, Konkursverschleppung, Vermögensverschiebung, Gefährdung von Gläubigerinteressen, etc.) würden den Schluss nahelegen, der gegenständliche Antrag sei nur ein weiterer Versuch die Einbringung von Forderungen zu verzögern bzw. zu vereiteln.

 

Da die Pension offensichtlich die einzige Einkommensquelle zur allfälligen Tilgung der oben angeführten Forderungen sei, wäre der Privatkonkurs die zwangsläufige Folge.

 

Der Bw würde zwar über geregelte Pensionseinkünfte zur Tilgung des gegenständlichen, vergleichsweise niedrigen Strafbetrages verfügen, es komme aber nach der Judikatur des VwGH nicht auf die derzeitige Zahlungsfähigkeit oder –willigkeit an, sondern auf die tatsächliche Einbringlichkeit innerhalb des Vollstreckungszeitraumes.

Wirtschaftliche Gründe iSd § 54b Abs.3 VStG würden im Falle vorübergehender finanzieller Schwierigkeiten vorliegen, zu deren Verminderung oder Vermeidung Zahlungsaufschübe oder Ratenzahlungen dienen sollten. Es liege nicht im Interesse des Gesetzgebers, dadurch die Vollziehung von Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden oder den Eintritt der Vollstreckungsverjährung zu riskieren, auch wenn diese noch nicht unmittelbar drohe.

 

Eine verlässliche Prognose über die tatsächliche Einhaltung der gegenständlichen Zahlungsverpflichtung bei Gewährung eines Aufschubes oder der Vereinbarung von Ratenzahlung wäre daher nicht möglich, sondern es wäre in unmittelbarer Zukunft zu befürchten, dass der Strafbetrag tatsächlich uneinbringlich würde.

 

2.                Gegen diesen Bescheid hat der Bw durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung wegen Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie mangelhafter Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger und mangelhafter Beweiswürdigung eingebracht und darin im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

 

Der Bescheid würde seinem gesamten Inhalt nach angefochten, da sich der Bw in seinem subjektiven Recht auf angemessenen Aufschub bzw. Teilzahlung verletzt sehe.

 

Einem Antrag nach § 54b Abs.3 VStG sei nur dann nicht stattzugeben, wenn die Uneinbringlichkeit der Forderung auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblichen Sachlage anzunehmen sei.

 

Zur Beurteilung dieser Sachlage könnten aber keinesfalls Mediengerüchte bzw. Berichte über Konkursverschleppung, Vermögensverlagerung und Schädigung von Gläubigerinteressen herangezogen werden, die durch nichts belegt seien. Alleine aus medialen Unterstellungen könne nicht auf den Parteiwillen zur Vereitelung der Einbringlichkeit bzw. Verschleppung bis zur endgültigen Uneinbringlichkeit geschlossen werden.

 

Der Ratenzahlungsantrag in der Höhe von 500 Euro sei aufgrund des Pensionseinkommens angemessen, da der gesamte Strafbetrag dadurch dennoch in einem kurzen Zeitraum abbezahlt werden könne.

 

Es würde daher die Abänderung des Bescheides der belangten Behörde im Sinne des Verfahrensantrages in eventu dessen Aufhebung und Zurückverweisung an die Behörde I. Instanz beantragt.

 

3.                Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Aufgrund der administrativrechtlichen Natur des bekämpften Bescheides ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4.                Der Oö. Verwaltungssanat hat erwogen:

 

4.1.    Da die Entscheidung über einen Zahlungsaufschub bzw. eine Ratenzahlung einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/09/0160), konnte der Unabhängige Verwaltungssenat nach Beweisaufnahme mittels Akteneinsicht unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 21.10.1994, 94/17/0374; ebenso jüngst VwGH 15.12.2011, 2011/06/0160) gemäß § 51e Abs. 4 VStG von einer Verhandlung absehen, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung auch nicht erwarten ließ und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegensteht. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt und stellt sich wie folgt dar:

 

Der Bw verfügt als einzige regelmäßige und gesicherte Einkommensquelle über monatliche Pensionsbezüge in der Höhe von etwa 1.880 Euro, woraus aktuell ein Gesamtstrafbetrag von 9.600 Euro zu bestreiten ist. Ein darüber hinausgehendes verwertbares Vermögen ist nicht vorhanden. Es ist dem Bw folglich weder in seiner Zeit als Transportunternehmer noch im Rahmen der daran anschließenden Pension gelungen ein über die monatlichen Aufwendung hinausgehendes Deckungsvermögen im hier erforderlichen (vergleichsweise geringen Ausmaß) zu bilden.

 

Die angebotene Ratenzahlung in der Höhe von 500 Euro/Monat verringert den für die Deckung der monatlichen Lebensführungskosten verbleibenden Restbetrag auf 1.380 Euro, das ist eine Einbuße von mehr als 25 % über einen Zeitraum von zumindest 19 Monaten.

 

Die Insolvenzverfahren über das betriebliche Vermögen des Bw sind anhängig und amtsbekannt, deren Umfang der Masseverwalter selbst mit rund 50 Millionen Euro beziffert. Der Bw ist persönlich haftender Gemeinschuldner.

 

Neben den hier verfahrensgegenständlichen Strafbeträgen wurden über den Bw Strafen wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Höhe von 2,497.500 Euro (VwSen-252815/24 vom 26.4.2012) rechtskräftig verhängt. Für die Zeit eines darüber anhängigen Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof ist lediglich deren Vollstreckung aufgeschoben.  Die Vorschreibung weiterer 165.000 bzw. 713.000 Euro aufgrund weiterer einschlägiger Übertretungen ist (noch) nicht rechtskräftig. Die Verfahren behängen in II. Instanz.

 

Unter Zugrundelegung der Spruchpraxis der Berufungsbehörde sowie der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Fälligwerden zumindest eines dieser Beträge innerhalb des beantragten Zeitraumes (der wohl auch als Vermögensbildungszeitraum im Falle eines Zahlungsaufschubes gesehen werden muss) begründet angenommen werden, auch wenn die zeitliche Dimension dieser Verfahren nicht exakt abgeschätzt werden kann.

 

4.2.    Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde eine angemessenen Zahlungsaufschub bzw. Ratenzahlung zu gewähren, wenn die unverzügliche Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten ist.

 

Durch die Gewährung der Modalitäten des § 54b Abs.3 VStG darf die tatsächliche Einbringlichkeit aber nicht aktuell und konkret gefährdet sein.

 

Eine derartige Gefährdung ist, wenn sie in der Person des Bw gelegen ist, von der Behörde durch Beurteilung hinzutretender besonderer Umstände prognostizierend darzulegen. Sie liegt insbesondere dann vor, wenn aus den Gesamtumständen die Vereitelung der Einbringung der Geldstrafe durch Handlungen des Bw zu befürchten ist (VwGH vom 18.11.202, AW 2002/09/0047).

 

Besteht aber Grund zur Annahme, dass die verhängte Geldstrafe uneinbringlich ist, zu Recht, dann ist es nicht rechtswidrig, dem Antrag auf Aufschub oder Teilzahlung nicht stattzugeben (VwGH vom 23.12.1983, 82/02/0124).

 

Die Tatsache eines anhängigen höchstgerichtlichen Verfahrens an sich ist kein Grund für die Gewährung eines Zahlungsaufschubes (VwGH 19.11.2009, 2009/07/0136).

 

4.3.         Dem Berufungsvorbringen ist zwar insoweit zuzustimmen, als allein aufgrund der medialen Berichterstattung oder informeller Informationsflüsse – und daher rechtlich in keinster Weise gesichert und verwertbar – nicht auf eine anzunehmende künftige Uneinbringlichkeit des Strafbetrages geschlossen werden darf. Insbesondere sind Mutmaßungen im Zusammenhang mit vermeintlichen Motiven für die Antragstellung nicht Gegenstand einer Beurteilung der Voraussetzungen des § 54b Abs.3 VStG.

 

Soweit sich die Entscheidungsgründe der belangten Behörde aber auf allgemein bekannte Tatsachen und deren nachvollziehbarer Qualifikation – insbesondere auch aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung bzw. von als sicher anzunehmenden Umständen und Zusammenhängen – beziehen, sind sie – da der Behörde ein Ermessensspielraum nicht zukommt – im Zuge der Beweiswürdigung zu verwerten.

 

Es ist dabei vor allem den Ursachen der wirtschaftlichen Zwangslage und – dem Wesen einer Prognoseentscheidung entsprechend – deren Auswirkungen auf den aktuellen und (fristrelativiert) zukünftig zu erwartenden finanziellen Status bzw. Leistungsspielraum des Bw besonderes Augenmerk zu schenken.

 

In diesem Zusammenhang stützt sich die belangte Behörde zutreffend (auch) auf die Kenntnis weiterer einschlägiger Strafverfahren, die zwar nur zum Teil rechtskräftig abgeschlossen sind, deren Ausgang aber – aufgrund der dokumentierten Spruchpraxis in gleich gelagerten Fällen – mit höchster Wahrscheinlichkeit zu Ungunsten des Bw erwartet werden muss. Möchte man hier dennoch die objektive Ungewissheit des Verfahrensausganges ins Treffen führen (was der Bw in dieser Form ausdrücklich aber nicht tut), so müsste dem entgegengehalten werden, dass es für die Nichtgewährung der Zahlungsmodalitäten des § 54b VStG ausreicht, wenn die Uneinbringlichkeit des Strafbetrages mit Grund anzunehmen ist (VwGH vom 15.12.2011, 2011/09/0160).

 

Im gegenständlichen Fall sind schon allein aufgrund der vom Bw selbst skizzierten finanziellen Rahmenbedingungen Überlegungen bezüglich der wirtschaftlichen Verkraftbarkeit des angebotenen Zahlungsumfanges angebracht. Die hier zusätzlich zu befürchtenden Strafhöhen sind zudem von einer Größenordnung, dass sie einen einzelnen Durchschnittspensionisten – als der sich der Bw selbst darstellt – mit Sicherheit auf Dauer an die Grenze des Existenzminimums bringen. Der Bw befindet sich – insbesondere nach eigenen Angaben – in einer wirtschaftlichen Lage, die sich tendenziell nur verschlechtern kann, bestenfalls gleich bleibt. So besehen handelt es sich also keinesfalls um eine  temporären finanziellen Engpass.

 

Diese Situation an sich wird vom Bw nicht bestritten. Er rügt – entgegen des zweifelsfrei vorhandenen Begründungssubstrates des erstinstanzlichen Bescheides – lediglich pauschal die Qualität der Argumentation.

 

Darüber hinaus hat es der Bw unterlassen antragsbegründende Argumente vorzubringen. Insbesondere blieb unerhellt, wodurch sich – außer durch den Wegfall des Forderungsgrundes selbst – die vorübergehende wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Zahlung durch die Gewährung des Aufschubes bis zum Vorliegen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes signifikant ändern sollte bzw. warum es ihm tatsächlich und sicher möglich sein sollte, in den nächsten 19 bzw. 20 Monaten jeweils 500 Euro für die Tilgung der Strafe aufzubringen.

 

Den Bw trifft, da er eine "Begünstigung" in Anspruch zu nehmen beabsichtigt, diesbezüglich aber eine besondere Mitwirkungspflicht an der Sachverhaltermittlung (VwGH vom 23.01.1991, 90/02/0211), der er aber sowohl in der Ausführung des Antrags als auch im Berufungsvorbringen nicht zu entsprechen vermag.

 

4.4.         Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die objektiv substanziierten Anhaltspunkte für eine dauerhafte wirtschaftliche Anspannungssituation jene Argumente bei weitem überwiegen, die für einen bloß vorübergehenden finanziellen Engpass und/oder die mögliche Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Leitungsfähigkeit über einen – in der Zusammenschau jener Beurteilungsfaktoren und Begleitumstände, die die Situation des Bw hinkünftig signifikant beeinträchtigen können – doch durchaus langen Zeitraum sprechen.

 

Ist eine Geldstrafe aber uneinbringlich oder ist deren Uneinbringlichkeit mit Grund anzunehmen (§ 54b Abs.2), so ist für die Anwendung des Abs.3 leg.cit. kein Raum.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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