Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222674/2/Kl/BU

Linz, 28.03.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25. Februar 2013, Ge96-1-2013 und Ge20-33388/01-2013, wegen einer Beschlagnahme in einem Verwaltungsstrafverfahren nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift zur ersten Verwaltungsübertretung "§ 368 iVm. § 107 Abs. 6 GewO 1994" zu lauten hat.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 39 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, und § 369 GewO 1994.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25. Februar 2013, Ge96-1-2013 und Ge20-33388/01-2013, wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, in der Zeit von 29.12.2012 bis 31.12.2012 am Standort x, x, mittels eines Verkaufsstandes pyrotechnische Artikel gelagert und zum Ver­kauf angeboten und damit auf diesem Standort

1) den Handel mit pyrotechnischen Artikeln gemäß § 94 Z 18 Gew01994 gewerbsmäßig aus­geübt zu haben, ohne im Besitz eines rechtskräftigen Bescheides über die Kenntnisnahme der Anzeige über die Ausübung des Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte gem. § 107 Abs. 6 GewO zu sein; sowie

2) eine gewerbliche Betriebsanlage, welche gemäß § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 geeignet ist, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden, betrieben zu haben, ohne im Besitz der erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1) § 366 Abs. 1 Z 1 i.V.m. § 107 Abs. 6 GewO 1994

zu 2) § 366 Abs. 1 Z 2 i.V.m. §§ 77 Abs. 1 und 74 Abs. 2 GewO 1994

Zur Sicherung der Strafe des Verfalls werden folgende Gegenstände in Beschlag genommen:

 1) 12 Pkg BodenFW XENON

12)  7 Pkg CAKE E

 2)   5 Pkg BodenFW RADON

13)  1 Pkg CAKE F

 3) 21 Pkg BodenFW ARGON

14) 20 Pkg CAKA M

 4)  9 Pkg BodenFW COBALT

15)  3 St Fountain A

 5) 12 Pkg Vulka

16) 14 Pkg Rocjet ball

 6)   1 Schachtel CDC Cake C3

17)  5 Pkg Rocket 12

 7) 14 Pkg CAKE R

18)  2 Pkg TITAN Raketen

 8)   8 St Römisches Licht

19)  4 Pkg Raketensort. 27

 9) 28 Pkg Feuerringe

20)  1 Pkg CAKE L2

10)  4 Pkg KIDS Fun

21)  l Pkg CAKE L3

11)  6 Pkg P2 Cake

22)  1 Pkg CAKE L4

Rechtsgrundlage: § 39 des Verwaltungsstrafgesetzes

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und ausgeführt, das die Berufungswerberin im nächsten Jahr wieder Ware kaufen werde, aber rechtzeitig die Anmeldung bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden durchführen werde. Die Berufungswerberin brauche die beschlagnahmte Ware für die Ausübung ihres Berufes und ersuche um Aushändigung. Die Ausübung der Tätigkeit sei bereits vor einem Monat bei der Bezirkshauptmannschaft eingereicht worden und hätte sie trotzdem nie ein Schreiben bekommen. Die Beschlagnahme hätte nicht von einem Polizeiorgan durchgeführt werden dürfen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, nicht bestritten ist und die Berufung sich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet. Im Übrigen wurde keine mündliche Verhandlung beantragt (§ 51e VStG).

 

Aus dem Akt ist ersichtlich, dass am 27.12.2012 am Standort x, x, ein Verkaufsstand für pyrotechnische Artikel aufgestellt war und solche Artikel verkauft wurden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. Dezember 2012, Ge10-1780-2012, wurde die Schließung des im Standort x aufgestellten Verkaufsstandes für pyrotechnische Artikel gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 angeordnet. Der Bescheid wurde am selben Tage übernommen.

Sowohl am 29.12.2012 als auch am 31.12.2012 wurde von einem Organ der PI x festgestellt, dass der Verkaufsstand am Standort x in x betrieben wird. Nach wiederholter Aufforderung wurde der Verkaufsstand geräumt, allerdings die pyrotechnischen Gegenstände zum Auto gelagert und weiterhin von diesem Standort aus verkauft. Da dadurch Leben, Gesundheit, Eigentum von Menschen oder die öffentliche Sicherheit gefährdet sein könnte, wurde Verzug angenommen und die Sicherstellung der pyrotechnischen Gegenstände und Sätze angeordnet und ca. 150kg pyrotechnische Gegenstände beschlagnahmt. Es wurde eine Bestätigung über die vorläufige Beschlagnahme am 31.12.2012 ausgestellt. Die sichergestellten Gegenstände wurden der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 2.1.2013 übergeben. Eine Betriebsanlagengenehmigung liegt nicht vor.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1 Gemäß § 39 Abs. 1 VStG kann die Behörde zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme von Gegenständen anordnen, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist.

Gemäß § 39 Abs. 2 VStG können bei Gefahr im Verzug auch die Organe der öffentlichen Aufsicht aus eigener Macht solche Gegenstände vorläufig in Beschlag nehmen. Sie haben darüber den Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.

Gemäß § 39 Abs. 6 VStG ist gegen den Bescheid, mit dem eine Beschlagnahme angeordnet wird, in sinngemäßer Anwendung des § 51 Berufung, jedoch ohne aufschiebende Wirkung zulässig.

Gemäß § 369 GewO 1994 kann der Verfall von Waren, Eintrittskarten einschließlich Anweisungen auf Eintrittskarten für Theater, Konzerte, Veranstaltungen uä., Werkzeugen, Maschinen, Geräten, Ausrüstungen oder Transportmitteln (§§ 10, 17 und 18 VStG) ausgesprochen werden, wenn diese Gegenstände mit einer Verwaltungsübertretung nach § 366 oder nach § 367 Z15,16,17,18,19 oder 20 im Zusammenhang stehen. Von der Verhängung der Strafe des Verfalls ist jedoch Abstand zu nehmen, wenn es sich um Gegenstände handelt, die der Beschuldigte zur Ausübung seines Berufes oder zur Führung seines Haushaltes benötigt.

 

Da der § 369 GewO 1994 ausdrücklich den Verfall von Waren als Strafe (der Gesetzgeber verweist in dieser Bestimmung explizit auf die §§ 10,17 und 18 VStG) vorsieht, kann die Behörde den Verfall unter den Voraussetzungen des § 17 VStG aussprechen. Voraussetzung für eine in § 39 Abs. 1 VStG in Zusammenhalt mit § 369 GewO vorgesehene Beschlagnahme ist das Vorliegen des Verdachtes einer in § 369 GewO angeführten Verwaltungsübertretung. Unter den Worten "seines Berufes" ist zunächst jener Beruf zu verstehen, der vom Beschuldigten tatsächlich ausgeübt wird, wobei die Ausübung dieses Berufes nicht rechtswidrig sein darf. (Gruber/Paliege-Barfuß, GewO, 7. Auflage, § 369, Anmerkung 4,5 und 6 mit Judikaturnachweisen).

 

5.2. Im angefochtenen Bescheid wird der Berufungswerberin einerseits vorgeworfen, den Handel mit pyrotechnischen Artikeln gewerbsmäßig ausgeübt zu haben, ohne im Besitz eines rechtskräftigen Bescheides über die Kenntnisnahme der Anzeige über die Ausübung des Gewerbes in einer weiteren Betriebstätte gemäß § 107 Abs. 6 GewO zu sein. Dies stellt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 368 GewO dar. Dies war daher in der Präambel des Bescheides entsprechend richtig zu stellen. Fest zu halten ist, dass eine Übertretung nach § 368 GewO nicht in § 369 GewO genannt ist und daher nicht zum Ausspruch des Verfalls gemäß § 369 GewO berechtigt.

Andererseits wird aber als weitere Übertretung der Berufungswerberin vorgeworfen, dass sie durch die Lagerung und den Verkauf von pyrotechnischen Artikeln am Verkaufsstand in x, eine gewerbliche Betriebsanlage betreibt, ohne im Besitz der erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein. Dies stellt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z2 GewO 1994 dar. Da die Gegenstände die am 31.12.2012 beschlagnahmt wurden, in Zusammenhang mit dem Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage ohne Betriebanlagengenehmigung standen, war die Voraussetzung für einen Verfall von Waren gemäß § 369 GewO 1994 gegeben. Es war daher die Verwaltungsbehörde im Grunde des Verdachtes der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z2 GewO 1994, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, berechtigt, zur Sicherung dieser Verfallsstrafe die Beschlagnahme dieser Gegenstände anzuordnen (§ 39 Abs. 1 VStG).

 

5.3. Wenn hingegen die Berufungswerberin vorbringt, dass sie die Gegenstände zur Berufsausübung brauche, so ist ihr der oben zitierte Kommentar samt Judikatur vorzuhalten, dass dieses Vorbringen nur dann den Verfallsausspruch nach § 369 GewO hindert, wenn die Ausübung dieses Berufes nicht rechtswidrig ist. Da zum Entscheidungszeitpunkt weder eine rechtskräftige gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung noch eine mit rechtskräftigem Bescheid ausgesprochene Kenntnisnahme der Anzeige über die Ausübung des Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte vorliegt, war nicht von einer rechtmäßigen Berufsausübung auszugehen. Es kann daher dem Vorbringen der Berufungswerberin nicht zum Erfolg verholfen werden.

Auch das Vorbringen der Berufungswerberin, dass Polizeiorgane keine Beschlagnahme hätten durchführen dürfen, ist nicht gerechtfertigt, zumal gemäß 39 Abs. 2 VStG bei Gefahr im Verzug auch die Organe der öffentlichen Aufsicht, dazu gehören auch Polizeiorgane, aus eigener Macht solche Gegenstände vorläufig in Beschlag nehmen können. Es waren daher die gegenständlichen Polizeiorgane aufgrund dieser Bestimmung durchaus berechtigt. Eine vorläufige Beschlagnahme vorzunehmen und die beschlagnahmten Gegenstände aber sofort der Behörde zu übergeben. Diese hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Beschlagnahme ausgesprochen. Damit erhielt die vorläufige Beschlagnahme nachträglich eine bescheidmäßige Grundlage. Die Gefahr im Verzug wurde auch von der belangten Behörde in der Bescheidbegründung dargelegt, indem sie auf die Lagerung der pyrotechnischen Artikel in unmittelbarer Nähe zur Mülltrennungsstelle der Firmen im Objekt x hinwies, worin auch Altpapiercontainer aufgestellt waren und somit eine unmittelbare Gefährdung des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums von Menschen bestanden hat.

 

Es war daher die Berufung abzuweisen.

Über den Verfall der Gegenstände wird gesondert im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens zu entscheiden sein.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Beschlagnahme, Sicherung der Verfallsstrafe

 

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