Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281418/6/Re/Rd/CG

Linz, 23.04.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwälte x & x GmbH, xstraße x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. April 2012, Ge96-35-2012, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die hinsichtlich Faktum 7 verhängte Geldstrafe auf 200 Euro herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass iSd § 44a Z3 VStG die übertretene Strafnorm bei Faktum 7 zu lauten hat: "§ 28 Abs.1 Z3 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. 461/1969 idgF"

 

II. Hinsichtlich Faktum 7 ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Ver­fahren erster Instanz auf 20 Euro, das sind 10% der nunmehr ver­hängten Geldstrafe. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt diesbezüglich.

Der Berufungswerber hat zum Berufungsverfahren bezüglich der Fakten 1 bis 6 einen Kostenbeitrag von insgesamt 240 Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 sowie  § 65 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. April 2012, Ge96-35-2012, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen hinsichtlich der Fakten 1 bis 6 von jeweils 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 37 Stunden und hinsichtlich Faktum 7 eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 Abs.1 AZG iVm § 28 Abs.2 Z1 AZG iZm § 9 Abs.1 VStG (Fakten 1 bis 6) sowie § 11 Abs.8 AZG iVm § 28 Abs.2 Z1 AZG iZm § 9 Abs.1 VStG (Faktum 7) verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber im Spruch des ange­fochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

 

"Im Zuge einer Kontrolle der Arbeitszeitaufzeichnungen in der Betriebsstätte der x GmbH & Co KG, x, x, konnte vom Arbeitsinspek­torat V. festgestellt werden, dass die x GmbH & Co KG, x, x, als Arbeitgeberin

1) den Arbeitnehmer x am 2.9.2011 13 Stunden 32 Minuten, am 14.9.2011 13 Stunden 17 Minuten, am 15.9.2011 12 Stunden 30 Minuten, am 25.9.2011 15 Stunden 23 Minuten und am 18.11.2011 15 Stunden 28 Minuten und somit über die höchstzulässige Tagesarbeitszeit von 10 Stunden hinaus ein­gesetzt hat,

2) den Arbeitnehmer x in der Woche vom 19. – 25.9.2011 71 Stunden 37 Minuten, in der Woche vom 17. – 23.10.2011 64 Stunden 12 Minuten, in der Woche vom 14. – 20.11.2011 58 Stunden 2 Minuten und in der Woche vom 21. – 27.11.2011 62 Stunden 94 Minuten und somit über die höchstzulässige Wochen­arbeitszeit von 50 Stunden hinaus eingesetzt hat,

3) den Arbeitnehmer x am 2.9.2011 12 Stunden 39 Minuten, am 15.9.2011 12 Stunden 41 Minuten und am 24.11.2011 11 Stunden 36 Minuten und somit über die höchstzulässige Tagesarbeitszeit von 10 Stunden hinaus ein­gesetzt hat,

4) den Arbeitnehmer x in der Woche vom 24. – 30.10.2011 63 Stunden 15 Minuten und in der Woche vom 21. – 27.11.2011 65 Stunden 42 Minuten und somit über die höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 50 Stunden hinaus ein­gesetzt hat,

5) den Arbeitnehmer x am 5.9.2011 13 Stunden 18 Minuten, am 23.11.2011 12 Stunden 33 Minuten und am 24.11.2011 11 Stunden 40 Minuten und somit über die höchstzulässige  Tagesarbeitszeit von 10 Stunden hinaus ein­ge­setzt hat,

6) den Arbeitnehmer x in der Woche vom 21. – 27.11.2011 68 Stunden 13 Minuten und somit über die höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 50 Stunden hinaus eingesetzt hat und

7) seit Anfang Jänner 2011 bis 6.12.2011 die Arbeitnehmer in werktags durch­laufender mehrschichtiger Arbeitsweise beschäftigt hat, ohne das Arbeitsin­spektorat V. unter Anschluss eines Schichtplanes binnen 14 Tagen verständigt zu haben.

 

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der x GmbH & Co KG ist, sind Sie für diese Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verant­wortlich."  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde darin ausgeführt, dass der Berufungswerber mit Schreiben vom 17.2.2012 und 29.3.2012 der belangten Behörde die Bestellung des Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 VStG mitgeteilt habe. Dass diese schrift­liche Meldung an das Arbeitsinspektorat V. gerichtet hätte werden müssen, sei dem Berufungswerber als deutschen Staatsbürger nicht bekannt gewesen. Diese Unkenntnis sei von der belangten Behörde als schuldhaft gewertet werden. Der Berufungswerber sei zum Zeitpunkt der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht rechtsfreundlich vertreten gewesen und beinhalte § 9 VStG auch keinerlei Hinweis auf die schriftliche Meldung an das Arbeitsinspektorat. Es könne daher keinesfalls von einer fehlenden Glaubhaft­machung iSd § 5 Abs.2 VStG ausgegangen werden. Es liege ein Verfahrens­mangel vor, zumal der verantwortliche Beauftragte von der belangten Behörde weder befragt noch zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert worden sei. Dieser sei nämlich – ebenso wie der Berufungswerber – davon überzeugt, dass seine formlose Bestellung angesichts des klaren, ohne einen Verweis auf das Arbeitsinspektionsgesetz enthaltenen Gesetzeswortlaut in § 9 Abs.2 VStG wirk­sam vorgenommen worden sei. Hätte die belangte Behörde diesen naheliegen­den Beweis aufgenommen, so hätte die Ansicht des Berufungswerbers weiter untermauert und allfällige Zweifel der belangten Behörde beseitigt werden können, sodass von einer unverschuldeten Unkenntnis auszugehen gewesen wäre. Allenfalls wäre dies als Versehen bzw geringfügiges Verschulden zu qualifizieren gewesen, sodass als gelindestes Mittel der Ausspruch einer Er­mahnung gemäß § 21 VStG gewählt hätte werden müssen. Zudem habe die belangte Behörde keine konkreten nachteiligen Folgen der Übertretung fest­gestellt. Es sei daher davon auszugehen, dass keine respektive nur unbe­deutende Folgen der Übertretung  der Verwaltungsvorschrift eingetreten seien, sodass auch diesbezüglich die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Ermahnung erfüllt seien. Hinsichtlich der Strafbemessung wurde gerügt, dass die Unbescholtenheit des Berufungswerbers nicht gewürdigt worden sei. Hinsichtlich der persönlichen Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers wurde vorge­bracht, dass dieser ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro beziehe und über kein nennenswertes inländisches Vermögen verfüge. Die von der belangten Behörde herangezogene Schätzung des monatlichen Nettoeinkom­mens von 6.000 Euro sowie einem Vermögen von 1 Mio Euro erscheine gänzlich überhöht und stehe mit den tatsächlichen Verhältnissen in keinem Zusam­menhang. Auf Basis welcher Tatsachen die Behörde diese überhöhten Einkom­mens- und Vermögensverhältnisse angenommen habe, sei nicht begründet worden. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 21 VStG, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen beantragt.          

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das Arbeits­inspektorat V. wurde am Verfahren beteiligt und äußerte mit  Stellung­nahme vom 11. Juni 2012 dahingehend, dass zum Tatzeitpunkt keine Bestellung des Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten vorgelegen sei. Eine Befragung des Herrn x könne an dieser Tatsache nichts ändern, zumal gemäß § 23 ArbIG die Rechtswirksamkeit erst vorliege, wenn eine schriftliche Meldung beim zuständigen Arbeitsinspektorat erfolge. Einer Ermahnung wegen Versehen und geringfügigem Verschulden könne nicht zugestimmt werden. Der Arbeitgeber habe es unterlassen, ein ordentliches Kontrollsystem einzurichten. Gegenständlich seien über Monate Übertretungen des AZG und des ARG gesetzt worden. Ein funktionierendes Kontrollsystem war zum Zeitpunkt der Über­tretungen nicht eingerichtet bzw habe es nicht funktioniert. Es wird die Be­stätigung des Straferkenntnisses beantragt.

 

3.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und vom Berufungswerber dem Grunde nach unbestritten belassen wurde, in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und keine 500 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden sowie überdies von keiner Partei des Verfahrens eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt wurde (vgl. § 51e Abs.3 Z1 und Z3 VStG).

 

4. Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

Der Berufungswerber war in den im Spruch des angefochtenen Straferkennt­nisses näher angeführten Tatzeitpunkten handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der x GmbH & Co KG, mit dem Sitz in x, x, ist.

Dem Arbeitsinspektorat V. lag zu den oa Tatzeitpunkten keine schriftliche Meldung betreffend die Bestellung des Herrn M. zum verant­wortlichen Beauftragten vor. Weder im erstbehördlichen noch im nunmehrigen Verfahren wurde die vermeintliche Bestellungsurkunde samt Zustimmungsnach­weis vom Berufungswerber vorgewiesen.

Die im Spruch näher bezeichneten Übertretungen wurden vom Berufungswerber dem Grunde nach unbestritten belassen.

Der Aufforderung des Oö. Verwaltungssenates vom 31. Mai 2012, wonach der Berufungswerber sein von ihm angegebenes monatliches Nettoeinkommen bzw sein Vermögen, durch Vorlage entsprechender Unterlagen belegen möge, ist der Berufungswerber nicht nachgekommen.   

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwort­liche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Ver­tretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwal­tungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verant­wortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz wird die Bestellung von verantwort­lichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schrift­liche Meldung über die Bestellung samt Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.

 

Gemäß § 9 Abs.1 AZG, darf die Tagesarbeitszeit zehn Stunden und die Wochen­arbeitszeit 50 Stunden nicht überschreiten, sofern die Abs.2 bis 4 nicht anderes bestimmen. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammen­treffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit Arbeits­zeitverlängerungen nicht überschritten werden.

 

Gemäß § 11 Abs.8 AZG hat der Arbeitgeber das Arbeitsinspektorat unter An­schluss eines Schichtplanes von der Einführung der durchlaufenden mehr­schichtigen Arbeitsweise sowie von der erstmaligen Heranziehung von Arbeit­nehmern zu Arbeiten im Sinne des Art. VII NSchG binnen 14 Tagen zu ver­ständigen.

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z3 AZG sind Arbeitgeber, die  die Meldepflichten an das Arbeitsinspektorat gemäß § 7 Abs.4, § 11 Abs.8 oder 10 oder § 20 Abs.2, die Auskunfts- und Einsichtspflichten gemäß § 26 Abs.6, die Aufbewahrungspflichten  gemäß § 18k verletzen, oder die Aufzeichnungen gemäß § 18b Abs.2, § 18c Abs.2 sowie § 26 Abs.1 bis 5 mangelhaft führen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwal­tungs­behörde mit einer Geldstrafe von 20 Euro bis 436 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 28 Abs.2 Z1 AZG sind Arbeitgeber, die Arbeitnehmer über die Höchst­grenzen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 2 Abs.2, § 7, § 8 Abs.1, 2 oder 4, § 9, § 12a Abs.5, § 18 Abs.2 oder 3, § 19a Abs.2 oder 6 oder § 20a Abs.2 Z1 hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro, zu bestrafen.

 

5.2. Vom Berufungswerber wurde in der Berufung ein entschuldbarer Rechts­irrtum eingewendet. Beim Berufungswerber handle es sich um einen deutschen Staatsbürger und sei er von der belangten Behörde nicht auf die Notwendigkeit der schriftlichen Meldung an das Arbeitsinspektorat hinsichtlich der Bestellung des Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten hingewiesen worden. Zudem sei er bei Verfahrenseinleitung noch nicht rechtsfreundlich vertreten gewesen und enthalte § 9 VStG keinen Hinweis bezüglich der notwendigen schriftlichen Meldung der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten in Arbeitnehmer­schutz­an­ge­legen­heiten an das zuständige Arbeitsinspektorat.

 

5.2.1. Zur Frage des Vorliegens und insbesondere der Entschuldbarkeit eines Rechtsirrtums ist Nachstehendes zu bemerken:

 

Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. VwGH vom 12.3.1969, Slg. 7528A, 22.2.1979, 2435/76 uva) und dass selbst guter Glaube den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht herstellt, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl. VwGH vom 31.1.1961, Slg. 5486A, 16.5.1973, 1131/72, 16.12.1986, 86/04/0133 uva).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16.11.1993, 93/07/0022 und 93/07/0023, ausgesprochen, dass, wenn die Auslegung von Normen für einen juristischen Laien mit Schwierigkeiten verbunden ist, es seine Sache ist, sich bei der zuständigen Behörde oder bei der gesetzlich beruflichen Vertretung über den Inhalt dieser Normwerke zu informieren. Dies bedeutet, dass es seine Aufgabe als Gewerbetreibender ist, sich vor Beginn der Gewerbeausübung bei den geeigneten Stellen zu informieren (vgl. VwGH 13.6.1988, 88//18/0029, 16.12.1986, 86/04/0091, 25.4.1996, 92/06/0039), dies gilt auch bei Arbeitnehmerschutzvorschriften.

Die Manuduktionspflicht gegenüber dem nunmehrigen Berufungswerber kann nicht so weit gedehnt werden, dass ohne konkrete Nachfrage über alle Eventualitäten bei der Ausübung eines Gewerbes eine Informationspflicht der Behörde besteht.

Der Vorwurf, wonach die belangte Behörde trotz zweimaliger schriftlicher Kon­taktaufnahme, wohl gemerkt nach Einleitung des gegenständlichen Verwaltungs­straf­verfahrens, den Berufungs­werber nicht auf die Notwendigkeit der Mitteilung der Bestellung des Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten samt Zustimmungserklärung an das Arbeitsinspektorat, hingewiesen hat, geht somit ins Leere.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters ausgesprochen, dass es bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfalt vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bedarf. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010). Dass es sich beim Berufungswerber um einen deutschen Staats­bürger handelt, ändert nichts daran, sich über die bestehenden ihn in seiner Gewerbeausübung tangierenden gesetzlichen Vorschriften zeitgerecht zu infor­mieren und diese auch einzuhalten. Überdies kann davon ausgegangen werden, dass auch in der BRD gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich der Einhaltung von Arbeitszeiten und Meldepflichten bei Verantwortungsabtretungen existieren und somit gegenständliche Bestimmung keine rein "österreichische" Gepflogenheit darstellt.

 

Es ist dem Berufungswerber nicht gelungen, mit seinem Vorbringen einen entschuldbaren Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs.2 VStG geltend zu machen.  

 

5.2.2. Zum Einwand des Berufungswerbers, wonach Herr x zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sei und dieser daher strafrechtlich zu belangen sei, wird ausgeführt, dass die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG iVm § 23 ArbIG erst rechtswirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Diesbezüglich stellt § 23 ArbIG in dieser Hinsicht eine lex specialis zu § 9 VStG dar (vgl. VwGH vom 20.9.2001, 99/11/0227).

 

Wie bereits eingangs bemerkt, wurde vom Berufungswerber lediglich die Behauptung der Bestellung des Herrn x zum verantwortlichen Beauf­tragten aufgestellt. Wenngleich letztendlich für den Ausgang des Verfahrens ohne Belang, weil keine Meldung an das zuständige Arbeitsinspektorat erging, ist aber auszuführen, dass vom Berufungswerber zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens die konkrete Bestellungsurkunde samt Zustimmungserklärung vorgelegt wurde und somit auch nicht einer Überprüfung weder durch die belangte Behörde noch durch den Oö. Verwaltungssenat zugänglich war. Eine Befragung des Herrn x hinsichtlich seiner Bestellung war daher entbehrlich.

 

Mangels Einlangen der entsprechenden Bestellungsmitteilung beim Arbeits­inspektorat V., war von keiner rechtswirksamen Bestellung des Herrn M. auszugehen und verbleibt die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung somit beim Berufungswerber und kann er in subjektiver Hinsicht nicht deshalb straffrei werden, weil er im Glauben gewesen sei, die interne Bestellung seines Mitarbeiters zum verantwortlichen Beauftragten sei wirksam erfolgt.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen Ungehorsams­delikte dar und war daher gemäß § 5 Abs.1 VStG von Fahrlässigkeit auszugehen. Die vom Berufungswerber angestrebte Entlastung ist im Sinne des § 5 Abs.1 letzter Satz VStG aber nicht gelungen.

 

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes steht als erwiesen fest, dass der Berufungswerber zu den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher angeführten Tatzeitpunkten handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der x GmbH & Co KG, mit dem Sitz in x, x, ist, war und somit Arbeitgeber der im Spruch angeführten Arbeitnehmer. Die im Spruch näher bezeichneten Überschreitungen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sind  aufgrund der Arbeitsaufzeichnungen erwiesen und werden vom Berufungswerber auch nicht bestritten. Ebenso der Umstand, dass es seit Anfang Jänner 2011 bis 6. Dezember 2011 verabsäumt wurde, das Arbeitsinspektorat unter Anschluss eines Schichtplanes davon zu verständigen, dass die Arbeitnehmer in werktags durch­laufender mehrschichtiger Arbeitsweise beschäftigt wurden. Es hat daher der Berufungswerber als das im gegenständlichen Fall für die Einhaltung der Ver­waltungsvorschriften verantwort­liche Organ die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses konkret bezeich­neten Arbeitnehmer über die in § 9 Abs.1 AZG normierten täglichen und wöchent­lichen Arbeitszeiten hinaus eingesetzt und ist er der in § 11 Abs.8 AZG normierten Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeits­inspektorat nicht nachgekommen. Der Berufungswerber erfüllt sohin die ob­jektiven Tatbestände der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen und hat diese auch zu verantworten.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der/die Arbeitgeber/in durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden und den Anordnungen auch ent­sprochen wird. Es bedarf konkreter Behauptungen, durch welche innerbetrieb­lichen organisatorischen Maßnahmen eine Übertretung des AZG hätte verhindert werden sollen, wobei die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen nicht ausreicht (vgl. VwGH vom 20.7.1992, 91/19/0201, mit der dort zitierten Judikatur). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist. Dabei reichen nur kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung des AZG sicherstellt, vor.  

 

Ausführungen zum im Betrieb installierten Kontrollsystem, welches die Ein­haltung der Arbeitszeitvor­schriften gewährleisten soll, wurden keine getätigt und kamen auch aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt nicht hervor. Überdies wurde vom Berufungswerber nicht einmal behauptet, dass ein Kontrollsystem vorliege.

 

Dem Berufungswerber ist es mit seinem Vorbringen nicht gelungen, sich von seinem schuldhaften Verhalten zu befreien.

 

6. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestim­mungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Be­schuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

6.2. Der Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Höchstgrenzen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit ist darin begründet, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer durch Gewährung von ausreichenden Erholungsphasen gewährleistet sein soll.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen hinsichtlich der Fakten 1 bis 6 von jeweils 200 Euro, bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro, und hinsichtlich Faktum 7 eine Geldstrafe von 300 Euro, bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis 1.815 Euro (richtig: 20 Euro bis 436 Euro), über den Berufungswerber verhängt. Strafmildernd wurden keine Umstände gewertet. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist dem Berufungswerber die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zugute zu halten.  Weiters ist die belangte Behörde – mangels Vorlage entsprechender Unterlagen trotz Auffor­derung – von einem monatlichen Netto­einkommen von 6.000 Euro, sowie einem Vermögen in Höhe von 1 Mio Euro, ausgegangen. Vom Berufungswerber wurden in der Berufung die persönlichen Verhältnisse dahingehend korrigiert, als der Berufungswerber über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro sowie über kein nennenswertes inländisches Vermögen verfügt. Seitens des Oö. Verwaltungssenates wurde der Berufungs­werber mit Schreiben vom 31. Mai 2012 aufgefordert, seine Angaben durch Vorlage von entsprechenden Unterlagen, die seine Behauptungen stützen, zu belegen. Dieser Aufforderung ist der Berufungswerber bis dato nicht nach­gekommen. Die von der belangten Behörde vorgenommene Schätzung, konkret von einem monatlichen Netto­einkommen von 6.000 Euro sowie ein Vermögen von 1 Mio Euro, erscheint dem Oö. Verwaltungssenat überhöht, weshalb der Oö. Verwaltungssenat bei seiner Strafbemessung von einer Schätzung des monatlichen Nettoeinkom­mens in Höhe von 2.500 Euro, von einem durchschnittlichen Vermögen sowie von keinen Sorgepflichten, ausge­gangen ist.

Aufgrund der doch massiven Überschreitungen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit hinsichtlich der Fakten 1 bis 6 kann jedoch durch die geänderten persön­lichen Verhältnisse keine Strafherabsetzung bewirkt werden, dies auch, da sich die ausgesprochenen Strafen im unteren Bereich des Strafrahmens befinden.

Hinsichtlich Faktum 7 erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geld­strafe im Ausmaß von 300 Euro bei dem hinsichtlich Übertretungen des § 11 Abs.8 AZG gültigen Strafrahmen von 20 Euro bis 436 Euro, doch zu hoch ge­griffen. Der Umstand, dass die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwal­tungs­über­tretung über einen Zeitraum von nahezu einem Jahr angedauert hat, stand einer weitergehende Herabsetzung der Geldstrafe aber entgegen.

 

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe hinsichtlich Faktum 7 war aufgrund des aktuell anzuwendenden Strafrahmens nicht weiter herabzusetzen.

 

Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorgelegen ist. Das Vorliegen der ver­waltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit allein bewirkt noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Beru­fungs­werbers nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt, weshalb auch von der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG Abstand zu nehmen war.

 

7. Die Spruchberichtigung hinsichtlich der Strafnorm beim Faktum 7 erschien gesetzlich geboten und erfährt der Berufungswerber diesbezüglich auch keine Schlechterstellung.

    

8. Weil die Berufung hinsichtlich Faktum 7 teilweise Erfolg hatte, entfällt dies­bezüglich ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat. Hinsichtlich des abweisenden Teils der Berufung (Fakten 1 bis 6) hat der Berufungswerber gemäß § 64 VStG einen Kostenbeitrag in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafen zu entrichten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem be­voll­mächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

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