Linz, 25.04.2013
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 25. Oktober 2012, Zl Pol96-848-2010, betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs. 4 iVm § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG
§§ 51 und 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 25. Oktober 2012, Zl Pol96-848-2010, wurde, gestützt auf § 71 Abs 1 AVG iVm § 24 VStG, der Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 26. September 2012 wegen Versäumung einer Frist in der Verwaltungsstrafsache gemäß § 52 Abs 1 iVm § 2 Abs 2 und 4 Glücksspielgesetz – GSpG, Zl Pol96-834-2010 (Straferkenntnis vom 3. Juli 2012), abgewiesen.
Begründend führt die belangte Behörde aus, dass mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Juli 2012, Zl Pol96-834-2010, über den Bw gemäß § 52 Abs 1 GSpG eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, zuzüglich eines Verfahrenskostenbeitrags in Höhe von 100 Euro verhängt worden sei. Dieses Straferkenntnis sei dem Bw zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 6. Juli 2012 zugestellt worden.
Die wider diesen Bescheid erhobene Berufung sei am 23. Juli 2012 und damit nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist zur Post gegeben bzw per Mail an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land übermittelt worden und sei daher mit Beschluss des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 10. August 2012 als verspätet zurückgewiesen worden.
Gegen die Versäumung der Berufungsfrist richte sich der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag vom 26. September 2012, welcher zufolge dem Poststempel am selben Tag zur Post gegeben worden sei und bei der belangten Behörde am 28. September 2012 eingelangt sei.
In dem Wiedereinsetzungsantrag werde vorgebracht, dass das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Juli 2012 dem Rechtsvertreter am Freitag, den 6. Juli 2012 zugestellt und offenkundig von dessen überaus sorgfältiger Kanzleikraft, Frau X, mit einem entsprechenden Eingangsstempel versehen und in die Unterschriftenmappe gelegt worden sei, welche an diesem Tag aufgrund ständiger Termine des Rechtsvertreters in und außerhalb der Kanzlei im Sekretariat verblieben sei. Die Fristen würden gewöhnlich vom Rechtsvertreter selbst im Fristenbuch eingetragen werden.
Montag Früh habe die Kanzleikraft des Rechtsvertreters die Post vom 9. Juli 2012 übernommen, diese mit einem Eingangsstempel versehen und in die Postmappe gelegt. Während dieses Vorganges sei ihr aufgefallen, dass sie das Datum des Eingangsstempels der Kanzlei noch nicht auf den 9. Juli 2012 umgestellt hätte. Sie habe sohin den Stapel Post, den sie vorher abgestempelt hätte, aus der Unterschriftenmappe genommen und das Eingangsdatum per Hand auf den 9. Juli 2012 umgeändert. Dabei dürfte sie versehentlich auch das gegenständliche Straferkenntnis – welches bei der Post vom Freitag an oberster Stelle gelegen habe – mit herausgezogen und das Eingangsdatum umgeändert haben.
Bei Durchsicht der Postmappe sei dem Rechtsvertreter das handschriftlich geänderte Eingangsdatum aufgefallen und habe ihm die Sekretärin auf Nachfrage, warum hier eine Ausbesserung vorgenommen worden sei und welches Datum nun stimme, mitgeteilt, dass es zu dem beschriebenen Versehen gekommen sei, sohin das handschriftlich angeführte Eingangsdatum das Richtige sei. Nachdem sich in der Unterschriftenmappe auch Unterlagen mit dem nicht ausgebesserten Eingangsstempel vom 6. Juli 2012 befunden hätten, sei diese Erklärung auch schlüssig gewesen und vom Rechtsvertreter die Rechtsmittelfrist für den 23. Juli 2012 im Fristenbuch eingetragen worden. Aufgrund der immer fehlerlosen Arbeit der Assistentin des Rechtsvertreters habe dieser auf die Ausführungen derselben vertrauen können.
Das der Assistentin unterlaufene Versehen sei im äußerst unteren Bereich der Fahrlässigkeit anzusiedeln, zumal ein derartiger Fehler – nämlich dass der Poststempel noch nicht umgestellt wurde – wohl in jedem Sekretariat selbst bei sorgfältigster Arbeitsweise vorkommen könne. Dass bei einem Griff in die Postmappe versehentlich auch ein Poststück, das sich schon vorher darin befunden habe, mit herausgezogen werde, sei ebenso ein Missgeschick, das dem sorgfältigsten Assistenten passieren könnte. Die zuständige Sekretärin sei ordnungsgemäß ausgebildet und habe ihre Tätigkeit immer zur vollsten Zufriedenheit des Rechtsvertreters verrichtet.
Der Rechtsvertreter sei bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates am 12. September 2012 davon ausgegangen, dass die Berufung rechtzeitig eingebracht worden sei. Der Wiedereinsetzungsantrag sei daher rechtzeitig erfolgt.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsgrundlagen begründet die belangte Behörde ihre rechtlichen Erwägungen unter Hinweis auf einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes damit, dass die vom Rechtsvertreter dargelegten Umstände nicht geeignet seien, die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs 1 Z 1 AVG, insbesondere dass ihn an der Versäumung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens träfe, zu begründen. Zudem sei der rechtsfreundliche Vertreter am 6. Juli 2012 zumindest zeitweise (arg "... aufgrund ständiger Termine in und außerhalb der Kanzlei...") in den Kanzleiräumlichkeiten anwesend gewesen und habe trotzdem die Post dieses Tages und damit die Richtigkeit des vermerkten Zustelldatums nicht kontrolliert. Selbst wenn dieser dafür am 6. Juli 2012 unmöglich Zeit gefunden haben sollte, hätte er die entsprechenden Poststücke am darauf folgenden Arbeitstag, dem 9. Juli 2012, einer besonders sorgfältigen Prüfung unterziehen müssen.
Dem sich aus dem Gesetz und der dargelegten Rechtsprechung ergebenden besonders hohen Sorgfaltserfordernis sei mit der bloßen Rückfrage bei der – wenngleich ansonsten verlässlichen – Sekretärin nicht entsprochen, zumal dem rechtsfreundlichen Vertreter die Unstimmigkeit betreffend das auf dem Straferkenntnis vom 3. Juli 2012 angebrachte Zustelldatum auch aufgefallen sei. Vielmehr hätte es insbesondere in Ansehung der besonderen Bedeutung des Zustelldatums weiterer Nachforschungen bedurft, zB durch (spätere) Nachfrage bei der Behörde. Aus Vorsichtsgründen hätte, jedenfalls bis zur eindeutigen Klärung des richtigen Zustelldatums, die Berufungsfrist von dem früheren Datum (daher dem 6. Juli 2012) berechnet werden müssen.
Darüber hinaus hätte das im Wiedereinsetzungsantrag geschilderte Versehen ganz einfach dadurch verhindert werden können, dass nicht die Post mehrerer Tage in eine Mappe gelegt, sondern für jeden Tag eine eigene Mappe verwendet wird. In diesem Fall hätte kein Zweifel darüber bestanden, welche Poststücke vom 9. Juli 2012 stammten und auf welchen daher der falsch angebrachte Poststempel auszubessern war. Dadurch wäre das versehentliche "Mitherausziehen" eines bereits früher (hier am 6. Juli 2012) zugestellten Poststücks verhindert worden. In diesem Sinne liege im Kanzleibetrieb des rechtsfreundlichen Vertreters ein Organisationsmangel vor.
1.2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 5. November 2012, richtet sich die am 19. November 2012 zur Post gegebene (Poststempel) und damit rechtzeitige Berufung vom selben Tag.
Der Bw führt darin begründend aus:
"Berufung
liegt (VwGH vom 08.07.1992, 92/03/0093) hat der Rechtsvertreter des
Wiedereinsetzungswerbers sehr wohl am darauffolgenden Montag eine genaue
Prüfung der Fristen vorgenommen, insbesondere vor dem Hintergrund, als eine
handschriftliche Ausbesserung angebracht war.
gesonderten Überprüfung zugeführt, doch wurde der Fehler leider nicht erkannt.
2. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.
2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt vorliegt und auch in der Berufung in keiner Weise bestritten wurde, unterbleiben (§ 51e Abs 3 Z 4 VStG).
2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1. und 1.2. dargestellten, in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:
Das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 3. Juli 2012, das im Übrigen eine nicht zu beanstandende Rechtsmittelbelehrung enthält, wurde dem Rechtsvertreter des Bw unstreitig am Freitag, den 6. Juli 2012 zugestellt, von dessen Kanzleikraft, Frau X, mit einem entsprechenden Eingangsstempel versehen und in die Unterschriftenmappe gelegt. Diese Unterschriftenmappe wurde an diesem Tag aufgrund ständiger Termine des Rechtsvertreters in und außerhalb der Kanzlei im Sekretariat belassen. Die Fristen trägt gewöhnlich der Rechtsvertreter selbst im Fristenbuch ein.
Montag Früh hat die Kanzleikraft des Rechtsvertreters die Post vom 9. Juli 2012 übernommen, diese mit einem Eingangsstempel versehen und in die Postmappe gelegt. Während dieses Vorganges ist ihr aufgefallen, dass sie das Datum des Eingangsstempels der Kanzlei noch nicht auf den 9. Juli 2012 umgestellt hatte. Sie hat sohin den Stapel Post, den sie vorher abgestempelt hatte, aus der Unterschriftenmappe genommen und das Eingangsdatum per Hand auf den 9. Juli 2012 umgeändert. Dabei hat sie auch das gegenständliche Straferkenntnis – welches bei der Post vom Freitag an oberster Stelle gelegen haben dürfte – mit herausgezogen und das Eingangsdatum umgeändert.
Dem Rechtsvertreter ist bei Durchsicht der Postmappe das handschriftlich geänderte Eingangsdatum aufgefallen und auf Nachfrage, warum hier eine Ausbesserung vorgenommen wurde und welches Datum nun stimmt, hat ihm die Sekretärin mitgeteilt, dass es zu dem beschriebenen Versehen gekommen ist und das handschriftlich angeführte Eingangsdatum das richtige ist. Vom Rechtsvertreter wurde daraufhin die Rechtsmittelfrist für den 23. Juli 2012 im Fristenbuch eingetragen.
2.3. Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.
3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
3.1. Gemäß § 71 Abs 1 AVG – der nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist – ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss nach § 71 Abs 2 leg.cit. binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht gemäß § 72 Abs 4 AVG dem Antragsteller das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde, wenn aber in der Sache eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen zu.
Gemäß § 51 Verwaltungsstrafgesetz – VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den erstinstanzlichen Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.
3.2. Wie der Rechtsvertreter des Bw selbst ausführt, hat dieser erst mit der Zustellung des mit 10. August 2012 datierten Beschlusses des Oö. Verwaltungssenates am 12. September 2012, mit welchem die eingebrachte Berufung gegen das bezogene Straferkenntnis als verspätet zurückgewiesen wurde, von der Versäumung der Frist in diesem Verfahren Kenntnis erlangt.
Der verfahrensgegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde daher rechtzeitig am 26. September 2012 der Post als Zustelldienst übergeben.
3.3. Nach der stRsp des Verwatungsgerichtshofes zu § 71 AVG ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter (wie insbesondere Anwälte) ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige Personen (vgl ua VwGH 1.6.2006, 2005/07/0044; VwGH 11.6.2003, 2003/10/0114). Diese strengen Anforderungen gelten auch hinsichtlich der Tätigkeit ihrer Mitarbeiter. Diesbezüglich hat ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter Vorkehrungen vor allem bezüglich der Organisation des Kanzleibetriebes und in Hinsicht auf die Überwachung der Angestellten in Bezug auf die Einhaltung der Fristen, die Richtigkeit und Vollständigkeit von Eingaben an die Behörden, aber auch von die Präklusion verhindernden Einwendungen etc, zu treffen (vgl VwGH 17.7.2008, 2008/20/0305; VwGH 27.1.1997, 96/10/0253 mwN).
Der Rechtsvertreter des Bw muss demnach auch bezüglich der Tätigkeit seiner Kanzleikraft besonders strengen Anforderungen genügen.
In einem vergleichbaren Fall konstatierte der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 8.7.1992, 92/03/0093, dass "[das] Zustelldatum einer besonderen Prüfungspflicht [unterliegt], zumal es ein wesentlicher Umstand für das Ende der Rechtsmittelfrist ist. Der Rechtsanwalt hat daher die eingehende Post täglich der erforderlichen Kontrolle zu unterstellen, um Unzukömmlichkeiten bei der Anmerkung des Zustelldatums zu vermeiden. Ist er ... überhaupt einen ganzen Tag dienstlich abwesend, so hat er, sofern er nicht einen Vertreter betraut hat, am darauffolgenden Arbeitstag die Fristen betreffenden Poststücke einer besonders sorgfältigen Prüfung hinsichtlich des Tages des Einlaufes zu unterziehen."
Wenn der rechtsfreundliche Vertreter des Bw in der Berufung daher vorbringt, dass die gebotene Mitarbeiterüberwachung durch Nachfrage in seinem Sekretariat eingehalten wurde sowie dass "[e]ine weitere Prüfpflicht, die das Vertrauen in die Arbeitsleistung der immer vorzüglich arbeitenden Assistentin in Frage stellen würde, oder eine persönliche Übernahme der Poststücke die Aufsichtspflicht wesentlich überspannen [würde]", ist ihm entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung weiter ausführte, dass "[m]it der Behauptung, es habe sich bei den Angestellten des Rechtsanwaltes um langjährige erfahrene Kräfte gehandelt, nichts zu gewinnen [ist], zumal den Rechtsanwalt eine besondere Überwachungspflicht trifft, aber in keiner Weise dargelegt wurde, dass und wie er dieser Verpflichtung konkret nachgekommen ist."
Entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung erfüllt aber der Umstand, dass der Rechtsvertreter bei seiner Kanzleikraft nachgefragt hat, welches Datum nun das korrekte Zustelldatum sei, keinesfalls die von der Rechtsprechung geforderten Anforderungen an eine besondere Überwachungspflicht. Vielmehr hätte sich der berufliche rechtskundige Parteienvertreter durch Rückfrage bei der belangten Behörde vergewissern müssen, ob das angenommene Zustelldatum richtig ist bzw mit welchem Tag die Zustellung tatsächlich erfolgte bzw zumindest seine Kanzleikraft mit dieser Nachfrage beauftragen müssen. Dabei wiegt es umso schwerer, dass dem Rechtsvertreter bewusst war, dass keine völlige Klarheit über das Zustelldatum herrsche. Sich auch bei der erneuten Nachfrage bei einer Sekretärin, die gerade aufgrund der geschilderten Umstände ihre Nachlässigkeit dargelegt hat, wiederum alleine auf ihre Ausführungen zu verlassen, reicht in diesem Fall für die Erfüllung der Überwachungspflicht eines Rechtsanwaltes jedenfalls nicht aus. Selbst wenn die Einholung von Erkundigungen bei der belangten Behörde über das richtige Zustelldatum – aus welchen Gründen auch immer – nicht in Betracht gezogen wurde, so hätte jedenfalls das "frühere" Fristende – somit der 20. Juli 2012 – herangezogen und ins Fristenbuch eingetragen werden können, um die Rechtsmittelfrist keinesfalls zu versäumen. Die Einbringung eines Rechtsmittels einen Arbeitstag früher sieht der Oö. Verwaltungssenat gerade bei derartigen Umständen, wie sie im Einzelfall vorlagen, jedenfalls als zumutbar an.
Ferner hätte zumindest auch der Versuch unternommen werden können, durch Vergleichen der am 9. Juli 2012 geöffneten Kuverts mit den in der Unterschriftenmappe einliegenden, zweifelhaften Schriftstücken zu rekonstruieren, ob der in Rede stehende Bescheid der belangten Behörde tatsächlich erst an diesem Tag zugestellt worden war.
4. Zusammengefasst kann daher erkannt werden, dass den beruflichen rechtskundigen Parteienvertreter ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden an der Versäumung der Rechtsmittelfrist traf. So hätte er sich nicht weiterhin auf die bloßen Erklärungen seiner Sekretärin – die eine mangelnde Verlässlichkeit in diesem Punkt durch die genannten Umstände ja gerade eindrücklich unter Beweis gestellt hat – verlassen dürfen, sondern die diesbezüglichen Ausführungen überprüfen müssen.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lagen demnach nicht vor und es war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. L u k a s