Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253323/12/Py/Hu

Linz, 21.03.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Andrea Panny, Besitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung der Frau x,  vertreten durch x,  gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 18. September 2012, GZ: BZ-Pol-77041-2012, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Februar 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 2.180 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 146 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.        Der Kostenbeitrag der Berufungswerberin zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 218 Euro. Zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64, 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 18. September 2012, GZ: BZ-Pol-77041-2012, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 und Abs.1a iVm § 111 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 250 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Gewerbeinhaberin (Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht insgesamt 3500 kg nicht übersteigt) und Betreiberin der Firma x in x (Standort der Gewerbeberechtigung), welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG, am 20.02.2012, Herrn x, geb. x als Dienstnehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (§ 49 ASVG kollektivvertragliche Entlohnung) beschäftigt.

 

Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gem. § 1152 ABGB als bedungen gilt.

 

Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer daher nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

Es wurde somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Linz samt Beilagen) als erwiesen anzusehen ist. Eine Glaubhaftmachung, dass die Beschuldigte an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, ist ihr durch ihre Rechtfertigung nicht gelungen, zumal die Ausführungen der Beschuldigten zum Sachverhalt als Schutzbehauptung anzusehen sind.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass Strafmilderungsgründe nicht vorliegen. Als straferschwerend wurde gewertet, dass die Beschuldigte aufgrund der vorliegenden einschlägigen Vormerkungen in Kenntnis über die Bestimmungen des ASVG war.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 5. Oktober 2012. Darin wird die Einvernahme der Zeugen x und x zum Beweis dafür, dass die Bw nicht gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen hat, beantragt. Eine Schutzbehauptung liege in keiner Weise vor und sei lediglich aufgrund eines Versehens der Bw kein Einspruch gegen das im Verfahren betreffend das Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen Straferkenntnis erhoben worden. Da jedenfalls nicht von einer subjektiven Schuld der Bw auszugehen ist, hätte § 21 Abs.1 VStG angewendet werden bzw. Strafmilderung gewährt werden müssen.

 

3. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Februar 2013. An dieser nahm der Rechtsvertreter der Bw sowie ein Vertreter der am Verfahren beteiligten Organpartei teil. Als Zeugen wurden Herr x, Herr x sowie Herr x einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw ist Inhaberin der Firma x (in der Folge: Firma x) mit Sitz in x. Unternehmensgegenstand ist die Durchführung von Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3,5 t nicht übersteigt.

 

Am 20. Februar 2012 konnte der bei der Firma x als Kraftfahrer beschäftigte Dienstnehmer x, der für seine Tätigkeit bei der Firma x eine monatliche Entlohnung von rd. 1.300 Euro netto erhielt, die ihm übertragene Zustelltour aufgrund einer Erkrankung nicht durchführen. Konkrete Anweisungen für den Fall, dass ein Fahrer an seiner Dienstverrichtung verhindert ist, gab es in der Firma x nicht. Es war üblich, den Ehegatten der Bw, Herrn x, zu kontaktieren, der dann als Springer eingesetzt wurde. Herr x versuchte daher Herrn x telefonisch zu kontaktieren, erreichte ihn jedoch nicht. Da Herr x wusste, dass die Firma x im Fall von Zustellverzögerungen mit erhebliche Vertragsstrafen zu rechnen hatte, nahm er Kontakt mit dem serbische Staatsangehörige Herrn x, geb. am x, auf, von dem er wusste, dass diesem die Zustelltour bekannt war. Herr x war in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis 27. Juli 2011 bereits als Fahrer für die Firma x tätig, die von der Firma x am 2. August 2011 beantragte Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für Herrn x wurde jedoch vom zuständigen Arbeitsmarktservice mit Bescheid vom 5. September 2011 abgelehnt.  

 

Über Ersuchen des Herrn x übernahm Herr x, der seinen Lebensunterhalt in dieser Zeit aus seinen Einnahmen als Musiker in serbischen Lokalen bestritt, am 20. Februar 2012 für die Firma x die Zustellfahrt. Hinsichtlich eines Entgelts für die Vertretung und wurde nicht gesprochen. Im Zuge dieser Zustellfahrt wurde er anlässlich einer polizeilichen Überprüfung am beim Lenken eines auf die Firma x zugelassenen Kleinlastkraftwagen angehalten.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 27. Februar 2013 und ist in dieser Form unbestritten.

 

In der Berufungsverhandlung schilderten die befragten Zeugen im Wesentlichen übereinstimmend die Umstände, die zum Einsatz des Herrn x als Zustellfahrer für die Firma x führten. Nach Aussage des Herrn x wurde in der Regel er selbst bei Verhinderungen von Personal als Ersatzfahrer eingesetzt, allerdings gestand er auch ein, dass er sich häufig im Ausland befand. Seinen Angaben war auch zu entnehmen, dass es konkrete Anweisungen, wie sich Fahrer etwa im Krankheitsfall zu verhalten hatten, nicht gab. Der Zeuge x wiederum gab an, dass ihm bewusst war, dass die Firma x bei Zustellproblemen zu Strafzahlungen verpflichtet gewesen wäre, weshalb er Herrn x ersuchte, für ihn einzuspringen. Auch aus der Aussage des Zeugen x geht hervor, dass konkrete Verhaltensanordnungen an die Fahrer, wie im Verhinderungsfall vorzugehen ist, im Unternehmen nicht vorlagen. Übereinstimmend wurde ausgesagt, dass über die Entlohnung des Herrn x nicht gesprochen wurde.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

5.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stehen (VwGH vom 27. Juli 2001, Zl. 99/08/0030).

 

Herr x fuhr am 20. Februar 2012 mit einem im Eigentum der Firma x stehenden Kleinlastwagen Zustellfahrten im Rahmen einer vorgesehenen zeitlichen Bindung (Verpflichtung zur pünktlichen Ablieferung der Pakete beim Kunden) sowie Vorgaben hinsichtlich seines arbeitsbezogenen Verhaltens (Verwendung von Scanner und Schlüsseln etc.). Aufgrund dieser Weisungsgebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten liegt eine Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit vor (vgl. dazu auch VwGH vom 22. Dezember 2009, Zl. 2006/08/0333). Die wirtschaftliche Abhängigkeit findet ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel (VwGH vom 21. Dezember 2011, Zl. 2008/08/0233). Die von Herrn x erbrachte Leistung kam der Firma x zugute und konnte dadurch auch die Verhängung von Vertragsstrafen durch Zustellverzögerungen abgewendet werden.

 

Eine ausdrückliche Vereinbarung, dass die Leistung unentgeltlich erbracht wird, lag zwischen Herrn x und der Bw nicht vor. Die Frage, ob und in welcher Höhe Entgelt im Sinn des § 49 ASVG gebührt, ist nach zivilrechtlichen (hier: arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. VwGH vom 18. Dezember 1990, Zl. 89/08/0165). Im Zweifel ergibt sich der Entgeltanspruch daher aus     § 1152 ABGB. Daran vermag auch der Umstand, dass Herr x nach eigenen Angaben zum damaligen Zeitpunkt aus seiner Tätigkeit als Musiker ein Einkommen erzielte, nichts zu ändern, da die wirtschaftliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 erster Satz ASVG nicht mit Lohnabhängigkeit, also mit dem Angewiesensein des Beschäftigten auf das Entgelt zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes gleichgesetzt werden darf (vgl. dazu auch VwGH vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0107). Im Hinblick auf die in der mündlichen Berufungsverhandlung vom Ehegatten der Bw angegebene Höhe der monatlichen Entlohnung für den Fahrer, für den Herr x einsprang, ist auch davon auszugehen, dass die Höhe der geschuldeten Entlohnung über der Geringfügigkeitsgrenze lag.

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Bw initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich die Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Da zum Tatbestand der Übertretung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht iSd §§ 33 Abs.1 iVm 111 ASVG weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung ebenfalls um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs.1 VStG (VwGH vom 16. Februar 2011, Zl. 2011/08/0004). Es ist daher Sache der Bw, initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht.

 

Dazu bringt die Bw vor, dass sie nicht darüber informiert wurde, dass einer ihrer Mitarbeiter aufgrund seiner Erkrankung Herrn x mit seiner Vertretung beauftragt hat. Mit diesem Vorbringen vermag sich die Bw jedoch nicht zu entlasten. Vielmehr wäre sie gehalten gewesen, als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche des Unternehmens für die Einhaltung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems Sorge zu tragen. Aufgrund der Aussagen des Ehegatten der Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung, in dem dieser eingestand, dass es keine konkreten Anweisungen an die Fahrer gegeben hat, wie im Verhinderungsfall sowie bei seiner Nichterreichbarkeit vorzugehen ist, trat hervor, dass ein effektives Kontrollsystem nicht einmal ansatzweise vorlag. Vielmehr gab der Zeuge x an, dass in der Regel zwar er als Ersatz einsprang, er gestand aber auch ein, dass er sich häufig im Ausland aufhielt. Aber selbst die bloße Erteilung von Weisungen, etwa dass die Fahrer den Ehegatten der Bw kontaktieren müssen, würde für die verwaltungsstrafrechtliche Entlastung der Bw nicht ausreichen (vgl. VwGH vom 21. Mai 2003, Zl. 2000/09/0155). Ein wirksames Kontrollsystem erfordert, dass unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwartet werden kann (VwGH vom 8. Juni 2005, Zl. 2004/03/0166). Aufgrund der häufigen Ortsabwesenheit des "Ersatzfahrers" und angedrohten Pönalzahlungen war daher nicht auszuschließen, dass es zu Übertretungen der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen kommen kann. Insbesondere muss ein Kontrollsystem auch in Fällen "kurzfristiger" Arbeiten funktionieren (vgl. VwGH vom 23. Juli 2004, 2004/02/0002 mit Vorjudikatur) und für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Mitarbeitern gegen die einschlägigen Vorschriften Platz greifen (vgl. etwa VwGH vom 19. Oktober 2001, 2000/02/0228).

 

Der Bw ist daher die Übertretung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen und ist ihr fahrlässiges Verhalten anzulasten.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass – wie von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt – der Bw zum Tatzeitpunkt bereits zwei rechtskräftige Übertretungen des ASVG zur Last gelegt wurden, weshalb der erhöhte Strafrahmen des § 111 Abs.2 ASVG zur Anwendung gelangt. Im Hinblick auf die bereits vorliegenden einschlägigen Vorstrafen wäre es auch grundsätzlich gerechtfertigt, über die Bw eine erheblich über der Mindeststrafe liegende Geldstrafe zu verhängen, da sie offenbar der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften bei der Ausübung ihres Gewerbes nicht die ausreichende Aufmerksamkeit einräumt. Jedoch konnte die Bw im Verfahren glaubwürdig darlegen, dass der gegenständliche Einsatz eines nicht zur Sozialversicherung gemeldeten Dienstnehmers nicht vorsätzlich und nicht im Rahmen des allgemeinen Betriebsablaufes, sondern nur kurzfristig aufgrund der unerwarteten Erkrankung eines Mitarbeiters erfolgte, weshalb nach Ansicht der erkennenden Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates im Hinblick auf die besonderen Tatumstände im gegenständlichen Verfahren mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden kann. Gleichzeitig wird die Bw jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass bei künftigen Übertretungen mit empfindlich höheren Strafen zu rechnen ist.

 

Ein Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe konnte, insbesondere im Hinblick auf die zahlreichen der Bw bereits anzulastenden Verwaltungsvorstrafen im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Gewerbes, nicht festgestellt werden, weshalb eine Anwendung des § 20 VStG ebenso wie ein Vorgehen nach § 21 VStG ausscheidet, zumal die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorlagen. Für den Unrechtsgehalt, einen Dienstnehmer – wenn auch fahrlässig – nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Versicherungsträger gemeldet zu haben, kommt es nicht darauf an, ob das Beschäftigungsverhältnis in der Folge auch längerfristig fortgesetzt wird (VwGH vom 27. April 2011, Zl. 2010/08/0106).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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