Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401284/6/AL/HK

Linz, 03.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des S L, geb. X, StA von Indien, derzeit in Grundversorgung in der Erstaufnahmestelle West in S G, T  untergebracht, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vom 15. April 2013, Z Sich41-66-2013, und Anhaltung in Schubhaft von 15. April 2013 bis 29. April 2013 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding zu Recht erkannt:

 

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die auf Grund des Schubhaftbescheides vom 15. April 2013, Z Sich41-66-2013, erfolgte Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft in der Zeit von 15.4.2013 bis 29.4.2013 für rechtmäßig erklärt.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I 100/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II 456.


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 15. April 2013, Z Sich41-66-2013, als belangter Behörde wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Grundlage des § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 Abs 1 AVG

"zur Sicherung

-      des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. §§ 52 iVm 53 FPG

-      der Abschiebung (§ 46 FPG)"

die Schubhaft angeordnet und durch Überstellung in das PAZ Wels vollzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen zum Sachverhalt – auf das Wesentliche zusammengefasst – Folgendes aus:

 

Der Bf sei am 11.4.2013 gemeinsam mit Frau K G und deren Sohn S A von Athen (Griechenland) nach Wien (Österreich) geflogen. In Wien habe er sich eine Bahnfahrkarte nach Deutschland gekauft. Am 11.04.2013 gegen 23:00 Uhr sei der Bf im Zug X über den ehemaligen Grenzübergang Passau-Bahnhof in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Bei einer im Zug durchgeführten Kontrolle habe er sich mit seinem gültigen Reisepass Nr. X, ausgestellt am 29.12.2011 in Athen, gültig bis 28.12.2013 und einem griechischen Aufenthaltstitel Nr. X, ausgestellt am 06.01.2013, gültig bis 22.09.2014 ausgewiesen. Dabei sei festgestellt worden, dass der vorgelegte Aufenthaltstitel im Schengenerinformationssystem als gestohlenes Blanko-Dokument ausgeschrieben ist. Einen gültigen Einreise-/Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik Deutschland oder einen anderen Schengenstaat habe der Bf nicht vorweisen können. Daraufhin sei er von der deutschen Polizei festgenommen worden.

 

Bei der Einvernahme durch die deutsche Polizei habe der Bf angegeben, dass sich seine Frau und seine zwei Kinder in Indien befänden. Die Frau, die mit ihm gereist sei, sei die Frau seines Freundes L S. Er habe mit der Frau und deren Sohn Verwandte von ihr in Deutschland besuchen wollen. Der Bf habe die Tickets gekauft, die 1.200 Euro gekostet hätten. Sie hätten ca. 1 Monat in Deutschland bleiben und dann zurück nach Griechenland fliegen wollen. der Bf sei seit Dezember 2003 in Griechenland. 2006 habe er in Griechenland Asyl beantragt. 2007 sei er als Aslywerber in Griechenland anerkannt worden. Der Bf habe eine WWC oder VVC bekommen. Er habe ein Papier bekommen, auf dem unter einem Foto des Bf geschrieben gestanden sei, dass er arbeiten dürfe. Der Bf sei ohne Reisepass nach Griechenland gekommen. 2005 habe er einen Reisepass beantragt, welchen er dann 2006 erhalten habe. Er bekäme alle zwei Jahre einen neuen Pass. Der Bf habe einen griechischen Anwalt, der dafür sorge, dass er einen Aufenthalt bekomme. Der Bf mache jedes Jahr eine Steuererklärung, da bekomme er auch einen neuen Aufenthalt, dafür zahle er 300 Euro. Für das Europavisa habe er jetzt 500 Euro für jeden (auch für Frau K und deren Sohn) bezahlt. Den Aufenthaltstitel Nr. X habe sein Anwalt besorgt.

 

Auf Grund seines nachweislichen Reisewegs von Österreich nach Deutschland sei der Bf nach dem österreichisch-deutschen Rückübernahmeabkommen nach Österreich rücküberstellt, durch Beamte der Polizeiinspektion S übernommen und der Bezirkshauptmannschaft Schärding als Fremdenpolizeibehörde vorgeführt worden.

 

Die Fremdenpolizeibehörde verhänge die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot. Da der Bf nicht im Besitz einer gültigen aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sei, halte er sich illegal im Bundesgebiet auf bzw. sei er bereits unerlaubt in dieses eingereist.

 

Es bestehe daher bei dem Bf ernsthaft die Gefahr, dass er sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die angeführten fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern werde.

 

Im gegenständlichen Fall sei von der Anwendung gelinderer Mittel Abstand zu nehmen, da bei Abstandnahme von der Schubhaft das im Vordergrund stehende fremdenpolizeiliche Ziel nicht erreicht werden könne. Es sei davon auszugehen, dass sich der Bf bei Abstandnahme von der Schubhaft dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde entziehen und neuerlich versuchen würde, nach Deutschland zu reisen. Laut ZMR verfüge der Bf in Österreich nicht über einen aufrechten Wohnsitz. Auf Grund der nahen Grenze zu Deutschland sei der Sicherungsbedarf als äußerst hoch einzuschätzen. Der Bf habe bislang auch keine Person genannt, bei der er finanzielle Unterstützung und Unterkunft erhalten könnte.

Weiters sei der Bf im Inland weder beruflich noch in irgendeiner Weise sozial verankert.

 

Der beschriebenen Fluchtgefahr könne verlässlich nur mit Schubhaft begegnet werden, da realistische Ansatzpunkte für die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG nicht ersichtlich seien.

 

Hinsichtlich der Frage nach der Verhältnismäßigkeit gelange die Erstbehörde zu dem Ergebnis, dass der mit der Schubhaftverhängung verbundene Eingriff in die persönliche Freiheit des Bf im Hinblick auf das besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehe. Die öffentlichen Interessen an der Sicherung der Außerlandschaffung würden hier schwerer wiegen als seine privaten Interessen an der Schonung der persönlichen Freiheit.

 

Ausdrücklich wird von der belangten Behörde festgehalten, dass der Bf im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft (15.4.2013) bisher keinen neuerlichen Asylantrag in Österreich gestellt hat.

 

1.2. Gegen die Schubhaftverhängung und Anhaltung in Schubhaft durch Bescheid erhob der Bf mit Eingabe vom 19.4.2013 (eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 26.4.2013) Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und beantragte unter gleichzeitigem Kostenantrag die Erklärung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie der Anhaltung.

 

Begründend führt der Bf im Wesentlichen aus, dass er am 11.4.2013 gemeinsam mit Frau G K und A S von Athen nach Wien geflogen sei und dann mit dem Zug weiter in Richtung Deutschland gefahren sei, wo er bei einer Kontrolle im Zug aufgegriffen und aufgrund eines österreichisch-deutschen Rückübernahmeabkommens nach Österreich zur belangten Behörde als Fremdenpolizeibehörde rücküberstellt und schließlich ins PAZ Wels überstellt worden sei.

 

Seit der Schubhaftverhängung mit Bescheid vom 15.4.2013 befände er sich in Schubhaft. Am 19.4.2013 habe er aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

 

Die belangte Behörde begründe die Schubhaftverhängung zu Unrecht mit der Notwendigkeit der Sicherung der Abschiebung und der Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot:

 

Für die Sicherung einer etwaigen Abschiebung hätte zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides kein gültiger Titel vorgelegen.

Hinsichtlich der Sicherung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot wird vom Bf ausgeführt, dass die Anhaltung auf dieser Grundlage seit seiner Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz vom 19.4.2013 rechtswidrig sei, da sich der Bf seit diesem Zeitpunkt rechtmäßig in Österreich aufhalte. Im Übrigen sei seit diesem Zeitpunkt ein Sicherungsbedarf nicht mehr gegeben, da der Bf in die Grundversorgung aufgenommen einen ordentlichen Wohnsitz begründen könnte.

 

Mit der Asylantragstellung habe sich vorerst auch kein geänderter Sicherungsgrund ergeben, da auch die in den für AsylwerberInnen einschlägigen Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Aufgrund der Einreise de Bf über Griechenland wäre diesbezüglich zwar § 76 Abs. 2 Z 4 FPG denkbar, scheide eine Anhaltung auf dieser Rechtsgrundlage allerdings im Lichte der Verfügung des EGMR betreffend die Unzulässigkeit einer (Dublin-)Rücküberstellung nach Griechenland aus.

 

Weiters sei der angefochtene Bescheid auch mangels hinreichender Begründung des Sicherungsbedarfs und der Sicherungsnotwendigkeit rechtswidrig. Auch sei die Schubhaftverhängung nicht verhältnismäßig, wäre der Sicherungszweck doch insbesondere auch durch gelindere Mittel erreicht worden.

 

2.1. Mit Schreiben vom 26.4.2013 übermittelte die belangte Behörde den Fremdenpolizeiakt und führte in einer Gegenschrift im Wesentlichen aus, dass der Bf am 11.4.2013 gemeinsam mit Frau K und deren Sohn von Athen (Griechenland) nach Wien (Österreich) geflogen sei. In Wien hätten sie sich eine Bahnfahrkarte nach Deutschland gekauft. Am 11.4.2013 gegen 23.00 Uhr seien diese im Zug X über den ehemaligen GÜG Passau-Bahnhof in die BRD eingereist. Bei einer im Zug durchgeführten Kontrolle habe sich der Bf mit einem gültigen indischen Reisepass ausgewiesen. Dabei sei festgestellt worden, dass der vorgelegte Aufenthaltstitel im SIS als gestohlenes Blankodokument ausgeschrieben ist. Der Bf und dessen Begleiterin samt Sohn seien gemäß dem deutsch-österreichischen Rückübernahmeabkommen am 15.4.2013 nach Österreich überstellt worden.

 

Nach Verhängung der Schubhaft über den Bf am 15.4.2013 habe am 16.4.2013 Frau T von der C Oberösterreich der belangten Behörde telefonisch mitgeteilt, dass der Bf nicht freiwillig ausreisen wolle und habe gleichzeitig angegeben, dass die mitgereiste Frau K und deren Sohn seine Frau bzw. sein Kind sei (siehe AV v. 16.04.2013). Dies habe Frau K nachweislich vehement abgestritten.

 

Am 19.4.2013 habe der Bf einen Asylantrag gestellt, weshalb die Schubhaft nunmehr gestützt auf § 76 Abs. 2 FPG weiterhin aufrecht bliebe (siehe AV v. 19.04.2013).

 

Am 25.4.2013 habe das Bundesasylamt, EAST West, ein Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs. 1 AsylG eingeleitet, wonach seither die Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG als verhängt gelte.

 

Am 19.4.2013, eingelangt am 25.4.2013, habe der Bf der belangten Behörde gegenüber angegeben, am 19.04.2013 einen Asylantrag in Österreich gestellt zu haben, weshalb er sich rechtmäßig in Österreich aufhalte. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot sei daher nicht mehr zulässig.

 

Das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot werde als Ausweisungsverfahren (§ 10 AsylG) vom BAA, EAST West geführt.

 

Weiters sei die Schubhaft auch zur Sicherung der Abschiebung verhängt worden; eine Abschiebung könne in absehbarer Zeit erfolgen, da der gültige Originalreisepass des Bf am 16.4.2013 nach Rücksprache durch die PI Schärding und die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis (siehe E-Mail vom 16.04.2013) fremdenpolizeilich sichergestellt worden sei.

 

Aus all diesen Gründen werde beantragt, die Schubhaftbeschwerde unter Kostenersatz als unbegründet abzuweisen.

 

 

2.2. Mit Schreiben vom 29.4.2013 wurde dem Oö. Verwaltungssenat durch die belangte Behörde mitgeteilt, dass der Bf aus der Schubhaft entlassen wird und an die EAST West des Bundesasylamtes in S G unter Hinweis auf die eventuelle Aufnahme in die Bundesbetreuung zu verweisen sei.

 

 

Nach telefonischer Rückfrage des Oö. Verwaltungssenates bei der EAST West am 30.4.2013 wurde diesem mitgeteilt, dass der Bf sich nunmehr in Grundversorgung bei der EAST West befindet.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint.

 

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang die von der Asylbehörde am 29.4.2013 erfolgte Auskunft, dass das Asylverfahren des Bf aufgrund des Vorliegens eines offenbar gültigen indischen Reisepasses nach derzeitiger Einschätzung inhaltlich abzuweisen sein dürfte und daher mit einer Ausweisung des Bf nach Indien zu rechnen sei.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. sowie 2.1. und 2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, der im Übrigen hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Punkte auch vom Bf nicht bestritten wird.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.  Gemäß § 82 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, in der Fassung BGBl. I 22/2013, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs. 4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 15.4.2013 von diesem Tag an bis zu seiner Entlassung aus der Schubhaft am 29.4.2013 angehalten wurde, weshalb der Oö. Verwaltungssenat gem. § 83 Abs. 1 FPG zur Entscheidung berufen ist. Die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich dabei aus § 6 Abs. 4a FPG, richtet sich diese doch nach dem Aufenthalt des Bf.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist;

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 76 Abs. 6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 FPG oder Abs. 2a FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle verhängt.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

 

Gemäß § 80 Abs. 1 bzw. 2 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

    1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;
    2.  vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.4. Zu den Schubhaftgründen:

3.4.1. Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Bf im Zeitpunkt seiner Überstellung von Deutschland nach Österreich vor die belangte Behörde und der Verhängung der Schubhaft durch die belangte Behörde kein anhängiges Asylverfahren vorweisen konnte. Somit war der Bf im Zeitpunkt der Festnahme und Inschubhaftnahme durch die belangte Behörde als Fremder anzusehen, weshalb die belangte Behörde den bekämpften Schubhaftbescheid im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung somit zu Recht dem Grunde nach auf den Schubhaftgrund des § 76 Abs 1 FPG stützte. Es kommt somit im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft bis zum Zeitpunkt der weiteren Asylantragstellung durch den Bf (Asylfolgeantrag) am 19.4.2013 § 76 Abs 1 FPG zur Anwendung.

 

3.4.2. In weiterer Folge ist zu prüfen, ob mit der Asylantragstellung  durch den Bf am 19.4.2013 eine Änderung des Schubhaftgrundes verbunden war.

 

Mit der Asylantragstellung am 19.4.2013 bewirkte der Bf, dass § 76 Abs. 6 FPG zur Anwendung kommt. Die Schubhaft kann für den Fall, dass ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Asylantrag stellt, aufrecht erhalten werden; liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt, wobei dies mit Aktenvermerk festzuhalten ist. Dies erfolgte durch die belangte Behörde mit Aktenvermerk vom 19.4.2013.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat – wie der Oö. UVS ua. auch in seiner Entscheidung vom 31.1.2013, VwSen-401259/6/WIE dargelegt hat – in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, Zl. 2008/21/0582 (= VwSlg 17597 A/2008), zu § 76 Abs. 6 FPG ausgeführt, dass diese Bestimmung es der Behörde gestatte, eine (rite) auf § 76 Abs 1 FPG gestützte Schubhaft trotz der – durch die Asylantragseinbringung während der Schubhaft erlangten - Stellung des Schubhäftlings als Asylwerber auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG aufrecht zu erhalten. Das in einem Aktenvermerk festzuhaltende allfällige Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG steht nur im Zusammenhang mit der dann möglichen längeren Schubhaftdauer. In diesem Zusammenhang wird auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (952 BlgNR 22. GP, 104) verwiesen, die wie folgt dazu ausführen:

 

"Stellt ein Asylwerber in der Schubhaft einen Asylantrag, so kann diese aufrecht erhalten werden, auch wenn die Voraussetzungen von Abs 2 nicht vorliegen. Für Zwecke des § 80 Abs. 2 gilt diese Schubhaft nur nach § 76 Abs. 2 verhängt, wenn die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft gegen Asylwerber vorliegen; dann gelten die Fristenregeln des § 80 Abs. 2. Die Regel ist unbedingt erforderlich, um einem in Schubhaft angehaltenen Fremden nicht die Möglichkeit zu geben, durch die Asylantragstellung die Aufhebung der Schubhaft zu erzwingen."

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im oben zitierten Erkenntnis zu den grundsätzlichen Anforderungen eines Wechsels von strukturell verschiedenen Schubhafttatbeständen, etwa beim Übergang des § 76 Abs 1 FPG in das Regime des § 76 Abs 2 FPG, näher begründet, dass es einer unverzüglichen schriftlichen Verständigung des Schubhäftlings in einer ihm verständlichen Sprache über den Austausch des Schubhaftgrundes bzw über die strukturell anderen Gründe bedarf, um ihn in die Lage zu versetzen, die weitere Schubhaft mit Beschwerde wirksam zu bekämpfen.

 

Im gegebenen Zusammenhang stellt der Verwaltungsgerichtshof auch klar, dass in dem von § 76 Abs 6 FPG erfassten Fall gerade kein Austausch des Schubhafttatbestandes vorgenommen wird, sondern erlaubt der erste Satz dieser Bestimmung die Fortsetzung der Schubhaft gegen den nunmehrigen Asylwerber aus dem bisher angenommenen Grund, ohne dass die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG vorliegen müssten. Der Zweck des zweiten und dritten Satzes des § 76 Abs 6 FPG steht dabei nur in untrennbaren Zusammenhang mit der Schubhafthöchstdauer.

 

Im Grunde der Ausführungen im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs durfte die belangte Behörde nach dem vom Bf während seiner Anhaltung in Schubhaft am 19.4.2013 gestellten Asylantrag die nach Ansicht des erkennenden Mitglieds dem Grunde nach zu Recht auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG iVm § 76 Abs 6 FPG verhängte Schubhaft aufrecht erhalten. Ein Fremder soll nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch bloße Asylantragstellung eine Entlassung aus der rechtmäßig verhängten Schubhaft erzwingen können.

 

Im Übrigen war im gegeben Zeitraum auch der Schubhaftgrund des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG dem Grunde nach gegeben. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Bf zu seinem Wunsch, nach Griechenland zurückzukehren (so gab der Bf bei seiner Befragung vor den deutschen Behörden an, nach etwa einem Monat wieder nach Griechenland zurückkehren zu wollen) sowie dem Umstand, dass der Bf im Besitz eines gültigen Flugtickets nach Griechenland (gebucht für 5. Mai 2013) war, die in der Beschwerde zitierte EGMR-Judikatur weiters wohl keineswegs für eine freiwillige und vom Bf selbst gewollte Rückkehr nach Griechenland schlagend in Anwendung gebracht werden kann, und der Bf im Übrigen die Gewährung von Asyl durch die griechischen Behörden ins Treffen führte, konnte die belangte Behörde durchaus vertretbar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG annehmen.

 

Mittlerweile hat die Asylbehörde den Bf bereits zu seinem Asylantrag am 19.4.2013 einvernommen und der belangten Behörde mit fremdenpolizeilicher Information vom 25.4.2013 mitgeteilt, dass das Ausweisungsverfahren mit 25.4.2013 gemäß § 27 Abs 1 AsylG ex lege als eingeleitet gelte. Dies wohl im Hinblick darauf, dass dem Bf im asylrechtlichen Zulassungsverfahren bereits mit Verfahrensanordnung die beabsichtigte Zurückweisung (§ 29 Abs 1 Z 4 leg.cit.) oder Abweisung (§ 29 Abs 3 Z 3 leg.cit.) seines Antrags auf internationalen Schutz mitgeteilt wurde.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung konstatiert, ist dabei die Frage, ob die Einleitung des Ausweisungsverfahrens nach § 27 Abs. 1 AsylG zu Recht erfolgte, zur Beurteilung des Vorliegens des Tatbestandes gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG nicht von Belang (vgl. VwGH 24.11.2009, 2007/21/0122; vgl. zur vom VwGH vertretenen Auffassung, dass die Tatbestände der § 27 Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG jeweils für sich allein ausreichen und nicht kumulativ nebeneinander vorliegen müssen, VwGH 30.8.2007, 2006/21/0101).

Seit 25.4.2013 lag daher dem Grunde nach auch der Schubhaftgrund des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG vor.

 

Zusammengefasst legte die belangte Behörde nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates dem angefochtenen Schubhaftbescheid somit zu Recht § 76 Abs. 1 FPG bis zur Asylantragstellung am 19.4.2013 zugrunde. Ab diesem Zeitpunkt konnte die Schubhaft zum Einen auf der Grundlage des § 76 Abs. 1 iVm § 76 Abs. 6 FPG aufrecht erhalten werden, zum Anderen waren dem Grunde nach auch die Schubhaftgründe des § 76 Abs. 2 FPG (konkret: Z 4 bis zum 25.4.2013, ab 25.4.2013 dann Z 2) gegeben.

 

Hinsichtlich der Ausführungen in der Beschwerde, dass für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides kein gültiger Titel vorgelegen sei, und dass die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot seit der Stellung des Asylantrags am 19.4.2013 rechtswidrig sei, ist festzuhalten, dass die Schubhaft im Zeitpunkt der Schubhaftbescheiderlassung (15.4.2013) jedenfalls primär – zu Recht – zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot angeordnet wurde. Es kann daher dahinstehen, ob die Schubhaft im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung darüber hinaus auch der Sicherung einer Abschiebung (§ 46 FPG) diente. Durch die Aufrechterhaltung der Schubhaft nach § 76 Abs. 6 FPG ab dem Zeitpunkt der Asylantragstellung durch den Bf war der Zweck der Schubhaft nicht neu zu formulieren.

 

3.5. Aus der "Kann-Bestimmung" sowohl des Abs. 1 als auch des Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren bzw. der Abschiebung iSd § 76 Abs. 1 bzw. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.5.1. Vorweg ist anzumerken, dass eine einzelfallbezogene Prüfung im Ergebnis jedenfalls einen hinreichenden Sicherungsbedarf des Bf begründete.

 

Wie sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt eindeutig ergibt, führte der Bf im bisherigen Verfahrensverlauf diametral entgegenstehende Darstellungen einerseits hinsichtlich seiner familiären Bindung zu seinen Reisebegleitern (konkret: einerseits seien sie seine Gattin und sein Sohn, andererseits seien die beiden die Familie eines indischen Freundes), andererseits hinsichtlich seiner grundsätzlichen Intention, nach Griechenland zurückzukehren, aus, weshalb die Glaubwürdigkeit des Bf von vornherein in gewisser Weise zweifelhaft ist. Im Besonderen zeigt aber die Tatsache, dass der Bf mit einem gestohlenen griechischen Blanko-Dokument in seinem Reisepass auftritt, die grundsätzliche negative Haltung des Bf staatlichen Behörden gegenüber in aller Deutlichkeit.

 

Schon dieses Vorverhalten des Bf zeichnet ein eindeutiges Bild davon, dass dieser keine Mittel scheute, um in Österreich bzw. Deutschland bleiben zu können. Wie der Bf selbst zu Protokoll gab, war sein eigentliches Reiseziel Deutschland, konkret Freunde in Rostock. Da die beiden Reisebegleiter des Bf nach Auskunft der belangten Behörde nicht in Schubhaft angehalten waren sonder auf freiem Fuß belassen in einer Bundesbetreuungsanstalt untergebracht waren, dem Bf ausreichende finanzielle Mittel für eine Reise nach Deutschland zur Verfügung standen und die Grenze nach Deutschland vom Aufenthaltsort des Bf nur unweit entfernt ist, war schon im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft davon auszugehen, dass der Bf auf freiem Fuß belassen erneut gemeinsam mit seinen beiden Reisebegleitern raschest möglich eine Weiterreise nach Deutschland versuchen würde.

 

Weiters zeigt der unbegründete Widerruf des ursprünglich vom Bf sogar mittels entsprechendem Flugticket belegten Willens zur freiwilligen Rückreise nach Griechenland, dass dieser zu keinem Zeitpunkt Österreich auf rechtmäßigem Wege verlassen wollte.

 

3.5.2. Der junge und gesunde Bf verfügt in Österreich über keinen eigenen Wohnsitz und ist in Österreich weder familiär, sozial noch sonstig in besonderem Maß integriert; diesbezüglich bringt der Bf selbst nichts anderes vor. Erst seit seiner Entlassung aus der Schubhaft am 29.4.2013 befindet er sich in der EAST West in Grundversorgung.

 

3.5.3. Im Rahmen einer Prognoseentscheidung war daher zu Recht davon auszugehen, dass der Bf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit alles daran setzte, in Österreich bzw. in weiterer Folge in Deutschland bleiben zu können.  

 

Im Rahmen einer Gesamtschau des konkreten Einzelfalles ergibt sich daher eindeutig, dass im vorliegenden Fall von einem hohen Sicherungsbedarf auszugehen war. Der Bf hätte sich – auf freiem Fuß belassen – ab dem Zeitpunkt seines Aufgriffs im Zug und der Überstellung nach Österreich vor die belangte Behörde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörde entzogen, um sein endgültiges Reiseziel in Deutschland weiter zu verfolgen. Der Bf hätte sich auch nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates zu jedem Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Schubhaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Verfahren entzogen und wäre für eine rechtmäßige Außerlandesbringung nicht mehr greifbar gewesen.

 

3.5.4. Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass - wie schon aus dem Akt ersichtlich ist - der Bf mit allen Mitteln versucht hätte, seine eigenen Absichten in Bezug auf seinen Aufenthalt schnellst möglich durchzusetzen und nach Deutschland weiterzureisen. In diesem Zusammenhang ist die vom Bf veranschaulichte kriminelle Neigung, die sich in Form gestohlener griechischer Aufenthaltstitel darstellt, als von erheblicher Bedeutung für die Beurteilung des während der gesamten Schubhaft bestehenden ausgeprägten Sicherungsbedarfs, der zweifellos auch schon zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme in entsprechendem Ausmaß bestand, hervorzuheben. Dabei war das Motiv des Bf zu jedem Zeitpunkt klar: Der Bf wollte um jeden Preis nach Deutschland.

 

Ein erheblicher Sicherungsbedarf des Bf war daher seit Verhängung der Schubhaft am 15.4.2013 bis zum Zeitpunkt seiner Entlassung aus der Schubhaft am 29.4.2013 jedenfalls zu bejahen.

 

3.6. Damit schied auch die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise im konkreten Fall grundsätzlich aus. Eine tägliche Meldepflicht etwa hätte den Zweck der Schubhaft aufgrund der erheblichen Gefahr, dass der Bf auf freiem Fuß belassen in die Anonymität untertaucht bzw. auf illegalem Wege nach Deutschland ausreist, nicht gewährleisten können. Dass er mit einem illegalen griechischen Aufenthaltstitel auftrat, indiziert dabei ebenso wie die Tatsache, dass er sich offenbar nur zum Schein – wie sich im Laufe des Verfahrens durch seine geänderte Haltung, nach Griechenland zurückkehren zu wollen, herausstellte – ein Rückreiseticket nach Griechenland besorgt hat, um so seine offenkundig niemals wirklich beabsichtigte Rückkehr nach Griechenland vorzutäuschen, die eindeutige Grundhaltung des Bf, dass er sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörden unter keinen Umständen zur Verfügung gehalten hätte.

 

Sowohl die belangte Behörde als auch das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates hatte bzw. hat im Rahmen einer Prognoseentscheidung daher keinen Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft auch durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden hätte können.

 

3.7. Die Schubhaftverhängung und Anhaltung in Schubhaft war zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit stand das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Insbesondere kann der belangten Behörde kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie aufgrund der fragwürdigen griechischen Aufenthaltstitel im Reisepass des Bf davon ausgegangen ist, dass die Verhängung gelinderer Mittel nicht hingereicht hätte. Insbesondere konnte die belangte Behörde aufgrund der ursprünglich vom Bf selbst behaupteten Angaben, nach ca. einem Monat freiwillig nach Griechenland zurückzureisen, und der damit nicht vollständig geklärten Anwendbarkeit der EGMR-Judikatur hinsichtlich der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer (unfreiwilligen) Abschiebung nach Griechenland – die nicht zuletzt auch durch die vom Bf im Verfahren behauptete Gewährung von Asyl in Griechenland zweifelhaft war – im Zeitpunkt der Asylantragstellung des Bf am 19.4.2013 durchaus zulässiger Weise eine Zuständigkeit Griechenlands und damit verbunden die Möglichkeit, dass der Asylantrag des Bf von den Asylbehörden mangels Zuständigkeit Österreichs als unzulässig zurückgewiesen wird, in Erwägung ziehen.

 

Ab dem Zeitpunk aber, ab dem die belangte Behörde von der grundsätzlichen Absicht des BAA EAST WEST, den Bf aufgrund des Vorliegens eines offenbar gültigen indischen Reisepasses nach Indien auszuweisen, erfuhr (29.4.2013), veranlasste die Fremdenbehörde die umgehende Entlassung des Bf aus der Schubhaft. Dies wohl vor dem Hintergrund, dass aufgrund des geplanten inhaltlich zu erledigenden Asylverfahrens unter Berücksichtigung von dem Bf freistehenden Rechtsmittelwegen an den Asylgerichtshof und die damit für die Erstbehörde offenbar verbundene zeitlich gegebenenfalls nicht mehr in naher Zukunft zu erreichende Außerlandesbringung des Bf, die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft im vorliegenden Fall nicht mehr umfassend gewährleistet war. Schon allein aufgrund dieser Vorgehensweise wird deutlich, dass die belangte Behörde die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Anhaltung in Schubhaft und die damit einhergehende erforderliche Interessenabwägung besonders pflichtbewusst vorgenommen hat.

 

3.8. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf in Österreich keinerlei familiäre Bezugspunkte hat; Gegenteiliges wird auch vom Bf selbst nicht vorgebracht.

Der Bf ist demzufolge zusammengefasst weder im sozialen noch im familiären Bereich in besonders bemerkenswerter Weise integriert.

 

3.9. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 leg.cit. darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

Diese gesetzlich normierte Frist war somit im vorliegenden Fall keineswegs ausgeschöpft. Auch war das Ziel der Schubhaft aus Sicht der belangten Behörde zu jedem Zeitpunkt der Schubhaft erreichbar: Wenn auch die Festlegung des Zielstaates (Indien oder Griechenland), in den die Außerlandesbringung des Bf erfolgen soll, aufgrund der Widersprüchlichkeiten (offenbar gültiger indischer Reisepass – offenbar gestohlener griechischer Aufenthaltstitel und offenbar gewährtes Asyl in Griechenland; ursprüngliche Rückkehrwilligkeit des Bf nach Griechenland) noch entsprechend weiterführender Ermittlungen bedurfte, schadete dies der grundsätzlichen Erreichbarkeit des Zieles der Schubhaft jedenfalls nicht und war nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates zu jedem Zeitpunkt der Schubhaft die Annahme einer zeitnah durchführbaren rechtmäßigen Außerlandesbringung des Bf durchaus gerechtfertigt.

 

Ab dem Zeitpunk aber, ab dem die belangte Behörde von der grundsätzlichen Absicht des BAA EAST WEST, den Bf aufgrund des Vorliegens eines offenbar gültigen indischen Reisepasses nach Indien auszuweisen, erfuhr (29.4.2013), veranlasste die Fremdenbehörde die umgehende Entlassung des Bf aus der Schubhaft, da sie im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung offenkundig ab diesem Zeitpunkt von einer hinreichend zeitnahen Erfüllung des Zwecks der Schubhaft im Lichte der gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgehen konnte (vgl. dazu bereits unter Punkt 3.7.).

 

3.10. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer Anhaltung des jungen und gesunden Bf bis 25.4.2013 in Schubhaft entgegengestanden wären.

 

3.11. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr. L u k a s

 

 

 

 

 

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