Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167378/11/Bi/CG

Linz, 18.03.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau x, vertreten durch Herrn RA Mag. Dr. x, vom 12. November 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Braunau/Inn vom 25. Oktober 2012, VerkR96-3996/2012, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 14. März 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren im Zweifel zugunsten der Rechtsmittelwerberin ohne Vorschreibung von Verfahrenskosten­beiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 82 Abs.8 2.Satz iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 150 Euro (30 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 9. Mai 2012, 12.30 Uhr, den Pkw x, Mercedes 320 CDI R, silber, als Benutzerin des Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen mit Hauptwohnsitz in Österreich dieses länger als einen Monat nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich – dh ab 25. Juni 2009 – verwendet habe, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzu­sehen seien. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG sei nur während eines Monats ab ihrer Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 15 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 14. März 2013 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Bw, ihres Rechtsvertreters RA Mag. Dr. x und des Zeugen x. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, weil der beantragte Zeuge x nicht einver­nommen worden sei. Dessen Aussage hätte ergeben, dass Herr x neben seiner Eigenschaft als Fahrzeughalter auch in x, seinen ordentlichen Wohnsitz habe. Die Erstinstanz habe entgegen dem ausdrücklichen Antrag auch keine Meldebestätigung eingeholt.

Die Feststellung der Erstinstanz, die Bw habe in Österreich einen Hauptwohnsitz, beziehe sich nur auf sie, nicht auf den Fahrzeughalter. Der Lebensmittelpunkt des Herrn x  sei nicht in Österreich, sondern in Deutschland. Er betreibe dort ein landwirtschaftliches Unternehmen (Handel mit Reitpferden) bzw einen Einzel­handel für Reitsportartikel. Daher sei die Sachverhaltsfeststellung der Erstinstanz unvollständig bzw unrichtig und das Straferkenntnis rechtswidrig.

Die Erstinstanz habe bei der Einbringung bzw Verwendung des Fahrzeuges allein auf die Fahrzeuglenkerin abgestellt und nicht berücksichtigt, dass der Halter einen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland habe und dort ein Unternehmen betreibe.

Die Geldstrafe sei überhöht, weil der Unrechtsgehalt der Bw nur sehr gering sei und eine Ermahnung ausgereicht hätte; sie sei unbescholten.

Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu Herabsetzung der Geldstrafe bzw Anwendung des § 21 VStG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Bw und ihr Rechtsvertreter gehört und die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt wurden und der Gatte der Bw, der Zeuge x, unter Hinweis auf sein Entschlagungsrecht und nach seiner ausdrücklichen Erklärung, er wolle aussagen, nach Belehrung über die Wahrheitspflicht gemäß   § 289 StGB zeugenschaftlich vernommen wurde. Außerdem wurden die im erstinstanzlichen Verfahren und die in der Berufungsverhandlung vorgelegten Unterlagen verlesen und erörtert.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Das Ehepaar x begründete am 7. September 2009 einen ordentlichen Wohnsitz in x. Die Bw wohnt dort mit den beiden Kindern, die in x die Schule besuchen. An dieser Adresse ist der Sitz der "x", deren Geschäftsführer der Zeuge x ist. Die Bw ist dort nicht beschäftigt.

Die Bw ist Geschäftsführerin der "x" in x, und der "x" in x, einer Unternehmens­beratung. Sie arbeitet nach eigenen Aussagen über EDV von x aus.

Das Ehepaar x ist nach den Aussagen in der Berufungsverhandlung zwar geschäftlich verbunden, seit 2010 aber privat getrennt, dh der Zeuge x zog 2010 nach x, ca 20 Minuten Fahrzeit von x entfernt, wo er aber nicht formell mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Er ist Geschäftsführer des Unternehmens in x, auf das drei Kraftfahrzeuge in Österreich zugelassen sind. Er betreibt in x eine Landwirtschaft, einen Reiterhof, der seine regelmäßige Anwesenheit erfordert, und außerdem zwei Vereine, einen Reit- und Fahrverein und die "x".  

 

Für die Fahrten zwischen Österreich und Deutschland benützt der Zeuge x den in Deutschland zugelassenen Mercedes x, der zunächst 2006 geleast und nach Auslaufen des Leasingvertrages am 25. Juni 2009 an der Adresse des früheren Wohnsitzes des Zeugen x in x zugelassen wurde. Dieses Anwesen hat er 2012 verkauft und den Pkw am 27. August 2012 auf die Adresse in x umgemeldet, daher dieses Datum in der vorgelegten Zulassungs­bescheinigung Teil I. Der Pkw x ist ein reines Privatfahrzeug des Zeugen x für seine Fahrten zwischen x und x, das weder zum Unter­nehmen in x gehört noch mit der Bw etwas zu tun hat.

 

Nach übereinstimmenden Aussagen des Ehepaars P verwendete die Bw den Pkw am 9. Mai 2012, 12.30 Uhr, zum Abholen ihres Sohnes von der Schule, weil er "gerade da gestanden" sei. Die Bw hat auch eingeräumt, den Pkw zu diesem Zweck mehrmals benützt zu haben, weil er gerade verfügbar war – die drei auf die "x" in Österreich zugelassenen Fahrzeuge werden von Firmen­mitarbeitern benützt. Der Polizeibeamte habe das Fahrzeug lange genauestens geprüft, aber sonst nichts beanstandet – übrig geblieben sei nur die Anzeige wegen des deutschen Kennzeichens.

 

Nach der Aussage des Zeugen x ist er deshalb noch in x mit Hauptwohnsitz angemeldet, weil nach Auskunft der Gemeinde eine (an sich beabsichtigte) Ummeldung auf einen Nebenwohnsitz ohne Hauptwohnsitz in Österreich nicht möglich sei. Sein tatsächlicher Lebensmittel­punkt war nach seinen Aussagen 2009 sicher in x, liegt aber seit der privaten Trennung 2010 wieder in x. Allerdings hat er wegen der geringen Entfernung jederzeit die Möglichkeit, in sein Unternehmen bzw zu seinen Kindern zu fahren.

Nach Vorhalt der von der Stadt x, Gewerbeamt, übermittelten Gewerbeanmeldung vom 30. März 2009 für einen Reitbetrieb und eine Pferdepension in x – als Nebenerwerb – bestätigte die Bw diese.

Der Zeuge x bestätigte außerdem, er sei seit 2010 wieder in x wohnhaft, obwohl er dort laut Einwohnermeldeamt-Auskunft erst seit 30. Juni 2012 wieder formell mit Hauptwohnsitz ("alleinige Wohnung") gemeldet ist.

 

In der Berufungsverhandlung wurde auch die Frage des Zeitpunktes der Einbringung des Pkw x nach Österreich erörtert. Der Zeuge x gab an, nach dem Auslaufen des Leasingvertrages 2009 sei er zu einer Entscheidung gezwungen gewesen und habe daher den Pkw auf die Adresse in x angemeldet; die Zulassung sei über den Versicherungsvertreter – zufällig – am 25. Juni 2009 erfolgt. Das habe aber nichts mit der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich zu tun. Der Hauptwohnsitz in Österreich wurde erst am 7. September 2009 begründet, sein nunmehriger Hauptwohnsitz in x am 30. Juni 2012.

Aus der Sicht des UVS besteht kein Anhaltspunkt für Zweifel irgendwelcher Art an der Glaubwürdigkeit der Aussagen der Bw und des Zeugen x.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 82 Abs.8 KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundes­gebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

 

Bezogen auf die Bw, die nicht Zulassungsbesitzerin des Pkw x ist, sondern das Fahrzeug nur für (eine) bestimmte Fahrt(en) verwendet hat, ist zu sagen, dass das Datum der Einbringung nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht mit der Zulassung in Deutschland am 25. Juni 2009, aber jedenfalls mit der Begründung des Hauptwohnsitzes des Ehepaares x am 7. September 2009 angenommen werden kann.

Nicht entgegengetreten werden kann der in der Berufungsverhandlung überein­stimmend und glaubhaft erfolgten Darlegung von der privaten Trennung des  Ehepaares im Jahr 2010. Schon aufgrund der geringen Entfernung zwischen den beiden Orten x und x sowie der an beiden Orten befindlichen beruflichen Bindungen des Zeugen x ist seine Begründung des Hauptwohnsitzes in x – trotz seiner Begründung des immer noch (formell) bestehenden Hauptwohnsitzes in x – nachvollziehbar. Der Zeuge hat die private Verwendung des Pkw erklärt und auch die Verantwortung der Bw damit glaubhaft untermauert. Nach den Ergebnissen des Beweis­verfahrens war davon auszugehen, dass sich der dauernde Standort des Pkw seit dem Jahr 2010 wieder in Deutschland befindet. 

 

Die Bw ist deutsche Staatsbürgerin, hat in x ihren Hauptwohnsitz und ist dort zweifellos durch ihre beiden Kinder, die dort die Schule besuchen, gebunden. Sie ist in Deutschland nicht gemeldet und auch ihre Erklärung, sie arbeite über EDV von x aus in "ihrem" Unternehmen, der "x", einer Unternehmensberatung mit Sitz in x, ist über­zeugend. Sie ist nicht die Halterin des Pkw und auch nicht darüber verfügungs­berechtigt, zumal der Zeuge x glaubhaft dargelegt hat, den Pkw von x, wo er seit der Trennung 2010 wohnt, aus für die Fahren zwischen seiner Landwirtschaft (Reiterhof) und seinem Unternehmen in x zu benützen. Glaubhaft ist auch, dass die in Österreich für die "x" zugelassenen drei Firmenfahrzeuge von Firmenangehörigen benützt werden, zu denen nicht die Bw zählt.    

 

Aus der Anzeige vom 5. Juni 2012 geht hervor, dass die Bw den genannten Pkw ab dem 9. Mai 2012, dem Tag der Fahrzeugkontrolle, "nahezu täglich" für die Fahrt von ihrer Wohnung zum Schulzentrum benützt hat, dh zum Abholen der Kinder. Sowohl sie als auch der Zeuge P bestätigten, der Pkw sei zu dieser Zeit gerade verfügbar gewesen.

 

Aus der Sicht des UVS ist aufgrund der von der Bw und dem Zeugen x glaubhaft geschilderten Umstände der Gegenbeweis dahingehend als erbracht anzusehen, dass der dauernde Standort des Pkw x nicht in x ist. Wenn die Bw lediglich Mittag die gemeinsamen Kinder mit dem gerade vor der Tür stehenden Privat-Pkw des Zeugen x von der Schule heimholt, vermag das noch nicht die Annahme eines dauernden Standortes des Pkw in Österreich zu begründen. Abgesehen davon wäre die Bw als bloß vorübergehende Lenkerin auch nicht berechtigt, über den Pkw, für den sie auch finanziell nicht aufkommt, zu verfügen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei Verfahrenskosten naturgemäß nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

 

Beschlagwortung:

Bw = Lenkerin ≠ Zulassungsbesitzerin, dt. Staatsbürgerin, HWS in Ö,

Zulassungsbesitzer = Ehegatte mit HWS in D, Unternehmerin in Ö, Bw holte Kinder von der Schule ab ≠ dauernder Standort des PKW in Ö à Einstellung

 

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