Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281521/3/Bm/TK/BRe

Linz, 04.04.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, geb. x, vertreten durch x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10.1.2013, Ge96-147-2012, Ge96-147-1-2012, wegen einer Übertretung nach dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993 zu Recht erkannt:

 

I.              Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als das bekämpfte Straferkenntnis behoben wird.

 

II.            Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10.1.2013, Ge96-147-2012, Ge96-147-1-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 lit. d Arbeitsinspektionsgesetz 1993 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x, x - und mangels Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG - haben Sie folgende Übertretung der GmbH verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten:

 

Wie vom Arbeitsinspektorat Wels dienstlich festgestellt und bei uns angezeigt wurde, hat die GmbH als Arbeitgeberin entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung, den Arbeitsinspektionsorganen auf deren Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht zu übermitteln, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Zusammenhang stehen (das gilt insbesondere für Unterlagen über die Betriebsräumlichkeiten, Betriebseinrichtungen, sonstigen mechanischen Einrichtungen, Betriebsmittel, Arbeitsvorgänge, Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffe samt den dazugehörigen Plänen, Zeichnungen, Beschreibungen und Betriebsvorschriften. Dies gilt auch für Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen, Arbeitsverträge, Lehrverträge, Lohn-, Gehalts- und Urlaubslisten sowie insbesondere auch für alle Verzeichnisse, Vormerke oder Aufstellungen, die auf Grund von Arbeitnehmerschutzvorschriften oder von Regelungen für die Heimarbeit zu führen sind.)

folgende vom Arbeitsinspektorat Wels mit Schreiben vom 26.04.2012 zur Übermittlung dorthin angeforderten Unterlagen nicht bis zum gesetzten Endtermin 15.05.2012 übermittelt:

 

o sämtliche Arbeitszeitaufzeichnungen (Diagrammblätter der mechanischen Kontrollgeräte bzw. Datenträger oder per Mail an x mit den Daten der Lenker von einem digitalen Kontrollgerät (zugelassene Dateiendungen *DDD, ...*AAA, ...*A1B, ...*TGD) oder Fahrtenbücher aller im Betrieb beschäftigten Lenkerinnen und Beifahrerinnen für den Zettraum März 2012 und Februar 2012.

 

o   Namensliste der Lenker mit Geburtsdatum

 

o  Auflistung der LKW mit Angaben des höchstzulässigen Gesamtgewichts

 

Dieses schriftliche Ersuchen hat die GmbH erreicht, da diese mit E-Mail vom 30.05.2012 darauf reagierte, indem sie hinsichtlich der Vorlage der angeforderten Unterlagen um Fristverlängerung ersuchte, woraufhin das Arbeitsinspektorat Wels die gesetzte, angemessene Frist bis 30.06.2012 verlängerte.

Auch diese Frist hielt die GmbH nicht ein, und die Unterlagen sind nicht einmal bis dato (!) beim Arbeitsinspektorat eingelangt."

 

 

2. Dagegen hat der Bw durch seine anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Vorwurf sei zum Teil widerlegt. Die entsprechende, vom Beschuldigten im Verfahren erster Instanz vorgelegte Urkunde werde zwar in der Begründung des Straferkenntnisses erwähnt, der Inhalt jedoch ignoriert. Die Vorlagefrist sei bis Ende Juni 2012 verlängert worden. Mit E-Mail vom 23.5.2012 seien die Mitarbeiterliste und die Fuhrparkliste dem Arbeitsinspektorat übersandt worden. Zugleich habe sich der Beschuldigte für die Versäumung der Frist 15.5.2008 (wohl gemeint 2012) unter Hinweis auf eine Erkrankung der zuständigen Sachbearbeiterin entschuldigt. Es sei um Fristverlängerung ersucht worden, die vom Arbeitsinspektorat auch gewährt worden sei. Durch das E-Mail sei belegt, dass Mitarbeiter- und Fuhrparkunterlagen beim Arbeitsinspektorat eingelangt seien. Dort seien die Unterlagen aber keiner weiteren Bearbeitung zugeführt worden. Der Vorwurf, die Beschuldigten hätten auch diese Urkunden nicht zeitgerecht übermittelt, sei widerlegt. Offenbar habe die Behörde erster Instanz die gewährte Fristverlängerung übersehen. Dem Arbeitsinspektorat sei es augenscheinlich ausschließlich darum gegangen, Verwaltungsstrafverfahren gegen die Geschäftsführer der x einzuleiten. Auf die seinerzeit angeforderten Unterlagen sei mittlerweile schriftlich verzichtet worden, da Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Nicht einmal die tatsächlich übermittelten Schaublätter seien vom Arbeitsinspektorat einer Bearbeitung zugeführt worden. Wie bereits in der Stellungnahme vom 21.11.2012 ausgeführt, seien zu dem für zahlreiche in der Fuhrparkliste angeführten Geräte Diagrammblätter bzw. Aufzeichnungen des digitalen Kontrollgerätes nicht vorhanden, da diese Maschinen als selbstfahrende Arbeitsmaschinen nicht über Diagrammscheiben bzw. digitale Kontrollgeräte verfügen müssen und tatsächlich auch nicht verfügen würden. Richtig sei, dass die Arbeitsaufzeichnungen und Diagrammscheiben nicht innerhalb der Nachfrist vorgelegt worden seien. Die Darstellung des Arbeitsinspektorates, keinerlei Arbeitsaufzeichnungen vorgelegt zu haben, entspreche keinesfalls den Tatsachen. Diese Stellungnahme sei dem Beschuldigten erst zusammen mit dem Straferkenntnis übermittelt worden, sodass dagegen keine Äußerung im Verfahren erster Instanz erstattet werden konnte. Insoweit habe die Behörde erster Instanz auch das Recht auf Parteiengehör verletzt. Wie die Behörde selbst anführe, sei der ersten Stellungnahme auch die entsprechende Urkundenvorlage an das Arbeitsinspektorat Wels angeschlossen worden. Dieses eingeschrieben zur Post gegebene Schreiben sei definitiv dort eingelangt, da der zuständige Sachbearbeiter in weiterer Folge beim gefertigten Vertreter der Beschuldigten angerufen habe und die Originaldiagrammscheiben angefordert habe. Zudem habe der Vertreter des Beschuldigten für sämtliche Mitarbeiter, die im Februar und März 2012 tätig waren, Stundenlisten bzw. Aufzeichnungen über die Arbeitsleistung bzw. den Urlaubsverbrauch vorgelegt. Es liege daher lediglich eine Säumnis im Zusammenhang mit der Vorlage mit Diagrammscheiben und digitalen Arbeitsaufzeichnungen vor, die aber für gut die Hälfte der eingesetzten Maschinen nicht vorliegen würden, da diese mit derartigen Aufzeichnungsmöglichkeiten gar nicht ausgestattet seien. Die Behörde gehe von unsachlichen Erwägungen bei der Strafzumessung aus. Es sei durchaus richtig, dass Teile der Unterlagen nicht fristgerecht vorgelegt worden seien. Die für dieses Versäumnis genannten Gründe seien von der Behörde ignoriert worden. Die Behörde habe auch nicht berücksichtigt, dass es sich bei der beklagten Partei um einen kleinen Familienbetrieb handle und nicht um ein großes Transportunternehmen, in dem durch eine Vielzahl externer Mitarbeiter die einzelne Tätigkeiten arbeitsteilig erledigt würden. Gegenständlich hätte eine Ermahnung ausgereicht, um den Geschäftsführer zu rechtstreuem Verhalten anzuhalten. Zudem gehe die Behörde bei der Strafzumessung davon aus, dass die Vorlagen bis dato nicht erfolgt seien, dies sei aktenwidrig und nur darauf zurückzuführen, dass dem Beschuldigten keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, auf die Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 9.1.2013 zu replizieren.

 

Es werde daher der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge der Berufung Folge geben und das Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach Ausspruch einer Ermahnung einstellen.

Eine mündliche Verhandlung möge anberaumt werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt; da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 8 Abs. 1 ArbIG sind Arbeitgeber/Innen und die gemäß § 4 Abs. 5 und 7 beauftragten Personen verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Zusammenhang stehen. Dies gilt insbesondere für Unterlagen über die Betriebsräumlichkeiten, Betriebseinrichtungen, sonstigen mechanischen Einrichtungen, Betriebsmittel, beigestellten Wohnräume oder Unterkünfte, Arbeitsvorgänge, Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffe samt den dazugehörigen Plänen, Zeichnungen, Beschreibungen und Betriebsvorschriften. Dies gilt auch für Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen, Arbeitsverträge, Lehrverträge, Lohn- , Gehalts- und Urlaubslisten sowie insbesondere auch für alle Verzeichnisse, Vormerke oder Aufstellungen, die aufgrund von Arbeitnehmerschutzvorschriften oder von Regelungen für die Heimarbeit zu führen sind.

 

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung haben Arbeitgeber/Innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs. 1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln.

 

Nach § 24 Abs. 1 Z. 1 lit. d ArbIG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 41 Euro bis 4.140 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 83 Euro bis 4.140 Euro zu bestrafen, wäre ebenfalls Arbeitgeber/In entgegen § 8 Abs. 3 Unterlagen, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge nicht übermittelt.

 

5.2. In den Erläuterungen zu § 8 Abs. 3 ArbIG (Regierungsvorlage, 813 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates, XVIII, GP, S.23) wird u.a. ausgeführt:

"Gemäß § 5 Abs. 2 letzter Satz ArbIG sind die Arbeitsinspektoren befugt, Unterlagen bzw. Ablichtungen anzufordern. Aufgrund der in der Praxis der Arbeitsinspektorate aufgetretenen Probleme wird nunmehr klargestellt, dass damit auch die Verpflichtung besteht, dem Arbeitsinspektorat diese Unterlagen (ins Amt) zu übermitteln."

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 23.11.2001, 99/02/0369, ausgeführt, durch die Verwendung des Begriffes "übermitteln" im § 8 Abs. 3 und in § 24 Abs. 1 Z. 1 lit. d ArbIG wird klargestellt, dass ähnlich wie in den Fällen einer Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG Erfüllungsort dieser öffentlichrechtlichen Verpflichtung der Ort ist, an dem die geschuldete Leistung zu erbringen ist, somit der Sitz der die Übermittlung dieser Unterlagen, Ablichtungen etc. verlangenden Behörde, der auch der Tatort bezüglich der Unterlassung der Übermittlung dieser Unterlagen ist.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land ging offenbar bei der Erlassung des Straferkenntnisses davon aus, dass Tatort der Sitz der x, nämlich x, x, ist. Demgemäß wurde von ihr auch die örtliche Zuständigkeit wahrgenommen.

 

Nach dem oben genannten Erkenntnis des VwGH ist Tatort jedoch der Sitz der die Übermittlung der gegenständlichen Unterlagen begehrenden Behörde, somit das Arbeitsinspektorat in Wels, Edisonstraße 2, 4600 Wels.

 

Folglich ist örtlich zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz nicht die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, sondern der Bürgermeister der Stadt Wels.

 

Das Straferkenntnis war daher wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde zu beheben, ohne das Verwaltungsstrafverfahren jedoch einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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