Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167647/2/Zo/TR/AK

Linz, 10.04.2013

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gottfried ZÖBL über die Berufung des x, vertreten durch RA Mag. x, xstraße x, x x vom 31.1.2013, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 14.1.2013, VerkR96-37373-2012, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat keine Kosten für des Berufungsverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs 4 AVG iVm § 45 Abs 1 Z 1 VStG und § 103 Abs 2 KFG.

zu II: § 65 VStG.


Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die BH Gmunden hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x der Bezirkshauptmannschaft Gmunden auf ihr schriftliches Verlangen vom 10.8.2012 nicht binnen zwei Wochen (16.8.2012 bis 30.8.2012) darüber Auskunft erteilt habe, wer das Kraftfahrzeug mit dem angeführten Kennzeichen am 9.5.2012 um 20:32 gelenkt habe. Dadurch habe er § 103 Abs 2 KFG verletzt, weshalb über ihn gem § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt werde.

Weiters werde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

Die Behörde ging dabei von folgenden Sachverhalt und Verfahrensgang aus:

Der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wurde am 22.5.2012 von der Landesverkehrsabteilung für angezeigt, dass der Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x am 9.5.2012 um 20:32 Uhr die auf der Ax auf Höhe Strkm 217.638 erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 55 km/h überschritten habe.

Mit Schreiben vom 10.8.2012 sei der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer aufgefordert worden, binnen zwei Wochen bekannt zu geben, wer das Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt habe. Dem sei nicht fristgerecht nachgekommen worden, weshalb am 18.10.2012 eine Strafverfügung ergangen sei. In dem daraufhin erhobenen Einspruch habe der Berufungswerber ausgeführt, dass sein Fahrzeug zum Tatzeitpunkt nicht am Tatort unterwegs gewesen sei und er deshalb die Lenkerauskunft verweigere. Am 3.12.2012 sei er vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt worden und es sei ihm eine Kopie des Radarbildes übermittel worden. Eine Stellungnahme dazu sei bei der Behörde nicht eingelangt. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat die BH Gmunden folgendes erwogen:

Gem § 103 Abs 2 KFG könne die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt habe. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass das Fahrzeug des Berufungswerbers am 9.5.2012 um 20:32 Uhr auf der A1 auf Höhe Strkm 217.638 in Fahrtrichtung Wien verwendet worden sei, weshalb die Lenkererhebung zu Recht erfolgt sei. Der Berufungswerber habe die Nichtbeantwortung der Lenkerauskunft damit objektiv und subjektiv erfüllt. Damit sei der strafbare Tatbestand erfüllt. Hinsichtlich der Strafbemessung seien weder mildernde noch erschwerende Gründe vorgelegen. Die verhängte Geldstrafe erscheine dem Unrechtsgehalt der Tat sowie den Grad des Verschuldens und auch den persönlichen Verhältnissen angepasst zu sein. Die Strafe sei weiters aus spezial- wie auch aus generalpräventiven Gründen geeignet zu sein. 

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er mit 30.5.2002 (gemeint 2012) eine Aufforderung gem § 103 Abs 2 KFG erhalten habe, welche seitens der BH ohne Rückschein versendet worden sei. Die gegenständliche Aufforderung sei ihm auch binnen des normalen Postenlaufes mit 4.6.2012 zugegangen. Mit 10.8.2012 sei von der Behörde eine neuerliche Aufforderung mit neuem Ausstellungsdatum zugegangen. Diese habe er nicht mehr beantworten müssen, zumal es sich bei der Auskunftspflicht um eine einmalige Verpflichtung handle. Bezüglich der ersten Aufforderung wurde von der Behörde binnen der sechsmonatigen Frist keine verfolgungsverjährende Handlung gesetzt, weshalb diesbezüglich die Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Aufgrund dessen sei er zur Beantwortung der zweiten Aufforderung nicht mehr verpflichtet gewesen und stelle den Antrag der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

3. Der BH von Gmunden hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich, UVS zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt  sich daher die Zuständigkeit des UVS, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

Da eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe bekämpft wird und auch keine mündliche Verhandlung beantragt wurde, sowie der Berufungswerber zudem rechtsfreundlich vertreten wird (vgl VwGH 18.9.2008, 2006/09/0110 e contrario), hatte gem. § 51e Abs 3 Z 3 VStG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entfallen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

Fakt ist, dass mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen x am 9.5.2012 um 20:32 Uhr auf der Ax auf Höhe Strkm 217.638 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 55 km/h überschritten wurde; dies wird mit den Radaraufnahmen nachweislich bestätigt. Die BH Gmunden hat dem Berufungswerber in weiterer Folge zwei Mal eine Aufforderung zur Lenkerauskunft geschickt; zum einen am 30.5.2012 und zum anderen am 10.8.2012. Jene am 30.5.2012 hat der Berufungswerber als Beweis seiner Berufung beigelegt; die Behörde hat sie ohne Zustellnachweis (§ 22 ZustG) zugestellt, sie nach Angaben des Berufungswerbers am 4.6.2012 bei diesem eingelangt. Beide Aufforderungen wurden vom Berufungswerber nicht beantwortet. Im weiteren Verfahrensgang hat sich die Behörde stets auf jene vom 10.8.2012 bezogen und die Aufforderung vom 30.5.2012 unbeachtet gelassen.   

 

4.2. Zu dieser Darstellung wird in freier Beweiswürdigung folgendes festgehalten:

Von der BH Gmunden wurden zwei Aufforderungen hinsichtlich der Lenkerauskunft in Bezug auf das Lenken des gegenständlichen PKWs zur Tatzeit und -ort an den Berufungswerber gerichtet. Die BH hat ausschließlich die nicht beantwortete zweite Aufforderung vom 10.8.2012 verfolgt; die erste Aufforderung wurde im gesamten Verfahrensverlauf von der BH Gmunden nicht mehr aufgegriffen. Sie wurde vom Berufungswerber bzw von seinem rechtsfreundlichen Vertreter als Beweis der Berufung beigefügt. Im Hinblick auf diese ergibt sich für den UVS kein Grund, an der Glaubwürdigkeit dieser Aufforderung zu zweifeln.  

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. § 103 Abs 2 KFG: "Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

 

§ 31 Abs 2 VStG: "Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt."

 

§ 32 Abs 2 VStG: "Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat."

 

5.2. Die Pflicht des Zulassungsbesitzers gem § 103 Abs 2 KFG ist gem der ständigen Rechtssprechung des VwGH eine Einmalige. Folglich war der Berufungswerber nicht verpflichtet, der von der BH Gmunden am 10.8.2012 gerichtete Aufforderung zur Lenkerauskunft Folge zu leisten (vgl VwGH 11.5.1990, 89/18/0178). Die BH Gmunden wäre vielmehr verpflichtet gewesen die erste Anfrage (30.5.2012) zu ahnden bzw zu verfolgen (VwGH 14..2000, 2000/02/0084; 25.2.2005, 2004/02/0217). Diese wurde aber von der Behörde nicht entsprechend verfolgt. Das Nichtbeachten der zweiten Lenkererhebung bildet keine Verwaltungsübertretung, weshalb das Verfahren gem § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen war.

 

Zu beachten ist weiters, dass die "bloße" Lenkerauskunft keine geeignete Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG darstellt (siehe bereits VwGH 8.7.1978, 2080/70; vgl auch Pürgy in N. Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG [2010] § 32 Rz 5); sie ist vielmehr Gegenstand eines Adminstrativverfahrens (VwGH 9.11.1984, 84/02 B/0029). Aufgrund dieser Erwägungen ist (mangels genauerer Angaben bzw Beweise; siehe Punkt 4.1.) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung der Erstbehörde (14.1.2013) die Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Sie bemisst sich nach § 31 Abs 2 VStG und tritt sechs Monate ab Abschluss des Delikts ein (letzterer stellt sich in casu mit Ablauf der zweiwöchigen Frist zur ersten Lenkerauskunft dar [vgl dazu näher Stöger in N. Raschauer/Wessely (Hrsg) VStG (2010) § 31 Rz 5]).

 

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried ZÖBL

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum