Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-253075/5/Py/Hu

Linz, 01.03.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, vertreten durch x,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20. Februar 2012, GZ: SV96-49-2011-Bd/Pe, wegen Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die von der Erstbehörde verhängten Strafen behoben und der Bw unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

 

II.        Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 21 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20. Februar 2012, GZ: SV96-49-2011-Bd/Pe, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs.1 Z1 iVm § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zwei Geldstrafen in Höhe von je 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 146 Euro vorgeschrieben.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass im Ergebnis eine überwiegende persönliche und als deren Folge auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit sowie auch Entgeltlichkeit und somit nicht eine selbstständige Tätigkeit, sondern ein Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs.2 ASVG vorlag. Bei der gegenständlichen Tätigkeit der beiden Ausländer handelt es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten und gilt im Zweifel ein angemessenes Entgelt gemäß § 1152 ABGB als bedungen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 8. März 2012. Darin bringt die Bw vor, dass die Hilfstätigkeit beim Hausbau im Rahmen der Nachbarschaftshilfe bzw. der Verwandtenhilfe stattgefunden habe und die Verwandtschaft lediglich im Rahmen ihres Besuches in Österreich angeboten habe, Aufräumarbeiten vorzunehmen, wobei eine Entgeltlichkeit nicht vereinbart wurde und auch keine Bezahlung erfolgte. Schalungsarbeiten seien nicht vorgenommen worden, da aufgrund des Baufortschritts diese schon längst abgeschlossen waren. Im Hinblick auf das Verwandtschaftsverhältnis der Bw zu den betroffenen Personen ist auch die Beistellung von Kost und Logis sowie einer Wohnmöglichkeit als logische Konsequenz eines Verwandtschaftsbesuches zu beurteilen.

 

Neben diesem Vorbringen führt die Bw aus, dass sie sich – wie bereits vorgebracht – aus reinen Vorsichtsgründen bereits ein Jahr vor dem gegenständlichen Zeitpunkt erkundigt habe, ob eine Mitwirkung der Verwandtschaft bei einem Haus, bei dem im großen Umfang Eigenleistungen erbracht werden müssen, möglich ist und wurden ihr bei dieser seinerzeitigen Recherche Auskünfte dahingehend gegeben, dass eine Familienmithilfe zulässig und nicht strafbar sei, weshalb die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung beantragt wird.

 

3. Mit Schreiben vom 14. März 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

In ihrer im Rahmen des Parteiengehörs abgegebenen Stellungnahme zur Berufung verweist die am Verfahren beteiligte Organpartei auf die im Verfahren vor der belangten Behörde abgegebene Stellungnahme vom 30. Jänner 2012, in der die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe oder Erteilung einer Ermahnung beantragt wird. Mit Eingabe vom 19. Februar 2013 schränkte die Bw ihre Berufung auf die verhängte Strafhöhe ein und beantragte die Erteilung einer Ermahnung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Da sich die Berufung nunmehr ausschließlich gegen das Strafausmaß richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat somit verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

4.2. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.3 ASVG ist ein Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

4.3. Es wurde nicht in Zweifel gezogen, dass es sich bei den beiden bei der Kontrolle angetroffenen ausländischen Staatsangehörigen um den Cousin der Bw sowie dessen Schwager handelte, die auf der privaten Baustelle der Bw  Aufräumarbeiten beim Hausbau durchführten, sich zum Kontrollzeitpunkt zu Urlaubszwecken in Österreich aufhielten und deshalb von der Bw Kost und Quartier zur Verfügung gestellt bekamen. Entgelt wurde für die Tätigkeit nicht geleistet.

 

Grundsätzlich ist anzuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung als Familien- bzw. Freundschaftsdienst nur kurzfristige, unentgeltliche sowie freiwillige Leistungen gelten, die aufgrund eines besonderen Verhältnisses zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung ist fließend und anhand der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.

 

Im Hinblick auf die vorliegenden Tatumstände, insbesondere den Umstand, dass es sich um Angehörige der Bw handelte, die Tätigkeiten zwar nicht nur kurzfristig, jedoch jeweils nur für wenige Stunden andauerten, sich die Arbeiten zudem auf die private Baustelle der Bw bezogen und nicht zur Einkommenserzielung sondern als Unterstützung im Familienverband durchgeführt wurden, ist von unbedeutenden Tatfolgen auszugehen. Des Weiteren trat nachweislich hervor, dass der Bw am Gemeindeamt die Auskunft erhielt, man gehe davon aus, dass es sich um eine erlaubte Tätigkeit handelt. Zwar hat es die Bw unterlassen, Erkundigungen bei der zuständigen Behörde einzuholen, jedoch kann aufgrund der besonderen Sachlage im gegenständlichen Fall von einem geringen Verschulden der Bw ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass sie sich während des Verfahrens kooperativ zeigte und keine Verschleierungshandlungen setzte.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Aufgrund der im Verfahren hervorgetretenen besonderen Umstände des gegenständlichen Falles, insbesondere auch im Hinblick auf die geringfügige Dauer und Intensität der Tätigkeit, erscheint es daher gerechtfertigt, von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Gleichzeitig wird die Bw jedoch unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens ermahnt und sie weiters darauf hingewiesen, dass bei künftigen Übertretungen mit empfindlichen Strafen zu rechnen ist.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum