Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401278/17/Wg/GRU/BRe

Linz, 18.04.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des x, geb. x, wegen Verhängung und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, sogleich nach Schluss der öffentlichen Verhandlung am 18.4.2013 durch mündliche Verkündung zu Recht erkannt:

 

      I.    Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG vorliegen.

 

    II.    Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20  Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 69a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456/2008).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) ordnete mit Bescheid vom 9.4.2013, GZ: Sich40-1874-2013, über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) iVm. § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) an. Die Behörde argumentierte, der Bf sei gemeinsam mit zwei tunesischen Landsleuten als Insassen eines Reisezuges von Innsbruck kommend über das Bundesgebiet der Bundesrepublik Deutschland irregulär ins Bundesgebiet der Republik Österreich zurückgereist und sei – nachdem weder er noch seine Begleitpersonen im Besitz einer gültigen Bahnfahrkarte gewesen wären – unmittelbar mit Ankunft des Reisezuges am Hauptbahnhof in Salzburg am 8.4.2013 um 13.05 Uhr von Beamten der PI Salzburg-Bahnhof einer Personenkontrolle unterzogen worden. Er sei nicht imstande gewesen, sich mit einem gültigen Reisedokument auszuweisen. Ebenso sei er auch nicht imstande gewesen, den Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich oder für den Schengenraum nachzuweisen. Nachdem er und seine Begleitpersonen zunächst den Anschein gemacht hätten, eine Flucht aus der polizeilichen Gewahrsamnahme ins Auge zu fassen, habe er letztlich erfolgreich zu der im unmittelbaren Nahbereich zum Aufgriffort gelegenen Sicherheitsdienststelle der Polizeiinspektion Salzburg-Bahnhof eskortiert werden können. Im Rahmen der weiteren fremdenpolizeilichen Amtshandlung habe er schließlich am 8.4.2013 um 13.17 Uhr gegenüber den einschreitenden Beamten der PI Salzburg-Hauptbahnhof unter der von ihm genannten Identität einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz in Österreich gestellt. Im Zuge der geführten weiteren Erhebungen sei mittels Abgleichs seiner Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht worden, dass bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlungen im Gebiet der Europäischen Union bzw. im Schengenraum zu seiner Person vorliegen: 4.4.2011 – Asylantragstellung in Italien, 10.10.2011 – Asylantragstellung in Chiasso (Schweiz), 17.12.2012 Asylantragstellung in Chiasso (Schweiz). Am 8.4.2013 sei er von Beamten der PI Wals-Siezenheim-AGM unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache arabisch zu seinem Asylantrag niederschriftlich erstbefragt worden. Im Rahmen der Erstbefragung habe er den tatsächlichen Ablauf seiner Migrationsbewegungen innerhalb der Europäischen Union/Schweiz verschleiert und trotz ausdrücklicher Belehrung, dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen für ihn hätten können, seinen Aufenthalt sowie seine Asylgesuche in der Schweiz verschwiegen bzw. verleugnet. Selbst nach Vorhalt der Eurotac-Treffer und des somit erwiesenen Aufenthaltes in der Schweiz habe er jegliche Auskunft verweigert. Seine Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung habe sich demzufolge nicht einmal mehr darauf beschränkt, die der Behörde bereits bekannten Fakten zu bestätigen. Die Bekanntgabe von der Behörde nicht bekannten Sachverhaltselementen, die der weiteren Klärung des relevanten Sachverhaltes dienen hätten können, hätte er ohnehin tunlichst vermieden. Ebenso habe er auch jegliche Auskunft über die (Flucht-)gründe verweigert, welche ihn zum Verlassen seinen Herkunftsstaates bewegt hätten. Die Behörde kam zu dem Ergebnis, dass der Antrag auf internationalen Schutz – nach Abschluss des Konsultationsverfahrens – mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werde. Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde sei dem von ihm praktizierten "Asylantragstourismus" mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten, um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen. In diesem Einzelfall sei eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie eine Sicherung seiner Außerlandesbringung durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend, da mit dieser Maßnahme das zur Sicherung zu Grunde liegende Endziel – nämlich die behördliche Außerlandesbringung aus Österreich nach Italien (allenfalls in die Schweiz) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden könne.

 

2. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 10.4.2013, beim UVS eingelangt am 11.4.2013. Der Beschwerdeführer stellt darin die Beschwerdeanträge, die Verhängung von Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären, Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschaler­satzverordnung zuzuerkennen sowie die Eingabegebühr zu ersetzen. Begründend führte er aus, er habe am 8.4.2013 einen Asylantrag gestellt. Im Rahmen der Erhebungen durch die Behörde sei festgestellt worden, dass er bereits Asylanträge in Italien und in der Schweiz gestellt habe. Er habe bei der Erstbefragung nach dem Asylgesetz mit fortschreitender Zeit immer weniger Auskünfte gegeben, gegen Ende habe er gar keine Antworten mehr gegeben. Die Behörde habe wegen Mittellosigkeit und wegen nachhaltiger und kategorischer Abneigung des Bf gegen den EU-Staat Italien bzw. den Schengenmitgliedsstaat Schweiz die Schubhaft angeordnet. Die Schubhaftverhängung sei rechtswidrig. Unter Punkt 1 (Unverhältnismäßigkeit der Haft) führt der Bf aus, alleine die Antwortverweigerung in der Erstbefragung lasse nach seiner Ansicht keinesfalls den Rückschluss zu, dass er sich dem Dublin-Verfahren entziehen wolle. Die Schubhaft dürfe keine Beugehaft sein, um eine Zusammenarbeit mit den Behörden zu erwirken. Die Schubhaft sei lediglich als Sicherungshaft angelegt. Das erforderliche Sicherungsbedürfnis, welches die Anordnung von Schubhaft rechtfertigen könne, liege nach Ansicht des Bf jedoch nicht vor. Der Behörde sei mit E-Mail vom 10.4.2013 mitgeteilt worden, dass der Bf bereit sei, freiwillig nach Italien auszureisen, falls sein Asylantrag in Österreich wegen Zuständigkeit Italiens zurückgewiesen werden sollte. Unter Punkt 2 der Schubhaftbeschwerde (Nichtanwendung des gelinderen Mittels) führte der Bf aus, der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land die Gewährung von Asyl beantragt habe, rechtfertige für sich nicht den Schluss, dass er unrechtmäßig in einen anderen Staat weiterziehen und sich so dem Verfahren entziehen werde. Es sei im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, weshalb der Bf, wäre er nicht in Schubhaft, sondern in Grundversorgung, diese Unterstützung aufgeben und in die Anonymität untertauchen hätte sollen. Es erscheine weder verhältnismäßig noch zielführend, einen Asylwerber mit Dublin-Bezug mit dem Hinweis auf fehlende Bindungen bzw. Integration in Österreich statt in Grundversorgung in Schubhaft zu nehmen. Besondere Gesichtspunkte, die erkennen ließen, es handle sich hier um einen vom typischen Dublin-Fall abweichende Konstellation, in der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund konkreter Anhaltspunkte auf eine drohende Verfahrensvereitelung durch den Bf geschlossen werden könne, seien bei Beurteilung des Verhaltens des Bf nicht gegeben. Zum Zweck der Sicherung eines allfälligen Verfahrens hätte, wenn ein Sicherungsbedürfnis als rechtmäßig erkannt werden sollte, auch ohne weiteres das gelindere Mittel angewandt werden können. Unter Punkt 3. der Beschwerde (Verstoß gegen die RL 2008/115/EG) führte der Bf aus, wenn die Haft durch eine "administrative authority" angeordnet wurde, hätten die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Anhaltung einer raschen richterlichen Überprüfung unterzogen werde. Dies sei im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen. Der angefochtene Bescheid verstoße daher auch gegen das Unionsrecht.

 

3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 11.4.2013 den bezughabenden Verfahrensakt vor und erstattete eine Gegenschrift. Die belangte Behörde stellte den Antrag, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen, um so eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie eine Sicherung der in weiterer Folge behördlich geplanten Außerlandesbringung des Bf von Österreich nach Italien (allenfalls in die Schweiz) sicherzustellen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18.4.2013. In dieser mündlichen Verhandlung wurde der Bf als Partei einvernommen. Weiters wurde der gesamte Verfahrensakt der belangten Behörde sowie der Verfahrensakt des UVS einvernehmlich verlesen. Abschließend verzichteten die Verfahrensparteien auf eine weitere Beweisaufnahme.

 

4.1. Der Vertreter der belangten Behörde erstattete in der mündlichen Verhandlung folgendes Schlussvorbringen: "Bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Ausreise im zweiten Asylverfahren in der Schweiz handelte es sich allenfalls um eine illegale Reisebewegung von der Schweiz nach Italien. Eine ordnungsgemäße Ausreise könnte nur in Zusammenarbeit und über Anordnung der Schweizer Behörden durchgeführt werden. Dies ist eben nicht erfolgt. Eine entsprechend ordnungsgemäße freiwillige Rückkehr nach Italien ist in der Schweiz nicht dokumentiert. Nunmehr befindet sich der Beschwerdeführer de facto in der selben Situation in Österreich. Auch hier gilt, dass eine freiwillige Rückkehr ohne Anordnung bzw. ohne Zusammenarbeit mit den Behörden nicht möglich wäre. Die Aufrechterhaltung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Italien, ist daher unbedingt erforderlich. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die widersprüchlichen Darstellungen des Beschwerdeführers zum Gesamtsachverhalt. Auf freien Fuß belassen ist zu befürchten, dass der Beschwerdeführer illegal das Bundesgebiet verlassen würde. Es ist jedenfalls das Vertrauen in ihn so weit erschüttert, dass eine Meldepflicht und die Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft aus Sicht der Behörde nicht in Frage kommt. Es wird daher die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt."

 

4.2. Der Beschwerdeführer erstattete gemeinsam mit seinem Rechtsberater folgendes Schlussvorbringen: "Auf die Schubhaftbeschwerde wird verwiesen. Die Asylantragstellung erfolgte bereits um 13.17 Uhr. Der Beschwerdeführer musste dann relativ lange bis zur Ersteinvernahme nach Asylgesetz warten. Außerdem ist nicht sicher, dass dem Beschwerdeführer bewusst war, dass er ohne Wissen und Zusammenarbeit mit den Behörden nicht die Schweiz verlassen darf. Bitte finden sie für mich eine Lösung, ich möchte, dass eine Lösung herbei geführt wird."

 

5. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bf wurde am x geboren und ist Staatsangehöriger von Tunesien.

 

Es scheinen folgende EURODAC-Treffer auf:

- 4.4.2011: Asylantragstellung in Trapani (Italien)

- 10.10.2011: Asylantragstellung in Chiasso (Schweiz)

- 17.12.2012: Asylantragstellung in Chiasso (Schweiz)

 

Aus der Meldung der LPD Salzburg vom 8.4.2013 geht hervor, dass der Bw am 8.4.2013 in Begleitung von zwei weiteren tunesischen Staatsangehörigen mittels Reisezug von Innsbruck über Deutschland (Freilassing) illegal um 13.05 Uhr bei Salzburg in das Bundesgebiet der Republik Österreich einreiste. Weiters: "Da er über keine Fahrkarte für die Beförderung verfügte, kontaktierte der Schaffner des Reisezuges telefonisch die PI Salzburg-Bahnhof. Daraufhin begaben sich die Beamten der PI Bahnhof (x) zum Bahnsteig III des Hauptbahnhofes und "nahmen die drei mutmaßlichen Schwarzfahrer in Empfang". Einen kurzen Augenblick schien es, dass die drei Fremden flüchten wollten, schlussendlich begaben sie sich jedoch in Begleitung der Polizeibeamten zur nahe gelegenen PI-Bahnhof. Während der Aufnahme der Personalien stellten die drei tunesischen Staatsangehörigen einen "Antrag auf internationalen Schutz".

 

Der Bf gab in der mündlichen Verhandlung an, dass die in der Meldung der Landespolizeidirektion Salzburg vom 8.4.2013 enthaltenen Angaben richtig sind. Ihm wurde vom Verhandlungsleiter folgende Textpassage vorgehalten: "Einen kurzen Augenblick schien es, dass die drei Fremden flüchten wollten." Dazu gab der Bf an, dass sie eigentlich nicht flüchten wollten.

 

 

Am 8.4.2013 um 17.55 Uhr wurde die Niederschrift über die Erstbefragung nach Asylgesetz aufgenommen. Dabei gab der Bf zunächst an, er habe etwa am 4.4.2011 den Entschluss gefasst seinen Herkunftsstaat zu verlassen. Zur Dauer seiner Reise von der Einreise in die EU bis nach Österreich befragt sagte er aus: "Ich reiste in Ponte la ria/Italien am 4.4.2011 ein. Gestern (7.4.2013) bin ich in Österreich eingereist/angekommen." Im Anschluss daran wurde er zur Reiseroute befragt, worauf er antwortete, dass er das nicht angeben wolle. Ergänzend befragt räumte er ein, er sei in der Schweiz einmal von Polizeibeamten aufgehalten worden. Mehr wolle er aber nicht angeben. Als ihm weitere Fragen nach der Reisedauer, betr. Schleppung und die EURODAC-Treffer vorgehalten wurden, hielt er fest: "Ich will und werde keine Antworten mehr geben."

 

Am 8.4.2013 um 21.20 Uhr und demzufolge im unmittelbaren Anschluss an die erfolgte Überstellung zur Erstaufnahmestelle West wurde der Bf von Beamten der PI St.Georgen i.A. in der Erstaufnahmestelle West, Thalham 80, 4880 St.Georgen i.A., im Auftrag der belangten Behörde zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen. Am 9.4.2013 um 00.45 Uhr wurde dem Bf der bekämpfte Bescheid ausgehändigt. Seither befindet er sich in Schubhaft.

 

Das Bundesasylamt teilte dem Bf mit Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Asylgesetz 2005 bzw. § 15a Asylgesetz vom 9.4.2013 mit, dass beabsichtigt ist, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da Dublin-Konsultationen mit Italien und der Schweiz seit 9.4.2013 geführt werden. Der Bf verweigerte die Unterschrift auf der Übernahmebestätigung der Verfahrensanordnung.

 

Mit Schreiben vom 10.4.2013 teilte das Bundesasylamt der belangten Behörde mit, dass gem. § 27 Abs. 1 Asylgesetz das Ausweisungsverfahren mit 9.4.2013 ex lege als eingeleitet gilt.

 

Mit E-Mail vom 10.4.2013 teilte der Rechtsberater der Diakonie Flüchtlingsdienst-ARGE-Rechtsberatung der belangten Behörde Folgendes mit: "O.g. teilte gestern mit, dass er bereit ist, freiwillig nach Italien auszureisen, falls sein Asylantrag in Österreich wegen Zuständigkeit von Italien zurückgewiesen werden sollte. Herr x fühlte sich anscheinend durch das Benehmen des Dolmetschers in der Einvernahme provoziert und verweigerte daher in der Folge jegliche Antwort und Zusammenarbeit mit den Behörden. Allein aus dem Umstand, dass Herr x keine Antworten mehr gab, lässt sich jedoch nicht der Rückschluss ziehen, dass sich Herr x dem Dublin-Verfahren entziehen wolle. Ein Sicherungsbedarf liegt nach Ansicht von Herrn x nicht vor. Herr x ersuchte um Aufhebung der Schubhaft. Herr x bittet bis zur Entscheidung im Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle wohnen zu können."

 

Der Bf wurde in der mündlichen Verhandlung vom Verhandlungsleiter befragt, aus welchem Grund er die ihm bei der Erstbefragung nach Asylgesetz gestellten Fragen nicht entsprechend beantwortet hatte. Dazu gab er an, dass er zwei Tage nichts gegessen hätte. Weiters: "Ich hatte Hunger und dann werden mir solche Fragen gestellt. Ich möchte ergänzen, dass ich sicher alle Fragen beantwortet hätte, ich war aber vollkommen fertig.

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass im E-Mail vom 10. April 2013 folgendes ausgeführt wird: "Herr x fühlte sich anscheinend durch das Benehmen des Dolmetschers in der Einvernahme provoziert und verweigerte daher in der Folge jegliche Antwort und Zusammenarbeit mit den Behörden." gebe ich an, dass sich das auf die Einvernahme in Thalham bezieht, nicht aber auf die Erstbefragung nach Asylgesetz vom 8. April 2013.

Ich möchte ergänzen, dass ich am 8. April 2013 den Dolmetscher darauf aufmerksam machte, dass ich von einem Arzt untersucht werden möchte. Der hat dann zu mir gesagt, jetzt gibt es keinen Arzt. Er forderte mich auf, die Fragen zu beantworten. Und das in einem sehr unfreundlichen Ton.

Auf den Vorhalt des Vertreters der belangten Behörde, dass ich laut der Niederschrift über die Erstbefragung befragt wurde, ob ich Beschwerden oder Krankheiten habe, die die Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würde, und auf diese Frage geantwortet habe: "Nein ich kann dieser Einvernahme ohne Probleme folgen." gebe ich an, dass man mich fragte, ob ich schwerkrank wäre. Ich sagte, dass ich nicht schwerkrank wäre. Ich sagte aber, dass ich müde wäre. Das ich rauchen wollte und etwas essen wollte. Die Einvernahme dauerte sehr lange.

Auf den Vorhalt des Vertreters der belangten Behörde, dass die Erstbefragung laut Niederschrift nur von 17.55 Uhr bis 18.35 Uhr dauerte, gebe ich an, dass mir die Zeit sehr lange vorkam. Ich hatte Hunger.

Auf den Vorhalt des Vertreters der belangten Behörde, dass in Thalham bislang keine Einvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers stattgefunden hat und daher die Behauptung, ich wäre von einem Dolmetscher provoziert worden, nicht nachvollziehbar ist, gebe ich an, dass es ein Dolmetscher mit einer Brille war. Wo genau mich dieser provoziert hat, ob in Thalham oder wo anders, weiß ich nicht."

 

Der Bf wurde weiters vom Vertreter der belangten Behörde dazu befragt, aus welchem Grund er die Unterfertigung der Übernahmebestätigung der Verfahrensanordnung vom 9.4.2013 verweigert hatte. Dazu gab er an, dass er zu diesem Zeitpunkt kein Vertrauen mehr in den Dolmetscher gehabt hätte. Weiters: "Auf den Vorhalt des Vertreters der belangten Behörde, dass vor der Übermittlung der Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes eine Rechtsberatung mit Dolmetscher stattgefunden hat und bei der Übergabe der Verfahrensanordnung gar kein Dolmetscher anwesend war, gebe ich an, dass ich nach meinen schlechten Erfahrungen auch mit dem Dolmetscher der Rechtsberatung Probleme hatte. Ich habe ihn nicht verstanden." Der Rechtsberater hielt dazu Folgendes fest: "Die Rechtsberatung des Bf erfolgte unter erschwerten Bedingungen. Er befand sich in Einzelhaft. Wir konnte ihn nur über die Luke in der Zellentür befragen bzw. beraten."

 

Der Bf wurde in der mündlichen Verhandlung weiters zu seinem Aufenthalt in Italien und der Schweiz sowie den dort gestellten Asylanträgen befragt. Dazu sagt er aus: "Auf den Vorhalt der in der Niederschrift über die Erstbefragung protokollierten Textfolge "Ich reiste in Pontelaria/Italien am 4.4.2011 ein. Gestern (7.4.2013) bin ich in Österreich eingereist/angekommen." gebe ich an, dass das nicht ganz so war. Ich reiste zunächst in Italien ein. Dann ging ich in die Schweiz. Dort war ich 6 Monate aufhältig und danach kehrte ich nach Italien zurück. Schließlich kam ich nach Österreich, um Asyl zu beantragen.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich in Italien und in der Schweiz Asylanträge gestellt habe, gebe ich an, dass ich dort Asylanträge gestellt habe.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie die Asylverfahren in Italien und in der Schweiz ausgegangen sind, gebe ich an, dass mein Asylantrag in der Schweiz abgelehnt wurde. Wie das Asylverfahren in Italien ausging, weiß ich nicht.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wieso ich nicht weiß, wie das Asylverfahren in Italien ausging, gebe ich an, dass ich in Italien unsteten Aufenthaltes war. Die Behörden wussten dort nicht wie sie mit mir in Kontakt treten konnten. Ich lebte auf der Straße.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich mit den italienischen Behörden oder der dortigen Polizei Kontakt aufgenommen habe, um im Verfahren mitzuwirken, gebe ich an, dass man mir sagte, ich solle mir einen Rechtsanwalt nehmen. Ich wusste aber nicht, wie man sich einen Rechtsanwalt nimmt. Ich habe die Leute auch nicht verstanden.

Auf den Vorhalt, dass EURODAC-Treffer für Asylantragstellungen am 10. Oktober 2011 und am 17. Dezember 2012 in der Schweiz aufscheinen, gebe ich an, dass dies richtig ist. Bei meinem ersten Asylantrag vom 10. Oktober 2011 wurde ich nach Italien abgeschoben. Beim zweiten Asylantrag vom 17. Dezember 2012 reiste ich freiwillig nach Italien aus. Darum wurde ich nicht nach Italien abgeschoben.

Wenn ich zunächst gesagt habe, 6 Monate in der Schweiz aufhältig gewesen zu sein, war das so gemeint, dass ich einmal 4 Monate und einmal darauf hin 2 Monate in der Schweiz aufhältig war.

Die letzte Asylantragstellung erfolgte am 17. Dezember 2012. Im März 2013 reiste ich zurück nach Italien. Und schließlich reiste ich eben zuletzt nach Österreich, um hier einen Asylantrag zu stellen.

...

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, ob ich Nachweise für die Einreise nach Österreich über Italien verfüge, gebe ich an, dass ich über keine Nachweise verfüge.

Vom Vertreter der belangten Behörde ergänzend zur Einreise von Italien nach Österreich befragt, gebe ich an, dass ich zu Fuß von Italien nach Österreich einreiste. In Österreich bestieg ich dann einen Zug. In diesem Zug hielt ich mich bis zur Kontrolle durch den Schaffner auf.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, wieso ich Italien verlassen habe, gebe ich an, dass ich in Italien keine Angehörigen habe. Ich lebte auf der Straße. Darum habe ich Italien verlassen. Ich dachte mir, ich komme nach Österreich, stelle hier einen Asylantrag und dann könnte mein Leben besser werden.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, aus welchen Grund ich nach meiner Einreise zu Fuß von Italien nach Österreich nicht sofort zu den Behörden ging und einen Asylantrag stellte, gebe ich an, dass man mir sagte, ich müsse nach Wien gehen. Nur dort könne man einen Asylantrag stellen."

 

Der Vertreter der belangten Behörde führte zu den Asylverfahren in der Schweiz ergänzend aus: "Die belangte Behörde hat zu den Asylverfahren in der Schweiz ergänzende Erhebungen durchgeführt. Die erste Asylantragstellung am 10. Oktober 2011 ist durch den EURODAC-Treffer objektiviert. Am 10.5.2012 wurde der Beschwerdeführer von der Schweiz nach Italien abgeschoben. Am 17. Dezember 2012 erfolgte eine neuerliche Asylantragstellung in der Schweiz. Schon aus der Zeitspanne zwischen 10. Oktober 2011 und 10. Mai 2012 ergibt sich, dass die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei nur 6 Monate in der Schweiz gewesen, nicht nachvollziehbar ist. Schon im ersten Asylverfahren war er dort etwa 7 Monate aufhältig. Zu der zweiten Asylantragstellung in der Schweiz vom 17. Dezember 2012 ist bei der zuständigen Behörde in Wart vermerkt, dass das Überstellungsersuchen noch ausständig ist. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei im Zusammenarbeit mit den Schweizer Behörden freiwillig nach Italien ausgereist, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. In der Schweiz sind keine Informationen registriert, dass der Beschwerdeführer die Schweiz Richtung Italien verlassen hätte."

 

Der Bf wurde dazu ergänzend einvernommen und sagte Folgendes aus: "Über Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass lt. den Erhebungsergebnissen der belangten Behörde schon der Aufenthalt während des ersten Asylverfahrens in der Schweiz sechs Monate überstieg und bezüglich des zweiten Asylverfahrens keine organisierte Ausreise bzw. überhaupt keine Ausreise von der Schweiz nach Italien nachgewiesen ist, gebe ich an, dass ich zunächst gesagt habe, dass ich sechs Monate in der Schweiz aufhältig war. Das darf man nicht so genau nehmen. Bezüglich dem zweiten Asylverfahren bin ich aber tatsächlich freiwillig nach Italien ausgereist, wie ich das auch zunächst geschildert habe."

 

Zur Bereitschaft des Bf am Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) mitzuwirken ist festzustellen: Er beabsichtigt jedenfalls seit Abschluss der Erstbefragung unterzutauchen, um sich dem Ausweisungsverfahren und der drohenden Abschiebung zu entziehen.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Ausdrücklich festzuhalten ist, dass es sich gegenständlich um eine Ausfertigung des am 18. April 2013 mündlich verkündeten Erkenntnisses handelt. Eine nach Verkündung eingetretene Änderung der Sachlage war daher nicht zu berücksichtigen.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zunächst aus den angeführten behördlichen Schriftstücken. Strittig war, ob bzw. inwieweit der Bf bereit ist, am Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und der Abschiebung (§ 46 FPG) mitzuwirken.

 

Es handelt sich hiebei um eine Frage der freien Beweiswürdigung, bei der auf die in der ständigen Rechtssprechung des VwGH entwickelten Indizien, welche ein Untertauchen befürchten lassen, einzugehen ist.

 

Der Bf verweigerte bei der Erstbefragung die Beantwortung wesentlicher Fragen. Die behauptete "Provozierung" durch einen Dolmetscher bei der Erstbefragung ist in keiner Weise nachgewiesen. In der mV räumte er schließlich ein, dass er dort nicht provoziert worden wäre. Die Befragung sei lang gewesen und er habe Hunger gehabt. In Anbetracht der nicht einmal 1 Stunde dauernden Erstbefragung ist ihm damit eine schwerwiegende – nicht gerechtfertigte – Verletzung seiner Mitwirkungspflicht anzulasten. In Italien lebte er auf der Straße. In der Schweiz wurde sein erster Asylantrag abgewiesen. Daraufhin wurde er nach Italien abgeschoben. Er behauptete, im zweiten Asylverfahren von der Schweiz freiwillig nach Italien ausgereist zu sein. Eine freiwillige – in Zusammenarbeit mit den Behörden erfolgte - Ausreise ist in der Schweiz aber nicht dokumentiert. In Italien war er unsteten Aufenthalts. Wie er selber einräumte, wussten die Behörden dort nicht, wie sie mit ihm in Kontakt treten konnten, da er auf der Straße lebte. 

 

Bei einer freien Würdigung dieser vorliegenden Beweise und auf Grund des persönlichen Eindruckes, den sich das erkennende Mitglied in der mündlichen Verhandlung verschafft hat, steht fest, dass sich der Bf während der Erstbefragung entschloss, unterzutauchen, um sich dem asylrechtlichen und fremdenrechtlichen Verfahren, insbesondere der drohenden Abschiebung zu entziehen.

 

Das E-Mail vom 10.4.2013 und der darin getroffenen Zusage, freiwillig nach Italien auszureisen, ist insoweit kein Glauben zu schenken, als fest steht, dass er beabsichtigte unterzutauchen.

 

Der Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 76 Fremdenpolizeigesetz lautet:

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt, und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

§ 80 FPG lautet:

(1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

(6) Die Behörde hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(8) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

 

§ 83 FPG lautet:

 (1) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Die belangte Behörde zog auf Grund der Ergebnisse der Erstbefragung zu Recht den Schluss, dass der Antrag auf internationalen Schutz – nach Abschluss eines Konsultationsverfahrens gem. den Bestimmungen des Dublin-Abkommens mit Italien allenfalls auch mit der Schweiz – mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird. Der Tatbestand nach § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG war daher erfüllt.

 

Nunmehr wurde ein Ausweisungsverfahren gem. den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 eingeleitet, womit der Tatbestand nach § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gegeben ist. Hätte die belangte Behörde keine Schubhaft angeordnet, wäre der Bf untergetaucht. Ein gelinderes Mittel kam nicht in Betracht. Die belangte Behörde stützte die Schubhaft zu Recht auf § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG. Die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft liegen gem. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG weiterhin vor.

 

Soweit in der Beschwerde ein Verstoß gegen die Richtlinie 2008/115/EG ins Treffen geführt wird, ist zu erwidern, dass die angewendeten Bestimmungen des österreichischen Fremdenpolizeigesetzes im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union stehen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die angeführten Gesetzesstellen (Vorlage- und Verhandlungsaufwand iSd UVS-Aufwandersatzverordnung).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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