Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253403/2/MK/Ai

Linz, 03.04.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Berufung der X, X, X, X, gegen den Einstellungsbescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 15.01.2013, GZ. 0000316/2013, wegen einer Übertretung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF

iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF

Entscheidungsgründe:

1.                     Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 15.01.2013, GZ. 0000316/2013, wurde von der Einleitung des Strafverfahrens über den mit Schreiben der X, X, X, X, angezeigten Tatvorwurfes abgesehen, Herr X habe es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der X, X, X, zu verantworten, dass die X GmbH als Arbeitgeberin (Arbeitskräfteüberlasserin) in der Zeit von 21.03.2011 bis 31.12.2011 den Arbeitnehmer X (richtig: X) X (SVNR X) als Dachdecker beschäftigt habe, ohne diesem zumindest den ihm als Facharbeiter nach dem Kollektivvertrag Dachdeckergewerbe zustehenden Bruttostundenlohn von 11,75 Euro zu bezahlen. Herr X habe einen Bruttostundenlohn von 10,69 Euro erhalten. Es wurde die Einstellung des Verfahrens verfügt.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt wie folgt:

 

1.1.         Die obzitierte Anzeige der X vom 18.12.2012 sei beim Magistrat Linz am 21.12.2012 eingelangt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG habe die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG sei die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen wurde.

.... Die Frist sei von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; sei der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so laufe die Frist erst ab diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 7i Abs.3 und 5 AVRAG begehe eine Verwaltungsübertretung.... , wer als Arbeitgeber/in eine/n Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten. ....

Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3 betrage ein Jahr.

 

1.2.         Der Tatzeitraum sei nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7i Abs.3 AVRAG („Wer als Arbeitgeber/in ein/en Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten..“) eindeutig in der Beschäftigungszeit gelegen.

 

Bei diesem Delikt handle es sich um ein Dauerdelikt. Die Verjährungsfrist beginne von dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat. Die Tat werde so lange begangen, als der verpönte Zustand dauert.

Die Beschäftigung des unterentlohnten Arbeitnehmers habe mit 31.12.2011 geendet. Ab diesem Zeitpunkt sei das verpönte Verhalten beendet worden und beginne die einjährige Verjährungsfrist zu laufen. Somit sei mit Ablauf des 31.12.2012 Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Dass erst mit dem Zeitpunkt der Nachzahlung des dem Arbeitnehmer zustehenden Entgeltes die Verjährungsfrist zu laufen beginne, sei dem Gesetzestext nicht zu entnehmen.

 

2.                     Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung der X, zu deren Begründung Folgendes vorgebracht wurde:

 

§ 7i Abs.3 AVRAG sehe die Strafbarkeit nicht nur für die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes (Unterentlohnung) vor, sondern, entsprechend der Formulierung „beschäftigt oder beschäftigt hat“ auch für die Aufrechterhaltung dieses Zustandes. Es handle sich daher um ein Dauerdelikt, dessen Verjährung mit der Aufhebung des rechtswidrigen Zustandes, also der Nachzahlung der Differenz zwischen dem geleisteten und dem nach den österreichischen Vorschriften zustehenden Grundlohn, zu laufen beginne. Dies sei sowohl den Erläuterungen zur Regierungsvorlage als auch dem Durchführungserlass zu entnehmen.

 

Im gegenständlichen Fall laufe die Verjährung bis zum Ausgleich der Leistungsdifferenz nicht, das sei der Tag der Nachzahlung. Da dafür aber keinerlei Nachweise vorlägen, laufe die Verjährung bis dato nicht. Es könne daher auch keine Verjährung eingetreten sein.

 

Die X spreche sich dem zu Folge gegen die Einstellung des Verfahrens aus und beantrage weiterhin die Verhängung einer Strafe von 1.500 Euro.

 

3.                     Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Schreiben vom 01.03.2013, eingelangt am 05.03.2013, die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Strafe nicht verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4.                     Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG unterbleiben, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist. Dem Erkenntnis liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

Von der X GmbH als Arbeitgeberin, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer Herr X ist, wurden dem als Dachdecker beschäftigten Arbeitnehmer X in der Zeit von 21.03.2011 bis 31.12.2011 anstelle der ihm laut gültigem Kollektivvertrag zustehenden 11,75 Euro lediglich 10,69 Euro pro Stunde bezahlt. Eine Nachzahlung der Differenz ist zumindest bis zur Erstattung (Verfassung) der Anzeige am 18.12.2012 nicht erfolgt.

 

5.                     Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1.         Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist. …. Diese Frist ist vom Zeitpunkt an zu berechnen, an dem das strafbare Verhalten abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ....

 

Die im gegenständlichen Fall anzuwenden Strafnormen des § 7i Abs.3 und 5 AVRAG lauten in den wesentlichen Passagen:

 

„Wer als Arbeitgeber/in eine/n Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung.... Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.3 beträgt ein Jahr“.

 

5.2.         Bei den Verstößen gegen das LSDB-G handelt es sich um Ungehorsamsdelikte, bei welchen das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges besteht (Kühteubl/Wieder: Das neue Lohn- und SozialdumpingbekämpfungsG, ZAS 2011/36, D.1.a. mwN).

 

Zudem handelt es sich bei der Strafbestimmung des § 7i Abs.3 um ein Dauerdelikt. Dies entspricht nicht nur den Intentionen des Gesetzgebers (vgl. 1076 BlgNR 24. GP3 zu § 7i Abs.3) und dem Durchführungserlass (GZ BMASK-462.203/0014-VII/b/9/2011, Kompetenzzentrum LSDB – Richtlinien 2011, Stand 25.05.2011, Pkt. 4), sondern wird auch in Lehre und Literatur vertreten (vgl. Kühteubl/Wieder: Das neue Lohn- und SozialdumpingbekämpfungsG, ZAS 2011/36, D.1.b.; Stadler: Sanktionen im Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz 2011, RdW Heft 11, 671).

 

Im Übrigen wird dieser Umstand auch von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen.

 

Dauerdelikte sind solche, die nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes pönalisieren, sondern auch dessen Aufrechterhaltung. In einem solchen Fall beginnt die Verjährung ab dem Aufhören (Beseitigen) des rechtswidrigen Zustandes zu laufen. Abhängig vom Tatbild kann das strafbare Verhalten erst auch dann enden, wenn der Verpflichtete seiner Pflicht zu Handeln nachkommt.

 

Das Dauerdelikt weist im Tatbild daher sowohl Merkmale des Begehungs- als auch des Unterlassungsdeliktes auf, weil einerseits die Herbeiführung eines bestimmten Zustandes, andererseits aber auch die anschließende Unterlassung des Beseitigens des geschaffenen rechtswidrigen Zustandes kriminalisiert wird (vgl. VwGH 21.05.2008, 2007/02/0165).

 

5.3.      Von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung der Frage, wann die Frist zur Verfolgungsverjährung tatsächlich zu laufen beginnt, ist eben dieses Tatbild des § 7i Abs.3 AVRAG, d.h. die genaue Umschreibung des strafbaren Tatbestandes eines echten (weil nicht erfolgsbedingten) Unterlassungsdeliktes iSe Definition des pönalisierten Verhaltens, demnach die Umschreibung des durch die relevante Unterlassung bewirkten Zustandes, der (limitierende) Gegenstand des Strafvorwurfes sein soll.

 

Den begründenden Ausführungen im Einstellungsbescheid ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass „der Tatzeitraum .... eindeutig in der Beschäftigungszeit gelegen ist“, was sich aus der Wortpassage „wer .... beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne .... zu leisten“ ergeben würde.

 

Im Gegensatz dazu vertritt die anzeigende Stelle (unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien und Erlassbestimmungen) die Auffassung, dass das strafbare Verhalten erst aufhört, wenn die dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin zustehende Leistung iSe Nachzahlung erfolgt ist („wer .... beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne .... zu leisten“). Diese Ansicht vertritt auch Stadler in der obzitierten Publikation.

 

Nur am Rande sei angemerkt, dass sich, je nachdem, welche dieser beiden Auffassung vertreten wird, völlig unterschiedliche Konsequenzen für das Verfahren ergeben, nicht nur was die Frage der Verjährung betrifft, sondern insbesondere auch was die Prüfung der Zuständigkeit im Falle einer etwaigen Sitzverlegung des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin innerhalb des Zeitraums des inkriminierten Verhaltens oder aber den Zeitraum der Zulässigkeit einer mehrmaligen Bestrafung anbelangt.

 

5.4.            Betrachtet man, zunächst auf der Grundlage des grammatischen Interpretationsansatzes, die sprachliche Konstruktion des Textes bzw. die Formulierung des Tatbestandes, so ist bereits hier festzuhalten, dass der Umstand eines zwischenzeitlich beendeten Beschäftigungsverhältnisses an sich keinen Einfluss auf die Strafbarkeit des vorgeworfenen Tuns haben soll („…. oder beschäftigt hat ….“).

 

In diesem Zusammenhang kann der Argumentation der belangten Behörde nicht gefolgt werden. Die explizite Beschreibung des zu beurteilenden Handelns in der Vergangenheitsform ist nicht das sprachliche Mittel zur Einengung eines zu definierenden Zeitraums, sondern – verbunden mit einem Modalsatz (wie?) – im Gegenteil die Eliminierung dieses zeitlichen Aspekts, wobei iSd allgemeinen Sprachlehre der „Modalität“ unmittelbare begriffliche Relevanz zukommt.

 

Ganz abgesehen davon ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung die Verjährungsfrist regelmäßig auf der Grundlage von Tatbeständen zu berechnen, die im Präsens formuliert sind. Der Blick in die Vergangenheit ist dabei wesensimmanentes Element der Qualifikation und bedarf keiner temporal-stilistischen Formulierungshülse. Wollte man den Beginn des Fristenlaufs durch die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses auslösen, wäre die Formulierung im Präsens (“Wer …. beschäftigt, ohne ….“) nicht nur eine im legistischen Sprachgebrauch ausreichende, sondern sogar die einzig eindeutige gewesen.

 

Betrachtet man aber – grammatikalisch konsequent – den Modalumstand der „Leistung des zustehenden Grundlohns“ als wesentliches Kriterium des (in der Unterlassungsform konstruierten) zu beschreibenden Tuns („…. ohne ….“), dann dauert dieses Tun (Unterlassen) konkret so lange an, als diese Leistung nicht erfolgt.

 

5.5.            Der österreichischen Rechtsordnung (als systematische Grundlage der Interpretation) sind derartige Unterlassungskonstruktionen als Tatbildentwurf grundsätzlich nicht fremd. Insbesondere im Bereich der baurechtlichen Sanktionierungen, etwa im Zusammenhang mit der konsenslosen Errichtung eines Bauwerks (vgl. § 57 Abs.1 Z2 Oö. BauO 1994 samt einschlägiger Judikatur), sowie in den abgabenrechtlichen Bestimmungen finden sich zahlreiche Anwendungsfälle der dauerdeliktischen Pönalisierung, denen mitunter sogar „(pseudo-)dingliche“ Wirkung zukommt. D.h. dass sie u.U. sogar noch gegenüber einem allfälligen Rechtsnachfolger wirken, der in einen derart konsenslosen Zustand eintritt.

 

Gleiches gilt auch für (manche) natur- und landschaftsschutzrechtliche Eingriffstatbestände.

 

5.6.            In der weiterführenden (teleologischen) Interpretation der hier zu beurteilenden Strafnorm stellt sich schließlich die Frage nach der (vertretbaren) Regelungsabsicht des Gesetzgebers und dem damit verfolgten Normziel.

 

Den oben zitierten Erläuterungen zur Gesetzesvorlage ist schon im allgemeinen Teil zu entnehmen, dass die Normierung einer Verwaltungsstrafbestimmung bei einer Unterschreitung des Grundlohns nicht die Verhängung von Geldstrafen zum Ziel hat, sondern den in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer/innen jenes Mindestentgelt sicherstellen soll, das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zusteht. Der Verwaltungsstraftatbestand soll in diesem Sinne nicht Arbeitgeber/innen pönalisieren, sondern primär präventive Wirkung entfalten.

 

Daraus ist die Absicht zu schließen, dass der tatsächliche Erhalt (zumindest) dieses Grundlohns im Vordergrund steht, argumentum e contrario und im Zusammenhalt mit der angestrebten Präventivwirkung die Nichtleistung dieses Grundlohns pönalisiert werden soll. Dass es in den (übertretungs-)typisierenden und diesbezüglich strafrelevanten Passagen des AVRAG regelungssystematisch zu Inhomogenitäten der Begriffe „Grundlohn“ und „Entgelt“ kommt, sei angemerkt, kann aber in weiterer Folge unbeachtet bleiben.

 

Will man dieser offensichtlichen Absicht lagaltechnisches (und damit faktisches) Gewicht verleihen, macht es nur Sinn, die strafrechtliche Verantwortung gerade in ihrer zeitlichen Dimension nicht an das – insbesondere im Bereich der Arbeitskräfteüberlassung häufig nur relativ kurze Zeit bestehende – Beschäftigungsverhältnis zu knüpfen, sondern an das letztendlich rechtskonforme (Leistungs-)Verhalten des (sozial stärkeren) Arbeitgebers.  Und von eben dieser Absicht ist – qualifiziert man die Erläuterungen zum Gesetzesentwurf als Ganzes – der gesetzgeberische Wille getragen.

 

Dass die Regelungen im Zusammenhang mit der zivilrechtlichen (und für den Arbeitnehmer aufwendigen) Geltendmachung der Ansprüche – was gerade die Fristen zur Geltendmachung des Anspruchs bzw. dessen damit verbundenem gänzlichen Entfallens betrifft – eine tendenziell gegenläufige Entwicklung zeigen, wird in der Literatur zwar als „gelinde gesagt einigermaßen paradox“ qualifiziert (vgl. Felten, Maßnahmen zur Einhaltung der Mindestlohnbedingungen nach dem neuen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, wbl, Heft 8, August 2011), untermauert nicht zuletzt aber die vom Gesetzgeber diagnostizierte Notwendigkeit einer präventiv wirkungsvollen strafrechtlichen Komponente des gegenständlichen Ordnungsfeldes in Bezug auf das intendiert regelkonforme Verhalten des Arbeitgebers. Darin liegt auch das offenkundige Bestreben des Gesetzgebers. Dabei spielen – nicht nur in der normanalysierenden Literatur – vor allem auch die prognostizierten Konsequenzen des sich (supranational determiniert) öffnenden österreichischen Arbeitsmarkes eine wesentliche Rolle.

 

Mit einem realistischen und praxisorientierten Blick auf die ressourcenbedingten Möglichkeiten der überwachenden und anzeigenden Stellen wird in den Erläuterungen weiter ausgeführt, dass Kontrollen und darauf basierende Anzeigen lediglich in begrenztem Umfang und daher nur in relativ langen Intervallen möglich sein werden, weshalb – normzieltaxierend – auch unter diesem Gesichtspunkt ein (interpretativ konstruierter) Verfristungsdruck die legislativen Absichten konterkarieren würde.

 

5.7.            Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung ausschließlich dem begehungsdeliktischen Aspekt der anzuwenden Strafnorm gefolgt ist, der mit der spezifischen Konstruktion eines Dauerdeliktes vor dem Hintergrund des rechtspolitischen und normtechnischen Zusammenhangs nicht in Einklang zu bringen ist. 

 

Nicht die unterentlohnte Beschäftigung ist nach § 7i Abs.3 AVRAG zu ahnden, sondern die Unterentlohnung an sich – so lange bis sie beseitigt ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Markus Kitzberger

 

 

Beschlagwortung:

Das strafbare Verhalten gem. § 7i Abs.3 AVRAG (Dauerdelikt) dauert bis zur Nachzahlung des zustehenden Grundlohns an.

 

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