Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401233/19/Wg/WU

Linz, 15.11.2012

 

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des X, geb. X, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, sogleich nach Schluss der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. November 2012 durch mündliche Verkündung zu Recht erkannt:

 

       I.      Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

 

    II.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20  Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 69a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456/2008).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) ordnete mit Bescheid vom 7. November 2012, GZ: Sich40-3407-2012, über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 76 Abs.2a Z1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) iVm § 57 Abs.1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) an. In der Begründung ihrer Entscheidung argumentierte sie, der Beschwerdeführer habe am 15. Oktober 2012 einen Asylantrag gestellt. Sie verwies auf seine Ausführungen bei der niederschriftlichen Erstbefragung und argumentierte, er habe – laut Abgleich seiner Fingerabdrücke – bereits am 8. Mai 2003 in Griechenland und am 25. September 2008 einen Asylantrag in Norwegen gestellt. Am 16. Oktober 2012 sei seitens des Bundesasylamtes EAST X ein Konsultationsverfahren mit Norwegen eingeleitet und ihm die Verfahrensanordnung gemäß § 29 Asylgesetz am 16. Oktober 2012 persönlich ausgefolgt worden. Sein Asylantrag vom 15. Oktober 2012 sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. November 2012, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs.1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen worden. Gleichgehend sei festgestellt worden, dass für die Prüfung des Asylantrages Norwegen zuständig sei. Er sei mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs.1 Z1 Asylgesetz 2005 ausgewiesen und gemäß § 10 Abs.4 Asylgesetz sei festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Norwegen zulässig sei. Der Bescheid sei ihm am 7. November 2012 in der EAST X persönlich ausgefolgt worden. Am 7. November 2012, um 12.50 Uhr – und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem ihm seitens der BAA EAST X der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden sei – sei er von Beamten der PI in der Erstaufnahmestelle X im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen worden. Nicht nur alleine sein Verhalten in Österreich zeige, dass er keinesfalls gewillt sei, sich der Abschiebung nach Norwegen zu stellen, um dort sein Asylbegehren prüfen zu lassen. Anstelle sich in Norwegen den dortigen Behörden zur Verfügung zu halten, habe er es vorgezogen, illegal nach Österreich auszureisen. Bei der Bewertung der Wahl der Mittel zur Erreichung seines nachhaltigen Zieles sei im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass er sich – auf freiem Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – dem Zugriff der Behörden entziehen werde um eine Außerlandesbringung von Österreich nach Norwegen mit Erfolg zu vereiteln oder um diese Maßnahme zumindest wesentlich zu erschweren. Die Sicherungsnotwendigkeit werde zudem mit seiner strikten Abneigung Norwegen gegenüber begründet. Er habe mehrmals kundgetan, unter keinen Umständen nach Norwegen zurückzukehren. Ein gelinderes Mittel würde die Gefahr beinhalten, dass er – nach Abtauchen in die Anonymität – dem österreichischen Staat finanziell zur Last fallen könnte. Die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung seiner Außerlandesbringung nach Norwegen sei verhältnismäßig. Familiäre Bezüge zu Österreich habe er mit Ausnahme seiner Verlobten nicht angegeben. Seine Verwandten würden sich alle in Norwegen befinden.

 

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 9. November 2012. Der Beschwerdeführer stellt darin die Anträge, der UVS im Lande Oberösterreich möge die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären sowie Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung (Schriftsatz–Verhandlungsaufwand) und der Eingabegebühr zuerkennen. Er argumentiert, er sei am 15. Oktober 2012 in Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Er sei nach Österreich in der Hoffnung gekommen, X heiraten zu können. Er und X hätten bereits nach islamischen Ritus geheiratet, hätten jedoch keine Urkunden, die dies bestätigen. In Punkt 1 der Beschwerde wird die Unverhältnismäßigkeit der Haft eingewendet. Es sei über ihn ohne ausreichende Begründung die Schubhaft angeordnet worden. Er habe aus eigenen Stücken den Kontakt zu den österreichischen Behörden gesucht und im Asylverfahren kooperiert. Er habe bis zu seiner Abschiebung einen Rechtsanspruch auf eine Unterbringung. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde davon ausgehe, dass die Abschiebung gesichert werden müsse. Die belangte Behörde habe ihren Bescheid unter anderem damit begründet, dass stark bezweifelt werden müsse, dass Österreich überhaupt sein Reiseziel sei. Er sei ins Bundesgebiet eingereist, um Verlobte bzw. Ehefrau X zu heiraten. Es sei daher offensichtlich, dass Österreich sein Ziel gewesen sei. Er könne bis zu seiner Abschiebung auch bei X leben. Als Beweis wurde dazu angeführt: PV, Einvernahme X, X. Es liege das erforderliche Sicherungsbedürfnis nicht vor. Unter Punkt 2 der Schubhaftbeschwerde wird die Nichtanwendung des gelinderen Mittels gerügt. Da die belangte Behörde die Möglichkeit der Verhängung des gelinderen Mittels nicht geprüft habe, sei die Schubhaft rechtswidrig.  Unter Punkt 3 der Beschwerde wird ein Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 behauptet. So argumentiert der Beschwerdeführer, aus Artikel 7 der cit Verordnung gehe hervor, dass es eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten gäbe bzw. dass eine freiwillige Ausreise des Asylwerbers in den zuständigen Mitgliedsstaat prioritär sei. Eine automatische Schubhaftverhängung finde keine Deckung in der österreichischen Verfassung. Erst wenn sich herausstelle, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreise bzw. zu verstehen gebe, dass er dies nicht tun werde, sei eine Haftverhängung zulässig. Die Schubhaftverhängung ohne Einhaltung dieser Abfolge stehe daher sowohl im Widerspruch zur oben genannten Verordnung, als auch zur österreichischen Verfassung und sei daher inhaltlich rechtswidrig.

 

Die belangte Behörde legte den bezughabenden Akt vor und erstattete mit Eingabe vom 9. November 2012 eine Gegenschrift. Darin beantragte sie die kostenpflichtige Abweisung der vorliegenden Beschwerde, um letztlich die in Kürze bevorstehende Überstellung in den für den Beschwerdeführer zuständigen Mitgliedsstaat Norwegen auch vollziehen zu können.

 

Der UVS führte am 15. November 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete folgendes einleitendes Vorbringen: "Auf die Ausführungen im Schubhaftbescheid und der Gegenschrift wird verwiesen. Es wird die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt."

 

Die Rechtsberaterin erstattete gemeinsam mit dem Beschwerdeführer folgendes Vorbringen: "Das Vorbringen in der Schubhaftbeschwerde wird vollinhaltlich aufrecht erhalten. Es wird die Entscheidung iSd dort gestellten Anträge beantragt."

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete abschließend folgendes Vorbringen: "Auf den Schubhaftbescheid und die Ausführungen in der Gegenschrift wird verwiesen. Es besteht nach wie vor ein Sicherungsbedarf. Es wurde bislang keine Beschwerde gegen den Asylbescheid I. Instanz eingebracht. Aus diesem Grund wird die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt."

 

Die Rechtsberaterin erstattete gemeinsam mit dem Beschwerdeführer folgendes abschließendes Vorbringen: "Es besteht keine Gefahr, dass der Beschwerdeführer untertauchen würde. Er würde bei seiner Frau und seiner Familie wohnen und ein gelinderes Mittel in Form einer Meldepflicht erfüllen. Das gelindere Mittel würde zweifelsfrei ausreichen, um den Zweck der Außerlandesbringung bzw. der Schubhaft zu erreichen. Die Schubhaft ist rechtswidrig und auch die weitere Anhaltung in Schubhaft ist rechtswidrig. Aus diesem Grund beantrage ich die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Es möge auch Kostenersatz iSd UVS-Aufwandersatzverordnung zugesprochen werden."

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er stellte am 15. Oktober 2012 einen Asylantrag. Die Erstbefragung wurde von Beamten der Landespolizeidirektion Salzburg am 15. Oktober 2012 durchgeführt. In der dabei aufgenommenen Niederschrift wird unter "6. Angaben über Familienangehörige in Österreich oder einem EU-Staat:" festgehalten:

"Eltern – gestorben

5 Geschwister in Norwegen:

"X, Geb. unbekannt

X, Geb. unbekannt

X, Geb. unbekannt

X, Geb. unbekannt

X, Geb. unbekannt."

 

Unter "9. Angaben über die Reiseroute mit allen bekannten Aufenthalten sowie Ort des Grenzübertrittes samt dienstlicher Wahrnehmung: Wann haben Sie den Entschluss zur Ausreise aus Ihrem Herkunftssaat gefasst?" wird ausgeführt: "Vor 2 bis 3 Tagen von Oslo mit dem Autobus nach Kopenhagen; von dort mit dem Zug und später mit dem Schiff nach Hamburg; weiter mit dem Zug von Hamburg nach München; heute mit dem Zug von München nach Salzburg;". Unter "9.8. Wie lange dauerte die Reise von der Einreise in die EU bis nach Österreich?" wird ausgeführt: "2002 bis 2012 (bereits Asylwerber in Norwegen)". Unter "9.9. Geben Sie die konkrete Reiseroute mit Nennung der verwendeten Verkehrsmitteln von Ihrer Heimat bis nach Österreich an:" wird ausgeführt: "Bereits seit 2002 Asylwerber in Norwegen (4 bis 5 negative Asylbescheide)." Unter "9.12. Wie erfolgte die Einreise in die EU genau?" wird ausgeführt: "Mit einem Schlepper von Iran in die Türkei; mit dem Schlauchboot von der Türkei nach Griechenland; mit dem LKW weiter nach Deutschland; dort wurde ich von der deutschen Polizei aufgegriffen und festgenommen; in weiterer Folge nach Griechenland abgeschoben; in Griechenland war ich bis 2008; Ende 2008 bin ich mit einem Schlepper von Griechenland nach Italien; von dort mit dem PKW und LKW nach Norwegen;" Weiters wird ausgeführt: "Mein Asylantrag in Norwegen wurde abgelehnt; mir wurde von den Behörden mitgeteilt, dass ich in Norwegen nie Asyl erhalten werde, darum reiste ich weiter."

Auf die Frage "Wenn Sie in diesem Land (durchgereister Mitgliedsstaat) zurückkehren müssten und Ihr Asylverfahren dort geführt wird, spreche etwas dagegen?", antwortete der Beschwerdeführer: "Mein Antrag wurde negativ beschieden; ich war die letzten 2 Jahre illegal in Norwegen."

Zur Frage "Warum haben Sie Ihr Land gelassen (Fluchtgrund):" führte der Beschwerdeführer aus: "Meine Familie hat aus wirtschaftlichen Gründen Afghanistan verlassen. Ich bin im Iran aufgewachsen. Im Jahr 2000 ist meine gesamte Familie nach Norwegen geflüchtet und wenig später habe die ganzen Familienmitglieder dort Asyl bekommen. Im Jahr 2001 habe ich bei der norwegischen Botschaft im Iran einen Asylantrag für Norwegen gestellt. Die norwegischen Asylbehörden sagten zu mir, dass ich den Iran verlassen soll und in einem europäischen Land den Asylantrag stellen soll. Im Jahr 2002 hab ich Griechenland erreicht, dort bin ich wieder zur norwegischen Botschaft gegangen und habe erneut einen Asylantrag für Norwegen gestellt. Ich bekam eine negative Antwort und die norwegischen Asylbehörden sagten zu mir, dass ich den Antrag nur in Norwegen stellen kann. Mehrere Jahre blieb ich in Griechenland und erst Ende 2008 hab ich Norwegen erreicht. Dort habe ich mehrere negative Bescheide nacheinander bekommen, mit der Begründung, dass ich volljährig bin und in Norwegen kein Asyl bekomme nur weil meine Familie dort anerkannte Flüchtlinge sind. Vor 2 Jahren ist meine letzt gültige Asylkarte in Norwegen abgelaufen. Mein Aufenthalt in Norwegen war illegal. Ich hab mich zu Hause versteckt. Psychisch war es sehr belastend. Vor ca. 6 Monaten habe ich meine Verlobte, die in X wohnt, im Zuge eines Hochzeitsfestes kennengelernt. Danach waren wir ständig tel. in Kontakt. Da ich keine Zukunft in Norwegen habe, habe ich beschlossen nach Österreich zu kommen."

Am Deckblatt dieser Niederschrift ist zum Familienstand vermerkt: "Ich habe bislang keine Ehe geschlossen (ledig)."

 

Das Bundesasylamt wies in Spruchabschnitt I. des Bescheides vom 6. November 2012, AZ: 1214.804-EASt-West, den Antrag auf internationalen Schutz vom 15. Oktober 2012 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs.1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 16/1/e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Norwegen zuständig ist. In Spruchabschnitt II. dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs.1 Z1 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Norwegen ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Norwegen gemäß § 10 Abs.4 Asylgesetz zulässig ist.

Aus der Begründung dieses Bescheides geht unter anderem hervor:

 

"A) Verfahrensgang

Sie stellten am 15.10.2012 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG. Dabei gaben Sie an, den Namen X zu führen, Staatsangehöriger von Afghanistan und am X in X geboren zu sein.

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung vor der POLIZEI am 15.10.2012 gaben Sie vor einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes Folgendes an:

Sie haben keine Beschwerden oder Krankheiten, welche Sie an der Durchführung dieser Einvernahme hindern könnten. Sie könnten dieser Einvernahme ohne Probleme folgen. Vor 2-3 Tagen von Oslo mit dem Autobus nach Kopenhagen; von dort mit dem Zug und später mit dem Schiff nach Hamburg; weiter mit dem Zug von Hamburg nach München; heute mit dem Zug von München nach Salzburg gefahren zu sein. Bereits seit 2002 Asylwerber in Norwegen zu sein und 4-5 negative Asylbescheide erhalten zu haben.

Da das Bundesasylamt auf Grund des bisherigen Verfahrensverlaufes beabsichtigte gemäß § 29 Abs. 3 Zi. 4 AsylG vorzugehen, wurde Ihnen eine diesbezügliche Verfahrensanordnung zu eigenen Händen zugestellt und eine 24 Stunden nicht unterschreitende Frist zur Stellungnahme eingeräumt. In dieser Frist ist die Rechtsberatung erfolgt und waren dem Rechtsberater die relevanten Aktenbestandteile zugänglich.

Am 29.10.2012 wurden Sie bei der Erstaufhahmestelle West einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

Ihnen werden die anwesenden Personen vorgestellt und deren Funktion erklärt. Es wird Ihnen mitgeteilt, dass der anwesende Dolmetscher gem. § 52 Abs. 4 AVG bestellt und beeidet wurde. Sie werden darauf aufmerksam gemacht, dass Sie Im Falle von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit beim Dolmetscher rückfragen können.

 

F: Verstehen Sie den Dolmetscher einwandfrei?

A: Ja

 

Ich wurde durch die hier anwesende Rechtsberatung beraten, 29.10.2012, 09.15 - 09.45 h.

 

F: Haben Sie Einwände gegen eine der anwesenden Personen?

A: Nein

F: Haben Sie die Merk- und Informationsblätter zum Asylverfahren in einer Ihnen verständlichen Sprache erhalten?

A: Ja.

 

Es wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Ihre Angaben die Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren sind. Sie können einen Zustellbevollmächtigten bekannt geben. Sie sind verpflichtet, am Asylverfahren mitzuwirken, sämtliche Termine einzuhalten und Ladungen Folge zu leisten, da sonst Nachteile für Sie entstehen können. Insbesondere sind Sie dazu angehalten, die Wahrheft zu sagen und an der Feststellung des für das Asylverfahren notwendigen Sachverhaltes mitzuwirken, Dokumente und Beweismittel vorzulegen oder nachzureichen. Sie können einen Zustellbevollmächtigten bekannt geben, sie werden aufgefordert sämtliche Änderungen der Adresse bekannt zu geben, beachten sie eine Obdachlosenmeldung ist keine Zustelladresse.

 

Es ist wichtig, dass Sie die Wahrheit sagen und nichts verschweigen. Denn sollte das Bundesasylamt Ihrem Ersuchen um Asylgewährung nicht nachkommen und Sie gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel einbringen, können Sie bei der Berufungsbehörde im Allgemeinen keine neuen Tatsachen und Beweismittel mehr vorbringen. Aus diesem Grunde ersuchen wir Sie, uns jetzt alle Tatsachen im Zusammenhang mit Ihrem Asylersuchen mitzuteilen und wenn Sie im Besitz von Beweismittel sind, legen Sie diese vor. Sie haben die Möglichkeit, von Mo - Fr 7.30 Uhr - 15.30 Uhr während der Amtsstunden Akteneinsicht zu nehmen, sich schriftlich nach Ihrem Verfahren zu erkundigen oder über einen bevollmächtigten Vertreter Informationen einzuholen. Aus Datenschutzgründen werden telefonisch keine Auskünfte erteilt.

F: Haben Sie das verstanden?

A: Ja.

 

F: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?

A: Ja

 

F: Sind Sie krank, pflegebedürftig oder ansonsten von jemanden abhängig?

A: Nein nur habe ich Streß und Schlaflosigkeit, im Jahr 2001 habe ich im Iran für Norwegen einen Asylantrag gestellt. Die norweger Behörden haben mich immer wieder hingehalten und immer wieder andere Informationen mir mitgeteilt ich befinde mich seit dem Jahre 2002 im europäischen Raum und seit 4 Jahren in Norwegen. Meine Familienangehörigen sind bereits anerkannte Flüchtlinge in Norwegen. Mein Antrag wurde jedoch negativ entschieden, und ich bin ohne irgendwelche Aussichten 10 Jahre lang in Europa gewesen. Meine Familienmitglieder sind 2000 nach Norwegen und stellten den Asylantrag, ich bin 2008 erst angekommen. Warum ich negativen Bescheid erhielt weiß ich nicht. Ich habe dort die Gesetze beachtet, habe nichts auf mich zukommen lassen noch habe ich mich gesetzeswidrig benommen.

 

Ich werde auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass meine Angaben im Asylverfahren vertraulich behandelt und keinesfalls an die Behörden meines Heimatlandes weitergeleitet werden. Wegen der Zuständigkeitsbestimmungen der Europäischen Union wird zunächst nur die Frage der Zuständigkeit Österreichs für Ihr Asylverfahren geprüft. Wenn sich im Verfahren die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ergibt, bedeutet dies für Sie folgendes: Sie werden in diesen anderen Mitgliedstaat überstellt und Ihre Fluchtgrunde werden in Österreich vorerst nicht geprüft.

 

Sie werden darauf hingewiesen, dass Ihre Angaben die Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren sind und dass Ihren Angaben in der Erstaufnahmestelle eine verstärkte Glaubwürdigkeit zukommt.

 

F: Sind Ihre bisherigen Angaben die Sie in Österreich, im Besonderen die Angaben, welche sie am 15.10.2012 im PI Wals-Siezenheim AGM gemacht haben richtig und halten Sie diese Angaben auch aufrecht?

A: Ja

F: Möchten sie zur Erstbefragung Ergänzungen oder Korrekturen machen?

A: Nein, ich habe die Wahrheit gesagt.

 

F: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein nur meine Verwandten in Norwegen, meine Mutter ist vor 1 Jahr in Norwegen verstorben. Mein Vater ist bereits im Iran verstorben, in Norwegen habe ich 3 Schwestern und 3 Brüder und eine der Schwestern ist in Norwegen verheiratet. Meine Verlobte ist aber in Österreich. Ich habe sie vor ca. 6 Monaten bei einer Hochzeitsfeier in Norwegen kenne gelernt. Ich besaß in Norwegen keine Unterlagen um sie heiraten zu können. Jetzt habe ich gehofft wenn ich nach Österreich komme, dass ich sie dann in Österreich heiraten kann. Sie ist anerkannter Flüchtling in Österreich und heißt X, geb. X, Sie wohnt in X.

 

F: Haben Sie ansonsten Bezug zu Österreich?

A: Nein

 

F: Sind Sie über ein EU- Land kommend nach Österreich eingereist?

A: Ich bin zuerst mit dem Bus von Oslo nach Kopenhagen gefahren und danach mit dem Zug nach Hamburg. Von Hamburg fuhr ich weiter mit dem Zug nach München und von München mit dem Zug nach Salzburg. Ich bin in Salzburg an dem Tag wo ich mich dann bei der Polizei meldete zuvor gegen 02.00 Uhr angekommen.

 

F: Warum verließen Sie Ihr Heimatland? Erzählen Sie unter Anführung von Fakten, Daten und Ihnen wichtig scheinenden Ereignissen bzw entsprechen Ihre Angaben diesbezüglich vor der Polizei der Wahrheit?

A: Ja, weil meine Familie aus wirtschaftlichen Gründen damals Afghanistan verlassen hat. lch war damals aber noch ein Kind und weiß aber die allgemeine Situation nicht, nur mein Vater war alt und hat nicht richtig arbeiten können.

 

F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her?

A: Ja

 

Entscheidung:

Das Bundesasylamt gelangt vorläufig zur Ansicht, dass für die Prüfung Ihres in Österreich gestellten Asylantrages gemäß der Dublin 11 Verordnung der Europäischen Union Norwegen zuständig ist. Eurodac-Treffer N0196200101666608 (GR14803/8H3527) Zu Einzelheiten der Dublin II Verordnung sind Sie bereits in dem Ihnen anlässlich der Fingerabdrucknahme ausgefolgten Merkblatt informiert worden. Aufgrund der bereits vorliegenden Zustimmung Norwegens ist beabsichtigt Ihren Asylantrag in Österreich als unzulässig zurückzuweisen und Ihre sofort durchsetzbare Ausweisung in diesen Staat zu veranlassen.

Dazu wird Ihnen mitgeteilt, dass sie   eine Mitteilung gern § 29 Abs AsylG 2005 über ihre Ausweisung nach Norwegen erhalten haben.

F: Haben Sie alles verstanden?

A: Ja

F: Möchten Sie dazu Angaben machen ?

A: Ich habe bereits im Jahre 2001 meinen ersten Asylantrag für Norwegen gesteift und war auch bereits seit 2008 in Norwegen aufhältig. Die norwegischen Behörden haben mir jedoch negativ den Bescheid erteilt. Was soll ich Jetzt in Norwegen machen nachdem ich mehr als 11 Jahre auf einen Bescheid in Norwegen warte. Als ich 2001 bei der Botschaft in Teheran den Antrag stellte, wurde mir gesagt das dieser Antrag nicht akzeptiert bzw. bearbeitet wird ich muß persönlich nach Norwegen kommen und dort einen Asylantrag stellen. Weil ich nicht genügend Geld hatte mußte ich immer arbeiten und den Schlepper bezahlen darum dauerte die Reise lange. Einmal wurde ich in Deutschland von Polizisten aufgegriffen 4 Monate festgehalten und wieder nach Griechenland abgeschoben. Die deutsche Polizei sagte mir während meiner Inhaftierung wenn die norwegischen Behörden eine Bestätigung schicken dass sich meine Familie in Norwegen befindet würden mich die Deutschen auch nach Norwegen schicken. Diese Bestätigung kam jedoch 1 Tag vor meiner Abschiebung nach Griechenland. Die deutschen Polizisten sagten mir aber dass die griechische Polizei informiert ist und dass ich von Griechenland nach Norwegen geschickt werde, nach meiner Ankunft in Griechenland wurde ich jedoch 2 Monate inhaftiert und danach schickte mich niemand nach Norwegen, das war 2003

F: Gab es in Norwegen Probfeme oder Vorfälle?

A: Nein

 

L.d.A.: Sie werden über die Möglichkeit informiert, dass Sie Einsicht in die Quellen der Berichte zu Norwegen nehmen können, aus welchen sich das Amtswissen des BAA zur dortigen Lage ableitet.

F: Möchten Sie Einsicht nehmen?

A: Ja bitte, aber abgesehen davon, ich habe soviel negatives erlebt in Norwegen sodass Ich diesen Namen nicht einmal mehr hören will abgesehen dass ich dorthin gehen will.

 

Anm: Werden ausgefolgt, Stellungnahmefrist 3 Tage - Beilage 1

 

F: Hatten Sie in Norwegen Kontakt zu Behörden Polizei oder auch Hilfsorganisationen ?

A: Ja eine Hilfsorganisation, der Name fällt mir momentan nicht ein, hat meine Unterlagen kopiert, diese Organisation sollte sich um meinen Fall kümmern, bekam aber keine Antwort. Das war vor 2 oder 3 Jahren.

F: Tätigten sie in Norwegen polizeiliche Anzeigen?

A: Nein

F: Wandten sie sich ansonsten an norwegische Behörden?

A: Nein

 

F: Benötigten Sie in Norwegen ärztliche Behandlung?

A: Ja, ich hatte psychische Probleme und wurde deshalb 4 Tage stationär behandelt, das war Juni 2012 und die Hilfsorganisation NAVAS bei der ich war sollte sich um alles kümmern auch.

F: Haben Sie Befunde?

A: Die sind in Norwegen

F: Haben sie Schriftstücke, Bescheide oder sonstige Schriftstücke zu ihrem Norwegenaufenthalt?

A: Ich habe vor ca 4 Tage meinen Bruder in Norwegen angerufen und bat in meine Unterlagen an meine Verlobte zu schicken, ich nehme an dass diese Unterlagen jetzt unterwegs sind, sämtliche Unterlagen die ich dort besaß. Die ärztlichen Befund, Asylbescheid.

Aufforderung: Sie werden aufgefordert, die soeben von Ihnen genannten Dokumente im Original dieser Behörde unverzüglich vorzulegen. Bitte legen Sie auch das Kuvert vor, in welchem Sie diese Dokumente erhalten haben.

A: Ja

F: Möchten Sie abschließend noch etwas angeben was ihnen wichtig erscheint ? A: Die deutsche Polizei sagte mir auch wenn ich in Griechenland ankomme würden die mich nach Norwegen weiterschicken und das geschah nicht und sie sagen jetzt, die Norweger sind bereit mich aufzunehmen, dabei hat die norwegische Behörde 10 Jahre meines Leben zunichte gemacht.

 

Anm: Der RB hat folgende Fragen oder Vorbringen.

Hat sie ihre Verlobte schon einmal besucht jetzt hier?

A: Ja, 4 oder 5 Mal glaube ich.

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: Ja.

Die Niederschrift wurde mir rückübersetzt. Der Inhalt ist richtig und ich bestätige dies mit meiner Unterschrift, Ich bestätige auch mit meiner Unterschrift, dass ich eine Kopie der Niederschrift erhalten habe. Dokumente habe ich nicht vorgelegt

 

B) Beweismittel

 

            64 Seiten norwegische Schriftstücke (Asylverfahren, ärztliche Betreuung)

 

• Von der Behörde wurden weiters zur Entscheidungsfindung herangezogen:

-         die Erstbefragung der POLIZEI

-         die niederschriftliche Einvernahmen im Verfahren

-         die EURODAC-Treffermeldung: X

-         die Zustimmung gem. der Dublin-VO der norwegischen Behörden nach Art. 16/1/e

-         Staatendokumentation des Bundesasylamtes - Länderfeststeilung zu Norwegen

 

C) Feststellungen

 

Der Entscheidung werden folgende Feststellungen zugrunde gelegt:

 

-         zu Ihrer Person:

Sie sind Staatsangehöriger von Afghanistan. Sie sind volljährig und voll handlungsfähig.

Sie leiden an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten.

   

-         zur Begründung des Dublin-Tatbestandes:

Sie stellten am 15.10.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Das Bundesasylamt leitete am 16.10.2012 ein Konsultationsverfahren gem. Art. 16/1/e der Dublin-VO mit Norwegen ein.

Gem. § 29 Abs. 3 Zi. 4 AsylG, wurde Ihnen eine diesbezügliche Verfahrensanordnung zu eigenen Händen zugestellt mit 16.10.2012 und das Führen von Konsultationsverfahren mit Norwegen mitgeteilt.

 

Mit Zustimmung vom 26.10.2012 erklärte sich Norwegen gem. Art. 16/1/e der DUBLIN II -VO für zuständig.

 

-         zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie halten sich seit Ihrer illegalen Einreise im österr. Bundesgebiet auf und verweisen auf ihre Verlobte in Österreich, welche sie in Norwegen kennen gelernt haben und ihre Familie in Norwegen- Familiäre oder andere private Anknüpfungspunkte bzw. Abhängigkeiten zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen konnten nicht festgestellt werden."

 

Das Bundesasylamt argumentierte, da bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen im Verfahren keine Hinweise auf andere oder weitere familiäre Anknüpfungspunkte hervorgekommen wären, könne zusammengefasst das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens iSd Artikel 8 EMRK nicht festgestellt werden. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

Der Bescheid des Bundesasylamtes wurde dem Beschwerdeführer am 7. November 2012 in der Erstaufnahmestelle X persönlich ausgefolgt. Am 7. November 2012 um 12.50 Uhr – im unmittelbaren Anschluss an die Ausfolgung des zurückweisenden Asylbescheides – wurde er von Beamten der Polizeiinspektion X in der Erstaufnahmestelle X, X, im Auftrag der belangten Behörde zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen. Daraufhin wurde ihm der bekämpfte Schubhaftbescheid ausgefolgt. Seither befindet er sich in Schubhaft.

 

Zur Bereitschaft des Beschwerdeführers, am Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) mitzuwirken, ist festzustellen: Er ist nicht bereit, freiwillig nach Norwegen auszureisen. Er beabsichtigt jedenfalls seit der Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes vom 6. November 2012 unterzutauchen, um der Abschiebung zu entgehen.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zunächst aus den angeführten behördlichen Schriftstücken.

 

Strittig war, ob bzw. inwieweit der Bf bereit ist, am Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und der Abschiebung (§ 46 FPG) mitzuwirken. Maßgeblich für die Beweiswürdigung war in diesem Zusammenhang sein Vorverhalten gegenüber den norwegischen Behörden. Er lebte in Norwegen bei Verwandten. Er sagte in der mündlichen Verhandlung am 15. November 2012 wie schon bei seiner Erstbefragung im Asylverfahren aus, er habe während der letzten zwei Jahre in Norwegen über kein Aufenthaltsrecht mehr verfügt. Weiters: Er habe sich bei seinen Verwandten versteckt. Er geht selber davon aus, die Polizei hätte ihn in Norwegen verhaftet, wenn er sich dort gemeldet hätte. Nunmehr steht in Österreich die Außerlandesbringung infolge der durchsetzbaren Ausweisung im Asylverfahren unmittelbar bevor. Da er schon in Norwegen nicht mit der Polizei zusammenarbeitete, ist zu erwarten, dass er - entgegen seiner Zusage in der mündlichen Verhandlung - eine allfällige Meldepflicht nicht einhalten würde. Der Umstand, dass er im Asylverfahren bislang alle Termine eingehalten hat, ändert daran nichts. Zu beachten war dabei auch der behauptete Inlandsbezug zu X. Der Bf behauptete, X über Telefon geheiratet zu haben. Fest steht, dass keine standesamtliche Eheschließung vorliegt. Es bestand bislang kein gemeinsamer Haushalt. Die beiden haben sich – wie sie in der mündlichen Verhandlung aussagten – vor etwa 6 Monaten kennengelernt. Der behauptete Kontakt weist seit dem Kennenlernen objektiv betrachtet keine relevante Intensität auf, zumal der Bf in der mündlichen Verhandlung nicht einmal den Namen der Eltern von X nennen konnte. Bei intensiverem Austausch hätte er darüber fraglos Bescheid wissen müssen. Selbst die behauptete traditionelle Eheschließung (tel. unter Beiziehung eines Mullahs) kann nicht als erwiesen festgestellt werden. So behauptete der Bf, der Mullah sei während dieses Telefonats bei seiner Gattin gewesen. Er könne darum den Namen des Mullahs nicht bekannt geben. X dagegen sagte aus, der Mullah sei beim Bf gewesen. Sie könne daher nicht sagen, wie der Mullah heißen würde. Auf Grund dieser widersprüchlichen Aussagen kann die traditionelle Eheschließung nicht als erwiesen angesehen werden. X sagte zwar aus, der Bf könne bei ihr Unterkunft nehmen.  In Anbetracht des erwähnten Vorverhaltens des Bf steht fest, dass X den Bf nicht vom Untertauchen abhalten könnte.

 

Der Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 76 Fremdenpolizeigesetz lautet:

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt, und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

§ 80 FPG lautet:

(1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

(6) Die Behörde hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(8) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

 

§ 83 FPG lautet:

 (1) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Bezüglich der rechtlichen Relevanz von familiären Anknüpfungspunkten im Inland in den Fällen des § 76 Abs. 2a Z1 FPG wird auf die Ausführungen des im Internet unter www.uvs-ooe.gv.at abrufbaren Erkenntnisses des UVS Oberösterreich vom 7. September 2012, GZ: VwSen-401210/27/Wg/Jo, verwiesen. So legt die Möglichkeit, bei einem Verwandten Unterkunft nehmen zu können, einen Bezugspunkt im Inland nahe.  Dies umso mehr, wenn ein persönliches Naheverhältnis zwischen dem Fremden und dem Unterkunftgeber besteht. Derartige Umstände sprechen gegen die Annahme, der Fremde werde untertauchen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Bf und X nach islamischem Ritus die Ehe geschlossen haben. Auch wenn sich X bereit erklärte, den Bf bei sich aufzunehmen, würde er – auf freiem Fuß belassen – untertauchen, um seiner Abschiebung zu entgehen. Im Rahmen der Beweiswürdigung ergab sich, dass der Bf beabsichtigt unterzutauchen.

 

Hätte die belangte Behörde keine Schubhaft angeordnet, wäre der Bf untergetaucht. Sie hat zu Recht die Schubhaft auf § 76 Abs 2a Z 1 FPG gestützt. Die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft liegen weiterhin vor.

 

Soweit die Beschwerde Verstöße gegen die Richtlinie 2008/115/EG, die UNHCR-Richtlinie und die Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 rügt, ist festzuhalten, dass die zitierten Bestimmungen des FPG, in denen die Verhängung von Schubhaft geregelt wird, eine vollständige Umsetzung der internationalen Verpflichtungen der Republik Österreich darstellen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die angeführten Gesetzesstellen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Für dieses Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 18,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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