Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231327/2/Gf/Rt

Linz, 13.05.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung der K gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 16. April 2013, Zl. S-3040/13-2, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des  Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 16. April 2013, Zl. S-3040/13-2, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 6 Euro) verhängt, weil sie am 19. Jänner 2013 in der Zeit zwischen 20:42 Uhr und 20:45 Uhr in L die öffentliche Ordnung dadurch ungerechtfertigt gestört habe, dass sie lautstark herumgeschrien habe. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 53/2012 (im Folgenden: SPG), begangen, weshalb sie nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das der Rechtsmittelwerberin angelastete deliktische Verhalten auf Grund der dienstlichen Wahrnehmungen der einschreitenden Polizeibeamten als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Rechtsmittelwerberin als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 980 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten).

1.2. Gegen dieses ihr am 18. April 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. Mai 2013 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin wendet die Rechtsmittelwerberin zunächst ein, dass das von der belangten Behörde dem Straferkenntnis zu Grunde gelegte Verhalten nicht den Tatsachen entspreche; insbesondere sei sie in Wahrheit in der Gegenrichtung unterwegs gewesen, habe lediglich drei Mal "Nazis raus!" bzw. "Burschis raus!" gerufen – was keinesfalls drei Minuten, sondern nur wenige Sekunden in Anspruch genommen habe – und auch keinen Sprechchor während der Datenaufnahme durch die Polizei gestartet. Davon abgesehen habe sie diese Äußerungen im Zuge einer Versammlung als ihre politische Meinung abgegeben.

Weil sie zudem als Studentin nur über ein sehr geringes Einkommen verfüge, wird aus allen diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Landespolizeidirektion Oberösterreich zu Zl. S-3040/13-2; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 81 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

Nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. a des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 80/2012 (im Folgenden: OöPolStG), begeht – außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung – u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 360 Euro zu bestrafen, der den öffentlichen Anstand verletzt; als Anstandsverletzung ist nach § 1 Abs. 2 OöPolStG jedes Verhalten in der Öffentlichkeit anzusehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet. Gemäß § 3 OöPolStG ist in gleicher Weise zu bestrafen, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

 

Unter dem Blickwinkel der in § 1 Abs. 1 OöPolStG und in § 3 Abs. 1 OöPolStG jeweils normierten Subsidiaritätsklausel resultiert damit für Sachverhalte, die prima vista sowohl das Tatbild der Ordnungsstörung als auch jenes der Anstandsverletzung oder jenes der Lärmerregung erfüllen könnten, dass im Spruch des Straferkenntnisses im Wege einer präzisierenden Qualifikation des Verhaltens des Beschuldigten entsprechend zu konkretisieren ist, welches dieser Delikte ihr tatsächlich angelastet werden soll.

 

3.2. Diesen aus § 44a Z. 1 VStG resultierenden Anforderungen genügt es somit nicht, wenn im Spruch des Straferkenntnisses – wie im gegenständlichen Fall – lediglich angeführt wird, dass die Beschuldigte "lautstark herumgeschrien" habe.

 

Vielmehr wäre, wenn die belangte Behörde intendiert, ihr eine Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG anzulasten, auch näher zu umschreiben gewesen, inwiefern durch dieses lautstarke Schreien einerseits auch die öffentliche Ordnung gestört wurde (z.B., indem am Vorfallsort ein außergewöhnliches Aufsehen erregt wurde, ein Auflauf entstanden war, der Ort für Unbeteiligte nur mehr erschwert passierbar war, o.Ä., sodass eben nicht bloß eine Lärmbelästigung i.S.d. § 3 Abs. 1 OöPolStG oder eine Anstandsverletzung i.S.d. § 1 Abs. 1 OöPolStG gegeben war) und diese Störung andererseits auch nicht gerechtfertigt war (z.B. deshalb, weil die hier von der Rechtsmittelwerberin behauptete Versammlung de facto nicht vorlag [sofern von der belangten Behörde nicht überhaupt eine Übertretung des Versammlungsgesetzes zu ahnden gewesen wäre]). 

 

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

 

Im Hinblick auf die derzeit noch offene Verfolgungsverjährungsfrist war eine Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG nicht zu verfügen; vielmehr hat die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen, ob und in welcher Hinsicht das Verwaltungsstrafverfahren weitergeführt wird oder einzustellen ist.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des  Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

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