Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310508/7/Kü/Ba

Linz, 26.04.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn Dr. K-H G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, K, L, vom 23. Juli 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29. Juni 2012, UR96-8-2011, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. März 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufge­hoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29. Juni 2012, UR96-8-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 79 Abs.3 Z 1 und 17 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) iVm § 2 Abs.1 Z 1 der Abfallnachweisverordnung 2003 eine Geldstrafe von 300 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als abfall- und handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma G G GmbH mit Sitz in E, L (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes W unter FN X) und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungs­strafgesetz 1991 - VStG folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Im Zuge einer Kontrolle durch Organe des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft am 10.02.2011 wurde in die abfallrechtlichen Aufzeichnungen der Firma G G GmbH vom November 2010 Einsicht genommen. Dabei wurde festgestellt, dass in diesen Unterlagen der Abfallcode gemäß der Abfallverzeichnisverordnung nicht angegeben ist, obwohl Abfallbesitzer, getrennt für jedes Kalenderjahr, fortlaufende Aufzeichnungen über Art, Menge, Herkunft und Verbleib von Abfällen zu führen haben. Bilanzpflichtige Abfallsammler und -behandler haben diese Aufzeichnungen nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 23 Abs. 3 elektronisch zu führen.

 

Bis zum 06.02.2012 ist keine Meldung über die Korrektur der Meldungen bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingelangt. Die Daten wurden auch sonst nicht vervollständigt."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass aus dem angefochtenen Straferkenntnis nicht nachvollziehbar sei, welcher Vorwurf dem Beschuldigten als abfall- und handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma G G GmbH tatsächlich treffe bzw. welche konkrete Verpflichtung unterlassen worden sei.

 

Der angeführten Niederschrift vom 10.2.2011 sei ein Übernahmeschein/Gut­schrift der G G GmbH vom 22.11.2010 betreffend von der Firma M H, E, übernommener Kupferabfälle angeschlossen. Der G G GmbH würde offensichtlich vorgeworfen, dass in diesem Über­nahmeschein/Gutschrift kein Abfallcode angeführt sei und sie deshalb nicht den Aufzeichnungspflichten gemäß § 17 Abs.1 AWG 2002 nachgekommen wäre. Dazu würde angemerkt, dass dieser Übernahmeschein/Gutschrift als sogenannter Wiegeschein bei Eingang in die Betriebsanlage der G G GmbH erstellt würde. Diese Wiegescheine würden nur einen Teil der Aufzeichnungen darstellen.

 

Die G G GmbH führe regelmäßige und laufende Aufzeichnungen über Art, Menge, Herkunft und Verbleib von Abfällen und würde diese auch entsprechend melden, wobei nunmehr festgelegt worden sei, dass diese Auf­zeichnungen nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 23 Abs.3 AWG 2002 elektronisch zu führen seien.

 

Die Bestimmung des § 17 Abs.1 AWG 2002 lasse jedoch neben der Führung der Aufzeichnungen sehr wohl auch zu, dass daneben auch (andere) Aufzeichnungen geführt werden können. Dies betreffe im gegenständlichen Fall die erstellten Wiegescheine anlässlich der Einfahrt bzw. des Anlieferns von Abfall in die Betriebsanlage der G G GmbH. Eine zwingende Bestimmung, dass neben den von der G G GmbH geführten fortlaufenden Auf­zeichnungen auch die daneben extra und gesondert angefertigten Wiegescheine (Übernahmescheine/Gutschriften) ebenfalls mit Abfallcodes und/oder Schlüssel­nummern zu versehen seien, ließe sich weder aus der Bestimmung des § 17 AWG noch den Bestimmungen der Abfallnachweisverordnung 2003 oder der Abfallverzeichnisverordnung ableiten.

 

Im Straferkenntnis würde auch der konkrete Vorwurf fehlen, durch welche Tathand­lungen und welche Umstände der Beschuldigte bzw. die G G GmbH gegen die Aufzeichnungspflicht verstoßen hätte. Es bestehe keine Verpflichtung, dass ein Abfallbesitzer in jeder Aufzeichnung – im Konkreten auch in den Wiegescheinen – die in § 1 Z 1 Abfallnachweisverordnung 2003 angeführten Angaben zu führen und anzumerken habe. Da sich weder aus dem Straferkenntnis, noch der Begründung des Straferkenntnisses ableiten und er­kennen ließe, welche erforderlichen abfallrechtlichen Aufzeichnungen nicht die Schlüsselnummern nach der Abfallnachweisverordnung (laut Begründung) bzw. den Abfallcode gemäß der Abfallverzeichnisverordnung laut Spruch des Strafer­kenntnisses aufgewiesen hätten, liege jedenfalls eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens vor.

 

Darüber hinaus entspreche der Spruch des Straferkenntnisses nicht § 44a VStG, zumal aus dem Spruch nicht ableitbar sei, welche Tat dem Beschuldigten tat­sächlich vorgeworfen würde. Aus dem Spruch sei nicht ableitbar, mit welchem Zeitpunkt an welchem Ort die G G GmbH gegen Vorschriften ver­stoßen habe, die dem Beschuldigten als Verwaltungsübertretung vorgeworfen würden.

 

Zudem sei Verfolgungsverjährung eingetreten. Von November 2010 bis 23.11.2011 sei jedenfalls eine Frist von einem Jahr verstrichen, sodass aufgrund der Bestimmung des § 31 Abs.1 VStG iVm § 81 Abs.1 AWG 2002 jedenfalls Verfolgungsverjährung eingetreten sei und daher die Verfolgung des Beschuldigten unzulässig wäre.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 25. Juli 2012, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 21. August 2012, vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. März 2013, an welcher der Rechtsvertreter des Bw teilgenommen hat.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der G G GmbH mit dem Sitz in L, E.

 

Sämtliche Abfälle, die von der G G GmbH am Betriebsgelände übernommen werden, gehen bei Anlieferung über die am Betriebsgelände vorhandene Wiegeeinrichtung. Bei der Übernahme der Materialien wird bereits vor der Verwiegung eine Sichtkontrolle durchgeführt und wird sodann das Anlieferungsfahrzeug auf die Waage gefahren und eine Verwiegung vorgenommen. Das Ergebnis der Verwiegung wird in einen Übernahmeschein eingetragen und wird in diesem Übernahmeschein auch die Abfallart händisch vermerkt.

 

Nach der Verwiegung wird eine Abladung der Abfälle im dafür vorgesehenen Bereich am Betriebsgelände vorgenommen. Bei der Abladung wird nochmals von einem Mitarbeiter der G G GmbH das Material kontrolliert und wird sodann von dieser Person die Abfallschlüsselnummer für das angenommene Material vergeben. Diese Abfallschlüsselnummer wird sodann vom zuständigen Mitarbeiter im elektronischen System der G G GmbH eingetragen. Aus diesem elektronischen Aufzeichnungssystem erfolgen auch die laufenden Meldungen an verschiedene Behörden, zu welchen die G G GmbH aufgrund verschiedener Verordnungen verpflichtet sind.

 

Am 10. Februar 2011 wurde vom Bundesministerium für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft am Betriebsgelände der G G GmbH eine Kontrolle gemäß § 75 AWG 2002 durchgeführt. Am Ende der Niederschrift über diese Kontrolle ist festgehalten, dass zu den abfallrechtlichen Aufzeichnungen allgemein vermerkt wird, dass diese immer auch die Schlüsselnummern gemäß Abfallverzeichnisverordnung enthalten müssen. Dies ist derzeit nicht der Fall. Seitens Herrn Dr. G wird zugesagt, dass diese in Hinkunft entsprechend ergänzt werden. Als Beilage ist dieser Niederschrift ein Übernahmeschein/Gut­schrift der G G GmbH vom 22.11.2010 angeschlossen. Dieser Über­nahmeschein/Gutschrift weist für die Firma H in E hinsichtlich übergebener Kupferneubleche, Kupfererdkabel und Kupfer allgemein für Mengen angegeben in Kilogramm eine bestimmte betragsmäßige Gutschrift aus.

 

Sonstige Beilagen, wie etwa ein Auszug aus dem elektronischen Aufzeichnungs­system der G G GmbH, ist dieser Niederschrift nicht angeschlossen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich einerseits aus der genannten Niederschrift des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft samt der bezeichneten Beilage sowie den glaubwürdigen und nachvoll­ziehbaren Ausführungen des Rechtsvertreters des Bw im Zuge der mündlichen Verhandlung. Zum Nachweis des elektronischen Aufzeichnungssystems wurde vom Rechtsvertreter des Bw im Zuge der mündlichen Verhandlung ein Ausdruck aus diesem System vorgelegt, aus dem zu ersehen ist, dass neben Datum der Übernahme, Übergeber und Bezeichnung des Materials auch die Abfallart mit der fünfstelligen Schlüsselnummer angegeben ist. Zudem wird vermerkt, welchem Behandlungsverfahren das übernommene Material zugeführt wird. Insgesamt bestehen daher für den Unabhängigen Verwaltungssenat aufgrund dieser vorgelegten Unterlagen keine Bedenken dahingehend, dass im elektro­nischen Aufzeichnungssystem der G G GmbH keine Schlüssel­nummern für die übernommenen Abfallarten aufgezeichnet sind. Vielmehr wird in diesem System Art, Menge, Herkunft und Verbleib der Abfälle aufgezeichnet.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Hinsichtlich der im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangenden Rechts­grundlagen, und zwar dem § 17 Abs.1 AWG 2002, § 79 Abs.3 AWG 2002 und § 2 Abs.1 Abfallnachweisverordnung 2003 wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

 

Dem Berufungsvorbringen des Bw kommt Berechtigung zu. Auch für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist aufgrund der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft anlässlich der Kontrolle am 10.2.2011 aufgenommenen Niederschrift nicht ersichtlich, in welche Aufzeichnungen der G G GmbH während der Kontrolle Einsicht genommen worden ist und warum es zu diesen Beanstandungen gekommen ist. Beilage zu dieser Niederschrift bildet ausschließlich ein Übernahme­schein/Gut­schrift, welcher nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht Bestandteil des Aufzeichnungssystem der G G GmbH ist. Dieser Übernahmeschein wird nur bei der Verwiegung von angeliefertem Material ausgestellt, wobei zu diesem Zeitpunkt im Betrieb der G G GmbH die Abfallart nur verbal beschrieben wird. Erst bei der weiteren Kontrolle des Materials am Betriebsgelände der G G GmbH wird die entsprechende Abfallschlüsselnummer für das angelieferte Material vergeben und sodann in das elektronische Aufzeichnungssystem übertragen. Der Bestand des elektronischen Aufzeichnungssystems wurde im Zuge der Berufungsverhandlung durch Vorlage eines entsprechenden Ausdrucks nachge­wiesen. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat bestehen daher keine Zweifel, dass von der G G GmbH Aufzeichnungen in elektronischer Form über Art, Menge, Herkunft und Verbleib der Abfälle geführt werden. Diesen Auf­zeichnungen ist jeweils auch die Abfallschlüsselnummer zu entnehmen. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht daher fest, dass der Bw die ihm ange­lastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, weshalb der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum