Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310523/2/Kü/Ba

Linz, 14.05.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn DI P B, vertreten durch N H Rechtsanwälte GmbH, W, W, vom 14. Jänner 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Kirchdorf an der Krems vom 27. Dezember 2012, UR96-20-1-2012, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 27. Dezember 2012, UR96-20-1-2012, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z 10 iVm § 37 Abs.4 Z 4 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von   1.800 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Als abfallrechtlicher Geschäftsführer und somit verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG der K Z H Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in K, H (FN X), haben Sie es zu verantworten, dass am 27.10.2011 in der bestehenden Ersatzbrennstoff-Lagerhalle 4 (EBS), im bestehenden EBS-Silo 3 sowie im bestehenden EBS-Annahmebunker Änderungen der Anlagen durchgeführt und errichtet waren, obwohl für die Durchführung dieser Änderungen noch keine bescheidmäßige Erledigung seitens der Abteilung AUWR des Amtes der O.Ö. Landesregierung erlassen worden ist."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen, da der Bw als abfallrechtlicher Geschäftsführer nicht strafbar sein könne.

 

Begründend wurde festgehalten, dass sich die Frage stelle, ob die belangte Behörde davon ausgehe, dass in den Ersatzbrennstofflagergebäuden gefährliche Abfälle gelagert werden sollten oder tatsächlich gelagert worden seien. Denn nur in diesen Fällen – wenn also gefährliche Abfälle "im Spiel seien" – würde der Bw als abfallrechtlicher Geschäftsführer verantwortlich sein. Dass weder nicht gefährliche noch gefährliche Abfälle am 27.10.2011 gelagert worden seien, ergebe sich aber schon aus der dem Bw vorgeworfenen verletzten Norm. Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine (also auch keine gefährlichen) Abfälle konsenswidrig gelagert oder behandelt worden seien. Die belangte Behörde gehe also offenbar davon aus, dass sonstige Änderungen der Anlage bezüglich gefähr­licher Abfälle, die nachteilige Auswirkungen auf den Menschen oder die Umwelt haben können (§ 37 Abs.4 Z 4 AWG 2002), ohne den erforderlichen Kenntnis­nahmebescheid durchgeführt worden seien. Entscheidend sei allerdings, dass die aus Gründen der Vorsicht am 19.9.2011 vorgenommene Anzeige des Änderungs­projektes nie gefährliche Abfälle zum Gegenstand gehabt habe. Die bestehenden Ersatzbrennstofflagergebäude seien stets nur für die Lagerung nicht gefährlicher Abfälle errichtet worden.

 

Im Ergebnis bedeute dies, dass die belangte Behörde den abfallrechtlichen Geschäftsführer, der nur für die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorschriften hinsichtlich gefährlicher Abfälle verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sein könne, verantwortlich mache, obwohl

-      am 27.10.2011 jedenfalls keine konsenslos gelagerten gefährlichen (oder nicht gefährlichen) Abfälle vorgefunden worden seien und

-      die Lagergebäude stets nur für die Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen ausgerichtet wären, weshalb es sich bei der angeblich fehlenden Genehmigung für diese Anlagenteile um abfallrechtliche Vorschriften hinsicht­lich nicht gefährlicher Abfälle handeln würde.

 

Im Ergebnis könne der abfallrechtliche Geschäftsführer dafür nicht verantwortlich gemacht werden.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 18. Jänner 2013 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 26 Abs. 1 AWG 2002 ist, wenn die Tätigkeit der Sammlung und Behandlung von gefährlichen Abfällen nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, eine hauptberuflich tätige Person als abfallrechtlicher Geschäftsführer zu bestellen. Die Bestellung mehrerer hauptberuflich tätiger Personen als abfallrechtlicher Geschäftsführer mit eindeutig abgegrenzten Tätigkeitsbereichen ist zulässig. Zum abfallrechtlichen Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer

  1. die Verlässlichkeit im Sinne des § 25a Abs. 3 und 4 in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit und die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne des § 25a Abs. 2 Z 5 zur Sammlung und Behandlung der Abfälle, für welche die Erlaubnis erteilt wird, besitzt,
  2. die Voraussetzungen eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52, erfüllt und
  3. in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen.

 

Nach § 26 Abs. 3 AWG 2002 ist der abfallrechtliche Geschäftsführer verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG und für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs. 1 und die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich.

 

5.2. Der Bw ist mit seinem Vorbringen hinsichtlich der Verantwortlichkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführers im Recht.

 

Aus § 26 Abs.3 AWG 2002 ergibt sich, dass der abfallrechtliche Geschäfts­führer als verantwortlicher Beauftragter für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs.1, das ist die Sammlung und Behandlung gefährlicher Abfälle, und für die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Diese in § 9 Abs.1 VStG als Spezialnorm vorgehende Regelung bezüglich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung bezieht sich somit nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur auf Sammler- und Behandlertätigkeiten im Zusammenhang mit gefährlichen Abfällen. Für Gesetzesverstöße im Zusammen­hang mit der Sammlung und Behandlung nicht gefährlicher Abfälle hat hin­gegen aufgrund der subsidiär zur Anwendung gelangenden Bestimmungen in § 9 Abs.1 VStG der handelsrechtliche Geschäftsführer einzustehen.

 

Der Bw führt in seinem Berufungsvorbringen zutreffend aus, dass im Strafer­kenntnis weder eine Sammlung noch eine Behandlung gefährlicher Abfälle angelastet wird. Vielmehr wird im Spruch des Straferkenntnisses dem Bw angelastet, dass Änderungen in den Anlagen Ersatzbrennstoff-Lagerhalle 4, Ersatzbrennstoff-Silo 3 und Ersatzbrennstoff-Aufnahmebunker Änderungen vor­ge­nommen wurden. In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass der Spruch keine näheren Präzisierungen dahingehend enthält, welche Änderungen konkret ohne die erforderliche Kenntnisnahme durch den Landeshauptmann von Oberösterreich vorgenommen worden sind. Insofern entspricht der Spruch des Straferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a VStG.

 

Die im Verwaltungsstrafakt einliegenden Anzeigen der K Z H Gesellschaft m.b.H. über eine nicht wesentliche Änderung gemäß § 37 Abs.4 AWG 2002 vom 19.9.2011 und die Anzeige der Lagerung zusätzlicher Abfallarten in der EBS-Lagerhalle 4 vom 11.5.2012 belegen das Vorbringen des Bw, wonach stets die Lagerung nicht gefährlicher Abfälle in den genannten Lagergebäuden und Lagerbehältern Gegenstand gewesen ist. Wie bereits oben ausgeführt, kann daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nicht den abfallrechtlichen Geschäftsführer treffen. Vielmehr hätte für den Fall, dass im gegenständlichen Tatvorwurf überhaupt von einer Verwaltungsübertretung auszugehen ist, der handelsrechtliche Geschäftsführer der K Z H Gesellschaft m.b.H. einzustehen.

 

Insgesamt war somit der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straf­erkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum