Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101517/13/Bi/Fb

Linz, 24.06.1994

VwSen-101517/13/Bi/Fb Linz, am 24. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des J, vertreten durch Dr. H in I 6, vom 28. September 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 13. September 1993, VerkR96/6533/1993/Ga, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 16. Juni 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 120 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e Abs.1 und 19 VStG, §§ 20 Abs.2 und 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 600 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt, weil er am 6. August 1992 um 11.11 Uhr den PKW (D) auf der A8 Innkreisautobahn in Fahrtrichtung Suben bei ABkm 57,700 im Gemeindegebiet U mit einer Geschwindigkeit von 152 km/h gelenkt und die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h sohin um 22 km/h überschritten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 60 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. Juni 1994 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung mit Ortsaugenschein in Anwesenheit des rechtsfreundlichen Vertreters des Rechtsmittelwerbers Mag.

H, des Vertreters der Erstinstanz Mag. G, des Zeugen BI K sowie des technischen Amtssachverständigen Dipl.-Ing. B durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber verweist im wesentlichen auf das von ihm vorgelegte Gutachten des Diplomphysikers Dr. Ulrich L aus F über die Fehlerquellen der Verkehrsradargeräte der Marke Multanova und macht im wesentlichen geltend, sogar der Amtssachverständige habe die Möglichkeit offengelassen, daß es sich im gegenständlichen Fall tatsächlich um eine Triple-Spiegel-Fehlmessung gehandelt habe.

Es sei daher nicht notwendig, dem Gutachten des Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene gegenüberzutreten, zumal sich dessen Ausführungen mit seiner Beschuldigtenverantwortung decken.

Außerdem spreche die innere Wahrscheinlichkeit für den Beschuldigten, da es lebensfremd sei, anzunehmen, daß er auf der rechten Fahrspur bei starkem Verkehrsaufkommen 161 km/h gefahren sein solle. Der 6. August 1992 sei ein Wochentag gewesen, sodaß davon auszugehen sei, daß in der Hauptreisezeit in den Sommermonaten das Verkehrsaufkommen sehr hoch sei und sich LKW auf der rechten Fahrspur befinden, die nicht schneller als 100 km/h fahren, sodaß eine Geschwindigkeit von 80,5 km/h weit wahrscheinlicher sei, als eine Geschwindigkeit von 161 km/h.

Er beantrage daher, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung des Straferkenntnis zu beheben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, insbesondere in das vom Rechtsmittelwerber vorgelegte Gutachten Dris. Ulrich L vom 27. April 1992 sowie das Gutachten des technischen Amtssachverständigen Dipl.-Ing. B vom 5. Mai 1993, BauME-010000/1387-1993/Bra/Bla, sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle, bei der außer den Parteienvertretern der die Messung durchgeführt habende Beamte der Autobahngendarmerie Ried BI K zeugenschaftlich vernommen wurde sowie der Amtssachverständige Dipl.-Ing. B die gutachtlichen Ausführungen ergänzte.

4.1. Folgender Sachverhalt liegt der Rechtsmittelentscheidung zugrunde:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 6. August 1992 um 11.11 Uhr den PKW auf der Innkreisautobahn A8 in Fahrtrichtung Suben, wobei bei km 57,700 seine Geschwindigkeit mit dem Radargerät Multanova 6 F Nr. 384 mit 161 km/h gemessen wurde. Aufgrund der Verwendungsbestimmungen wurde ein Toleranzabzug von 3 % berücksichtigt und eine tatsächliche Geschwindigkeit von 152 km/h dem Tatvorwurf zugrundegelegt.

Der Rechtsmittelwerber hat eine Kopie des Fahrzeugscheines vorgelegt, aus der hervorgeht, daß das Fahrzeug am 2. Juni 1992 erstmals zugelassen wurde und eine Höchstgeschwindigkeit von 202 km/h aufweist. Er hat weiters geltend gemacht, daß sich das Fahrzeug noch in der Einfahrphase befunden habe und er daher die Höchstgeschwindigkeit von 120 bis 130 km/h keinesfalls überschreiten durfte. Er hat außerdem das bereits oben zitierte Gutachten Dris. L vorgelegt, aus dem sich im wesentlichen ergibt, daß das Radargerät Multanova 6 F vier wesentliche Fehlerquellen aufweist - nämlich die Neigung zu Reflektionen und somit das Zustandekommen einer Reflektionsfehlmessung, Geschwindigkeitsfehlzuordnungen aufgrund verzögerter Fotoauslösungen, Triple-Spiegel-Fehlmessungen sowie Fehlzuordnungen beim Vorhandensein von zwei Fahrzeugen in gleicher Fahrtrichtung auf dem Registrierfoto -, und geltend gemacht, daß keine dieser Möglichkeiten im gegenständlichen Fall auszuschließen sei.

Der technische Amtssachverständige hat Einsicht in den Radarfilm genommen, auf dem die Aufnahme des PKW des Rechtsmittelwerbers enthalten war und aus dem sich ebenso ergab, daß im Film keinerlei Leerbilder enthalten sind, die auf eine verspätete Kameraauslösung schließen lassen würden.

Da sich auf dem Radarfilm im Radarmeßbereich nur das Fahrzeug des Beschuldigten befunden hat, war nach Auffassung des Sachverständigen auch die Meßwertzuordnung leicht und eindeutig möglich. Er hat weiters ausgeschlossen, daß Reflektionen an der aus Alu-Material bestehenden Mittelleitschiene entstanden sein könnten, weil diese außerhalb der eingestellten Radarmeßkeule liege und kein idealer Reflektor sei.

Im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme hat der Meldungsleger angeführt, er habe am 6. August 1992 im Bereich des ABkm 57,700, Richtungsfahrbahn Suben, Radarmessungen durchgeführt, wobei sein Dienst um 8.00 Uhr begann und um 16.00 Uhr endete. Um 11.11 Uhr hatte er daher schon längere Zeit hindurch vom Gendarmeriefahrzeug aus Radarmessungen durchgeführt. Er habe in dieser Zeit den Verkehr beobachtet, weil weiter vorne, Richtung Suben, sich ein Anhaltekommando befunden habe, und er sehe sich daher das Fahrzeug sowie das Kennzeichen an und gebe das Fahrzeug samt Kennzeichen über Funk dem Kollegen durch, der dann die Anhaltung vornehme. Ihm sei nicht aufgefallen, daß ein Fahrzeug, das auffallend langsamer gefahren wäre als die übrigen, eine Messung ausgelöst hätte. Bei der Radaraufnahme gebe das Gerät einen Piepston von sich, sodaß ihm die Auslösung eines Radarfotos bei einem Fahrzeug mit 80 km/h mit Sicherheit auffallen würde. Wenn zwei Fahrzeuge nebeneinander fahren oder bei starken Erschütterungen zeige das Gerät selbst eine Fehlmessung an, und ihm sei darüber nichts bekannt, daß das Radargerät nicht funktioniert hätte.

Im Rahmen des Ortsaugenscheines hat der Meldungsleger das Gendarmeriefahrzeug unter der Brücke bei km 57,700 der Richtungsfahrbahn Suben auf einer in halber Höhe befindlichen Zufahrt abgestellt und das mitgebrachte Radargerät Multanova 6 F aufgestellt.

Der technische Amtssachverständige hat unter Bezugnahme auf das Gutachten vom 5. Mai 1993 und die Feststellungen beim Ortsaugenschein sowohl eine Reflektion des Radarmeßstrahls an der Mittelleitschiene sowie eine Triple-Spiegel-Fehlmessung mit der Begründung ausgeschlossen, daß eine solche nur dann zustandekommen könne, wenn der Radarstrahl bei einem dem Einfallswinkel gleich großen Ausfallswinkel zuerst auf das Fahrzeug und dann auf einen weiteren Reflektor, bei dem ebenfalls Einfallswinkel und Ausfallswinkel gleich sein müßten, und von dort wieder auf das Radargerät treffen würde.

Die Leitschiene ist aufgrund ihrer gebogenen Frontseite dazu nicht geeignet und eine genügend große Reflektionsfläche (wie zB ein LKW-Aufbau) wäre auf dem Radarfoto erkennbar.

Der Amtssachverständige gelangte daher erneut zur Feststellung, daß das gewonnene Meßergebnis von 161 km/h meßtechnisch die in den Verwendungsbestimmungen angegebenen Qualitätsmerkmale aufweise und die Schlußfolgerung zutreffend und logisch sei, daß bei dieser Konstellation der Meßanordnung eine Triple-Fehlmessung physikalisch nicht stattfinden konnte.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Ansicht, daß die Aussagen des im Hinblick auf Radarmessungen speziell geschulten Meldungslegers insofern keinen Anhaltspunkt für Zweifel irgendwelcher Art an deren Wahrheitsgehalt zu liefern vermögen, als dieser an Ort und Stelle die Handhabung des Radargerätes im Beisein des technischen Amtssachverständigen demonstriert und auch einen sehr guten persönlichen Eindruck, vor allem im Hinblick auf die im Zusammenhang mit solchen Messungen erforderliche Sorgfalt, gemacht hat. Aufgrund der überaus raschen Beobachtungs- und Merkfähigkeit des Zeugen ist ein Fehler bei der Übermittlung der für die Anhaltung erforderlichen Daten auszuschließen.

Bedingt durch die lange Beobachtungszeit ist auch davon auszugehen, daß dem Meldungsleger ein mit nur etwa 80 km/h fahrendes und trotzdem ein Radarfoto auslösendes Fahrzeug auffallen hätte müssen.

Das technische Gutachten ist auf die im Gutachten Dris. L aufgezeigten möglichen Fehlerquellen umfassend eingegangen und hat dezidiert jede einzelne Fehlerquelle für den gegenständlichen Fall ausgeschlossen. Die Darlegungen des technischen Amtssachverständigen waren in einer auch einem Laien verständlichen Form gehalten und schlüssig.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß der Rechtsmittelwerber grundsätzlich nie bestritten hat, den PKW am 6. August 1992 um 11.11 Uhr auf der Richtungsfahrbahn Suben der Innkreisautobahn bei km 57,700 gelenkt zu haben, wobei das Beweisverfahren keinerlei Hinweis darauf ergeben hat, daß die mit dem Radargerät Multanova 6 F Nr. 384 - das laut Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 5. April 1989 zum Zeitpunkt der Übertretung ordnungsgemäß geeicht war gemessene Geschwindigkeit aus technischen Gründen dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht zugrundezulegen wäre.

Dazu ist zu bemerken, daß der Rechtsmittelwerber während des gesamten Verfahrens nie einen konkreten Fehler in der Funktionstüchtigkeit oder Meßgenauigkeit des in Rede stehenden Gerätes aufzuzeigen oder auch nur zu behaupten im Stande war, sodaß nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates keinerlei Verpflichtung für die Behörde bestand, ein abstraktes Gutachten zu widerlegen und sich mit allgemein umschriebenen möglichen Fehlerquellen, deren konkrete Auswirkung auf den gegenständlichen Fall nicht einmal behauptet werden konnte, auseinanderzusetzen. Die Durchführung eines derart umfangreichen Beweisverfahrens in technischer Hinsicht erfolgte vor allem aufgrund des Interesses der Behördenvertreter.

Die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers, er sei aus Rücksicht auf sein neues Fahrzeug mit 80 km/h hinter einem LKW nachgefahren, ist zum einen schon aus technischer Sicht nicht haltbar, zum anderen ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt nicht, daß sich auf dem Autobahnabschnitt, auf dem die Geschwindigkeit des PKW des Rechtsmittelwerbers gemessen wurde, tatsächlich LKW befunden haben. Allein daraus, daß der 6. August 1992 ein Donnerstag war, läßt sich die Richtigkeit der Verantwortung des Rechtsmittelwerbers noch nicht ableiten. Wenn dieser mit einem Kilometerstand von 800 seine Urlaubsreise angetreten hat, vermag die von ihm ins Treffen geführte "innere Wahrscheinlichkeit" nicht auszuschließen, daß der PKW zum Zeitpunkt der Messung der Geschwindigkeit einen bereits über 1.000 km liegenden Tachostand aufwies, zumal sich der Rechtsmittelwerber ja auf der Richtungsfahrbahn Suben, also auf der Rückfahrt Richtung Deutschland, befand.

Auf dieser Grundlage gelangte der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat, wobei die unter Berücksichtigung des Toleranzabzuges ermittelte Geschwindigkeit von 152 km/h, sohin eine Überschreitung der auf österreichischen Autobahnen erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 22 km/h zugrundegelegt wird. Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Argumente vorgebracht, die sein Verschulden geringfügig erscheinen lassen könnten, wobei es sich bei einer Übertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG handelt. Er hat daher sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, als auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen ist (die Schätzung der Erstinstanz auf ein Nettomonatseinkommen von umgerechnet 14.000 S sowie das Nichtvorhandensein von Vermögen und Sorgepflichten wurde vom Rechtsmittelwerber nicht bekämpft und daher der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt). Mildernd war die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, erschwerend kein Umstand.

Die verhängte Strafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 StVO 1960 sieht Geldstrafen bis 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafen bis zwei Wochen vor) und entspricht dem zum Tatzeitpunkt geltenden Anonymverfügungssatz.

Eine Herabsetzung war daher nicht gerechtfertigt, wobei die auch aus generalpräventiven Überlegungen verhängte Strafe vor allem dazu führen soll, den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauen Einhaltung der Geschwindigkeitsbestimmungen in Österreich anzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Kostenausspruch ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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