Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310502/8/Kü/TO/Ba

Linz, 11.04.2013

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau H K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P F, R, T, vom 25. Mai 2012, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 15. Mai 2012, GZ: Abfall-1/11, wegen einer Übertretung des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 2009 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2012, zu Recht erkannt:

 

 

I.           Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.       Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm  §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 15. Mai 2012, GZ: Abfall-1/11, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen einer  Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs.7 Z 1 iVm § 25 Abs.2 Z 4 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 2009 (Oö. AWG 2009) eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 10 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als verantwortliche Abfallbesitzerin zu vertreten, dass Sie am 24.8.2010 um ca. 13.00 Uhr in S, im Kreuzungsbereich der K mit der S, drei mit Restmüll, Tierkot, Käfigstreu, Papierfetzen und anderen Bioabfällen gefüllte Plastiksäcke in einen bei dem dortigen Wertstoffsammelplatz befindlichen Leichtverpackungscontainer (LVB-Container) warfen und somit obige biogene und sonstige Abfälle (welche keine Altstoffe, die für einen LVB-Container bestimmt sind, waren) in einen für Altstoffe vorgesehenen Abfallbehälter (oa. LVB-Container) einbrachten.

Da alle Abfallbesitzerinnen verpflichtet sind, Abfälle ausschließlich in die für die jeweilige Abfallart bestimmten und für die Sammlung dieser Abfälle vorgesehenen Abfallbehälter einzubringen und insbesondere Hausabfälle, sperrige Abfälle, biogene Abfälle, sonstige Abfälle und haushaltsähnliche Gewerbeabfälle nicht in die für Altstoffe vorgesehenen Abfallbehälter eingebracht werden dürfen, stellt oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes dar."

 

Begründend wird hervorgebracht, dass sich das Strafverfahren auf eine Anzeige eines Bediensteten des Magistrates Steyr (K B Steyr) stütze.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Bw eingebrachte Berufung, in welcher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wird und zusammenfassend unter Verweis auf die bisherigen Stellungnahmen vorgebracht wird, dass die Bw ausgebildete Ökowirtin sei und bedingt durch diese Ausbildung auch Kenntnisse bezüglich der Normen der Müll- und Abfalltrennung hätte.

 

Im Jahr 2010 hätte sich die Bw um den Haushalt ihres Vaters, der in S lebe, gekümmert. Der dort angefallene Müll wäre korrekt getrennt und von der Bw dann zum Mülltrennungsstandort T gebracht worden. Der Anzeigen­erstatter hätte schon seit längerer Zeit bei Mülltrennungsaktionen der Bw versucht, mit dieser Kontakt aufzunehmen und zu Kaffee und Kuchen einzuladen. Diese Annäherungsversuche wären der Bw aber unangenehm gewesen und deshalb hätte sie auch am 24.8.2010 den Anzeigenerstatter zur Rede gestellt und ihm unmissverständlich klar gemacht, dass sie nicht weiterhin von ihm belästigt werden möchte. Für die Bw würde sich die nunmehrige  Anzeigenerstattung als reiner Revancheakt darstellen.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 11.6.2012 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäfts­verteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2012, an welcher die Bw und ihr Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Magistrats Steyr teilgenommen haben und der Anzeigenerstatter als Zeuge einvernommen wurde.

 

4.1. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Die in W wohnhafte Bw hat im Jahr 2010 ihren in S lebenden Vater regelmäßig in dessen Einfamilienhaus besucht, um dort die anfallenden hauswirtschaftlichen Tätigkeiten für ihn zu erledigen. Zu diesen Tätigkeiten gehörten ua. auch das Reinigen und Ausmisten des Hasenstalles und der Abtransport des getrennt gesammelten Abfalls, welcher im  Haushalt des Vaters anfiel. Da in der dem Haus des Vaters nächstgelegenen Sammelstelle keine öffentliche Abgabestelle für biogene Abfälle bereitstand, ist die Bw jedes Mal zur Sammelstelle K/S gefahren, um den gesammelten biogenen Abfall und auch Hasenstreu dort abzugeben. Die Entsorgungen hat sie zu jener Zeit mit ihrem Auto vorgenommen, das - bedingt durch ihren Wohnort - ein W Kennzeichen hatte.

 

Auch am 24.8.2010 hat die Bw bei der Sammelstelle K/S eine Entsorgung von Abfällen durchgeführt, wobei sie mit ihrem Auto zur Sammelstelle gefahren ist. Die Bw hat bei der Sammelstelle die Streu aus dem Hasenstall im Container für die biogenen Abfälle entsorgt und aus dem Kofferraum drei Plastiksäcke genommen, um diese im Container für Verpackungsabfälle zu entsorgen. Die Bw wurde bei diesen Entsorgungen von Herrn P B, einem Straßenwärter der K D in S, beobachtet. Herr B hatte von seinem Vorgesetzten den Auftrag, da bei der Sammelstelle des Öfteren illegale Ablagerungen von Abfällen stattgefunden haben, zweimal in der Woche vor Ort nachzusehen, ob alles in Ordnung ist. Herr B hat die Bw darauf hingewiesen, dass es ihr aufgrund ihres Autokennzeichens nicht erlaubt ist, hier Abfall zu entsorgen bzw. es auch nicht erlaubt ist, Restmüll in diese Container zu werfen.

 

Der Grund für die Beanstandung durch den Straßenwärter ist darin gelegen, dass die Bw mit ihrem Auto mit W Kennzeichen vorgefahren ist, an dieser Sammelstelle aber nur Gemeindebürger der S S Entsorgungen durchführen können. Die Bw hat daraufhin erwidert, dass sie in S jemanden zu betreuen hat und deswegen hier entsorgt. Nach einem kurzen lauteren Wort­wechsel zwischen den beiden hat die Bw trotzdem die Entsorgung ihrer Abfälle durch­geführt.

 

Die Bw hat danach die Sammelstelle verlassen. Der Straßenwärter kontaktierte einen Mitarbeiter der Abteilung Umweltschutz der Stadt Steyr und hat diesen über den Vorfall informiert. Ca. 15 Minuten später ist der Mitarbeiter der Abteilung Umweltschutz zur Sammelstelle gekommen. Der Straßenwärter hat zwischenzeitig dafür Sorge getragen, dass keine weiteren Abfälle in den Container für Verpackungsabfälle gegeben werden. Der Mitarbeiter der Abteilung Umweltschutz hat nach seinem Eintreffen die von der Bw in den Container geworfenen Müllsäcke direkt im Container entleert und Lichtbilder der Abfälle aus diesen Säcken angefertigt.

 

Ein Foto, welches der Mitarbeiter der Abteilung Umweltschutz am gegenständ­lichen Sammelplatz am 24.8.2010 vom Inhalt des Containers aufgenommen hat, zeigt Abfälle wie Petflaschen, Kunststofffolien sowie Plastikverpackungen für Lebensmittel und auch ein Fenster eines Fensterkuverts. Auf dem Foto ist zudem erkennbar, dass eine geringe Menge an Heu zwischen den Kunststoffabfällen verborgen ist. Jedenfalls sind keine weiteren biogenen Abfälle, Tierkot, Käfigstreu oder Restmüll auf dem Foto ersichtlich, auch sind Windeln darauf nicht erkennbar.

 

4.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Aussagen der Bw sowie des einvernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung, soweit übereinstimmende und nicht widersprechende Angaben gemacht wurden. Die Feststellungen hinsichtlich der im Container vorgefundenen Abfälle ergeben sich aus dem vom Mitarbeiter der Abteilung Umweltschutz angefertigten Lichtbild. Jedenfalls verdeutlicht die Lichtbild, dass keine der im Straferkenntnis genannten Abfälle von der Bw in den Container geworfen wurden. An biogenen Materialien sind einzig und allein geringe Mengen an Heu zu erkennen. Der einvernommene Zeuge hat zwar ursprünglich angegeben, dass er der Meinung war in den durchsichtigen Müllsäcken, die von der Bw entsorgt worden sind, auch Windeln erkannt zu haben. Das aufgenommene Lichtbild bestätigt jedoch diese Aussage des Zeugen nicht. Vielmehr handelt es sich scheinbar bei den vom Zeugen als Windeln wahrge­nommenen Abfällen um gewickelte Kunststofffolien. Auch der Zeuge konnte anhand des Fotos nicht bestätigen, dass darauf Windeln ersichtlich sind. Insofern mussten daher Feststellungen zugunsten der Bw getroffen werden, wonach die im Spruch des Straferkenntnisses genannten Abfälle, zumal sie auf den Lichtbildern nicht erkennbar sind, von der Bw nicht in den Container eingeworfen wurden. Mangels stichhaltigem Beweis konnten gegenteilige Fest­stellungen daher nicht getroffen werden.

 

Ebenso war es nicht möglich, zum Verlauf des Gesprächs der Bw sowie des Straßenwärters im Zuge der Entsorgung weitere Feststellungen zu treffen. Der Straßenwärter vermittelte im Zuge der mündlichen Verhandlung den glaubwürdigen und be­stimmten Eindruck, dass er die Bw lediglich auf die seiner Meinung nach nicht ordnungsgemäßen Entsorgungen aufmerksam gemacht hat, nicht allerdings mit ihr persönlich ins Gespräch kommen wollte. Für den Unabhängigen Verwaltungs­senat steht daher nicht fest, dass der Straßenwärter die Bw auf Kaffee und Kuchen einladen wollte und nur aus dem Grund der Weigerung der Bw die Fakten hinsichtlich ihrer illegalen Entsorgungen bei der gegenständlichen Sammelstelle erfunden hat. Aus mangelnden glaubwürdigen Beweisen konnten daher zu dieser Situation zwischen der Bw und dem Straßenwärter keine weiteren Feststellungen getroffen werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs. 1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen. Es ist Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen.

 

Eingangs ist festzuhalten, dass die Bw im durchgeführten Ermittlungsverfahren glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt hat, warum sie die Altstoffsammel­stelle K/S aufgesucht und dort Abfälle entsorgt hat. Wie auch von dem Vertreter der belangten Behörde bestätigt wird, befindet sich an dieser Stelle ein Container für Grünschnittabfälle und sonstige biogene Abfälle und hatte die Bw daher die Möglichkeit, das im Haushalt ihres Vaters bei der Tierhaltung anfallende Hasenstreu in diesem Container ordnungsgemäß zu entsorgen. Die Bw, die einmal in der Woche den Haushalt ihres Vaters betreute und dabei auch die notwendige Entsorgung von Abfällen durchzuführen hatte, hat aus diesem Grund die weiter vom Haus ihres Vaters entfernte Sammelstelle für die Entsorgungen gewählt, ansonsten hätte sie auch die Möglichkeit gehabt, Altpapier, Kunststoffabfälle sowie Glas- und Metallabfälle in einer näher zum Haus gelegenen Sammelstelle zu entsorgen. Für den Unabhängigen Verwaltungs­senat steht auch fest, dass die Bw aufgrund ihres W Autokennzeichens in S aufgefallen ist, wenn sie zu Altstoffsammelstellen gefahren ist. Aus diesem Grund wurde die Bw auch vom Straßenwärter, der mit der Beobachtung der Sammelstelle K/S beauftragt war, auf ihre Entsorgungen angesprochen. Der Straßenwärter hatte zwar den Eindruck, dass die Bw Restab­fälle in dem Kunststoffcontainer entsorgt, doch zeigen die von einem Mitarbeiter der Abteilung Umweltschutz angefertigten Lichtbilder über die von der Bw ent­sorgten Abfälle nicht, dass Restabfälle in diesen Container für Leichtver­packungen entsorgt wurden. Vielmehr zeigt ein Blick auf das aufgenommene Lichtbild, dass bis auf eine untergeordnete Menge an Heu Kunststoffabfälle wie Flaschen, Folien oder Lebensmittelverpackungen erkennbar sind. Weitere Licht­bilder, die gegenteiliges belegen würden, sind nicht angefertigt worden. Insbesondere sind auf keinem Lichtbild Rest­abfälle, Tierkot, Käfigstreu bzw. andere biogene Abfälle erkennbar.

 

Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates muss daher aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens festhalten, dass der Tatvorwurf des Straferkenntnisses nicht mit der für ein Verwaltungs­strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar ist. Aufgrund der vorlie­genden Beweismittel in Zusammenschau mit den widersprüchlichen Aussagen der Bw sowie des einvernommenen Zeugen war daher im Zweifel gemäß Art.6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die der Bw angelastete Verwaltungsüber­tretung nicht erwiesen ist und sie daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. In diesem Sinne war daher der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

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