Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253166/19/Lg/Ba

Linz, 02.05.2013

 

 

 

B k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 21. Dezember 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Finanzamtes Grieskirchen Wels gegen den Einstellungsbescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Grieskirchen vom 14. Mai 2012, Zl. SV96-4-2012, betreffend das Verwaltungsstrafverfahren gegen G B wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Einstellung des Verwaltungs­straf­verfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z 1 VStG iVm § 45 Abs.2 VStG verfügt. Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens war folgender Tatvorwurf:

 

"Mit Strafantrag der Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 9.1.2012 wurde gegen Sie als strafrechtlich verantwortliches Organ der E R S GmbH folgende Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz wegen § 18 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Zi.1 lit.b Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) 1975, BGBl. Nr. 218/1975, i.d.F.d. Bundesge­setzes BGBl. I Nr. 135/2009, iVm § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991, zur Kenntnis gebracht:

 

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der E R S GmbH mit Sitz in S, P, zu verantworten, dass diese Gesellschaft entgegen dem § 18 AuslBG die Arbeitsleistungen des US-Staatsbürgers V T R, geb. X, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland, uzw. der
'W W I Ltd., M, R, B, C', beschäftigt und zur Erfüllung deren vertraglichen Verpflichtung gegenüber Ihrem Unternehmen als inländischen Auftraggeber nach Österreich entsandt wurde, unbefugt in Anspruch genommen hat, indem dieser Ausländer zumindest am Kontrolltag 8.6.2011 mit Montagearbeiten an der Wasserrutsche zur Errichtung einer Wasserpark-Anlage auf der Baustelle der E R S GmbH an o.a. Adresse beschäftigt wurde, ohne dass für diesen ausländischen Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebe­willigung oder Anzeigebestätigung erteilt worden ist."

 

Begründend führt der angefochtene Bescheid aus:

 

"Zu dem Ihnen bekanntgegebenen Strafantrag haben Sie durch Ihren Rechtsvertreter eine Stel­lungnahme am 1.12.2011 verfasst, in welcher Sie zusammenfassend angaben, dass Sie im Zuge der Umbauarbeiten der E mit der 'W W I Ltd., M, R, B, C', am 19.7.2010 einen Vertrag hinsichtlich der Lieferung und Errichtung der Wasserparkanlage 'S A - A T' für die von Ihnen be­triebene 'A-Wasserparkanlage' abgeschlossen hätten.

 

Sie beauftragten weiters die D B GmbH, W, K, mit der Projektleitung/Projektsteuerung. Die D B GmbH übernahm mit der Projektlei­tung die Vertretung im Hinblick auf sämtliche auf sie in Zusammenhang mit dem Bauprojekt betref­fenden Agenden. Es war daher auch Aufgabe der D B GmbH, sämtliche Vor­aussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern im Betrieb der Einschreiterin laufend zu prü­fen und im Hinblick auf erforderliche arbeitsrechtliche Bewilligungen diese auch ordnungsgemäß und fristgerecht zu beantragen.

Die Projektleitung dokumentierte daher laufend sämtliche Handlungen, Leistungen, Anträge und Bewilligungen sowie die Korrespondenz mit 'W' im Zusammenhang mit arbeitsrechtli­chen Bewilligungen, für die von 'W' entsandten Supervisor.

 

Weiters wurde über Koordination der D B GmbH die Architekten Z G & Partner Ziviltechniker GmbH in L, mit der Architekturplanung, Bauüberwachungsleistung, Leistungen gemäß BauKG und Bau-Physik beauftragt, respektive, dieses Architekturbüro beauf­tragten die P W GmbH, L, L, mit der Durchführung der Bau­überwachungsleistung und den Leistungen gemäß BauKG.

 

Bei der Projektabwicklung war die generelle Vermeidung von Fehlleistungen und von Verletzungen gesetzlicher bzw. behördlicher Vorschriften ein wesentlicher Grundsatz. Aus diesem Grund wurden in überschneidender Weise mehrere Professionisten mit der Projektabwicklung beauftragt sowie die vorgenannten Projektbeteiligten im Rahmen Ihrer Beauftragung durch Sie angehalten, wech­selseitige Überprüfungen und Konsultationen vorzunehmen, umso ein effektives Mehraugenprinzip zu realisieren und ein funktionierendes und wirksames Kontrollsystem zu gewähren. Dazu wurde auch von Ihnen mehrere Zeugenbeweise und Ihre Parteienvernehmung angeboten.

 

Zur Vermeidung insbesondere von Verletzungen arbeitsrechtlicher Bestimmun­gen stimmte die D B GmbH mit dem Arbeitsmarktservice Grieskirchen am 1.4.2011 und am 6.4.2011 die Vorgehensweise zur Erlangung der erforderlichen arbeitsrechtlichen Bewilligung für die von 'W' entsandten Supervisor ab. Zunächst sollte 'W' selbst die erforderli­chen Bewilligungen beantragen; in der Folge schlug das Arbeitsmarktservice Grieskirchen der Pro­jektleitung am 6.4.2011 aber vor, die Einschreiterin/Be­schuldigte solle die Anträge auf Entsende­bewilligungen für die von 'W' entsandten Supervisor stellen; dies wohl vor dem Hinter­grund, dass für die Supervisor von 'W' zum einem kein Arbeitgeber im Bundesgebiet vorhanden und zum anderen die Einschreiterin gemäß § 2 Abs. 3 AuslBG einem Arbeitergeber gleichzuhalten wäre und daher gemäß § 19 Abs. 3 AuslBG die Einschreiterin ohnehin diese Anträ­ge einzubringen hätte.

 

In weiterer Folge wurden sämtliche Anträge auf Entsendebewilligungen sowie Anträge auf Verlän­gerung der Entsendebewilligungen für die von 'W' entsandten Supervisor von Projektlei­tung in Ihrem Namen beim Arbeitsmarktservice eingebracht, insgesamt wurde für zehn Supervisor Anträge auf Entsendebewilligungen sowie Anträge auf Verlängerung der Entsende­bewilligungen gestellt und letztendlich vom Arbeitsmarktservice erteilt.

 

Der im Zuge der Kontrolle ohne arbeitsrechtliche Bewilligung angetroffene US-Staatsbürger ist von Seiten der Fa. 'W' keinem an dem Projekt beteiligten Unternehmen namentlich genannt worden, weshalb es vorab nicht erkennbar gewesen ist, dass für ihn zusätzlich eine Entsendebe­willigung zu beantragen gewesen ist. Diese wäre anderenfalls wie für sämtliche anderen ausländi­schen Arbeiter selbstverständlich mit beantragt worden. Die Recherchen hätten schließlich erge­ben, dass es sich bei Herrn V T R um keinen von 'W' direkt entsand­ten Supervisor handelte, sondern um einen von 'W' beauftragten Leasingarbeiter, der als Supervisor unterstützend mitgewirkt habe.

Aufgrund einer nicht nachvollziehbaren Verkettung unglückseliger Zufälle bzw. Umstände sei die­ser Arbeiter vor der Kontrolle durch die Behörde unter der Vielzahl der im Betrieb beschäftigten Personen nicht weiter aufgefallen, sodass auch keine weiteren Entsendebewilligungen beantragt wurden.

 

Das Finanzamt Grieskirchen Wels führte nach Vorlage des bisherigen Ermittlungsverfahrens in deren Stellungnahme vom 14.2.2012 als mitbeteiligte Partei im verwaltungsbehördlichen Verfahren zusammengefasst aus, dass bei Übertretungen nach § 28 Abs. 1 AuslBG von vornherein die Ver­mutung eines Verschuldens in Form fahrlässigen Verhaltens besteht, die aber durch den Nachweis des Bestehens eines wirksamen Kontrollsystems widerlegt werden kann.

Aus der anwaltlichen Stellungnahme lasse sich jedoch nicht erkennen, wie und in welchem Aus­maß ein im Betrieb installiertes Kontrollsystem zur Anwendung gelangt sei.

 

In rechtlicher Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes wird von der Behörde hiezu Fol­gendes festgestellt:

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Zi.1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzuse­hen und die Einstellung zu verfügen, wenn dem Beschuldigten die zur Last gelegte Tat nicht er­wiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

§ 45 Abs. 2 VStG schreibt vor, dass die Einstellung eines Verfahrens mit Bescheid zu erfolgen hat, wenn einer Partei Berufung gegen die Einstellung zusteht.

 

Für das Verwaltungsstrafrecht gilt das Schuldprinzip. Eine Bestrafung setzt somit schuldhaftes Verhalten voraus.

 

Eine Verschuldensform der Fahrlässigkeit eines Betriebsinhabers kann auch in einer sogenannten 'culpa in inspiciendo' gelegen sein. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit kann den Betriebsinhaber auch dann treffen, wenn er die Arbeitnehmer nicht permanent und ausreichend kontrolliert. Bei Ungehorsamsdelikten ist der Unternehmer auch strafbar, wenn er nicht glaubhaft machen kann, dass ihm - insbesondere aufgrund konkreter und wirksamer umfassender Überwachung und Kontrolle - kein Verschulden trifft.

 

Im gegenständlichen Falle wurden sämtliche erforderlichen Schritte im Zusammenhang mit der Einholung arbeitsrechtlicher Bewilligungen einem Subunternehmer überantwortet, der schon auch in der Vergangenheit bei Bauprojekten der E R GmbH im Hinblick auf die Einhal­tung arbeitsrechtlicher Bestimmungen und auch sonstiger in diesem Zusammenhang einzuhalten­der rechtlicher Vorschriften keine Übertretungen erkennen lassen hat.

Im gegebenen Zusammenhang wurden auch sämtliche erforderlichen Schritte zur Erlangung der Entsendebewilligungen der von 'W' entsandten Supervisor von der D B GmbH mit dem Arbeitsmarktservice Grieskirchen abgeklärt und in inhaltlicher Sicht beurteilt. Die Projektleitung hat aus formalen Gründen die Anträge auf Entsendebewilligung bzw. deren Ver­längerung im Namen der Einschreiterin/Beschuldigten eingebracht. Es wurden dann auch 10 Entsendebewilligungen bzw. Verlängerungen ausgestellt.

 

Es erscheint im höchsten Maße unwahrscheinlich, dass gerade für einen Supervisor der Antrag bei Kenntnis aller Umstände nicht gestellt worden wäre. Diese daraus zu Tage getretene Nachlässig­keit des Projektsplaners D B GmbH kann nach Ansicht der Strafbehörde dem Beschuldigten auch unter Aufwendung eines in dieser Situation vorauszusetzenden hohen Sorg­faltsmaßstab nicht wirklich auffallen.

Der Rechtsansicht der Strafantragstellerin, einen zur Verschuldensentlastung geforderten Nach­weis eines wirksamen Kontrollsystems zur Einhaltung aller arbeitsrechtlichen Vorschriften auch für von der Projektleitung zugezogene Arbeitnehmer von Subunternehmer nicht nachgekommen zu sein, ist vor dem Hintergrund, dass die E R GmbH als Geschäftszweig nicht die Planung und Durchführung von Bauarbeiten zum Inhalt hat, in der geforderten Schärfe nicht beizu­treten.

 

Diese Sichtweise würde eine Überstrapazierung des Verschuldensprinzips auch in der Form einer culpa in inspeciendo bedeuten und käme einem Erfolgsstrafrecht nahe, sodass von einer Bestra­fung abzusehen ist."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Als Berufungsgründe werden unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung namhaft gemacht.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.05.2012 wurde das Verwaltungs­strafverfahren wegen des Verdachtes auf Übertretung des AuslBG (§ 18/1 i.V.m. § 28/1/lb) gegen X, geb. X, eingestellt.

 

Die nunmehrige Berufung des Finanzamtes Grieskirchen Wels richtet sich gegen diese Einstellung und begründet dies wie folgt:

 

In der Sache selbst ist es als unbestritten anzusehen, dass die X GmbH, in welcher der Beschuldigte die Funktion des handelsrechtlichen Geschäftsführers ausübt, an die W W I Ltd., K, einen Auftrag über Lieferung und Errichtung einer Wasserpark-Anlage erteilte. Unabhängig vom Vorliegen etwaiger anderer vertraglicher Verpflichtungen trifft ihn als Empfänger der Arbeitsleistungen selbst die Verpflichtung, für die entsendeten ausländischen Arbeiter gem. § 18 AuslBG um die entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligung einzukommen.

 

Dieser Verpflichtung wurde insoweit nachgekommen, als für 10 aus Drittstaaten entsandten Arbeitskräften beim AMS Anträge gestellt wurden, worauf in Folge das AMS die Entsendebewilligungen erteilte.

 

Außer Streit ist gestellt, dass für den verfahrensgegenständlichen US-Staats­angehörigen V T R, welcher von den Kontrollorganen bei Montagearbeiten an der Wasserrutsche betreten wurde, keine Entsendebe­willigung vorlag.

 

Im nunmehrigen Einstellungsbescheid geht die Behörde I. Instanz davon aus, dass kein Verschulden vorliegt und führt u.a. aus, dass sämtliche erforderliche Schritte im Zusammenhang mit der Einholung arbeitsrechtlicher Bewilligungen einem Subunternehmer überantwortet wurden, welcher diese mit dem AMS abgeklärt habe. Lediglich aus formalen Gründen seien die Anträge auf Entsendebewilligung bzw. deren Verlängerung von der E R S GmbH eingebracht worden. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die rechtliche Konsequenz der (selbstverantwortlichen) Übertragung der Besorgung einzelner Angelegenheiten an andere (natürliche oder juristische) Personen im Einzelfall davon abhängt, ob der für das Unternehmen im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortliche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen. Im Sinne dieser Judikatur reicht nicht einmal die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen aus; entscheidend ist, ob eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisung erfolgt ist, wobei selbst kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichen, um die Annahme zu rechtfertigen, ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung der Ausländerbe­schäftigungsvorschriften sicherstellt, liege vor (vgl. VwGH v. 15. Oktober 2009, Zl. 2009/09/0186).

 

Aus Sicht der beteiligten Abgabenbehörde hat der Beschuldigte nicht glaubhaft machen können, dass ihn an der Verletzung der Verfahrensvorschrift kein Verschulden trifft. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer ist er ein zur Vertretung einer GmbH nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft und im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

Antrag:

 

Das Finanzamt Grieskirchen-Wels stellt daher den Berufungsantrag, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das gegenständliche Strafverfahren wegen Übertretung der Bestimmungen des AuslBG im Sinne des gelegten Strafantrages fortzuführen bzw. eine entsprechende Bestrafung auszusprechen."

 

3. Anlässlich der Berufungsvorlage nahm die belangte Behörde wie folgt Stellung:

 

"Das in der Berufung zitierte Erkenntnis des VwGH v. 15.10.2009, Zl. 2009/09/0186, ist sachver­haltsmäßig unterschiedlich gelagert und problema­tisiert die subjektive Tatseite zu wenig, um hier für den Berufungsfall die Präjudiz zu schaffen.

Eine wie vom Finanzamt vorgesehene unbedingte Haftung eines handelsrechtlichen Geschäftsfüh­rers gem. § 9 VStG lässt eine Auseinander­setzung mit dem Verschuldensprinzip vermissen."

 

Dazu nahm der Beschuldigte mit Schriftsatz vom 4.7.2012 wie folgt Stellung:

 

"1. Einstellung gern § 45 VStG

 

Die E R S GmbH (kurz 'E') hat mehrere Professionisten zur Durchführung des Bauprojektes beauftragt, unter anderem die D B GmbH (kurz 'D'). Dieser oblag die gesamte Projektleitung. Diese Vorgehensweise ist darauf zurückzuführen, dass die Durchführung von Bauprojekten gar nicht Geschäftszweig der E ist. Daher bediente sie sich Professionisten, die darin Erfahrung haben. Die Wahl fiel auf ein Unternehmen, mit dem schon mehrfach problemlos zusammengearbeitet worden war.

 

Die Beauftragung mehrere Professionisten diente auch der umfassenden Kontrolle: Durch dieses Mehraugensystems können mehrere Verantwortliche Probleme erkennen und darauf sofort reagieren. Durch diese Vorgehensweise sollte daher ein umfassendes und effektives Kontrollsystem gewährleistet werden.

 

Bei einer derartigen 'Arbeitsteilung' verlangt die Rechtsprechung nicht, dass sich der Unternehmer aller Angelegenheiten persönlich annimmt. Dies wäre ja aus wirtschaftlicher Sicht völlig ineffizient. Der Unternehmer ist nur dann persönlich verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, wenn er keine Maßnahmen getroffen hat, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (VwGH 81/11/0087; 90/19/0583 uvm). Dies ist im Einzelfall zu prüfen.

 

Gegenständlich gab es für den Beschuldigten keinen guten Grund, an der Nicht-Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften zu zweifeln. Zum einen hatte er aufgrund der bisherigen Zusammenarbeit durchwegs positive Erfahrungen mit der D. Zum anderen kam die D der Einholung der arbeitsrechtlichen Bewilligungen sofort nach. Es gab eine enge Zusammenarbeit zwischen der D und dem Arbeitsmarktservice Grieskirchen. Nur wenn zB die Einholung einer Auskunft bei der zuständigen Behörde unterlassen worden wäre, wäre ein Verschulden anzulasten (VwGH 2011/09/0052).

 

Es ist unstrittig, dass nur für einen auf der Baustelle Beschäftigten, R V T, keine gültige Entsendebewilligung vorlag. Das Finanzamt übersieht, dass keiner der auf der Baustelle tätigen Professionisten noch der Beschuldigte oder sonstige Mitarbeiter der E davon wussten, dass R V T als Supervisor auf der Baustelle eingesetzt sein würde. V T war niemandem auf der Baustelle - vor der Kontrolle am 08.06.2011 - bekannt. Andernfalls wäre - so wie bei den anderen Supervisoren - die Entsendebe­willigungen eingeholt worden. Da für alle anderen Supervisoren die arbeitsrechtlichen Bewilligungen vorlagen, ist es ja geradezu offensichtlich, dass es ausschließlich auf eine Verkettung äußerst unglücklicher Umstände zurückzuführen ist, dass für V T keine Bewilligung vorlag bzw dieser nicht 'rechtzeitig' vor der behördlichen Kontrolle aufgefallen war.

 

Der Bezirkshauptmann ist daher völlig richtig davon ausgegangen, dass die D, der die vollständige Projektleitung übertragen worden war, bei Kenntnis aller Umstände auch für V T eine Entsendebewilligung beantragt hätte.

 

Aufgrund der Arbeitsteilung war nicht der Beschuldigte sondern die D für die Einholung der arbeitsrechtlichen Bewilligungen verantwortlich. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die D die gesetzlichen Vorschriften nicht einhalten würde. Daher trifft den Beschuldigten kein Verschulden. Der Bezirkshauptmann hat das Verfahren völlig zu Recht eingestellt.

 

2. Einstellung gern § 21 Abs 1 VStG

 

Selbst wenn man zur Ansicht gelangen würde, dem Beschuldigten sei ein Verschulden anzulasten, wäre das Verfahren gern § 21 Abs 1 VStG einzustellen: Es liegt eine geringfügige Schuld und auch unbedeutende Folgen vor, sodass der Beschuldigte auch den Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG hat (VwGH 90/09/0141, uvm.).

 

Der Beschuldigte hat in keinster Weise Umgehungshandlungen gesetzt, die die illegale Beschäftigung des Arbeitnehmers gefördert hätten. Es ist eine Fehlleistung, die vielmehr auf die Verkettung unglücklicher Umstände zurück zu führen ist. Wie hätte denn eine Entsendebewilligung beantragt werden können, wenn man von der Beschäftigung des V T nicht einmal Bescheid wusste? Da auch für die anderen Bewilligungen eingeholt worden waren, ist die fehlende Entsendebewilligung für V T keinesfalls darauf zurückzuführen, dass man Ausländer illegal beschäftigen wollte.

 

Darüber hinaus liegen keine bedeutenden Folgen vor: Volkswirtschaftliche Schäden oder die Gefahr eine Wettbewerbsverzerrung sind schon deshalb auszuschließen, weil anzunehmen ist, dass auch für V T eine Bewilligung erteilt worden wäre, wäre diese beantragt worden. Für sämtliche andere ausländische Arbeitskräfte wurden die Bewilligungen erteilt, es gibt daher keinen Grund daran zu zweifeln, dass für R V T keine Bewilligung erteilt worden wäre.

 

Im Ergebnis liegen die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 VStG vor, sodass das Strafverfahren - wenn schon nicht gern § 45 VStG - ohnehin einzustellen gewesen wäre.

 

Es wird daher ersucht, der Berufung des Finanzamtes Grieskirchen Wels keine Folge zu geben.

 

Sollte die Behörde dem Berufungsantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels Folge geben, so werden sämtliche in der Stellungnahme vom 01.12.2011 gestellten Beweisanträge unter Hinweis auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme aufrecht gehalten:

 

-      PV;

-      ZV Ing. S H, D B GmbH, K, W;

-      ZV DI I H, Geschäftsführer der D B GmbH, K, W;

-      ZV Bmst Ing. A W, Gesellschafter der Architekten Z G + Partner Ziviltechniker GesmbH, G, L;

-      ZV Bmst. Ing. E W, geschäftsführender Gesellschafter der P W GmbH, L, L."

 

4. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 9.1.2012 enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Im Zuge einer Kontrolle nach dem AuslBG und ASVG (§ 89 Abs. EStG) auf der Baustelle E (Zubau) in S, am 8.6.2011, Kontrollzeit­punkt 08:45 Uhr, wurde der US-Staatsbürger V T R, geb. X, bei Montagearbeiten an einer Wasserrutsche angetroffen. V T konnte hinsichtlich seiner Tätigkeit keine entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorlegen.

 

Zum festgestellten Sachverhalt wurde seitens des Arbeitgebers (Einschreiterin - E R S GmbH) in der Stellungnahme vom 142.2011 auch gar nicht bestritten, dass V T, ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung auf der oben genannten Baustelle gearbeitet hat.

Somit ist der Tatbestand der Übertretung nach dem Ausländerbe­schäftigungsgesetzes verwirklicht. Das Finanzamt Grieskirchen Wels beantragt daher, ein Strafverfahren einzuleiten und eine entsprechende Strafe auszu­sprechen."

 

Beigelegt ist eine Stellungnahme des Beschuldigten vom 1.12.2011.

 

"In umseitiger Rechtssache erstattet die Einschreiter in durch ihren ausgewiesenen Vertreter zu der ihr vom Finanzamt Grieskirchen Wels (FA54) als Abgabenbehörde übermittelten Anfrage im Hinblick auf das Ergebnis der am 08.06.2011 durchgeführten arbeitsrechtlichen Kontrolle im Betrieb der Einschreiter in nachstehende

 

STELLUNGNAHME:

 

1. Sachverhaltsdarstellung

 

1.1. Baumaßnahmen im Betrieb der Einschreiterin

Die Einschreiterin schloss mit W W I Ltd., M, R, B, C (im Folgenden 'W' genannt), am 19.07.2010 einen Vertrag hinsichtlich der Lieferung und Errichtung der Wasserpark-Anlage 'S A - A T im von der Einschreiterin betriebenen A-Wasserpark, P, S (im Folgenden 'Anlage' oder 'Bauprojekt' genannt).

 

Vertragsgemäß war W für die ordnungsgemäße Errichtung der Anlage verantwortlich und war W daher mit eigenen Bauleitern (im Folgenden 'Supervisor' genannt) vor Ort im Betrieb der Einschreiterin. Die Einschreiterin stellte W vertragsgemäß das Montagepersonal zur Verfügung, das die Anlage unter Anweisung der von W entsandten Supervisor errichtete.

 

1.2. Beauftragung verschiedenster Professionisten im Zusammenhang mit dem Bauprojekt

Die Einschreiterin bediente sich bei der Durchführung des Bauprojektes verschiedenster ausgewiesener Professionisten, die in ihrem Zusammenwirken und aufgrund des Ineinandergreifens ihrer jeweiligen Aufgabenfelder gewährleisten sollten, dass sämtliche im Zusammenhang mit dem Bauprojekt der Einschreiterin als Bauherrin zustehenden Rechte gewahrt und für sie maßgebende Vorschriften eingehalten werden.

 

a. Die Einschreiterin beauftragte die D B GmbH, K, W, mit der Projektleitung/Projektsteuerung. Die D B GmbH übernahm mit der Projektleitung die Vertretung der Einschreiterin im Hinblick auf sämtliche die Einschreiterin im Zusammenhang mit dem Bauprojekt treffenden Agenden. Es war daher auch Aufgabe der D B GmbH sämtliche Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern im Betrieb der Einschreiterin laufend zu prüfen und im Hinblick auf erforderliche arbeitsrechtliche Bewilligungen diese auch ordnungsgemäß und fristgerecht zu beantragen. Die Projektleitung dokumentierte daher laufend sämtliche Handlungen, Leistungen, Anträge und Bewilligungen sowie die Korrespondenz mit W im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Bewilligungen für die von W entsandten Supervisor.

 

b. Die Einschreiterin beauftragte Über Koordination der D B GmbH die Architketen Z G + Partner Ziviltechniker GesmbH, G, L, mit der Architekturplanung, Bauüberwachungsleistungen, Leistungen gemäß BauKG und Bauphysik.

 

c. Die Architketen Z G + Partner Ziviltechniker GesmbH beauftragten ihrerseits die P W GmbH, L, L, mit der Durchführung der Bauüberwachungsleistungen und den Leistungen gemäß BauKG.

 

Grundsatz der Einschreiterin bei der Projektabwicklung war und ist die generelle Vermeidung von Fehlleistungen und von Verletzungen von gesetzlichen bzw. behördlichen Vorschriften; nicht nur, dass die Einschreiterin aus diesem Grund in Überschneidender Weise mehrere Professionisten mit der Projektabwicklung beauftragt hat, vielmehr noch, sind die vorgenannten Projektbeteiligten im Rahmen ihrer Beauftragung durch die Einschreiterin dazu angehalten, wechselseitige Überprüfungen und Konsultationen vorzunehmen, um so ein effektives Mehraugenprinzip zu realisieren und ein funktionierendes und wirksames Kontrollsystem zu gewährleisten.

 

Beweis:

PV;

ZV Ing. S H, D B GmbH, K,W;

ZV DI I H, Geschäftsführer der D B GmbH, K, W;

ZV Bmst. Ing. A W, Gesellschafter der Architketen Z G + Partner Ziviltechniker GesmbH, G,L;

ZV Bmst. Ing. E W, geschäftsführender Gesellschafter der P W GmbH, L, L.

 

1.3.   Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice Grieskirchen

 

Zur Vermeidung insbesondere von Verletzungen arbeitsrechtlicher Bestimmungen stimmte die D B GmbH mit dem Arbeitsmarktservice Grieskirchen am 01.04.2011 und am 06.04.2011 die Vorgehensweise zur Erlangung der erforderlichen arbeitsrechtlichen Bewilligungen für die von W entsandten Supervisor ab: Zunächst sollte W selbst die erforderlichen Bewilligungen beantragen; in der Folge schlug das Arbeitsmarktservice Grieskirchen der Projektleitung am 06.04.2011 aber vor, die Einschreiterin solle die Anträge auf Entsendebewilligungen für die von W entsandten Supervisor stellen; dies wohl vor dem Hintergrund, dass für die Supervisor von W zum einen kein Arbeitgeber im Bundesgebiet vorhanden und zum anderen die Einschreiterin gem. § 2 Abs. 3 AuslBG einem Arbeitgeber gleichzuhalten wäre und daher gem. § 19 Abs. 3 AuslBG die Einschreiterin ohnehin diese Anträge einzubringen hätte.

 

In weiterer Folge wurden daher sämtliche Anträge auf Entsendebewilligungen sowie Anträge auf Verlängerung der Entsendebewilligungen für die von W entsandten Supervisor von der Projektleitung im Namen der Einschreiterin beim Arbeitsmarktservice Grieskirchen eingebracht:

 

a. A W-E: Entsendebewilligung mit 14.04.2011 beantragt für den Zeitraum 20.04.2011 bis 15.06.2011; erteilt mit 18.04.2011; Verlängerung beantragt mit 10.06.2011 für den Zeitraum bis 15.07.2011; Verlängerung beantragt mit 14.07.2011 für den Zeitraum bis 30.07.2011; erteilt mit 10.06.2011;

 

b. E J: Entsendebewilligung mit 14.04.2011 beantragt für den Zeitraum 15.05.2011 bis 15.06.2011; erteilt mit 18.04.2011;

 

c. W G M; Entsendebewilligung mit 14.04.2011 beantragt für den Zeitraum 12.05.2011 bis 15.06.2011; erteilt mit 26.04.2031; Verlängerung beantragt mit 10.06.2011 für den Zeitraum bis 15.07.2011; erteilt mit 10.06.2011; Verlängerung beantragt mit 14.07.2011 für den Zeitraum bis 30.07.2011; Verlängerung beantragt mit 25.07.2011 für den Zeitraum bis 12.08.2011; erteilt mit 26.07.2011; Verlängerung beantragt mit 16.08.2011 für den Zeitraum bis 04.09.2011; erteilt mit 17.08.2011; Verlängerung beantragt mit 29.08.2011 für den Zeitraum bis 30.09.2011; erteilt mit 30.08.2011;

 

d. R A C: Entsendebewilligung mit 26.04.2011 beantragt für den Zeitraum 12.05.2011 bis 15.06.2011; erteilt mit 26.04.2011; Verlängerung beantragt mit 10.06.2011 für den Zeitraum bis 15.07.2011; erteilt mit 10.06.2011;

 

e. J L: Entsendebewilligung mit 26.04.2011 beantragt für den Zeitraum 21.05.2011 bis 15.06.2011; erteilt mit 26.04.2031; Verlängerung beantragt mit 10.06.2031 für den Zeitraum bis 15.07.2011; erteilt mit 10.06.2011;

 

f. P A U JR: Entsendebewilligung mit 26.04.2011 beantragt für den Zeitraum 21.05.2011 bis 15.06.2011; erteilt mit 26.04.2011; Verlängerung beantragt mit 10.06.2011 für den Zeitraum bis 15.07.2011; erteilt mit 10.06.2011;

 

g. R S: Entsendebewilligung mit 10.06.2011 beantragt für den Zeitraum 13.06.2011 bis 30.07.2011; erteilt mit 10.06.2011;

 

h. G D M: Entsendebewilligung mit 31.08.2011 beantragt für den Zeitraum 31.08.2011 bis 10.09.2011; erteilt mit 31.08.2011;

 

i. P P: Entsendebewilligung mit 21.09.2011 beantragt für den Zeitraum 23.09.2011 bis 28.09.2011; erteilt mit 26.09.2011; und

 

j. M H: Entsendebewilligung mit 21.09.2011 beantragt für den Zeitraum 23.09.2011 bis 28.09.2011; erteilt mit 26.09.2011.

 

Sämtliche vorstehenden Anträge auf Entsendebewilligungen sowie Anträge auf Verlängerung der Entsendebewilligungen für die von W entsandten Supervisor wurden ordnungsgemäß und fristgerecht eingebracht und vom Arbeitsmarktservice Grieskirchen erteilt.

 

Beweis: wie bisher.

 

1.4.  Arbeitsrechtliche Kontrolle durch das Finanzamt Wels Grieskirchen im Betrieb der Einschreiterin

 

Am 08.06.2011, 08:45 Uhr, erfolgte eine arbeitsrechtliche Kontrolle durch das Finanzamt Grieskirchen Wels als Behörde im Betrieb der Einschreiterin. Laut Kontrollblatt der Behörde wurden die Ausländer A W-E, W J und R V T angetroffen.

 

Hinsichtlich A W-E und W J, die als Supervisor von W direkt entsandt worden waren, konnten gültige Entsendebewilligungen jeweils vom 18.04.2011 vorgewiesen werden (vgl. Punkt 1.3.3.).

 

Hinsichtlich des Drittgenannten R V T konnte keine gültige Entsendebewilligung vorgelegt werden. Im Zuge der sofortigen Überprüfung durch die Einschreiterin stellte sich heraus, dass R V T kein von W direkt entsandter Supervisor, sondern ein von W beauftragter Leasingarbeiter war, der A W-E und W J als dritter Supervisor unterstützte.

 

R V T wurde von Seiten W weder Mitarbeitern der D B GmbH, der Architekten Z G + Partner Ziviltechniker GesmbH, der P W GmbH, noch der Einschreiterin selbst namentlich genannt, weshalb es auch für sämtliche Projektbeteiligten vorab nicht erkennbar war, dass für R V T eine Entsendebewilligung zu beantragen gewesen wäre; denn hätte Kenntnis hinsichtlich dieses Sachverhaltes bestanden, wäre wie für sämtliche andere ausländische Arbeiter eine entsprechende arbeitsrechtliche Bewilligung mitbeantragt worden. Aufgrund einer für die Einschreiterin nicht nachvollziehbaren geringfügigen Nachlässigkeit oder möglicherweise auch schlichtweg aufgrund einer Verkettung unglücklicher Zufälle war R V T vor der Kontrolle durch die Behörde am 08.06.2011 unter der Vielzahl der im Betrieb der Einschreiterin beschäftigten Personen nicht aufgefallen.

 

2. Kein Aufsichts- und Kontrollverschulden - Mangelnder Unrechtsgehalt der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen

 

Nach stRsp des VwGH ist bei der Annahme einer grundsätzlichen Verantwortung eines Arbeitgebers für die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Verwaltungsübertretungen zu berücksichtigen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Ob der Unternehmer trotzdem persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob der Nachweis erbracht werden kann, dass Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (VwGH 81/11/0087,84/09/0106,90/09/0141,90/19/0583).

 

Gerade wegen der ineinandergreifenden Beauftragung verschiedener Professionisten und der engen Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice Grieskirchen konnte mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften des AuslBG von der Einschreiterin erwartet werden. Dass ein dem Grunde nach funktionierendes und wirksames Kontrollsystem installiert worden war, zeigt insbesondere die ansonsten vollständige Dokumentation der arbeitsrechtlichen Papiere hinsichtlich der zehn von W entsandten Supervisor, die im Betrieb der Einschreiterin tätig waren, sowie die hierzu mit W und dem Arbeitsmarktservice Grieskirchen geführte umfangreiche Korrespondenz.

 

3. Allfälliger marginaler Unrechtsgehalt und unbedeutende Folgen der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung

 

Selbst wenn man entgegen den aufgezeigten Kontrollmaßnahmen bzw. Argumenten -wider Erwarten — davon ausgehen sollte, dass die Einschreiterin ein Verschulden daran trägt, dass im Zuge der am 08.06.2011 vom Finanzamt Wels Grieskirchen durchgeführten arbeitsrechtlichen Kontrolle keine gültige Entsendebewilligung für R V T vorgelegt werden konnte, müsste die Behörde von einer weiteren Verfolgung der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung absehen und das Verfahren einstellen, allenfalls eine Ermahnung aussprechen. Diese zur Last gelegte Verwaltungsübertretung würde eine Verwaltungsübertretung mit einem - wenn überhaupt - nur marginalen Unrechtsgehalt darstellen und würde ein diesbezüglich allenfalls subjektiv und objektiv sorgfaltswidriges Verhalten der Einschreiterin keine Bestrafung rechtfertigen.

 

Gemäß § 21 Abs. 1 iVm Abs. 1b VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Erstattung einer Strafanzeige absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 1 VStG ist daher das kumulative Vorliegen genannter Kriterien, nämlich (i) eine geringfügige Schuld und (ii) lediglich unbedeutende Folgen. Liegen diese beiden gesetzlichen Voraussetzungen vor, hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (VwGH 90/09/0141, 96/09/0163).

 

Die Geringfügigkeit des Verschuldens kann einem Beschuldigten dann zugute gehalten werden, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH 86/18/0059). Zum gegenständlichen Tatbild des § 28 Abs. 1 Z 1 lit b AuslBG gehört, dass der dieser Übertretung Beschuldigte entgegen dem § 18 dieses Gesetzes die Arbeitsleistung eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde. Verpönt ist demnach die illegale Beschäftigung, also die Umgehung der arbeitsmarktpolitischen Restriktionen (VwGH 99/09/0264, 2007/09/0229). Die Einschreiterin hat gegenständlich aber gerade keine Umgehungshandlung gesetzt, sondern ist vielmehr trotz Einrichtung eines dem Grunde nach funktionierenden und wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen nach dem AuslBG eine einmalige Fehlleistung passiert.

 

Als nachteilige Folge illegaler Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften sind insbesondere die Gefahr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden und die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung - also generalpräventive Gründe - anzusehen. Die Beantragung entsprechender Bewilligungen bzw. Verlängerungen für sämtliche andere ausländische Arbeitskräfte erfolgten fristgerecht und ordnungsgemäß. Dass die Beantragung einer entsprechenden Bewilligung für R T im gegenständlichen Falle bei Kenntnis seiner Anwesenheit am 08.06.2011 im Betrieb der Einschreiterin unterblieben wäre, kann daher nicht gesagt, werden.

 

Vielmehr hatte die Einschreiterin überhaupt gar keine Motivation für eine illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften gehabt da - wie die vorstehenden Ausführungen deutlich zeigen - die Einschreiterin jedenfalls mit der Erteilung einer Entsendebewilligung bei deren Beantragung rechnen hätte können.

 

Die vorstehend beschriebenen volkswirtschaftlichen Bedenken lassen sich somit im Hinblick auf die Einschreiterin nicht begründen. Eine relevante Wettbewerbsverzerrung kann unter den gegebenen Umständen, die sich als einmalige Fehlleistung darstellen, auch nicht erkannt werden. Es handelt sich gerade nicht um eine typische Erscheinungsform der 'Schwarzarbeit' sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Verwaltungsübertretung bedeutende Folgen nicht nach sich gezogen hat.

 

Die Voraussetzungen des § 21 VStG liegen somit vor.

 

Die Behörde hat daher ohne weiteres Verfahren gem. § 21 Abs. 1 iVm Abs. 1b VStG von vornherein von der Erstattung einer Strafanzeige an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde abzusehen, da das Verschulden der Einschreiterin geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

4. Antrag

 

Die Einschreiterin stellt daher nachfolgenden

 

ANTRAG:

 

Das Finanzamt Wels Grieskirchen möge von der Erstattung einer Strafanzeige an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde absehen und die Einstellung des Verfahrens verfügen."

 

Weiters befindet sich im Akt eine Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 14.2.2012:

 

"In der Rechtfertigung des Beschuldigten wird die unerlaubte Beschäftigung nicht bestritten, jedoch beantragt, aufgrund der Sachverhaltsdarstellung ein Verwaltungsstrafverfahren nicht einzuleiten bzw. die Einstellung zu verfügen.

 

Dazu nimmt das Finanzamt Grieskirchen Wels, als am Verfahren beteiligte Partei, wie folgt Stellung:

 

Übertretungen nach § 28 Abs. 1 AuslBG gehören zu den Ungehorsamsdelikten. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, die aber von ihm durch den Nachweis des Bestehens eines wirksamen Kontrollsystems widerlegt werden kann.

 

Dass ein entsprechendes Kontrollsystem nicht vorliegen kann, ergibt sich bereits aus der Stellungnahme, wo es heißt, dass dem Inanspruchnehmer die verfahrensgegenständliche Arbeitskraft durch den Entsendebetrieb bzw. sonstigen Beteiligten nicht bekanntgegeben worden war, da dieser ansonsten ja die entsprechende Bewilligung beantragt hätte. Auch der Hinweis, dass in 10 weiteren Fällen eine umfangreiche Korrespondenz mit dem AMS vorliegt und die entsprechenden Bewilligungen ausgestellt waren, lässt nicht erkennen, wie und in welchem Ausmaß ein im Betrieb installiertes Kontrollsystem zur Anwendung gelangt.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, ist für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entscheidend (vgl. VwGH v. 19.10.2001, Zl. 2000/02/0228). Die Erteilung von Weisungen entschuldigt den Arbeitgeber (hier Inanspruchnehmer) bzw. den zur Vertretung nach außen Berufenen nur dann, wenn er darlegt und glaubhaft gemacht hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung der erteilten Anordnung betreffend der Beachtung der Rechtsvorschriften über die Beschäftigung von Ausländern zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat. Das entsprechende Kontrollsystem hat selbst für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern Platz zu greifen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis v. 15.9.2004, Zl. 2003/09/0124 mwN).

 

Im Sinne der obigen Ausführen hat der Beschuldigte bat die Inanspruchnahme i. S. d. § 18/1 i.V.m. 28/1/lb AuslBG, welche wie bereits eingangs ausgeführt nicht bestritten wird, zweifelsfrei verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Zum Verschulden und Strafhöhe:

 

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Da die Verletzung des AuslBG bei unerlaubter Beschäftigung nicht unerheblich ist, ist eine Anwendung des § 21 VStG nicht möglich, weil eines der in dieser gesetzlichen Bestimmung geforderten Kriterien für dessen Anwendung nicht gegeben ist.

Insbesondere scheidet eine Anwendung des § 21 VStG auch aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, zumal der bei illegaler Ausländerbeschäftigung zu erwartende volkswirtschaftliche Schaden nicht unbedeutend ist sowie das öffentliche Interesse an einer Unterbindung der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern jedenfalls hoch einzuschätzen ist und es daher an einer der kumulativen Voraussetzungen (unbedeutende Tatfolgen sowie geringfügiges Verschulden) mangelt.

 

Ob eine Verkürzung der Mindeststrafe je nach anzuwendenden Strafsatz bis auf die Hälfte nach § 20 VStG in Betracht kommt, ist anhand der gesetzlichen Kriterien zu prüfen, wobei ein Vorliegen eines reumütigen Geständnisses aus Sicht der Amtspartei als nicht gegeben erscheint (bloßes Zugeben des Tatsächlichen - war alles zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits bekannt).

 

Das Finanzamt Grieskirchen Wels beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren mit Verhängung einer entsprechenden Geldstrafe abzuschließen."

 

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Bw folgendes Kontrollsystem dar:

 

Mit dem B sei die Firma D beauftragt gewesen. Deren Aufgabe habe auch das Einholen der Entsendebewilligungen auf der Basis der von der Firma W bekanntgegebenen Namen umfasst. Gegenständlich seien Supervisoren entsendet worden. Dies seien technische Fachleute in gehobener Position, welche in ständigem Kontakt mit der Planung, der Bauaufsicht und der Baukoordination gestanden seien. Die Entsendebewilligungen seien u.a. der örtlichen Bauaufsicht und der Baukoordina­tion übermittelt worden. Die Bauaufsicht habe ein Büro auf der Baustelle und mithin einen so gut wie ununterbrochenen Überblick über die Supervisoren gehabt.

 

Die Kontrolle vor Ort, dass nur jene Personen arbeiten, für die eine Entsendebe­willigung vorlag, sei dem Baukoordinator und der örtlichen Bauaufsicht oblegen. Auch der Baukoordinator sei beinahe täglich auf der Baustelle anwesend gewesen. Es habe sich bei beiden um Professionisten gehandelt, mit denen es seit über 10 Jahren eine zufriedenstellende Zusammenarbeit gegeben habe. Die große Zahl eingeschal­teter Professionisten ergebe sich daraus, dass die gegenständliche Tätigkeit ja kein Geschäftszweig der E darstelle. Diese Vergaben hätten aber durchaus auch den Sinn gehabt, um im Sinne des "Mehraugenprinzips" die "Kontrolle luftdicht zu machen".

 

Die Kontrolle dieses Systems durch den Bauherrn (d.h., die verantwortlichen Geschäftsführer der E) sei in regelmäßigen Besprechungen erfolgt, und zwar in Besprechungen mit der Firma D in 14-tägigem Rhythmus und in wöchentlichen Baubesprechungen, an denen u.a. die Bauaufsicht und der Bau­koordinator teilgenommen hätten. Hier wären systematisch auch allfällige Auffälligkeiten nach dem AuslBG zur Sprache zu bringen gewesen. Die Kontrollen vor Ort habe der technische Leiter gemacht, und zwar in dem Sinne, dass er die Firma D kontrolliert habe, ob sie die Vorlagen der Entsendebewilligungen ordentlich kontrollierte. Parallel dazu sei dies auch laufend von der Bauaufsicht und darüber hinaus der Bau­koordination geprüft worden.

 

Aus der sozusagen serienweisen Erteilung der Entsendebewilligungen sei ersichtlich, dass die Entsendebewilligung auch für den gegenständlichen Ausländer erteilt worden wäre, wenn von W eine entsprechende Mitteilung eingelangt wäre.

 

Aus dem Umstand, dass die Tätigkeit des gegenständlichen Ausländers nicht aufgefallen ist, sei zu schließen, dass er sich nur äußerst kurz auf der Baustelle aufgehalten haben konnte.

 

Der so geschilderte Sachverhalt wurde vom Vertreter des Finanzamtes aus­drücklich nicht bestritten.

 

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat legte seiner Entscheidung den unter 5. geschilderten, unstrittigen Sachverhalt zugrunde.

 

In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Kontrollsystem "der Unternehmer … dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit (ist), wenn ihm im konkreten Einzelfall der Nachweis gelingt, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen" (so z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0258).

 

Dieser Nachweis ist de Bw gegenständlich gelungen. Er hat ein mehrstufiges Kontrollsystem dargetan, das sowohl eine sehr dichte Kontrolle auf der Baustelle als auch den Informationsfluss nach oben garantierte. Das System war vor Ort sogar mehrfach abgesichert. Überdies war das Funktionieren des Kontrollsystems durch Kontrolle von oben gewährleistet. Basis und Spitze waren durch Informations-(und implizit: Reaktions-)kanäle bottom up und top down charakterisiert. Dass auch bei an sich tauglichen Kontrollsystemen vereinzelt Probleme auftreten können, liegt in der Natur der Fehlbarkeit des Menschenwerks. Daher schützt die Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes die Normunterworfenen vor einer Überspannung der Anforde­rungen durch eine vernünftige Einschränkung ("unter vorhersehbaren Ver­hältnissen … mit gutem Grund erwarten lassen").

 

Da mithin das Verhalten des Bw als entschuldigt anzusehen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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