Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360106/5/MB/BZ

Linz, 22.05.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Brandstetter; Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des X, geb. X, X, vertreten durch X, auch gegen Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. Februar 2013, GZ: Pol96-101-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird insofern stattgegeben, dass lit e) und f) unter Spruchpunkt 2. im angefochtenen Straferkenntnis aufgehoben werden und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich dieser Spruchpunkte gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt wird.

II.         Der Berufungswerber hat daher hinsichtlich Spruchpunkt 2. lit e) und f) weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Spruchpunkt 2. lit e) und f) des angefochtenen Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems (im Folgenden: belangte Behörde) vom 15. Februar 2013, Zl Pol96-101-2011, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Straferkenntnis

2.

Während einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 09.08.2011 um 11:30 Uhr durch die Organe der Abgabenbehörde, Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr, als Organe der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG, im Lokal mit der Bezeichnung X', in X, wurden sechs Glücksspielgeräte betriebsbereit und eingeschaltet dienstlich wahrgenommen und ein fortgesetzter Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes durch Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen festgestellt. Es konnten Glücksspiele, in Form von virtuellen, aufgezeichneten Hunderennen, ... und in Form eines virtuellen Glücksrades, festgestellt werden, mit welchen selbständig nachhaltig Einnahmen erzielt wurden, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet wurden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten war, für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Verbindung mit dem Erreichen bestimmter Symbolkombinationen in Aussicht gestellt wurden und welche weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren. Die Geräte wurden von den Kontrollorganen durch aufgeklebte Nummerierung gekennzeichnet und nach Durchführung von Testspielen zwecks Verhinderung eines weiteren Eingriffs in das Glücksspielmonopol vorläufig beschlagnahmt, versiegelt und vor Ort belassen. Nach Ihren eigenen Aussagen erhalten Sie einen Teil der Einnahmen, die mit den Glücksspielgeräten erzielt wurden. Sie haben in Ihrem Lokal mit der Bezeichnung X' in X, die sechs folgenden Glücksspielgeräte betriebsbereit den Spielern zur Verfügung gestellt und somit Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, im Zeitraum von 20.07.2010 bis 09.08.2011 unternehmerisch zugänglich gemacht.

 

...

e)     FA 05 'X' (Versiegelungsplakettennummern 01926-01931)

f)     FA 06 'X' (Versiegelungsplakettennummern 01932-01935)

 

Sie haben dadurch jeweils folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 52 Abs 1 Z 1 (drittes Tatbild) Glücksspielgesetz – GSpG, idF. BGBl. I Nr. 76/2011

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von            falls diese uneinbringlich ist,                Freiheitsstrafe                Gemäß

                Ersatzfreiheitsstrafe von            von

...

2. e) 4.000,00 Euro            60 Stunden                        --            § 52 Abs 1 Z 1 GSpG

2. f) 4.000,00 Euro            60 Stunden                        --            § 52 Abs 1 Z 1 GSpG

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

3.200,00 Euro  als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

                        (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

·         --  Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

35.200,00 Euro"

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde (auszugsweise) wie folgt aus:

"Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat, als die nach § 50 Abs 1 GSpG zuständige Behörde, aufgrund der ausführlich dokumentierten Anzeigen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 01.09.2011, GZ. 051/41045/2011 ..., ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, gegen Sie eingeleitet.

 

Es wurde folgender, verfahrenswesentlicher Sachverhalt zur Anzeige gebracht:

...

 

Zu 2.

Bei einer am 09.08.2011 um 11:30 Uhr, im Lokal mit der Bezeichnung 'X', in X, von Organen der Abgabenbehörde, Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr, als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs 2 GSpG durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz wären die 4 im Spruch angeführten Glücksspielgeräte samt Banknoteneinzugsgeräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden, mit welchen im Spruch angeführten Zeitraum verschiedene Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durch die Firmen X und X' veranstaltet wurden, zum Beispiel das virtuelle Walzenspiel mit der Bezeichnung 'Ring Of Fire XL' (Gerät Nr. FA 01), welches auch als Testspiel während der Kontrolle durchgeführt worden war. Aufgrund der für die Spielteilnahme bedungenen Spieleinsätze und der vom Veranstalter in Aussicht gestellten Gewinne wäre fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen worden und deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden, weil diese Ausspielungen weder von der erforderlichen Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz umfasst waren, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Die angezeigten Glücksspiele in Form virtueller Walzenspiele, z.B. die angezeigten Walzenspiele mit der Bezeichnung 'Ring of Fire XL' (Gerät Nr. 1), 'Lucky Pearl' (Gerät Nr. 2), 'X Lines' (Gerät Nr. 3) und 'Ring of Fire X XL' (Gerät Nr. 4) verliefen entsprechend folgender generalisierender Beschreibung: Die angebotenen Spiele, sohin auch die angezeigten virtuellen Walzenspiele,  waren deshalb Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG, weil die Spieler in keiner Weise gezielt Einfluss auf das Zustandekommen einer gewinnbringenden Symbolkombination nehmen konnten, die Entscheidung über den Spielerfolg also jeweils ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten lediglich ein Spiel auswählen, einen Einsatz wählen und das Spiel durch Tastenbetätigung auslösen. Die Spiele waren somit Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG.

 

Die Spiele konnten nur nach Eingabe von Geld ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden. Für jedes Spiel wurde ein Mindesteinsatz bedungen, der durch entsprechende Tastenbetätigung gesteigert werden konnte. In den zum jeweiligen Spiel gehörenden Gewinnplan wurden in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen unterschiedlich hohe Gewinne in Aussicht gestellt. Sämtliche Gewinne wurden mit jeder Einsatzsteigerung erhöht. Mit dem Betätigen der Start-Taste wurde, nach Abzug des vorgewählten Einsatzbetrages, das Spiel ausgelöst. Nach kurzem Walzenumlauf, bei dem die dargestellten Symbole in ihrer Lage so verändert wurden, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand, stand die zufallsbedingt erfolgte Entscheidung über den Spielerfolg fest. War eine Symbolkombination eingetreten, welche einer der Angaben im Gewinnplan entsprach, dann war ein Gewinn erzielt worden, der am Bildschirm auch optisch und akustisch besonders hervorgehoben wurde, andernfalls war der Einsatz verloren. Die Glücksspiele wurden also in Form von Ausspielungen durchgeführt.

 

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden auf Namen der oben angeführten Firmen bzw. Personen auf eigene Gefahr und auf eigenes Risiko betrieben.

 

Nach der während der Kontrolle am 09.08.2011 aufgenommenen Niederschriften erhalten Sie regelmäßige Gewinnbeteiligungen von den genannten Firmen und Personen im Zusammenhang mit der Durchführung der angezeigten Glücksspiele für das zur Verfügungstellen der Räumlichkeiten in den beiden genannten Lokalen. Sie haben dadurch eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt.

 

Für diese Ausspielungen waren nachweislich weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG erteilt worden, noch waren diese Ausspielungen nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Die Ausspielungen wurden also in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt.

 

Die gegenständlichen Glücksspiele, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, bei denen die Spieler eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen mussten und bei denen vom Unternehmer eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden war, wurden also ohne Rechtsgrundlage von einem Unternehmer iSd. § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet.

 

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen haben Sie verbotene Ausspielungen, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, unternehmerisch zugänglich gemacht.

 

Mit Schreiben der BH Kirchdorf a. d. Krems vom 08.05.2012 wurde Ihnen dieser Sachverhalt zur Kenntnis gebracht. Gleichzeitig wurden sie aufgefordert, sich zu den Ihnen zur Last gelegten Taten zu rechtfertigen. Sie sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen und gaben am 11.05.2012 folgende Stellungnahme ab: Bei den Geräten würde es sich weder um Glücksspielautomaten noch um elektronische Lotterien handeln. Auf den Geräten könne kein Glücksspiel stattfinden. Darüber hinaus würde die Firma nur dort Glücksspiele durchführen, wo dies behördlich genehmigt ist. Darüber hinaus wäre die BH Kirchdorf a. d. Krems für das Verfahren örtlich nicht zuständig, da die Spiele in Graz stattfinden würden. Weiters beantragten Sie die Zeugeneinvernahme des Meldungslegers und die Beiziehung eines Sachverständigen. Abschließend beantragten Sie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens."

 

Nach Wiedergabe von Rechtsgrundlagen begründet die belangte Behörde ihre rechtlichen Erwägungen wie folgt:

 

"Auf Grund der ausführlichen und umfassenden Dokumentation der gegenständlichen Glücksspiele in Form verbotener Ausspielungen durch die Organe des Finanzamtes als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs 2 GSpG und aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme waren für die Behörde zweifelsfrei als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizierende Spiele gegeben, welche von einem Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG veranstaltet wurden und von Ihnen in Ihren Lokalen unternehmerisch zugänglich gemacht wurden. Ferner stand für die Behörde zweifelsfrei fest, dass für die Durchführung dieser Glücksspiele bestimmte Spieleinsätze bedungen wurden und dafür unterschiedlich hohe vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt wurden.

...

 

Zu 2.

...

 

Bei Gerät FA-05 Spiele konnten mit einem Mindesteinsatz in der Höhe von 0,50 Euro durchgeführt werden, dem ein in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 10.000 Euro gegenüber stand. Der maximale Einsatz betrug 400 Euro. Dafür wurde ein Höchstgewinn von 10.000 Euro in Aussicht gestellt.

 

Ein Nachweis dafür, dass Spieleinsätze von mehr als 10,00 Euro tatsächlich von einem Spieler geleistet wurden, konnte nicht erbracht werden. Die angezeigten Glücksspiele unterfallen somit jedenfalls den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes.

 

Sie haben den dargelegten Sachverhalt wesentlich abändernde Gründe nicht vorgebracht. Dadurch dass der Sachverhalt ausreichend festgestellt wurde, konnte eine weitere Beweisaufnahme, insbesondere die Zeugeneinvernahme des Meldungslegers und die Beiziehung eines Sachverständigen, wie Ihrerseits im Rahmen der Rechtfertigung beantragt, unterbleiben.

 

Zu Ihrem Vorbringen, dass die Spiele in der Steiermark, somit in einem 'Bewilligungsland' stattfinden würden, wird festgehalten, dass gemäß der höchstgerichtlichen Judikatur das Spiel dort stattfinden, wo der Spieler durch Einwurf seines Spieleinsatzes und allenfalls Drücken eines Startknopfes den Ablauf des Spiels in Gang setzt (vgl. VwGH v. 16.10.2009, GZ. 2009/02/0065). Da dies im gegenständlichen Fall in X, somit im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems, erfolgte, ist diese auch örtlich zuständige Behörde.

 

Eine Rechtsgrundlage für die vorliegenden Ausspielungen wurde der Behörde nicht nachgewiesen. Für die Behörde stand somit zweifelsfrei fest, dass die angezeigten Ausspielungen in Form verbotener Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, veranstaltet wurden und von Ihnen in Ihren Lokalen unternehmerisch zugänglich gemacht wurden. Aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der festgestellten Glücksspielgeräte und der zitierten technischen Hilfsmittel, welche die Durchführung der Ausspielungen ermöglichten, wurde mit jedem einzelnen dieser Geräte fortgesetzt gegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, verstoßen.

 

Im Ermittlungsverfahren wurden Sie als Verantwortlicher für das unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen iSd 2 Abs 4 GSpG ermittelt. Sie haben somit die Verwaltungsübertretungen zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im gegenständlichen Fall muss von fahrlässigen Verhalten ausgegangen werden, da vom Geschäftsführer einem Gastgewerbetreibenden, der in seinen Lokalen Glücksspielgeräte den Spielern zur Verfügung stellt, jedenfalls erwartet werden kann, dass er – die gebotene kaufmännische Sorgfalt vorausgesetzt – die glücksspielrechtlichen Bestimmungen kennt bzw. sich rechtzeitig nach diesen erkundigt und diese auch einhält.

 

Die belangte Behörde schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung.

 

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 20. Februar 2013, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 21. Februar 2013.

 

In der Berufung wird zunächst auf eine Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates verwiesen, mit welcher der Berufung des Rechtsmittelwerbers stattgegeben und das Straferkenntnis aufgehoben worden sei, da der UVS Oö. starke Bedenken an der Verfassungskonformität des Glücksspielgesetzes hegen würde. Aus diesem Grund sei auch durch den UVS Oö. ein Antrag auf Vorabentscheidung an den EuGH zu anhängigen Verfahren gestellt worden und ergehe der Antrag – sofern das Straferkenntnis nicht aufgehoben werde – das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH über den Vorabentscheidungsantrag des UVS Oö. auszusetzen.

 

In der Folge wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – eine Vielzahl von Begründungsmängeln beanstandet und gerügt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt unvollständig geblieben und das Ermittlungsverfahren nicht entsprechend geführt worden sei. Zudem hätte die belangte Behörde die Sach- und Rechtslage verkannt, da die angesprochenen Geräte reine Eingabe- und Auslesestationen seien und diese lediglich die Teilnahme an einem Spiel in der Steiermark ermöglichen würden, wobei das in der Steiermark ablaufende Spiel behördlich genehmigt sei. Da demnach das Spiel in Graz durchgeführt werde, sei die Behörde auch örtlich unzuständig gewesen.

Weiters wird die Beiziehung eines Sachverständigen beantragt, wobei die Frage der Geschicklichkeit nur durch einen für Sport-, Spiel- und Geschicklichkeit bzw. Automaten zuständigen Sachverständigen gelöst werden könne.

 

Das Glücksspielgesetz enthalte außerdem eine Reihe von unbestimmten Gesetzesbegriffen, die dem Bestimmtheitsgebot widersprächen und im Ergebnis für verwaltungsstrafrechtliche Tatbestände ungeeignet wären und zur Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens führen müssten. Auch kämen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes wegen ihrer Subsidiarität gegenüber dem Tatbild des § 168 StGB nicht zur Anwendung.

 

Schließlich sei dem angefochtenen Straferkenntnis auch nicht zu entnehmen, welche konkreten Umstände die Erstbehörde für ihre Beweiswürdigung  herangezogen habe. Zudem habe sich die belangte Behörde mit den Rechtsfragen, wie Beweislast bzw Beweislastumkehr sowie faires Verfahren, nicht bzw nicht ausreichend auseinandergesetzt und habe sie amtswegige Erhebungen zur Entlastung des Beschuldigten unterlassen. Außerdem habe sie die Bemessung der Strafe nicht entsprechend den hiefür geltenden Normen vorgenommen und wurden die folgenden Milderungsgründe nicht berücksichtigt:

-      Der Beschuldigte hätte bisher einen ordentlicher Lebenswandel geführt, die Tat stehe mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch (§ 34 Z 2 StGB)

-      Trotz Vollendung der Tat hätte der Beschuldigte keinen Schaden herbeigeführt (§ 34 Z 13 StGB)

-      Der Beschuldigte hätte sich ernstlich bemüht, nachteilige Folgen zu verhindern (§ 34 Z 15 StGB).

 

Der Bw stellt den Berufungsantrag, der UVS Oö. wolle das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu das Ermittlungsverfahren ergänzen, sowie die verhängte Strafe herabsetzen, da die verhängte Strafe weder der Einkommens- und Vermögenslage entspreche, noch durch den geringen Schuldgehalt der Tat gerechtfertigt sei. Zudem wird der Antrag gestellt, gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen, da das Verschulden gering sei und allfällige Folgen der Übertretung unbedeutend bzw nicht vorhanden seien sowie dass allenfalls das außerordentliche Milderungsrecht angewendet werden solle, da die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorliegen würden.  

 

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 5. März 2013 die Berufung samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz – GSpG in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Gegenstand des Spruchs im angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl ua VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

4.3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht zunächst einen wesentlichen Spruchmangel in dem Umstand, dass die belangte Behörde die Geräte, mit denen die Verwaltungsübertretung begangen worden sein sollen, nicht in unverwechselbarer Weise bezeichnet hat. Vielmehr ergibt sich aus der Zusammenschau mit dem Verfahrensakt sowie mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides, dass sowohl das Gerät FA 05 "X" als auch das Gerät FA 06 "X" unter Anführung der Versiegelungsplakettennummern, mit welchen die Geräte FA 01 und FA 02 im Lokal in X (Spruchpunkt 1.) versehen wurden, bezeichnet wurden. Durch die Anführung falscher Versiegelungsplakettennummern ist eine unverwechselbare Identifikation der Geräte unmöglich. Die Bezeichnung der Geräte entspricht daher keinesfalls den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG an die Bestimmtheit eines Tatvorwurfes. Hinzukommt, dass sowohl Spruchpunkt 1. als auch Spruchpunkt 2. dem Bw und somit der selben Person angelastet werden. Durch das Fehlen der Angabe einer gerätebezogenen Seriennummer oder vergleichbaren Identifikationsmerkmalen und vor allem durch die Angabe von falschen Versiegelungsplakettennummern ist eine unverwechselbare Identifizierbarkeit der gegenständlichen Geräte unmöglich. Alleine die Angabe der beliebig austauschbaren Gehäusebezeichnungen, die im Übrigen identisch mit den Geräten unter Spruchpunkt 1. sind, und inhaltlich nichts über die auf dem Gerät verfügbaren Spiele aussagen, reicht für einen allgemein verständlichen und unverwechselbaren Tatvorwurf keinesfalls aus.

4.4. Auch die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses leidet unter wesentlichen Feststellungsmängeln, weil die belangte Behörde die relevanten Tatsachen zur Identität der Tat nicht festgestellt hat, da in der Begründung lediglich der Spielablauf von Walzenspielgeräten wiedergegeben wird. Vielmehr ergeben sich aus der Begründung Widersprüche zum Verfahrensakt der belangten Behörde, da die Feststellung, dass beim Gerät FA 05 "Spiele mit einem Mindesteinsatz in der Höhe von 0,50 Euro durchgeführt werden [konnten], dem ein in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 10.000 Euro gegenüber stand. Der maximale Einsatz betrug 400 Euro. Dafür wurde ein Höchstgewinn von 10.000,00 Euro in Aussicht gestellt." dem Verfahrensakt sowie der Anzeige des Finanzamtes nicht zu entnehmen ist. Der Anzeige des Finanzamtes ist lediglich zu entnehmen, dass das "Gerät seit Beginn der Amtshandlung umprogrammiert [ist] und nur noch Sportwetten [anbietet]. Beweis: Bilddokumentation". Die Feststellung der belangten Behörde zu Gerät FA 05 ist daher nicht nachvollziehbar. Zu Gerät FA 06 fehlen generell jegliche Feststellungen, wie Spielablauf etc, da in der Begründung lediglich der Ablauf der Walzenspiele wiedergegeben wird.

4.5. Rechtserhebliche Widersprüche zwischen dem Spruch und der Begründung (zB über konkrete Tatumstände) ziehen die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheids nach sich. Enthält ein Straferkenntnis für einen Schuldspruch in einem wesentlichen Punkt eine in sich widersprüchliche Begründung, liegt eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1526, Anm 8 zu § 44a VStG).

Die oben aufgezeigten Widersprüche zwischen dem Spruch und der Begründung haben die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheids zur Folge. Die Widersprüche über die gegenständlichen Geräte FA 05 und FA 06 betreffen zweifelsfrei wesentliche Tatumstände, die für die Feststellung der Identität der Tat von elementarer Bedeutung sind. Somit zieht auch die Begründung auf Grund ihrer unauflösbaren Widersprüche zu dem für sich schon mangelhaften Spruch des Bescheids die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses nach sich.

4.6. Dazu kommt, dass beim Gerät FA 05 – wie von den Organen des Finanzamtes erhoben und in der Anzeige protokolliert – das Gerät im Zeitpunkt der Kontrolle auf "legale Sportwetten" umprogrammiert wurde. Es konnte daher nicht (mehr) festgestellt werden, ob bzw welche Glücksspiele unternehmerisch zugänglich gemacht wurden. Selbst unter der Annahme, dass diese Sportwetten ebenso dem Glücksspielgesetz unterliegen würden, ist ein unternehmerisches Zugänglichmachen ausgeschlossen, da dies im Zeitpunkt der Kontrolle nicht möglich ist. Der Oö. Verwaltungssenat kann hinsichtlich dem Gerät FA 05 demnach kein strafbares Verhalten erkennen.

4.7. Da Spruchpunkt 2. lit e) und f) sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Mai 2012 als auch im angefochtenen Straferkenntnis vom 15. Februar 2013 unter wesentlichen Widersprüchen und Konkretisierungsmängeln leiden, kann dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt keine taugliche Verfolgungshandlung entnommen werden. Im Hinblick auf die angelastete Tatzeit ist die gemäß § 52 Abs 5 GSpG vorgesehene einjährige Verfolgungsverjährungsfrist mittlerweile am 9. August 2012 abgelaufen, weshalb die aufgezeigten wesentlichen Spruchmängel im Berufungsverfahren jedenfalls nicht mehr korrigierbar waren.

5. Im Ergebnis waren lit e) und f) des Spruchpunktes 2. im angefochtenen Straferkenntnis daher im Hinblick auf wesentliche Feststellungsmängel und mangels einer zutreffend und ausreichend angelasteten Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. Weiß

 

 

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