Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401285/4/BP/WU

Linz, 02.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, geb. X, derzeit aufhältig im X, vertreten durch X, wegen Verhängung und Anhaltung in Schubhaft seit 23. April 2013 durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2013) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. April 2013, GZ: Sich40-3756-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 2a Z. 1  des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgFiVm. § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG sowie zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und im X vollzogen.

 

Die belangte Behörde führt zunächst zum Sachverhalt wie folgt aus:

 

Sie wurden am 03.11.2012, um 09:30 Uhr, bei der Polizeiinspektion X vorstellig und brachten unter den von Ihnen angeführten Personalien "X, StA. v. Iran" einen Antrag auf internationalen Schutz (Asyl) in Österreich ein. Im Zuge Ihrer Asylantragstellung konnten Sie kein gültiges Nationalreisedokument zur Vorlage bringen.

 

Im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung vor Beamten der PI X am 03.11.2012 gaben Sie an, dass Sie am 26.10.2012 Ihr Herkunftsland Iran in die Türkei verließen. In der Türkei hätten Sie sich 3 Tage aufgehalten. Ein Schlepper hätte Ihnen gefälschte Pässe ausgefolgt. Sie hätten auch ein Busticket nach Istanbul erhalten. In Istanbul wären Sie am 30.10.2012 von einem Mann erwartet worden, welcher Ihnen den Pass wieder abgenommen und Sie zu einer LKW Garage verbracht hätte. Anschließend wären Sie auf der Ladefläche eines LKW liegend bis nach Österreich gereist.

 

Befragt zu Asylantragstellungen innerhalb der Europäischen Union gaben Sie an, dass Sie in keinem anderen Land um Asyl angesucht hätten. Sie hätten auch von keinem anderen europäischen Land ein Visum ausgestellt bekommen.

 

Auf die an Sie herangetragene Frage zu Angaben über Familienangehörige in Österreich oder in einem anderen EU-Staat führten Sie an, dass Sie keine familiären Bezüge zu Österreich oder einen anderen EU-Staat hätten. Auf die weiters an Sie gerichtete Frage,

ob Sie über Barmittel oder andere Unterstützung verfügen führten Sie an, dass Sie völlig mittellos seien und auch von niemanden eine Unterstützung bekommen.

 

Am 07.01.2013 wurde Ihr Verfahren zugelassen und Ihnen die Aufenthaltsberechtigungskarte gem. § 51 AsylG ausgefolgt.

 

Am 15.01.2013 wurden Sie von Beamten des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, niederschriftlich einvernommen. Dabei wiederholten Sie im Wesentlichen Ihre Angaben von der Erstbefragung. Des Weiteren brachten Sie folgende Dokumente zur Vorlage:

·         Iranische ID-Card

·         Wehrbeendigungskarte

·         Arbeitskarte

·         Geburtsurkunde mit Lichtbild

·         Taufbestätigung vom x, Evangelische Pfarrgemeinde x

 

Am 16.01.2013 wurde seitens des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, eine Anfrage an die österreichische Botschaft in Teheran gerichtet. Am 21.01.2013 langte die Mitteilung der österreichischen Botschaft in Teheran ein, dass Ihnen die italienische Botschaft ein Visum ausgestellt hat. Gemäß Angaben der italienischen Botschaft haben Sie einen Antrag auf ein Touristen-Schengenvisa gestellt. Die Flugroute war am 17.10.2012 von Teheran via Istanbul nach Mailand und am 31.10.2012 von Rom via Istanbul nach Teheran. Zudem wurde eine Kopie Ihres Reisepasses beigefügt.

 

Mit Schreiben der österreichischen Dublinbehörden vom 21.01.2013 wurde ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 9 (2) der Dublin-II-VO an Italien gerichtet. Das seitens der österreichischen Behörden eingeleitete Wiederaufnahmeersuchen blieb von den italienischen Behörden unbeantwortet, weshalb mit Wirkung vom 26.03.2013 ein Verfristungsschreiben an Italien seitens des BAA EAST West erging. Die Zustimmung zur Prüfung Ihres Asylbegehrens geht daher mit Wirkung vom 26.03.2013 an den säumigen EU-Staat Italien über.

 

Am 19.04.2013 wurden Sie seitens des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen lauten wie folgt:

(...)

F: Wie geht es Ihnen derzeit gesundheitlich? Befinden Sie sich zurzeit in Österreich in ärztlicher Behandlung oder in Therapie bzw. leiden Sie an einer chronischen Krankheit?

A: Ich bin gesund.

 

(...)

 

F: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A. Ja.

 

(...)

 

F: Haben Sie Verwandte in Österreich?

A: Nein.

 

F. Wo leben Sie, leben Sie mit jemandem zusammen, bitte beschreiben Sie Ihre Wohnverhältnisse?

A.  Ich lebe in der Flüchtlingsunterkunft, alleine.

 

F: Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

A: Ich befinde mich in Grundversorgung.

 

F. Haben Sie eine Freundin oder eine Lebensgefährtin?

A. Nein, habe ich nicht.

 

F: Besuchen Sie eine Schule, einen Kurs?

A: Ich besuche einen Deutschkurs.

 

(...)

V: Entscheidung:

Das Bundesasylamt gelangt vorläufig zur Ansicht, dass für die Prüfung Ihres in Österreich gestellten Asylantrages gemäß der Dublin II Verordnung der Europäischen Union Italien zuständig ist.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens wurde bekannt, dass Sie im Besitz eines italienischen Visums, gültig vom 17.10.2012 bis 16.11.2012 waren. Sie haben einen Antrag auf ein Touristenvisum laut Auskunft der italienischen  Botschaft für einen fünftägigen Aufenthalt in Mailand und einen zehntätigen Aufenthalt in Rom gestellt. Ein ev. Aufenthalt in Österreich war aus den Unterlagen nicht ersichtlich. Die Flugroute war am 17.10.2012 von Teheran via Istanbul nach Mailand und am 31.10.2012 von Rom via Istanbul nach Teheran.

 

Aufgrund der Zustimmung des Staates Italien (Zustimmung gemäß Artikel 18 (7) iVm Artikel 20 der Dublin II Verordnung) wird Ihr Antrag auf internationalen Schutz in Österreich als unzulässig zurückgewiesen und Ihre sofort durchsetzbare Ausweisung in diesen Staat veranlasst.

 

F: Wollen Sie nun konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

A: Das stimmt alles nicht. Ich hatte kein italienisches Visum. Ich bin auch nicht mit einem italienischen Visum hier nach Österreich gekommen.

 

F. Gibt es Gründe, die gegen die oa. beschriebene Vorgehensweise sprechen würden?

A: Mein Leben war im Iran in Gefahr. Für mich spielt es keine Rolle wo, d.h. in welchem Land ich um Asyl ansuchen kann, ob dies in Italien, Spanien, Brasilien, Frankreich, Italien oder Bangladesch wäre.

 

F: Haben sie sämtliche Gründe vorgebracht, die der Vorgehensweise des Bundesasylamtes entgegenstehen?

A. Ja.

 

Anmerkung: Dem AW werden die übermittelten im Akt befindlichen Visaunterlagen vorgelegt.

 

F: Möchten Sie dazu etwas sagen?

A: Mein Onkel hat meine Reise aus dem Iran organisiert. Ich war im Gefängnis. Ich wurde vom Gefängnis entlassen. Mein Onkel mütterlicherseits sagte mir, dass ich aus dem Iran ausreisen soll. Er hat meine Ausreise aus dem Iran organsiert.

 

F. Mit welchen Verkehrsmitteln kamen Sie nach Europa?

A: Ich bin von Istanbul mit dem LKW nach Europa gekommen.

 

F. Wie haben Sie den Iran verlassen?

A. Ich bin mit verschiedenen Verkehrsmitteln aus dem Iran nach Istanbul gefahren. Ich bin von der Stadt Ahwaz mit dem Auto meines Onkels nach Orumiyeh gefahren. Dorthin hat mich eigentlich mein Onkel gebracht. Dort traf ich dann den Schlepper. Der Schlepper brachte mich dann bis zur türkischen Grenze. Wir fuhren mit dem Auto des Schleppers zur türkisch-iranischen Grenze. Ich habe die iranisch-türkische Grenze zu Fuss überquert. Von dort, ich war nicht alleine, es waren noch einige Flüchtlinge dabei, bin ich dann zusammen mit den anderen mit verschiedensten Verkehrsmitteln nach Istanbul gebracht worden.

Ich möchte konkretisieren, wir haben die türkisch-iranische Grenze zu Fuß überquert, dann sind wir mit einem Auto in die Stadt Van gefahren. Dann sind wir mit einem Bus nach Istanbul gefahren.

 

F. Waren Sie jemals im Besitz eines italienischen Visums?

A. Nein, ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht, was mein Onkel für mich gemacht hat, er hat meine Reise organisiert.

 

F. Waren Sie jemals bei einer italienischen Behörde oder bei einer italienischen Botschaft?

A. Nein.

 

F. Wie ist es dann möglich, dass die italienischen Behörden Ihnen ein Visum ausstellten?

A. Ich war nie bei der italienischen Botschaft.

 

Dem AW wird zur Kenntnis gebracht, dass ihm aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen eine kurze Länderfeststellung zu Italien vorgehalten werden muss. Dem AW werden die markierten Teile der Länderfeststellungen rückübersetzt.

 

Anmerkung: Die Länderfeststellungen bzw. Teile davon werden auf Wunsch des AW bis zur Seite 9 rückübersetzt. Der Aw möchte keine weitergehende Rückübersetzung der Länderfeststellungen.

 

A. Ich kenne mich jetzt schon aus. Ich möchte keine weitere Rückübersetzung.

 

F: Möchten sie zu den Länderfeststellungen eine Stellungnahme abgeben?

A:  Nein.

 

V: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie  noch etwas hinzufügen?

A: Nein. Ich möchte nur betonen, dass ich nicht mit einem italienischen Visum nach Europa gekommen bin.

 

(...)

 

Ihr Asylantrag vom 03.11.2012 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, AZ: 12 16.057, vom 22.04.2013, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Gleich gehend wurde festgestellt, dass für die Prüfung des Asylantrages Italien zuständig ist. Ferner wurden Sie mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Italien zulässig ist.

 

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG 2005 kommt einer Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

 

Dieser zitierte Bescheid wurde Ihnen am 24.04.2013 von Beamten der Polizeiinspektion X in Ihrer Unterkunft persönlich ausgefolgt.

 

Am 24.04.2013, um 09:10 Uhr – und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem Ihnen seitens des BAA der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden ist – wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion X in Ihrer Unterkunft in X, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde ua. aus:

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig – nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und Sie zudem in Ihrem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen wurden – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

Weiters sind Sie völlig mittellos.

 

Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG hat die Behörde – im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG – kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung Gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig ist und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenstehen.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit wird festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde und gleich gehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen (und bei Vorliegen einer Ausreiseunwilligkeit) ein Sicherungsbedarf bereits indiziert ist. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach Italien ist in Ihrem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich Ihr Asylverfahren im finalen Stadium befindet und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren (bei Ausweisungen in einen EU-Staat ==> verkürzte Rechtsmittelfrist ==> 1 Woche) von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen ist.

 

Seitens der bescheiderlassenden Behörde wird an dieser Stelle festgehalten, dass Sie bei Ihrer Erstbefragung nach dem AsylG vor Polizeibeamten am 03.11.2012 – trotz ausdrücklicher Belehrung, dass unwahre Aussagen nachteilige Folge für Sie haben können – sowohl zum Zeitpunkt des Verlassens Ihres Herkunftsstaates als auch zu Ihrem "Fluchtweg" bzw. zu Ihrer Reiseroute bis nach Österreich nachweislich völlig falsche Angaben getätigt haben. Im Besonderen haben Sie die vorausgehende Ausstellung eines Visums durch die italienischen Behörden nachhaltig verschwiegen. Sie zeigten durch Ihr Verhalten nicht nur, dass Sie an der Klärung des Sachverhaltes gegenüber den österreichischen Behörden nicht das geringste Interesse haben, sondern unternahmen mit Ihrem vorsätzlichen Verhalten den offensichtlichen Versuch, die österreichischen Asyl- und Fremdenpolizeibehörden in Bezug auf Ihren tatsächlichen letzten Aufenthalt vor Ihrer illegalen Einreise ins Bundesgebiet zu täuschen um sich dadurch ein - zumindest temporäres - Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet als Asylwerber zu erschleichen.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Ihre Verhaltensweise auch völlig dem Grundgedanken der Genfer Flüchtlingskonvention widerspricht. Von Fremden, welche im Rahmen eines Asylverfahrens ins Treffen bringen in Ihrem Herkunftsstaat einer Verfolgung ausgesetzt zu sein, darf sehr wohl erwartet werden, dass Sie wahrheitsgemäße Angaben zu Ihrer Fluchtsituation, zum Fluchtzeitpunkt und zu Ihrem Fluchtweg, sowie zu einem vorausgehenden Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union tätigen.

 

Ebenso besteht der dringende Tatverdacht, dass Sie die italienischen Behörden anlässlich der Beantragung der Ausstellung eines Einreisevisums vorsätzlich getäuscht bzw. jedenfalls nicht über den tatsächlichen Grund Ihrer geplanten Reisebewegung in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Kenntnis gesetzt haben.

 

Durch die Gesamtheit Ihrer Handlungsweise und Ihrer Aussagen im Asylverfahren ist es offensichtlich, dass Sie den EU-Staat Italien als vollkommen ungeeignet halten um ein Asylbegehren im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens prüfen zu lassen und um sich zur Verfügung der dortigen Behörden zu halten. Sie nahmen für Ihr Vorhaben, nämlich Ihr Reiseziel oder zumindest ein Reisezwischenziel von Ihnen (Österreich) am Landweg zu erreichen einen illegalen Grenzübertritt innerhalb er Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz bewusst in Kauf, welcher sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in Ihrem Herkunftsstaat Iran rechtfertigen lässt. Sie gaben an, dass Sie kein bestimmtes Reiseziel gehabt hätten.

 

Nicht nur alleine Ihr Verhalten in Österreich zeigt auf, dass Sie keinesfalls gewillt sind, sich der Abschiebung nach Italien zu stellen, um sich dort einem Asylverfahren zu unterziehen. Ebenso weist auch der Umgang mit den italienischen Behörden in diese Richtung. Italien bzw. die italienischen Behörden haben Sie offenbar nur dazu benutzt sich – vermutlich unter Vorspiegelung von vollkommen falschen Voraussetzungen – sich eine Einreise in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verschaffen. Des Weiteren ist festzuhalten, dass Sie Italien offensichtlich für vollkommen ungeeignet halten um einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz einzubringen und diesen im Rahmen eines rechtsstaatlich geführten Verfahrens von den italienischen Behörden prüfen zu lassen.

 

Sie haben es vorgezogen illegal nach Österreich einzureisen. Mit der Asylantragstellung in Österreich wollten Sie augenscheinlich den Aufenthalt in Österreich legalisieren, eine Abschiebung hintanhalten und das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime  unterlaufen. Um dieses von Ihnen angestrebte Ziel zu erreichen haben Sie – trotz entsprechender Belehrung über die Konsequenz, dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen für Sie haben können – an der Klärung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt bzw. im Gegenzug dazu den österr. Behörden eine in sämtlichen Punkten von Ihnen völlig frei erfundene Flucht- und Reisewegsituation präsentiert. Zudem haben Sie im Rahmen der Erstbefragung – auch nach wiederholtem Vorhalt – verschwiegen, dass Sie unter Verwendung eines italienischen Visums, gültig vom 17.10.2012 bis 31.10.2012, eingereist sind. Sie benutzten dieses Visum um legal in die Europäische Union einreise zu können um anschließend im Bereich der Europäischen Union ein Asylbegehren zu deklarieren.

 

Bei der Bewertung der Wahl der Mittel zur Erreichung Ihres nachhaltigen Zieles ist im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass Sie sich – auf freien Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen werden um eine Außerlandesbringung von Österreich nach Italien mit Erfolg zu vereiteln oder um diese Maßnahmen zumindest wesentlich zu erschweren.

 

Ebenso kommt bei der Wahl der Mittel zur Sicherung fremdenpolizeilicher Maßnahmen dem Grad der Bereitschaft des Fremden an der Mitwirkung zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes hohe Bedeutung zu.

 

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 ist von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen; Konkret stehen der Schubhaft besondere Umstände in der Person des Asylwerbers entgegen. Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 umfasst der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerber hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen die Einschränkungen einer Schubhaft spricht, vorrangig gelindere Mittel anzuordnen (anstelle der Schubhaft). Derartige Umstände liegen in Ihrem Fall jedoch offenkundig nicht vor, da Sie volljährig sind und keine familiären und/oder sozialen Pflichten in Österreich zu erfüllen haben. Es konnten im Rahmen des Asyl- und Ausweisungsverfahrens keinerlei Sachverhaltsfakten festgestellt werden, die aus gesundheitlicher Sicht einer Überstellung von Ihnen nach Italien entgegen stehen.

 

Ein gelinderes Mittel würde zudem die Gefahr beinhalten, dass Sie – nach Abtauchen in die Anonymität – dem österreichischen Staat weiters finanziell zur Last fallen könnten. Da Sie Ihren Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müssen, ist die Gefahr sehr groß, dass Sie dies auf illegale Art und Weise bewerkstelligen werden.

Für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verfügen Sie nicht über ausreichende Barmittel. Eine rechtmäßige Beschäftigung können Sie nicht ausüben, da Sie weder im Besitz einer arbeitsmarkt- noch aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sind. Es müssten daher für den weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden.

 

Selbst bei der Anordnung eines Gelinderen Mittels unter Anwendung von verschärften Auflagen, z.B.: die behördliche Anordnung zur Unterkunftsaufnahme in einem von der Behörde bestimmten Wohnobjekt unter gleich gehender Anordnung einer periodisch kurz gehaltenen Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle, wäre der von Ihnen bereits innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeit in der Europäischen Union unter Beweis gestellten äußerst hohen räumlichen Mobilität kein effektiver Einhalt geboten und demzufolge könne somit das von der Behörde zu verfolgende Ziel, nämlich die Sicherung des Ausweisungsverfahrens sowie die Sicherung der Außerlandesbringung –mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit- auch nicht adäquat erreicht werden. Die Möglichkeit einer im Rahmen des Gelinderen Mittels allfällig darüber hinausgehenden zusätzlich anwendbaren Auflage, nämlich eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen, scheidet in Ihrem Fall, und zwar in Anbetracht Ihrer de facto vorliegenden völligen Mittellosigkeit, ohnehin aus. Im Hinblick auf die bisher von Ihnen gezeigte Motivation, nämlich nationale Staatsgrenzen innerhalb der EU Ihrem freien Belieben nach irregulär zu überschreiten um sich dadurch eine größtmögliche räumliche Mobilität zu verschaffen, ist auch die von der bescheiderlassenden Behörde mit der gegenständlichen Anordnung einer Schubhaft getroffene Prognose, nämlich dass Sie –mit wiederum an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit- einer unrechtmäßigen weiteren irregulären Reisebewegung von Österreich in einen weiteren Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorzug geben werden gegenüber einer behördlichen Überstellung von Österreich nach Italien zulässig.

 

(...)

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf durch seine Vertreter mit Telefax vom 30. April 2013 Schubhaftbeschwerde an den UVS des Landes Oberösterreich.

 

Darin wird ua. wie folgt ausgeführt:

Der BF ist am 03.11.2012 in Österreich eingereist und hat am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Er befand sich bis zu seiner Inschubhaftnahme in einem Grundversorgungsquartier. Am 24.4.2013 wurde ihm der erstinstanzliche Bescheid des Bundesasylamts zugestellt mit welchem sein Asylantrag gem. § 5 AsylG zurückgewiesen wurde. Unmittelbar nach der Zustellung wurde er festgenommen. Am selben Tag wurde die Schubhaft über den BF verhängt (Bescheid vom 23.4.2013).

 

Dagegen richtet sich die eingebrachte Beschwerde.

 

Sowohl die Schubhaftverhängung als auch die Anhaltung in Schubhaft sind rechtswidrig.

 

1. Unverhältnismäßigkeit der Haft

 

(...)

 

Art 1 Abs. 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit sieht demnach vor, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist, Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf § 76 Abs. 2a Z 1 FPG.

 

Auch wenn § 76 Abs. 2a FPG vorsieht, dass die Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber in den dort genannten Fällen die Schubhaft anzuordnen hat, hat im Sinne einer verfassungskonformen Anwendung der Bestimmung eine individuelle Prüfung der Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen.

 

(...)

 

Genau dies trifft auch im Fall des BF zu: über ihn wurde ohne ausreichende Begründung die Schubhaft angeordnet. Mit der konkreten Situation des BF hat sich die Erstbehörde im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend auseinander gesetzt Der angefochtene Bescheid lässt daher auch eine nachvollziehbare Begründung dahingehend vermissen, weshalb anzunehmen sei, dass die Schubhaft notwendig sei.

(...)

 

Im konkreten Fall hat der BF nach seiner Einreise ins Bundesgebiet umgehend einen Asylantrag gestellt. Der BF wurde darauf in der Erstaufnahmestelle West und nach Zulassung des Verfahrens in einem Grundversorgungsquartier untergebracht, wo er sich bis zu seiner Inschubhaftnahme aufgehalten hat. Der BF hat gem. § 2 Abs. 1 Z 1 GVG-B 2005 Anspruch auf Grundversorgung bis er das Bundesgebiet verlassen hat, solange er in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht ist. Der BF hat aus eigenen Stücken den Kontakt zu den österreichischen Behörden gesucht und im Asylverfahren kooperiert. Er hat bis zu seiner Abschiebung einen Rechtsanspruch auf eine Unterbringung. Es ist nicht nachvollziehbar warum die belangte Behörde davon ausgeht, dass die Abschiebung des BF gesichert werden müsse.

 

Die belangt Behörde begründet ihren Bescheid ua. damit, dass der BF zu seinem Fluchtweg, bzw. seine Reiseroute „völlig falsche Angaben getätigt" hätte. {Bescheid S. 7)

Der BF war im Iran im Gefängnis. Sein Onkel hatte seine Flucht geplant und organisiert. Er weiß nichts von einem italienischen Visum. Er ist mit Schlepperhilfe auf dem Landweg aus dem Iran über die Türkei und weiter in einem LKW versteckt nach Österreich gelangt Das Reiseziel war dem BF nicht bekannt Bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 19.4.2013 wurde dem BF die geplante Vorgehensweise, nämlich die Überstellung nach Italien, mitgeteilt Die Antwort des BF darauf lautete: „Mein Leben war im Iran in Gefahr. Für mich spielt es keine Rolle wo, d.h. in welchem Land ich um Asyl ansuchen kann, ob dies in Italien, Spanien, Brasilien, Frankreich, Italien oder Bangladesch wäre." Damit hat er gesagt dass er nichts gegen die Vorgehensweise einzuwenden hat, vorausgesetzt, er hat in dem Land, in das er überstellt wird, Zugang zum Asylverfahren.

 

Die Aussage des BF steht ganz im Gegensatz zur Behauptung der belangten Behörde, der BF sei „keinesfalls gewillt (...), sich der Abschiebung nach Italien zu stellen." (Bescheid, S. 7 unten)

 

Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebots und wegen der Formulierung des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG („um zu sichern") kann auch die Ausweisungsabsicht zur Rechtfertigung eines Freiheitsentzuges nur dann hinreichen, wenn die Verhängung der bzw. Anhaltung in Schubhaft tatsächlich notwendig ist, um die Außerlandesschaffung zu sichern.

 

Das erforderliche Sicherungsbedürfnis, welches die Anordnung von Schubhaft rechtfertigen könnte, liegt beim BF nicht vor.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft sind daher rechtswidrig.

 

2. Nichtanwendung des gelinderen Mittels

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18.05.2001, ZI. 2001/02/0048 ausgesprochen und in ständiger Judikatur bekräftig hat, hat die schubhaftverhängende Behörde die Anwendung des gelinderen Mittels zu prüfen. Dies wurde im konkreten Fall unterlassen. Die Behörde führt dazu aus, dass sie bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung gelinderer Mittel gem. § 77 FPG habe. Eine nähere Begründung dieser Rechtsansicht ist dem Bescheid nicht zu entnehmen.

(...)

 

Da die belangte Behörde die Möglichkeit der Verhängung des gelinderen Mittels nicht geprüft hat, ist die Schubhaft rechtswidrig.

 

3. Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1560/2003

Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem

Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist lautet:

 

„KAPITEL III

DURCHFÜHRUNG DER ÜBERSTELLUNG

Artikel 7

Modalitäten der Oberstellung

(1) Die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat kann auf eine der folgenden Weisen erfolgen:

a) auf Initiative des Asylbewerbers innerhalb einer vorgegebenen Frist;

b) in Form der kontrollierten Ausreise, wobei der Asylbewerber bis zum Besteigen des Beförderungsmittels von einem Bediensteten des ersuchenden Staates begleitet wird und dem zuständigen Staat Ort, Datum und Urzeit seiner Ankunft bis zu einer vereinbarten Frist vor der Ankunft mitgeteilt wurden;

c) in Begleitung, wobei der Asylbewerber von einem Bediensteten des ersuchenden Staates oder einem Vertreter einer von dem ersuchenden Staat zu diesem Zweck beauftragten Einrichtung eskortiert und den Behörden des zuständigen Staats überstellt wird."

 

Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass es eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten gibt bzw. dass eine freiwillige Ausreise des Asylwerbers in den zuständigen Mitgliedsstaat prioritär ist. Auch die österreichische Rechtsordnung geht von der grundsätzlichen Annahme aus, dass Gesetze zwar mit Zwangsandrohung, aber zunächst ohne Zwangsausübung eingehalten werden. Zunächst ist davon auszugehen, dass ein Gesetz bzw. eine gesetzlich ergangene Entscheidung von den Rechtsunterworfenen grundsätzlich respektiert und eingehalten wird. Erst, wenn sich herausstellt, dass dies nicht der Fall ist, kann zu Zwangsmaßnahmen gegriffen werden. Eine automatische Schubhaftverhängung, d.h. die grundsätzliche Annahme ein Gesetz würde von den Rechtsunterworfenen generell nicht befolgt werden - wie sie derzeit in der Praxis stattfindet - findet keine Deckung in der österreichischen Verfassung.

 

Nach Abschluss des Verfahrens über die (Unzuständigkeit Österreichs ist zunächst dem Asylwerber die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben. Erst wenn sich herausstellt, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreist bzw. zu verstehen gibt, dass er dies nicht tun wird, ist eine Haftverhängung zulässig.

Die Schubhaftverhängung des BF ohne Einhaltung dieser Abfolge steht daher sowohl in Widerspruch zur oben genannten Verordnung, als auch zur österreichischen Verfassung und ist daher inhaltlich rechtswidrig.

 

 

Abschließend werden die Anträge gestellt, der UVS im Land Oberösterreich möge

1. die Verhängung der Schubhaft und

2. die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären sowie

3. Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung (Schriftsatz- Verhandlungsaufwand) und der Eingabegebühr zuerkennen.

 

 

2.1.1. Mit E-Mail vom 30. April 2013 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

2.1.2. In einer Gegenschrift vom selben Tag führt die belangte Behörde ua. aus:

Im Besonderen wird auf die ha. Aktenunterlagen und den bereits im Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23.04.2013 ausgeführten Sachverhalt hingewiesen.

 

Im Weiteren darf auch ein aktueller Auszug aus dem AIS beigefügt werden.

Wie aus dem AIS, dem Schubhaftbescheid und nunmehr auch aus der vorliegenden Beschwerde unbestreitbar hervorgeht, befindet sich das Dublinverfahren des Fremden im finalen Stadium, unmittelbar vor der durch den Beschwerdeführer absolut nicht gewünschten Überstellung nach Italien.

 

Darüber hinaus wird hervorgehoben, dass im vorliegenden Fall ein konkreter Sicherungsbedarf vorliegt und ohne einer freiheitsentziehenden Sicherheitsmaßnahme berechtigt und klar im angefochtenem Schubhaftbescheid begründet, nicht davon ausgegangen werden kann, das vorliegende Ausweisungsverfahren zu beenden und eine Vollstreckung mit der Abschiebung nach Ungarn vollziehen zu können.

 

Im vorliegenden Fall konnte in der Gesamtschau des Sachverhaltes:

·          Völlig frei erfunden Reiseroute

·          Identität in Österreich durch Unterdrückung von Unterlagen und Urkunden nicht gesichert

·          bewusstes Vernichten und Unterdrücken von Unterlagen und Papieren, die zur Reiseroute und Identität Hinweise geben (italienisches Visum, Reisepass)

·          Falschangaben bzw. Verschleierung von Angaben (zB Reiseroute, Ausstellung des italienischen Visum) in der Erstbefragung trotz eingänglicher Belehrung

 

nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer sein Verhalten geändert hätte und eine Tendenz dahingehend nunmehr zeigen würde, die Einhaltung der Rechtsordnung und Rechtsbestimmung zu akzeptieren. Es war nicht zu erkennen und daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr die Rechtsordnung befolgen und sich zur Verfügung der Behörde halten werde. Folglich konnte mit vorliegenden Sachverhalt kein Anhaltspunkt erkannt werden, der für den Fremden spreche und eine Sicherung des Ausweisungsverfahrens und eine Sicherung der Abschiebung nach Italien abseits der Schubhaft mit einem gelinderen Mittel zulassen würde.

 

Der Bf gab an, über die Türkei versteckt auf der Ladefläche eines LKW liegend bis nach Österreich gereist zu sein. Auf die an ihm herangetretene Frage, ob für ihn je ein Visa ausgestellt wurde, antwortete er "Nein". Das Asylverfahren des Bf wurde seitens des Bundesasylamtes zugelassen. Es wurde sodann eine Anfrage an die österreichische Botschaft in Teheran gestellt. Laut Mitteilung dieser wurde von der italienischen Botschaft ein Touristen-Sichtvermerk – mit 5 Tagen in Mailand und 10 Tagen in Rom – für die Dauer vom 17.10.2012 bis 16.11.2012 ausgestellt.

 

Der Bf hat zwar angegeben, dass es für ihn keine Rolle spielen würde, in welchem Land er um Asyl ansuchen würde, jedoch erscheint dies auf keinen Fall nachvollziehbar. Hätte der Bf tatsächlich kein Problem, dass Italien sein Asylgesuch prüft, hätte der Bf sein italienisches Visum nicht verschwiegen bzw. hätte der Bf in Italien seinen Asylantrag gestellt. Hätte der Bf mit einer Überstellung nach Italien kein Problem, so hätte der Bf auch keine Beschwerde im Asylverfahren eingebracht. Diese Beschwerde vom 29.04.2013 zeigt, dass der Bf mit der Entscheidung des Asylamtes und mit der Tatsache, dass Italien für sein Asylverfahren zuständig ist, nicht einverstanden ist.

 

Es befindet sich nicht nur das Außerlandesbringungsverfahren im absolut letzten Stadium, sondern zeigt auch die Handlungsweise des Beschwerdeführers erneut auf, dass er alles daran setzen werde, um dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme, seiner Außerlandesbringung aus Österreich, zu entgehen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST West vom 22.04.2013 wurde der Fremde durchsetzbar nach Italien ausgewiesen und sein Asylbegehren nach der Dublin-VO gem. § 5 AsylG 2005 nach Italien zurückgewiesen. Am 29.04.2013 brachte der Genannte Beschwerde beim Asylgerichtshof ein.

Es ist daher beabsichtigt, den Beschwerdeführer – nach Ablauf der Wochenfrist – ca. in der KW 20 nach Italien abzuschieben. Dass der Beschwerdeführer nicht nach Italien zurückkehren will, ist nicht nur auf Grund seiner Handlungsweise, sondern auch auf Grund seiner letztlich nunmehr eingebrachten Schubhaftbeschwerde außer Zweifel. Um letztlich die in Kürze bevorstehende Überstellung in den für den Beschwerdeführer zuständigen Mitgliedstaat Italien auch vollziehen zu können, wird dringend die kostenpflichtige Abweisung vorliegender Beschwerde beantragt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen vom Bf nicht substantiell widersprochenen - unter den Punkten 1.1.1. sowie 2.1.2.  dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1.  Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 68/2013, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.  

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 23. April 2013 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2. Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1.     gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2.     eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3.     der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG mehr als einmal verletzt hat;

4.     der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz AsylG nicht nachgekommen ist, oder

5.     der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde,

6.     sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegen stehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.3.1. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf am 3. November 2012 einen Asylantrag in Österreich gestellt hat. Er ist somit Asylwerber und unterliegt betreffend Schubhhaftverhängung grundsätzlich dem § 76 Abs. 2 bzw. 2a FPG.

 

3.3.2. Nach § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG hat die Fremdenpolizeibehörde die Schubhaft anzuordnen, wenn gegen einen Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt.

 

Im vorliegenden Fall ist nun allseits unbestritten, dass gegen den Bf mit Bescheid des BAA vom 22. April 2013 eine zurückweisende Entscheidung seines Asylantrages vom 3. November 2012 sowie eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde. Daran ändert es auch nichts, dass der Bf mit Beschwerde vom 29. April diese erstinstanzliche Entscheidung anficht. Die oa. Tatbestandsvoraussetzung liegt – ohne näher darauf eingehen zu müssen – also vor.

 

3.3.3. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg. cit., der mit der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 introduziert wurde, grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten 6 Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des
§ 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Ein Vergleich mit den Materialien zeigt zudem, dass durch diese Norm das Institut des gelinderen Mittels nach § 77 FPG unberührt bleibt und somit in die Erörterung mit einzubeziehen ist.

 

3.3.4.1. Im vorliegenden Fall ergibt sich betreffend den Sicherungsbedarf – entgegen der Ansicht in der Beschwerde - ein eindeutiges Bild:

 

Es ist zwar zutreffend, dass den Umständen der völligen Mittellosigkeit, Wohnsitzlosigkeit und des Fehlens integrationsbegründender Beziehungen im Bundesgebiet sowie einer Ausreiseunwilligkeit eines Fremden alleine betrachtet nicht zwingend die Annahme eines hohen Sicherungsbedarfes und in der Folge die Verhängung der Schubhaft zu folgen haben, allerdings ergeben sich im vorliegenden Fall doch besondere Aspekte.

 

3.3.4.2. Vor allem betrifft dies zunächst die vom Bf in der Beschwerde vorgebrachte grundsätzliche Ausreisewilligkeit. Von einer solchen kann jedenfalls bei näherer Betrachtung nicht ausgegangen werden.

 

Wie sich aus der Aktenlage ergibt, wurde das Asylverfahren des Bf zunächst zugelassen, da er die Tatsache verschwieg, dass er von der italienischen Botschaft – unter Vorlage seines nunmehr nicht mehr "vorliegenden" Reisepasses – ein Touristenvisum gültig ab 17. Oktober 2012 bis 30. Oktober 2012 für Italien erwirkte. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Beschaffung des Visums von seinem Onkel (wie der Bf nun behauptet) oder von ihm persönlich vorgenommen wurde. Betrachtet man den engen zeitlichen Konnex zwischen dem Zeitraum des legalen Aufenthalts in Italien (Mitte bis Ende Oktober 2012) und der Asylantragstellung in Österreich am 3. November 2012, so wird deutlich, dass – wie von der belangten Behörde und auch vom BAA angenommen, die vom Bf geschilderte Reisebewegung nicht den Tatsachen entsprechen kann. Es ist ihm aber zuzubilligen, dass sein strategisch motiviertes Leugnen den Erfolg der Zulassung zum Asylverfahren in Österreich vorerst zeitigte und ihn seiner Zielerreichung entscheidend näher brachte. In herkömmlichen Fällen, in denen sich ein Asylwerber (auch bei Dublinfällen) über mehrere Monate den österreichischen Behörden zur Verfügung hält, kann wohl nicht von einem hohen Sicherungsbedarf und der Annahme ausgegangen werden, der Fremde würde in die Anonymität untertauchen; hier aber entwickelte sich der besonders hohe Sicherungsbedarf gerade erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Bf erkennen musste, dass sein beharrliches (und noch immer fortgesetztes Leugnen) letztendlich doch an den Tag kam. Aus seiner Sicht bedarf es daher einer Strategieänderung, zu der der völlig flexible und familiär ungebundene Bf jedenfalls bereit und auch orientiert scheint. Diese Annahme wird auch dadurch untermauert, dass der Bf, dem es angeblich ja nur auf die Erlangung von Asyl in welchem Staat auch immer ankommt, dennoch umgehend die zurückweisende Entscheidung im Asylverfahren und die darin verfügte Ausweisung nach Italien (nicht in seinen Herkunftsstaat) bekämpfte. Ginge es ihm bloß um die Erlangung von Asyl, hätte er keinen Grund die Abschiebung nach Italien, wo ihm (wie vorher in Österreich) ein Asylverfahren offen steht und sich nur die staatliche Zuständigkeit geändert hat, anzufechten. Dies wird erst dann verständlich, wenn man ins Kalkül zieht, dass der Bf eben gerade nicht zur Ausreise nach Italien bereit ist und dazu beharrlich die Behörden irreführende Angaben macht. Nachdem diese aber gescheitert sind, bleibt ihm nur mehr das Untertauchen in die Anonymität, um sein offensichtliches Ziel, den Aufenthalt in einem für ihn wirtschaftlich attraktiven Staat der Europäischen Union dauerhaft zu gewährleisten.

 

Kombiniert mit dem Umstand, dass er in Österreich kein entsprechendes Identitätsdokument "vorlegen konnte", dass er die Visumsausstellung von Seiten Italiens leugnet, dass er ohne finanzielle Unterstützung zur Sicherung seines Lebensunterhalts Wege abseits der legalen Beschäftigung beschreiten müsste, zumal er hier auch keine verwandtschaftlichen Beziehungen bemühen kann, führen zu der klaren Feststellung, dass der Bw sich keinesfalls ab Zustellung des negativen Asylbescheides, verbunden mit der evidenten Aussicht ehestbaldig nach Italien abgeschoben zu werden, dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörden zur Verfügung gehalten haben würde.

 

3.3.4.3. Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente – von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – ehestmöglich fraglos dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde. Je weiter dieses Verfahren fortschreitet, desto höher ist auch die Fluchtgefahr anzusetzen. Diese bestand aber schon zweifellos zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme massiv.

 

3.4.1. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

3.4.2. Betreffend die vertiefte Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 76 Abs. 2a ist die Feststellung zu treffen, dass weder aufgrund des Alters noch aufgrund des Gesundheitszustandes Sachverhaltselemente bekannt wurden, die an der Verhältnismäßigkeit Zweifel aufkommen lassen würden.

 

3.4.3. Zu den in der Beschwerde ganz allgemein behaupteten Verletzungen von Unionsrecht ist wie folgt auszuführen:

 

Zunächst zum behaupteten Widerspruch zur Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (Abl L 348/98 ff):

 

Richtig ist, dass nach dem die Haft für Zwecke der Abschiebung behandelnden Art. 15 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie im Fall der Inhaftnahme durch eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich eine gerichtliche Überprüfung vorgesehen wird. Dabei ist aber entgegen der Beschwerdedarstellung nicht bloß auf die amts-

wegige Überprüfung der Schubhaft nach vier Monaten abzustellen. Die RL überlässt es vielmehr dem Mitgliedstaat, die Rechtmäßigkeit entweder nach Haftbeginn innerhalb kurzer Frist gerichtlich überprüfen zu lassen (Abs. 2 lit. a) oder dem Drittstaatsangehörigen das Recht einzuräumen, einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Haft innerhalb kurzer Frist zu stellen, worüber er auch zu belehren ist (Abs. 2 lit. b).

 

Die Regelung der §§ 82 ff FPG mit dem Recht, die Prüfung der Schubhaft durch den Unabhängigen Verwaltungssenat jederzeit zu beantragen, und die Entscheidungspflicht binnen einer Woche bei aufrechter Anhaltung entspricht daher den Vorgaben der Richtlinie. Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung hat der Schubhaftbescheid in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten (vgl § 76 Abs. 3 FPG). Die behauptete Verletzung der Rückführungsrichtlinie ist demnach unzutreffend.

 

Was schließlich den behaupteten Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie betrifft, ist auf die bereits dargelegten Ausführungen zur Prüfung der Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels weiter unten zu verweisen.

 

3.5. In Anbetracht des besonders hohen Sicherungsbedarfes scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht bzw. eine finanzielle Sicherheitsleistung würden das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, zumal der Bf - wie oben dargestellt – spontan die Gelegenheit nutzen würde, um sich den Verfahren zu entziehen, deren kurzfristiges Ergebnis die Abschiebung nach Italien zeitigen würde.

 

Zugegebener Maßen hielt sich der Bf den österreichischen Behörden seit Ende des Jahres zur Verfügung und wirkte – wenn auch mit unlauteren Mitteln und durchaus strategisch motiviert – am Asylverfahren bis zur negativen Entscheidung mit, was aber nicht bedeutet, dass er nun in der Folge für die Behörden zur Verfügung stehen würde bzw. gestanden wäre, wenn es um seine Rückführung ginge bzw. gegangen wäre. Im vollen Wissen der für ihn ungünstigen Entwicklungen durch die durchsetzbare asylrechtliche Ausweisung und die darauf erfolgenden Schritte der österreichischen Behörden, würde eine tägliche Meldepflicht also nicht ausgereicht haben, um ihn zu einer nachhaltigen Mitwirkung zu bewegen. Eine finanzielle Sicherheitsleistung scheitert schon am Umstand der relativen Mittellosigkeit des Bf. 

 

Dies aber hat zur Konsequenz, dass die belangte Behörde die Anwendung eines gelinderen Mittels zurecht ausschloss, wobei anzumerken ist, dass sie dies im angefochtenen Bescheid sehr wohl – auch hinsichtlich der einzelnen Varianten des gelinderen Mittels - thematisierte, weshalb der diesbezügliche Vorwurf in der Beschwerde nicht nachvollziehbar scheint.

 

3.6. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt.

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden,  bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.     zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit gut einer Woche in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Die Abschiebung des Bf nach Italien ist für die Kalenderwoche 20 geplant. Es liegen somit keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch längere Zeit andauern werde, zumal die Abschiebung des Bf nach der impliziten Zustimmung Italiens zur Rückübernahme in naher Zukunft erreichbar scheint.

 

3.7.3. Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung nach Italien, ist zum Entscheidungszeitpunkt somit absolut zeitnah erreichbar, da aktuell keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung sprechen würden.

 

3.8. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom
30. April 2013 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von insgesamt 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Bernhard Pree

 

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