Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167402/7/Kei/TR/AK

Linz, 28.03.2013

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael KEINBERGER über die Berufung des x, xstraße x/x/x, x x gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz (nunmehr Landespolizeidirektion Oberösterreich), vom 28.6.2012, Zl. S-52.592/11-2 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 8 ZustG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die BPD Linz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, er habe – wie von Organen des Magistrates Linz festgestellt wurde – am 3.10.2011 in x, xstraße x, als Grundstückseigentümer einer Liegenschaft im Ortsgebiet nicht dafür gesorgt, dass entlang der entlang seiner Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als drei Meter vorhandene, dem öffentlichen Verkehr dienende Gehsteig in der Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr von Verunreinigungen gesäubert wird, da dieser mit Laub und Sträuchern verschmutzt gewesen sei. Er habe dadurch § 93 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb gem § 99 Abs. 4 lit. h StVO über ihn eine Geldstrafe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde.

Weiters wurde x zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 7 Euro verpflichtet. 

 

2. In der dagegen eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass  die Annahme, dass der Schneeräumparagraph auch ermächtige, eine Gehsteigreinigung durchzuführen unhaltbar sei. Er beinhalte ein "und Verunreinigungen" und kein oder. Diese Ansicht würde die Straßenreinigung, die in den Kompetenzbereich der Gemeinden falle, zum Großteil auf die Anrainer übertragen, was einem Frondienst entsprechen würde. Dies wäre weiters unverhältnismäßig. Die Judikatur zur Schneeräumung ist so rigoros, dass es zumutbar sei, oftmals täglich zu räumen und zu streuen. Würde man dies auf die Vorstellung der Behörde übertragen, müssten die Anrainer ganzjährig von 6-22 Uhr den Gehsteig von Laub, Abfällen und Hundeexkrementen säubern, es dürfte somit keiner mehr arbeiten gehen oder man müsste einen Reinigungsdienst ganzjährig bezahlen, der einem die Arbeit abnehme. Man sehe zurzeit Unmengen an Laub, jedoch räume dies niemand weg. Auch in den Funkmedien werde nicht dazu aufgefordert, das Laub zu entfernen. Er könne nach Durchsicht der gesamten Judikatur nicht einen einzigen Fall finden, in welchem ein Anrainer wegen einer Gehsteigverunreinigung, die nicht auf Schnee und Eis zurückzuführen sei, finden. Die Behörde verkenne weiters § 93 StVO, wenn sie "und Verunreinigungen" aus dem Zusammenhang reiße, da sich dieser eindeutig auf winterliche Verhältnisse beziehe. Eis und Schnee seien erhebliche Gefahren, die Fußgänger zu Sturz bringen können; dies sei bei blauen Hollerresten, die auf einen kurzen Stück des Gehweges liegen, keineswegs der Fall, die weiters auch nicht ausgetrocknet und rutschig gewesen seien. Auch sei der Gehsteig wirklich verunreinigt durch den Unkrautbewuchs auf der gesamten Länge des Gehsteiges gewesen; dieser Bewuchs könne durch den desolaten Zustand des Gehsteiges aus dem Unterbau gesprossen sein. Zuletzt sei der Gehsteig mit Sträuchern nicht verschmutzt gewesen. Für die Entfernung von Unkraut, das aus dem Gehsteig wächst, seien aber ganz sicher die Anrainer nicht verantwortlich; Bewuchs stelle keine Verschmutzung dar.

3. Die LPD Oö. hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich, UVS Oö, zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt  sich daher die Zuständigkeit des UVS Oö., wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (51c VStG).

4. Der UVS Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

4.1. Es ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

Die angelastete Verwaltungsübertretung wurde aufgrund dienstlicher Wahrnehmungen eines Bediensteten des Bezirksverwaltungsamtes des Magistrats der Stadt Linz durch Anzeige vom 3.10.2011 festgestellt. Daraufhin wurde über dem Berufungswerber am 21.11.2011 eine Strafverfügung erlassen, da er § 93 Abs. 1 StVO übertreten habe, weswegen über ihn gem § 99 Abs. 4 lit h StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde; Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens seien mit 7 Euro zu veranschlagen.

Daraufhin erhob der Berufungswerber fristgerecht Einspruch und führte aus, dass für ihn als Anrainer zwar Räumpflicht im Winter, jedoch keine Pflicht zur Straßenreinigung bestehe; diese Aufgabe komme der Gemeinde zu. Der angeführte Paragraph ist keinesfalls iZm Säuberung/Straßenkehrung zu verstehen. Im Übrigen sei die Strafe viel zu hoch bemessen, da er nur über ein monatliche Einkommen von 630 Euro verfüge.

Daraufhin wurde der Berufungswerber zweimal von der Behörde geladen, welcher er aber nicht nachgekommen ist. Für 20.4.2012 wurde Mag. x mit Beschuldigtenladung zur mündlichen Verhandlung geladen. Laut Rückschein wurde dem Berufungswerber der Bescheid am 7.4.2012 durch Hinterlegung zugestellt. Da er diesem ungerechtfertigt keine Folge geleistet hat, wurde das Verwaltungsstrafverfahren, wie angedroht, ohne ihn durchgeführt.

In weiterer Folge wurde über den Berufungswerber das besagte Straferkenntnis erlassen. Die Behörde hielt darin im Wesentlichen an Ihrer Rechtsansicht fest, dass Anrainer, die Gehsteige und Gehwege entlang der angrenzenden Liegenschaft von der Zeit von 06:00 bis 22:00 von Schnee und Verunreinigungen zu säubern hätten. An der Verunreinigung durch Laub war aufgrund der Beweislage nicht zu zweifeln. Diese wurde ihm laut Zustellnachweis am 3.7.2012 mangels Anwesenheit durch Hinterlegung in den Briefkasten zugestellt.

Mit dem am 23.10.2012 bei der Behörde eingelangten Schreiben urgierte der Berufungswerber, dass ihm eine Mahnung zugestellt worden sei, er jedoch keinen Bescheid erhalten habe. Die Behörde entgegnete, dass das Straferkenntnis laut Rückschein am 3.7.2012 hinterlegt wurde und der Bescheid – mangels erhobener Berufung – bereits am 18.7.2012 rechtskräftig geworden sei. Der Beschwerdeführer behauptet jedoch, dass er keinen solchen Bescheid bekommen habe. Die Behörde stellte dem Berufungswerber in weiterer Folge dasselbe Straferkenntnis vom 28.6.2012 erneut zu, da ihres Erachtens Zweifel an der rechtswirksamen Zustellung nicht beseitigt werden konnten.

Aufgrund dieser erneuten Bescheidzustellung erhob x fristgerecht Berufung an den UVS Oö.  

Aufgrund Zweifel hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Berufung wurde der Berufungswerber vom UVS Oö aufgefordert bis einschließlich 6.3.2013 Beweismittel dahingehend beizubringen, welche eine vorübergehende Ortsabwesenheit belegen. Daraufhin hat der Berufungswerber in einem Schreiben an den UVS Oö ausgeführt, dass er beim Einspruch gegen die Strafverfügung am 12.12.2011 seine Firmenadresse in der x x x, x x, damals extra als Adresse angeführt habe, in der Hoffnung dass ein weiterer Schriftverkehr dorthin versendet werde. Im Juli und August 2012 habe er wegen seines schlechten Gesundheitszustandes (er sei Krebspatient) bei seiner Frau x in der xstrasse x gewohnt und sei deshalb nicht in die xstraße x gekommen. Im Briefkasten sei keine Hinterlegungsanzeige über den Strafbescheid vom Juni 2012 gewesen. Aus den EU-konformen Briefkästen könne man die Post mit der Hand entnehmen und würden daher keinen Schutz vor unbefugter Entnahme bieten. Er sei erst durch die Mahnung zu Aktenkennzeichen S 0052592/LZ/11 aufmerksam geworden und habe dies bei der Polizei am 23.10.2012 reklamiert. In weiterer Folge führt der Berufungswerber die Korrespondenz mit der Behörde an. Nach Ablauf der vom UVS Oö gesetzten Frist, sendete der Berufungswerber eine Bestätigung seiner Gattin , dass er im Juli und August 2012 bei ihr gewohnt habe. 

4.2. Zu diesen Darstellungen wird in freier Beweiswürdigung folgendes festzuhalten:

Das Straferkenntnis wurde am 3.7.2012 mittels Hinterlegung (§ 17 ZustG) bei der Abgabestelle des Berufungswerbers hinterlassen bzw in den Briefkasten geworfen. Nach Abfrage des ZMR durch die Behörde sowohl am 6.12.2011 als auch am 5.4.2012 (sowie später auch am 29.10.2012) ergab sich als Wohnadresse die xstraße x x/x x x. Eine Änderung des Wohnsitzes wurde (auch in der Zeit, in der x bei seiner Gattin wohnte) nicht vorgenommen und auch vom Berufungswerber nicht vorgebracht.

Das von der LPD Oö. dem Berufungswerber zugesendete zweite Straferkenntnis entspricht exakt dem Ersten; weder Datum noch irgendwelche anderen Bestandteile des Straferkenntnisses wurden verändert.

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

5.1. Gem § 2 Z4 ZustG bedeutet “Abgabestelle”: die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.

§ 8 Abs. 1 ZustG lautet: "Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen."

§ 8 Abs. 2 ZustG lautet: "Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann."

§ 17 Abs. 4 ZustG lautet: "Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

 

5.2. Bezüglich des Arguments des Berufungswerbers er habe der Behörde am 12.12.2011 infolge des Einspruchs gegen die Strafverfügung seine Firmenadresse bekannt gegeben und darauf gehofft, dass der weitere Schriftverkehr künftig dorthin versendet werde ist Folgendes auszuführen:

Offensichtlich will der Berufungswerber damit auf eine Änderung der Abgabestelle hinaus. Hinsichtlich der erfolgten Zustellung ist festzuhalten dass die xstraße x, x x, jene Abgabestelle war, an welcher die BPD Linz die Strafverfügung vom 21.11.2011 zustellte und vom Berufungswerber auch nach erfolgter Hinterlegung gem § 17 ZustG behoben wurde; weshalb bis zu diesem Zeitpunkt von einer zulässigen Abgabestelle iSd § 2 Z4 ZustG ausgegangen werden kann. Die Behörde hat das Recht, an der ihr bekannten Abgabestelle zuzustellen; im Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung war der Behörde de facto nur die xstraße x als Abgabestelle bekannt. Die Behörde konnte daher auch davon ausgehen, dass sich der Berufungswerber regelmäßig an dieser Abgabestelle aufhält.

Spätestens ab dem Zeitpunkt der erfolgreichen Zustellung der Strafverfügung durch Hinterlegung und der erfolgten Behebung des Erkenntnisses (dies lässt sich aus dem erfolgten Einspruch durch den Berufungswerber e contrario schließen) hatte der Berufungswerber daher Kenntnis vom dem gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren  (vgl VwSlg 16.081 A/2003), weshalb § 8 ZustG entsprechend zu berücksichtigen ist. Unter der bisherigen Abgabestelle ist jene zu verstehen, die die Partei während eines Verfahrens zumindest zeitweise benutzte und von der die die Partei weiß, dass die der Behörde bekannt war (VwGH 24.11.2000, 2000/19/0015); dies ist in casu auch gegeben, da der Berufungswerber die Strafverfügung bzw die Verständigung davon an der Abgabestelle (xstraße x) entgegengenommen hat. Zwar kann die Mitteilung der Änderung der Abgabestelle auch formlos erfolgen (vgl N. Raschauer/Riesz in Frauenberger-Pfeiler, N. Raschauer/Sander/Wessely [Hrsg], Österreichisches Zustellrecht² [2012], § 8 Rz 7b) doch ist die bloße Anführung einer Adresse in einer als Kopf eines Briefes erfolgten Form ohne den geringsten Hinweis darauf, dass künftig Zustellungen an diese Adresse erfolgen sollen, nicht als entsprechende Mitteilung zu werten. Aufgrund der zweimaligen ZMR-Abfrage (6.12.2011 und 4.5.2012) wäre die Behörde berechtigt gewesen, die Zustellung ohne Zustellversuch sofort durch Hinterlegung gem § 8 Abs. 2 ZustG zu verfügen, da sie damit ihrer Ermittlungspflicht (arg. "ohne Schwierigkeiten") nachgekommen ist (vgl eingehend AsylGH 9.9.2010, E6 413219-2/2010). Dass die Behörde dennoch eine Zustellung bzw einen entsprechenden Versuch unternommen hat, schadet der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 ZustG nicht.   

Damit steht fest, dass die vom Berufungswerber intendierte bzw gewünschte Änderung der Abgabestelle nicht den Anforderungen des § 8 ZustG genügt und daher nicht darauf gestützt werden kann. In weiterer Folge hat dies zur Konsequenz, dass die Zustellung an die xstraße x aufgrund des laufenden Verfahrens zulässig war, da keine entsprechende bzw wirksame Änderung der Abgabestelle bekannt gegeben wurde. Deshalb wäre der Berufungswerber in weiterer Folge verpflichtet gewesen, die Änderung der Abgabestelle auch für den Zeitraum Juli und August 2012 der Behörde entsprechend mitzuteilen, was jedoch nicht erfolgt ist.

 

Im Übrigen wird angemerkt, dass die von der Behörde erfolgte nochmalige Zustellung des exakt gleichen und gültig zugestellten Straferkenntnisses (Wortfolge, Gestaltung, Datum; vgl dazu eingehend N. Raschauer/Riesz in Frauenberger-Pfeiler, N. Raschauer/Sander/Wessely [Hrsg] § 6 Rz 3), gem § 6 ZustG keinerlei Rechtswirkungen auslöste und damit die Berufung von Mag. x dagegen unbeachtlich ist.

 

Auch wird bemerkt, dass das Risiko der Beschädigung oder die Entwendung der Hinterlegungsanzeige der Empfänger sprich der Berufungswerber trägt (VwSlg 12.240 A/1986 ua) und die Zustellung daher wirksam bleibt. 

Aus den angeführten Gründen war die Berufung wegen Ablaufs der Rechtsmittelfrist als verspätet zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Michael KEINBERGER

 

 

 

 

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