Linz, 09.04.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, geboren am x, Staatsangehöriger von x, vertreten durch RA Mag. x, x Strasse x/x/x, x x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. April 2012, Sich40-1344-2005, betreffend der Abweisung eines Antrages auf Aufhebung eines auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. April 2013 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und das von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erlassene, auf die Dauer von zehn Jahren befristete Aufenthaltsverbot vom 11. April 2005, AZ Sich40-1344-2005, aufgehoben.
§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 69 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012).
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. April 2012, Sich40-1344-2005, wurde der Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw), auf Aufhebung eines mit Bescheid vom 11. April 2005 erlassenen, auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes auf Grundlage des § 60 Abs. 1 und 5 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (im Folgenden: FPG) in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung als unbegründet abgewiesen.
Den Bescheid begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2. Gegen den am 25. April 2012 der rechtsfreundlichen Vertretung des Bw zugestellten Bescheid hat der Bw mit Telefax vom 9. Mai 2012 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.
In der Berufung führt der Bw wie folgt aus:
3.1.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.
3.1.2. Mit Schreiben vom 11. Juni 2012 legte der Bw eine Einstellungsbestätigung vom 9. Mai 2012, die Lohn- und Gehaltsabrechnung der Ehegattin vom April 2012 und das Sprachdiplom der Niveaustufe A2 vor. Ergänzend teilte der Bw mit, dass die Ausweisung der Gattin und der beiden Kinder unzulässig sei, diese über befristete Aufenthaltsberechtigungen verfügen würden und subsidiär schutzberechtigt seien.
Im Falle der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sei eine adäquate Gestaltung des Familienlebens nicht möglich und würde einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf Familienleben bedeuten.
Ergänzend zum bisherigen Vorbringen legte der Bw mit Schreiben vom 25. Februar 2013 eine Arbeitsbestätigung (aufrechtes Beschäftigungsverhältnis des Sohnes), eine Lohn- und Gehaltsabrechnung der Ehegattin vom Jänner 2013 und eine Einstellungsbestätigung vor.
3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am 8. April 2013 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt und hiezu die Parteien und die beantrage Zeugin geladen.
3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Der Bw reiste am 14. Februar 2005 illegal und schlepperunterstützt ins Bundesgebiet ein. Dem Asylbegehren wurde nicht stattgegeben und das Verfahren gemäß § 5 AsylG am 14. April 2005 rechtskräftig abgeschlossen.
Die Familienmitglieder der Kernfamilie verfügen seit August 2011 über subsidiären Schutz und diesen kommt ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG zu. Die Ehegattin verfügt über ein geregeltes Einkommen und ist in der Lage für den Unterhalt des Bw und der gemeinsamen Kinder zu sorgen. Mangels derzeitiger Beschäftigungsmöglichkeit führt der Bw den gemeinsamen Haushalt und kümmert sich um die Kinder.
3.4. In der mündlichen Verhandlung ist der Bw glaubwürdig aufgetreten. Der positive Gesinnungswandel ist dabei deutlich hervorgekommen. Abgerundet wurde dieser Eindruck durch das Verhalten der weiteren Familienmitglieder, die bei der mündlichen Verhandlung als Zuhörer anwesend waren. Die daraus zu ziehenden Erkenntnisse decken sich mit den Beweisergebnissen, die sich aus dem Vorlageakte ergeben haben.
3.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
4.1.1. Mit dem Fremdenrechtspaket 2005 hat der Gesetzgeber das Fremdengesetz 1997 neu strukturiert und mit 1. Jänner 2006 das Fremdenpolizeigesetz 2005 in Kraft gesetzt.
Gemäß § 125 Abs. 3 FPG gelten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, als nach diesem Bundesgesetz (Anmerkung: BGBl I 2005/100) erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer.
Mit 1. Juli 2011 nahm der Gesetzgeber mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 (Anmerkung: BGBl I 2011/38) – in Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben – neuerlich eine weitreichende Umstrukturierung im Fremdenrecht vor.
Gemäß § 125 Abs. 16 FPG in der Fassung BGBl I 2011/38 bleiben Aufenthaltsverbote gemäß § 60 – als solches hat das vorliegende auf Grund der wiedergegebenen Übergangsbestimmungen zu gelten – bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.
4.1.2. § 69 Abs. 2 FPG zufolge ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
4.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. April 2005, Sich40-1344-2005 wurde gegen den Bw auf Grundlage des § 36 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 Z 7 sowie §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
In der Begründung stützte die bescheiderlassende Behörde die aufenthalts-beendende Maßnahme auf zwei strafrechtliche Anzeigen, weshalb eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit gegeben gewesen sei. Zudem wurde dem Bw angelastet, keinen Krankenversicherungsschutz sowie keine Mittel zur Sicherung seines Unterhaltes nachweisen zu können.
4.2.1. Aufgrund der Beschäftigung der Gattin des Bw sowie deshalb, weil der Bw bzw seine Familie – was im Verfahren nicht strittig ist – keine Sozialleistungen bezieht, ist ein Teil der den Aufenthaltsverbotsbescheid tragenden Gründen wohl als weggefallen anzusehen. Fraglich ist jedoch, ob davon auch hinsichtlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgegangen werden kann.
5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 57,20 Euro (Eingabe- + Beilagengebühr) angefallen.
Mag. Christian Stierschneider