Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200394/2/Kü/Ba

Linz, 04.04.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn DI F M, H, P, vom 20. Jänner 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 10. Jänner 2013, Agrar96-12-2012, wegen Übertretung des Oö. Bodenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 10. Jänner 2013, Agrar96-12-2012, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs.2 1. Satz iVm § 49 Abs.1 Z 5 Oö. Bodenschutzgesetz 1991 eine Geldstrafe von 100 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Stunden verhängt. Ferner wurde der Bw verpflichtet, einen Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro zu leisten.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben am 27.06.2012 von 16:30 Uhr bis 17:30 Uhr vom Ortschaftsweg T – E aus nach der Ortschaft T Richtung E neben dem Ortschaftsweg vom Fahrbahnrand bis ins angrenzende Maisfeld, Grundstück Nr. X, KG U, auf einer Länge von 180 m und einer Breite von 3 – 5 m mit einem 4000 l Güllefass 4 Fuhren also insgesamt 16000 l Senkgrubeninhalte aus der Senkgrube des Hauses T, Gemeinde T., ausgebracht und damit die höchstzulässige Aus­bringungsmenge von 50 m3 Senkgrubeninhalte pro Hektar und Jahr über­schritten."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzu­stellen.

 

Begründend wurde im wesentlichen festgehalten, dass es nicht möglich sei, vier Fuhren in einer Stunde, wie vom Zeugen dargelegt, auszu­bringen. Lokalpolitische sowie emotionale Hintergründe würden Zweifel an der Unbefangenheit des Zeugen ergeben und würden diese Beweggründe gegen den Bw als auch die Mieter in T, die durch die Geruchsbelästigung der Senkgrubenausbringung einen besonderen Höhepunkt gefunden haben, eine objektive Beurteilung des Vorgangs verhindern. Die Feststellungen der Polizei, dass keine Verschmutzung feststellbar gewesen sei, sei als Beweis anzusehen, dass kein übermäßiges Volumen, real also nur eine Fuhre Senkgrubeninhalt im überprüften Bereich ausgebracht worden sei. Bei vierfacher Besprühung würden mit mathematischer Wahrscheinlichkeit viermal so viele Feststoffe liegen bleiben und würde dies jedenfalls deutlich erkennbare Ablagerungen zeigen.

 

Das Gesetz beziehe die zulässige Ausbringungsmenge auf die Fläche eines Hektars. Die übermittelten Aufzeichnungen nach dem Bodenschutzgesetz würden beweisen, dass keine Überschreitung vorliege.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt Bezug habenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 29. Jänner 2013, eingelangt am 11. Februar 2013, vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheids beschränkt. Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.A. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

Dem Bw wird angelastet, zu einem bestimmten Zeitpunkt 16000 l Senkgruben­inhalte (somit 16 m3) auf einer näher genannten Fläche ausgebracht zu haben und damit die höchst­zulässige Ausbringungsmenge von 50 m3 Senkgrubeninhalt pro Hektar und Jahr überschritten zu haben. Zu diesem Tatvorwurf ist festzuhalten, dass durch die im Spruch enthaltene Ausbringungsmenge von 16 m3 Senkgrubeninhalten jedenfalls die von der Behörde erster Instanz gezogene Schlussfolgerung, dass damit die höchstzulässige Ausbringungsmenge von 50 m3 Senkgrubeninhalt überschritten wurde, nicht nachvollziehbar ist. Auch aus der im Spruch enthaltenen Flächen­angabe bzw. der Tatzeit von einem Tag ist nicht erkennbar, dass vom Bw mit dem Ausbringen der Senkgrubeninhalte einerseits die mengenmäßige Beschränkung pro Hektar andererseits die zeitmäßige Vorgabe von einem Jahr überschritten worden sei. Mithin stellt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Tatbeschreibung in der angelasteten Form nicht als Verwaltungsübertretung dar. Die Ausbringung von 16 m3 Senkgrubeninhalten ohne nähere Konkretisierungen widerspricht nicht den Vorgaben des § 7 Abs.2 1. Satz Oö. Bodenschutzgesetz.

 

Aufgrund dieser Überlegungen sah sich der Unabhängige Verwaltungssenat veranlasst, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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