Linz, 22.04.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vom 1. Februar 2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 8. Jänner 2013, VerkR96-8817-2012, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 9. April 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro (14 Stunden EFS) verhängt, weil er am 7. Juli 2012 um 13.22 Uhr den Pkw x (D) auf der Bx bei Strkm x, Gemeinde x, Fahrtrichtung x, gelenkt und die im angeführten Bereich durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70km/h um 12 km/h überschritten habe.
Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 6 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 9. April 2013 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, zu der weder der Bw (trotz zugestellter Ladung) noch ein Vertreter der Erstinstanz erschienen ist. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, zwischen der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung und dem Bescheid lägen mehr als 6 Monate und es liege keine Identifikation von ihm als Lenker des Fahrzeuges x vor. Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides.
In seiner Äußerung vom 23. November 2012 hatte der Bw geltend gemacht, anhand des Fotos könne er den damaligen Lenker nicht benennen. Er habe bereits ausgeführt, dass er zum genannten Zeitraum nicht die einzige Person gewesen sei, die das Fahrzeug x gefahren sei. Da er sich mit seiner Frau beim Fahren abwechsle, könnten weder er noch seine Frau im Nachhinein eine eindeutige Auskunft geben, wer gerade um 13.22 Uhr am genannten Tatort das Fahrzeug gelenkt habe – entweder sei er der Lenker gewesen oder seine Gattin Frau x, gleiche Anschrift.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu der keine der beiden Parteien erschienen ist. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Ladung an den Bw wurde mit Rsb-Auslandsrückschein am 27. März 2012 zugestellt. In der Verhandlung wurde der Verfahrensakt verlesen und die Berufungsentscheidung mündlich verkündet.
Demnach steht auf der Grundlage des Radarfotos vom 7. Juli 2012, 13.22 Uhr, fest, dass der Pkw x zu dieser Zeit auf der Bx bei km x in Fahrtrichtung x mit einer gemessenen Geschwindigkeit von 87 km/h unterwegs war, obwohl dort nur 70 km/h erlaubt sind.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.
Auf der Bx x Straße ist im Kreuzungsbereich mit der xstraße im Abschnitt zwischen km x und km x in beiden Fahrtrichtungen eine Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) auf 70 km/h verordnet, die zur Verhinderung von Verkehrsunfällen mit hohen Geschwindigkeiten durch das genannte stationäre Radargerät überwacht wird.
Richtig ist, dass das Radarfoto nicht den Lenker zeigt, zumal es von hinten aufgenommen wurde. Allerdings sieht die österreichische Rechtsordnung, konkret § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967, explizit vor, dass im Fall der Nichterkennbarkeit eines Lenkers der Zulassungsbesitzer (Halter) des Fahrzeuges, dessen Kennzeichen mit dem Radarfoto zweifellos eindeutig erfasst wurde, auf ausdrückliche Aufforderung der Strafbehörde tätig zu werden hat.
An den Bw wurde ein Auskunftsersuchen gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 gerichtet, das er damit beantwortet hat, entweder er oder seine Gattin, mit der er sich beim Fahren abwechsle, hätte das Fahrzeug damals gelenkt; eine genauere Auskunft sei dazu nicht möglich.
Die Erstinstanz hat im Wege der Beweiswürdigung nach österreichischen Rechtsvorschriften eine Auskunftsverpflichtung bejaht und "in freier Beweiswürdigung" das Vorliegen einer "Schutzbehauptung" angenommen und den Bw als Lenker für schuldig erkannt, obwohl sie die Aussage des Abwechselns für glaubwürdig erachtet hat. Ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Nichtbeachtung der Auskunftspflicht – für den Fall des mehrfachen Abwechselns wären gemäß § 103 Abs.2 KFG entsprechende Aufzeichnungen zu führen gewesen – wurde nicht eingeleitet. Das ggst Verwaltungsstrafverfahren wurde mit Strafverfügung vom 7. September 2012, vom Bw fristgerecht beeinsprucht am 31. Oktober 2012, dh gerechnet ab der Übertretung vom 7. Juli 2012 rechtzeitig innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingeleitet. Dass ein Straferkenntnis innerhalb dieser Frist ergehen müsste, wie der Bw – ohne dafür Quellen zu nennen – behauptet, ist nach der österreichischen Rechtsordnung nicht erforderlich.
Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist Tatsache, dass ein Lenker nicht feststeht und der Bw zwar nach österreichischen Rechtsvorschriften gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zu einer Auskunftserteilung (mit allen Konsequenzen) verpflichtet ist, nicht aber nach deutscher Rechtsordnung, weshalb derartige Strafen in Deutschland nicht vollstreckt werden. Aus der aus der Sicht des Bw zurecht erfolgten Aussage den Schluss zu ziehen, er könne nur höchstpersönlich den auf ihn selbst zugelassenen Pkw gelenkt haben, ist etwas weit hergeholt und findet im vorliegenden Beweismittel, nämlich dem nur den Pkw von hinten zeigenden Radarfoto, keine Deckung.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger