Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253380/2/Py/Hu

Linz, 26.03.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Jänner 2013, GZ: SV96-390-2010, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Jänner 2013, GZ: SV96-390-2010/Gr, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 9 VStG iVm § 18 Abs.12 iVm § 28 Abs.1 Z5 lit.b Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenvertretungsbefugter der x mit Sitz in x, gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma zumindest von 16.6.2010 bis 2.8.2010 den kroatischen Staatsangehörigen x, geb. x, als Arbeiter der von der Firma x mit Sitz in D-x, in weiterer Folge von der Firma x mit Sitz in D-x, somit einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes, zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurde, auf der Baustelle x in x, beschäftigte, obwohl weder § 18 Abs. 12 Z. 1 oder 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 erfüllt und auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde.

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr bei einer Kontrolle am 13.7.2010 um 13:10 Uhr auf der oa. Baustelle, bei der oa. Person bei Trockenausbauarbeiten betreten wurde, festgestellt."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass dem Beschuldigten der gegenständliche Sachverhalt aufgrund der Feststellungen der Organe des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr am 10. Juli 2010 zur Last gelegt wird. Dass Herr x tatsächlich zur besagten Zeit auf der Baustelle tätig war, wurde nicht bestritten, weshalb der objektive Tatbestand als erfüllt anzusehen ist. Mit der Verantwortung des Bw, Herr x habe ihn auf der Baustelle vertreten und die Bescheinigungen persönlich kontrolliert, eine lückenlose Kontrolle sei aber bei der Größe der Baustelle nicht möglich, könne sich der Beschuldigte nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung entbinden. Durch die illegale Beschäftigung über einen Zeitraum von fast zwei Monaten ist erwiesen, dass das Kontrollsystem nicht einwandfrei funktionierte. Auch die Tatsache, dass fast vier Monate nach der gegenständlichen Kontrolle eine weitere einschlägige Übertretung festgestellt wurde, spricht nicht für das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems.

 

Abschließend führt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe aus.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung. Darin bringt der Bw vor, dass er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht begangen hat. Der kontrollierte Arbeitnehmer, Herr x, war zu keinem Zeitpunkt bei der x beschäftigt. Weitergehende Kontrollen als die bereits durchgeführten würden eine wirtschaftliche Bautätigkeit unmöglich machen. Dazu wird nochmals auf das vorgelegte Schreiben der x verwiesen.

 

Des Weiteren führt der Bw das Maßnahmen- und Kontrollsystem der Baustelle an und beantragt die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn x.

 

3. Mit Schreiben vom 31. Jänner 2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG Abstand genommen werden.

 

5. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.12 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 idF BGBl.I 135/2009, ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

 

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs.1 Z1 bis 3 und Abs.2 des Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl.Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

 

Die zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z5 lit.b AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 18 Abs.12 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, in Anspruch nimmt, obwohl § 18 Abs.1 Z1 oder 2 nicht erfüllt ist und – im Fall der lit.b – auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis 50.000 Euro.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und
  2. die Identität der Tat (zB. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

5.2. Zunächst ist festzuhalten, dass es zur Verfolgung von Übertretungen des § 28 Abs.1 Z5 lit.b iVm § 18 Abs.2 AuslBG einer geeigneten und vollständigen (auf alle wesentlichen Tatbestandselemente bezogenen) Tatanlastung bedarf, welche auch eine eindeutige Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen des AuslBG ermöglicht. Diesem Gebot wird das dem Bw angelastete Tatverhalten jedoch nicht gerecht, da dem Bw nicht die Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen des Ausländers ohne Vorliegen der entsprechenden arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung, sondern dessen Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zur Last gelegt wurde. Im Sinn des Konkretisierungsgebotes des § 44a VStG bilden zudem Feststellungen zum Fehlen der im § 18 Abs.12 Z1 und 2 AuslBG angeführten Voraussetzungen wesentliche Tatbestandselemente, um den Bw in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen (vgl. VwSen-252659 vom 1. April 2011). Allein der Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen, mit denen die materiellen Voraussetzungen determiniert werden, reicht hier nicht aus.

 

Aufgrund dieser dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses anhaftenden Mangelhaftigkeit liegt somit die im Gesetz geforderte ausreichende Identifizierung der Tat nach dem Tatbestand der der übertretenen Rechtsvorschriften maßgeblichen Umstände nicht vor. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens nicht aus (vgl. VwGH vom 13.1.1982, Zl. 81/09/0203). Das angefochtene Straferkenntnis war daher zu beheben und aufgrund der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung zur Einstellung zu bringen.

 

6. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

Beachte:


Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.


VwGH vom 3. Oktober 2013, Zl.: 2013/09/0087 bis 0088-8

 

 

 

 

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