Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167335/9/Fra/CG

Linz, 05.03.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. September 2012, VerkR96-17103-2011/A/POS, betreffend Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Februar 2013, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG;

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.                  Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit. StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 180,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er als Lenker des Fahrzeuges, Kennzeichen: X, PKW, BMW X, blau, am 04.04.2011 um 17:30 Uhr in der Gemeinde X, Kreuzung X/X, Fahrtrichtung stadtauswärts, mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist und sein Fahrzeug nicht sofort angehalten hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Februar 2013 erwogen:

 

Lt. Niederschrift des Stadtpolizeikommandos Linz, Verkehrsinspektion, vom 4. April 2011, GZ: C2/17818/2011, gab Frau X, X, wohnhaft in X, X an, sie habe am 04.04.2011 gegen 17:30 Uhr den PKW X in X, auf der X Richtung X gelenkt und wollte nach links abbiegen. Sie habe den linken Fahrstreifen benützt. Hinter ihr sei der vorerst unbekannte männliche Lenker des PKW´s X (blauer BMW X) gestanden. Sie habe aufgrund des Rotlichtes der VLSA anhalten müssen. Plötzlich habe der Lenker seinen PKW auf den rechten Fahrstreifen gelenkt und sei vermutlich mit der linken vorderen Fahrzeugseite seines PKW´s gegen die rechte hintere Fahrzeugseite ihres Fahrzeuges gestoßen. In der Zwischenzeit schaltete die  VLSA auf Grünlicht um und sie sei weggefahren. Sie habe durch Handzeichen auf sich aufmerksam gemacht. Der Lenker sei jedoch weitergefahren.

 

Als Lenker wurde der nunmehrige Bw ausgeforscht. Mit diesem wurde am 7. April 2011 eine Niederschrift aufgenommen. Der nunmehrige Bw gab an, am 04.04.2011 den PKW X (BMW X, blau) in X auf der X Richtung X gelenkt zu haben, in welche er nach links abbiegen wollte. Vorerst habe er den linken Fahrstreifen benützt. Bevor er nach links in die X abbog, habe er den Fahrstreifen auf rechts gewechselt. Dabei sei ihm nicht aufgefallen, dass er gegen einen PKW gestoßen wäre. Es habe sich kein Fahrzeuglenker bei ihm bemerkbar gemacht.

 

Nach Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde vom 12. Mai 2011 teilte der nunmehrige Bw mit Schreiben vom 22.05.2011 der belangten Behörde zum gegenständlichen Vorfall unter anderem mit, er sei mit seinem Auto von X Richtung X gefahren. Seine Unfallgegnerin behauptet, dass es auf der Kreuzung zwischen X und X zu einer Berührung beider Autos gekommen sei. Er habe nicht bemerkt, dass an der besagten Stelle sein Auto ein anderes berührt hätte. Sollte es zu einer Berührung gekommen sein, schließt diese die Möglichkeit mit ein, dass die Dame, welche behauptet, dass er ihr angefahren wäre, in Wirklichkeit bei ihm angefahren sei. Dies könnte durch das Rückwärtsrollen ihres Autos verursacht worden sein. Weder sei er bei der gesamten Fahrt angehupt oder es sei ihm signalisiert worden, dass irgendetwas nicht in Ordnung wäre. Hätte er bemerkt, dass eine Berührung stattgefunden habe oder hätte die Dame, welche behauptet, dass er ihr angefahren wäre, ihm signalisiert, dass es zu einer Berührung gekommen sei, hätte er selbstverständlich angehalten und sich, da es ja ohnehin ein Versicherungsfall gewesen wäre, der Sache angenommen.

 

Frau X wurde von der belangten Behörde am 20. Juni 2011 zeugenschaftlich einvernommen. Sie gab unter anderem an, dass der Schaden an ihrem Fahrzeug von der gegnerischen Versicherung beglichen wurde. Zur Frage, ob die Streifung deutlich zu spüren oder zu hören war, gebe sie an, dass sie einen dumpfen Stoß gespürt habe. Nach dem Anstoß habe der nunmehrige Bw zu ihr hergeschaut und sie hatte auch Blickkontakt zu ihm. Daraufhin habe die Ampel auf grün geschaltet und sie seien losgefahren. Bei der nächsten Ampel seien sie wieder auf gleicher Höhe stehengeblieben und sie habe ihm mit Handzeichen zu verstehen gegeben, zur Tankstelle zuzufahren. Der Lenker des BMW ist jedoch nicht zur Tankstelle zugefahren, sondern auf der X weitergefahren.

 

Nach Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 8. Juli 2011 durch die belangte Behörde wiederholte der Bw im Wesentlichen seine bereits im oa. Schreiben vom 22. Mai 2011 angeführten Argumente.

 

Das mit 12. September 2012 datierte Straferkenntnis wurde am 27.09.2012 zugestellt. Im dagegen rechtzeitig eingebrachten Rechtsmittel bringt der Bw unter Bezugnahme auf die Zeugenaussage der zweitbeteiligten Lenkerin unter anderem vor und erklärte eidesstattlich, dass die zweitbeteiligte Lenkerin entgegen ihrer Behauptung mit aller Sicherheit kein Handzeichen gegeben habe.

 

Der Bw wiederholte bei der Berufungsverhandlung sein bisher erstattetes Vorbringen. Ebenso die Zeugin Frau X.

 

Im Anschluss daran erstattete der Sachverständige für Verkehrstechnik, Dipl.-HTL.-Ing. X ein Gutachten darüber, ob der Schaden am Fahrzeug der Zeugin X mit Hinweis auf die im Akt einliegende Fotomappe von der von ihr behaupteten Berührung der Fahrzeuge entstanden sein konnte und bejahendenfalls, ob der Bw aufgrund der Spuren an den beteiligten Fahrzeugen eine Kollision bei gehöriger Aufmerksamt bemerken hätte müssen oder die Wahrnehmung durch den beschuldigten Lenker eher unwahrscheinlich erscheint.

 

Der Sachverständige führte aus, dass beim vom Bw gelenkten BMW im Bereich des linken vorderen Stoßstangeneckes eine ausgeprägte Schürfspur erkennbar ist. Diese Schürfspur erstrecke sich in Bezug auf die Höhe über der Fahrbahn zwischen 43 und 50 cm. Aufgrund der Ausprägung ist eindeutig festzuhalten, dass es sich bei dieser Schürfspur um ein Anfahren z.B. an ein Mauerwerk handelt und nicht um ein Anfahren an einem anderen PKW. Von ihm durchgeführte Versuche zeigen eindeutig, dass dieses Schadensbild, wie es auf der Fotomappe dokumentiert ist, einem Anfahren wie z.B. das Anfahren an ein Mauerwerk zuzuordnen ist. Beim Fahrzeug der Unfallgegnerin befinden sich im Bereich der hinteren Stoßstange in der Höhe von 50 cm und in der Höhe von rd. 48 cm zwei scharf abgegrenzte parallel zur Fahrbahn verlaufende Kratzspuren. Diese Kratzspuren sind dem vom Bw gelenkten BMW nicht zuzuordnen, da der BMW in diesem Bereich keine Bauteile verbaut hat, die eine derartige scharfkantige Abzeichnung von Kratzspuren, die noch dazu waagrecht verlaufen, ergeben können. Weiters ist festzuhalten, dass, wenn man davon ausgeht, dass der BMW in einem Rechtsbogen am Peugeot vorbeigefahren ist, die Kratzspuren nicht parallel – wie am Foto des Peugeots dargestellt – verlaufen würden.

 

Abschließend und zusammenfassend hält der Sachverständige fest, dass aufgrund der Ausprägung der Kratzspur beim BMW davon auszugehen ist, dass diese Schürfspur nicht durch die gegenständliche Streifkollision verursacht wurde. Weiters hält er fest, dass die Kratzspur am Peugeot zwar höhenmäßig mit dem Schadensbild des BMW korrespondiert hat, aber die Formspur, die sich scharf ausgeprägt beim Peugeot darstellt, nicht mit einem Fahrzeugteil am BMW im Zusammenhang zu bringen ist.

 

Sohin steht unter Zugrundelegung dieses schlüssigen Gutachtens fest, dass der Kratzer an dem von der Zeugin X gelenkten PKW nicht von dem von ihr geschilderten Fahrmanöver stammen kann bzw. nicht vom Fahrzeug des Bw verursacht wurde. Der Bw hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand einer Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 nicht begangen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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