Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401238/13/SR/WU

Linz, 23.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des X, geboren am X, StA von Afghanistan, vertreten durch die X, wegen Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft vom 26. September bis 15. Oktober 2012 durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.        Die Beschwerde wird, soweit sie die Anhaltung im Zeitraum 2. Oktober bis 15. Oktober 2012 betrifft, als rechtswidrig festgestellt. Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.     Die Anträge auf Aufwandersatz werden abgewiesen.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2013) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. September 2012, GZ.: Sich40-2656-2011, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG i.d.F. BGBl. I 112/2011 iVm § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet. Der Bescheid wurde vom Bf persönlich am 10. September 2012 übernommen, er verweigerte jedoch die Unterschrift betreffend die Übernahme mit der Bemerkung, dass er nicht nach Afghanistan wolle. Er ersuchte gleichzeitig um Abstandnahme von der Festnahme, da er Österreich so wie damals sofort verlassen und in ein anderes Land reisen werde.

 

Im Schubhaftbescheid führte die belangte Behörde ua. wie folgt aus:

 

Sie reisten spätestens am 19.07.2011 über eine den Behörden unbekannte Reiseroute illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein und stellten am 19.07.2011 ein internationales Schutzbegehren (Asylantrag) zu ZI.: 11 07.508 vor dem Bundesasylamt Erstaufnahmestelle Ost. Der Zeitpunkt der Einreise ist ebenso wie Ihre Reiseroute behördlich nicht bekannt, hierzu tätigen Sie keine schlüssigen Angaben. Im Rahmen Ihrer Asylantragstellung brachten Sie zwar keinen Reisepass zur Vorlage, legten jedoch in späterer Folge im Rahmen Ihres Asylverfahrens eine Personenstandsurkunde mit der Nr.: X ausgestellt vom Innenministerium Provinz Mazar e Sharif vor. Wodurch Ihre angeführte Identität als gesichert gilt. Weiters brachten Sie im Rahmen Ihrer Asylantragstellung vor, ledig zu sein, keine Kinder zu haben und in der europäischen Union völlig alleinstehend zu sein. Bezugspersonen hätten Sie in Österreich nicht, Unterstützung würden Sie keine erhalten, Barmittel würden Sie keine besitzen, Ihren Aufenthalt könnten Sie aus eigenen Mitteln im Bundesgebiet nicht finanzieren, weswegen Sie staatliche Unterstützung begehrten und Ihnen daraufhin eine bundesbetreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle zugewiesen wurde. Auch wenn Ihr vorheriger Aufenthalt durch eine Überprüfung der Fingerabdrücke in Griechenland festgestellt werden konnte, wurde über Sie kein Dublinverfahren geführt, sondern Sie zum Asylverfahren zugelassen. Mit Zulassung zum Asylverfahren wurde Ihnen eine landesbetreute Unterkunft im Gasthof X im Bezirk Vöcklabruck zugewiesen und das Asylverfahren zur Prüfung an das Bundesasylamt Außenstelle Salzburg aufgetragen.

 

Ihren letzten Wohnsitz begründeten Sie mit Unterstützung der Grundversorgungsstelle des Landes Oberösterreich in der X in X.

 

Zum Verbleib Ihres Reisedokumentes führten Sie im Asylverfahren durchgehend an, kein Reisedokument zu haben, Sie seien ohne Reisedokument schlepperunterstützt über Griechenland in die europäische Union eingereist In Griechenland seien Sie kontrolliert und angehalten worden, einen Asylantrag hätten Sie sodann in Griechenland gestellt. Über unbekannte Reiseroute seien Sie dann von Griechenland nach Österreich gelangt. Nach mehrmaligem Auffordern sicherten Sie zu, die Zusendung Ihrer Personenstandsurkunde zu veranlassen und das Dokument darauffolgend dem Bundesasylamt vorzulegen.

 

Asylrelevante Fluchtgründe brachten Sie offensichtlich im Asylverfahren nicht vor. Ihr Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Salzburg vom 22.09.2011 gem. §3 AsylG 2005 abgewiesen, die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan gem. §8 AsylG 2005 festgestellt und Sie gleichgehend gem. §10 AsylG 2005 nach Afghanistan ausgewiesen.

 

Die dagegen von Ihnen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs mit Wirkung vom 08.06.2012 abgewiesen und die vorliegende Ausweisungsentscheidung nach Afghanistan bestätigt.

Im zitierten Erkenntnis des Asylgerichtshofs wurden Sie gleichgehend aufgefordert und verpflichtet innerhalb einer Frist von 14 Tagen auszureisen. Auf eine mögliche Inanspruchnahme einer Rückkehrberatung wurde abermals hingewiesen. Auf fremdenpolizeiliche Maßnahmen wurden Sie im Fall der Nichtausreise weiters hingewiesen.

 

Worauf Sie entgegenwirkend, und zwar um offensichtlich einer drohenden Umsetzung Ihrer rechtskräftigen Ausweisung, drohender fremdenpolizeilicher Maßnahmen zu entgehen UND der Rechtsprechung nicht Folge leisten zu müssen, am 02.08.2012 einen Asyl-Folgeantrag in der Erstaufnahmestelle OST zu ZI.: 12 09.996 einbrachten. Bei Ihrer Asylantragstellung in der Erstaufnahmestelle X versuchten Sie offensichtlich dem westlichen Verfügungsbereich zu entgehen und rechneten sich im drohenden Folgeverfahren höhere Chancen einer nicht Belangbarkeit im östlichen Österreich zu. Anders ist es nicht zu erklären, weswegen Sie 10 km entfernt von der Erstaufnahmestelle X gesondert unter höherer Aufwendung zur Asylantragstellung nach X reisten. Und das in der Gefahr als rechtskräftig ausgewiesener Fremde am Weg nach Wien einer Kontrolle zu unterlaufen. Das Asylverfahren wurde jedoch zur Entscheidung der Erstaufnahmestelle X übertragen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes Erstaufnahmestelle West vom 06.09.2012 wurde Ihr Asyl-Folgeantrag ohne in die Sache einzutreten wegen entschiedener Sache gem. §68 AVG durchsetzbar zurückgewiesen und Sie gleichgehend durchsetzbar gem §10 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

 

Im zitierten Bescheid hält das Bundesasylamt im Wesentlichen wörtlich fest:

 

Sie brachten am 02.08.2012 beim Bundesasylamt Ihren nunmehr zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ein. Ferner gaben Sie an, den Namen X zu führen, Staatsangehöriger von Afghanistan und am 01.02.1983 geboren zu sein.

 

Erstmalig brachten Sie am 19.07.2011 beim Bundesasylamt einen Antrag auf int. Schutz ein, der mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Salzburg, vom 22,09.2011, Zl.; 11 07.508-BAS, gem. §§ 3, 8 AsylG abgewiesen wurde. Weiters wurden Sie dabei aus dem österr. Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen. Die von Ihnen dagegen eingebrachte Beschwerde wurde durch den Asylgerichtshof mittels Erkenntnis vom 06.06.2012, Zl.: C14 421. 759-1/2011/SE, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit 08.06.2012 in Rechtskraft.

 

Im ersten Verfahren - AlS-Zahl: 11 07.508 - führten Sie sinngemäß aus:

Erstbefragung - PI Traiskirchen-EASt - vom 19.07.2011

Sie hätten keine Beschwerden oder Krankheiten, die Sie an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Sie könnten dieser Einvernahme ohne Probleme folgen.

Ihre Eltern und Ihr Bruder würden noch in Afghanistan leben. Hier in Österreich oder einem anderen Staat der Europäischen Union würden sich keine Familienangehörigen von Ihnen aufhalten.

 

Anfang 2006 hätten Sie Afghanistan illegal und schlepperunterstützt verlassen und seien in den Iran gereist. Zwei Monate hätten Sie sich in Teheran aufgehalten und dort hätten Sie sich einen Schlepper gesucht, welcher Sie in die Türkei gebracht hätte. Ca. zwei Monate hätten Sie in einer Schlepperunterkunft in Istanbul verbracht, bevor Sie weiter nach Griechenland gereist wären. Im April 2006, nach dem Überschreiten der griechischen Grenze, seien Sie von den dortigen Polizisten festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt worden. Nach fünf Tagen seien Sie nach Athen gebracht worden und dort hätten Sie einen Asylantrag gestellt. In Griechenland hätten Sie von Gelegenheitsarbeiten gelebt und auch Ihre Unterkunft hätten Sie sich selbst finanziert. Sie hätten sich mehrmals Über Ihr Asylverfahren erkundigt und zuletzt sei Ihnen mitgeteilt worden, dass Ihr Akt verloren gegangen wäre. In weiterer Folge hätten Sie Griechenland wegen der dortigen schlechten Umstände verlassen. Am 16.07.2011 seien Sie dabei von Athen per PKW weggefahren und der Schlepper hätte Sie zu einem LKW gebracht. Sie seien auf der Ladefläche dieses Sattelschleppers versteckt worden und Sie hätten während der weiteren Reise Ihr Versteck auch nie verlassen. Daher könnten Sie auch nicht angeben, über welche Länder Sie bis nach Österreich gefahren wären. Grenzkontrollen hätten Sie ebenso keine wahrgenommen. Am heutigen Tag hätte der LKW-Fahrer Sie in Wien aussteigen lassen.

Insgesamt hätten Sie fünf Jahre in Griechenland verbracht. Ihr Leben hätten Sie dort durch Gelegenheitsarbeiten selbst finanziert. Für die Reise von Athen bis nach Österreich hätten Sie dem Schlepper EURO 3.800,— bezahlt.

Afghanistan hätten Sie aus Angst um Ihr Leben verlassen. Sie hätten dort Bücher über das Christentum gelesen. Die Religiösen in Ihrem Wohnort hätten davon erfahren und seien In Ihr Haus eingedrungen. Dabei hätten sie die Bücher gefunden. Diese Leute hätten Sie mit dem Tod bedroht und gemeint, Sie seien ein Ungläubiger und müssten daher getötet werden.

Im Falle der Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat sei Ihr Leben dort in Gefahr.

 

Einvernahme - BAA/Erstaufnahmestelle-X - vom 20.07.2011

Gesundheitlich würde es Ihnen gut gehen. Sie würden sich hier nicht in ärztlicher Behandlung befinden und Sie würden ebenso keine Medikamente benötigen.

Sie würden die Sprachen Dari und Farsi, sowie ganz wenig Englisch sprechen.

Sie seien Staatsbürger von Afghanistan, würden der Volksgruppe der Hazara und dem schiitischen Glauben angehören. Sie seien ledig und hätten keine Kinder.

Sie seien in X geboren und in X aufgewachsen. In X hätten Sie zwölf Jahre lang die Schule besucht. Die letzten beiden Schulklassen hätten Sie in X besucht. Von 2000 bis 2004 hätten Sie in X einen Lebensmittelladen betrieben. Danach hätten Sie ab Februar oder März 2004 ca. dreizehn Monate lang für die Akbar-Organisation als Dolmetscher für die Sprachen Englisch und Dari gearbeitet. Bei Akbar würde es sich um eine nichtstaatliche afghanische NGO handeln, welche Brücken und Verkehrswege, Schulen und öffentliche Gebäude wiedererrichten würde. Bis Mai 2005 hätten Sie für diese Organisation gedolmetscht. In weiterer Folge seien Sie arbeitslos gewesen und hätten Ihr Leben mit Gelegenheitsjobs als Bauhilfsarbeiter finanziert. Ihre Dolmetschertätigkeit hätten Sie deswegen aufgehört, da es dort keine Arbeit mehr für Sie gegeben hätte. Ihr Lebensmittelgeschäft hätten Sie damals deswegen geschlossen, weil Sie nicht gut damit verdient hätten. Später hätten Sie auch keinen neuen Laden eröffnen wollen, weil es schon so viele andere Läden gegeben hätte und das Geschäft nicht gut gelaufen wäre.

Im November 2005 hätten Sie Afghanistan verlassen und seien in den Iran gereist. Von dort aus seien Sie über die Türkei bis nach Griechenland gekommen. In Griechenland hätten Sie sich insgesamt fünf Jahre lang aufgehalten und dort als Bauhilfsarbeiter gearbeitet. Sie hätten dort gehört, dass Österreich Afghanen Schutz gewähren würde und daher seien Sie nach Österreich gekommen. Sie hätten einen afghanischen Identitätsausweis, welcher sich noch bei Ihren Eltern befinden könnte. Ihre Abschlusszeugnisse hätten Sie bei sich gehabt, jedoch hätte der Schlepper Ihnen diese Dokumente abgenommen.

Ihre Eltern würden noch in X wohnhaft sein. Sie hätten noch einen Bruder, der derzeit im Iran aufhältig sei. Sie hätten eine Schwester gehabt, die im Jahr 2010 nach einem Verkehrsunfall verstorben wäre.

In Afghanistan würden noch die drei Geschwister Ihres Vaters und deren Kinder leben. Ihre Mutter hätte vier Geschwister und auch diese würden zusammen mit ihren Kindern noch in Afghanistan sein. Den Entschluss, Afghanistan zu verlassen, hätten Sie Ende des Jahres 2005 gefasst, da Sie dort kein Leben gehabt hätten.

In Ihrem Herkunftsstaat seien Sie weder vorbestraft, noch inhaftiert gewesen. Probleme mit den Behörden hätten Sie nicht gehabt. Auch würde nicht nach Ihnen gefahndet werden. Sie seien nie politisch tätig gewesen und auch nicht Mitglied einer Partei oder Organisation. Sie hätten in Ihrem Herkunftsstaat keine Probleme wegen Ihrer Religion oder wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit gehabt. Sie hätten nie an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen und auch nie Probleme mit Privatpersonen gehabt.

Ihren Herkunftsstaat hätten Sie deswegen verlassen, da Sie dort Bücher über das Christentum, welche Sie sich von einem Freund geliehen hätten, gelesen hätten. In Ihrer Wohngegend hätte man irgendwie davon erfahren. Sie wären als ein Ungläubiger bezeichnet worden und hätten getötet werden sollen. Ende des Jahres 2004 seien Sie von Gelehrten befragt und festgehalten worden. Dies sei im Winter gewesen. Einmal seien Sie für drei Tage und einmal für zwei Tage festgehalten worden. Man hätte Ihnen die Augen verbunden und an einen geheimen Ort gebracht. Während der Befragungen seien Sie geschlagen und an der Hand und am Kopf verletzt worden. Beide Male seien Sie anschließend ohne weitere Konsequenzen wieder freigelassen worden. Andere Ausreisegründe hätten Sie nicht.

Sie hätten lediglich nur ein Buch gelesen, welches „Borj-e-Didbani" geheißen hätte. Es sei ein recht dünnes Buch mit ca. vierundzwanzig bis dreißig Seiten gewesen, welches in mehrere Kapitel unterteilt gewesen wäre.

Falls Sie nunmehr nach Afghanistan zurückkehren müssten, so würden Sie dort umgebracht werden. Ihre Eltern seien auch der Meinung, dass der Verkehrsunfall Ihrer Schwester etwas mit Ihnen zu tun hätte. Ihre Eltern seien weiters der Meinung, dass sich die Bewohner von X an Ihnen rächen möchten, da es das Gerücht geben würde, dass Sie zum Christentum übergetreten wären. Sie seien von diesen Gelehrten auch im Jahr 2005 festgehalten worden und nicht im Jahr 2004. Sie seien im ersten Monat des Winters von den Gelehrten festgehalten worden. Dies sei Ende Dalwa, Anfang Hut 1335 gewesen.

Auf konkreten Vorhalt hin, dass Sie zu diesem Zeitpunkt schon im Iran bzw. der Türkei und in Griechenland gewesen wären, erklärten Sie, dass dies stimmen würde und Sie die Daten irgendwie durcheinander bringen würden.

Sie würden die Leute, welche Sie umbringen möchten, auch nicht kennen. In einem anderen Teil Afghanistans könnten Sie deswegen nicht leben, da diese Leute Sie überall finden würden. Nirgendwo in Afghanistan könnten Sie christliche Bücher lesen. Das Buch, welches Sie in Afghanistan gelesen hätten, wäre in der Sprache Farsi geschrieben gewesen. Darin sei gestanden, wie man mit Menschen umzugehen hätte und es wären Geschichten von Gelehrten geschrieben gewesen, die den Menschen geholfen hätten.

Auch in Griechenland hätten Sie Bücher erhalten, welche Sie gelesen hätten. Bei der Bibel würde es sich um ein heiliges Buch handeln, nach dem sich die Christen halten würden. Darin würde zwischen Gut und Böse entschieden werden. Sie hätten ein dickes Buch der Christen gelesen, jedoch nicht zu Ende gebracht. Daher würden Sie nicht wissen, wie viele Richtungen es im Christentum geben würde. Das wichtigste Fest der Christen sei Weihnachten. Zu Weihnachten sei Jesus geboren worden. Sie würden auch ein christliches Fest kennen, bei dem das Kreuz ins Wasser getaucht werden würde. Das Osterfest würden Sie nicht kennen und Sie würden auch nicht wissen, was bei diesem Fest gefeiert werden würde. Auch die „hl. Dreifaltigkeit" würden Sie nicht kennen, jedoch würden Sie sich in Zukunft damit befassen. Ebenso würden Sie das Glaubensbekenntnis und das „Vater unser" nicht kennen, aber auch das würden Sie noch lernen. Auf die Fragestellung hin, ob Sie die „Wandlung" kennen würden, führten Sie aus, dass der Priester eine Predigt halten würde. Die Gläubigen würden einiges wiederholen. Oft seien dies die Schüler des Priesters. Sie würden Bücher in der Hand halten und daraus vorlesen.

 

Einvernahme - Bundesasylamt/Außenstelle Salzburg - vom 31.08.2011

Sie würden hier in Österreich keine Dokumente besitzen. In Afghanistan hätten Sie noch Ihre Geburtsurkunde und Sie würden um eine dreiwöchige Frist bitten, um diese beschaffen zu können. Sie seien derzeit gesund und könnten auch der Einvernahme folgen. Hier in Österreich würden Sie zweimal in der Woche einen Deutschkurs besuchen und auch deutsche Bücher lesen. Es sei aber schwer, weil in der Pension, in welcher Sie untergebracht seien, viele andere Afghanen leben würden. Daher müssten Sie gezwungenermaßen mit diesen Personen Ihre Zeit verbringen. Mit diesen Afghanen würden Sie Fußball spielen.

In Afghanistan seien Sie wegen Ihres Interesses von Gelehrten festgehalten worden. Bei diesen Personen hätte es sich um vier Mullahs Ihrer Wohngegend gehandelt. Von einem Freund hätten Sie ein Informationsbuch über das Christentum erhalten und die Mullahs hätten davon gewusst. Sie hätten vier Personen zu Ihnen nach Hause geschickt. Diese Personen hätten Sie mitgenommen und an einem unbekannten Ort festgehalten. Am Anfang hätten sie wissen wollen, von wem Sie das Buch bekommen hätten, Sie hätten keine Antwort dazu gegeben und daher hätten diese Personen Sie nach Ihrer Freilassung verfolgt, damit sie so Kenntnis erlangen könnten, mit wem Sie Kontakt hätten bzw. wer Ihnen diese Bücher besorgt hätte. Sie seien dann ein zweites Mal bewaffnet zu Ihnen nach Hause gekommen und hätten Sie neuerlich mitgenommen. Sie hätten Ihnen gesagt, dass Sie bekannt geben sollten, von wem Sie das Buch hätten, damit sie Ihnen nichts tun müssten. Als Sie die gewünschte Information nicht gegeben hätten, hätten diese Personen Sie geschlagen. Ami folgenden Tag seien Sie in die Nähe Ihres Hauses gebracht und freigelassen worden. Ihnen sei aber von diesen Personen gesagt worden, dass sie wiederkommen und sie holen würden. Sie hätten dann aber Afghanistan verlassen. Ihnen sei von diesen Personen nicht konkret gesagt worden, dass Sie getötet werden sollten. Sie wurden dies aber annehmen, da die Personen nochmals zu Ihnen hätten kommen wollen. Die allgemeine Lage in Afghanistan hätte weder Sie noch Ihre Familie in besonderer Weise betroffen. Sie seien nur wegen des Problems von Afghanistan weggegangen, welches Sie nunmehr erzählt hätten. Andere Probleme hätten Sie dort nicht gehabt. Auch hätten Sie ansonsten nichts mehr vorzubringen.

 

(…)

 

Bei der nunmehrigen niederschriftlichen Befragung vor der PI Traiskirchen-EASt am 02.03.2012 gaben Sie vor einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes Folgendes an:

Sie hätten keine Beschwerden oder Krankheiten, die Sie an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Sie könnten dieser Einvernahme auch ohne Probleme folgen.

Seit der letzten Entscheidung zu Ihrem Vorverfahren hätten Sie Österreich nicht verlassen.

Sie würden deswegen nun diesen neuerlichen Antrag stellen, da Sie nunmehr eine Bestätigung hätten, dass Sie innerhalb von sechs Monaten getauft werden würden und im Falle einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat Ihr Leben wieder in Gefahr sei. Außerdem würden Sie Bücher über die katholische Kirche lesen und würden sich für den katholischen Glauben interessieren. Sie hätten mit Herrn X, Pfarrer in Pension, über den katholischen Glauben gesprochen und er hätte Sie gelehrt und unterrichtet.

Im Falle der Rückkehr In Ihren Herkunftsstaat hätten Sie Angst um Ihr Leben, da Sie nach islamischem Recht zur Todesstrafe verurteilt werden würden. Wegen Ihres Übertritts zum Christentum würden Sie von staatlicher Seite auch bestraft werden.

Seit ca. einem Monat seien Ihnen diese neuen Gründe bekannt und Sie hätten erst vor kurzem beschlossen, diesen neuen Antrag zu stellen.

 

Da das Bundesasylamt auf Grund des bisherigen Verfahrensverlaufes beabsichtigte gemäß § 29 Abs. 3 Zi. 4 AsylG vorzugehen, wurde Ihnen eine diesbezügliche Verfahrensanordnung am 07.08.2012 ausgefolgt. Weiters wurde Ihnen eine 24 Stunden nicht unterschreitende Frist zur Stellungnahme eingeräumt. In dieser Frist ist die Rechtsberatung erfolgt und waren dem Rechtsberater die relevanten Aktenbestandteile zugänglich.

 

Am 08.08.2012 wurden Sie im Beisein Ihres gewillkürten Vertreters bei der Erstaufnahmestelle X einvernommen.

 

(…)

 

Mit Bericht vom 27.08.2012 teilte die PI Timelkam mit, dass Sie am 27.08.2012 in Ihrer Unterkunft bei einem Streit einen anderen, ebenso in Ihrer Unterkunft wohnhaften, afghanischen Asylwerber gegen die Wand gestoßen und ihm mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Grund für diese Auseinandersetzung sollte gewesen sein, dass Ihr Kontrahent zuvor während einer privaten Feier in einem Zimmer der Unterkunft mit seiner Handykamera die ausgelassene Partystimmung mitgefilmt und diese Szenen am nächsten Tag auf der Internetplattform Facebook gegen den Willen der Partygäste veröffentlicht hatte.

 

Hinblickend der deklarierten Glaubensänderung und dadurch angeblich einhergehender Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat führt das Bundesasylamt in der vorliegenden Rechtsprechung in wesentlichen Teilen aus:

 

Der Asylgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 06.06.2012, ZI.: CI4 421.759-1/201178E, bereits aus, dass ein Religionswechsel normalerweise nicht auf kurzfristigem Interesse für bloße Inhalte einer Religion beruht, sondern mit umfassenden Gewissenentscheidungen einhergeht und einem, gewissen Lösungsprozess vom bisherigen Glauben, der ebenfalls auf tiefgreifenderen Überlegungen und Präferenzabwägungen beruhen sollte. Bei Ihnen waren solche spirituellen Überlegungen aber nicht zu erkennen. Soweit Ihr gewillkürter Vertreter in seiner nunmehrigen Stellungnahme, welche am 16.08.2012 ha. einlangte, ausführte, dass der Asylgerichtshof in seiner mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 16.05.2012 Ihrer Weiterentwicklung Ihres Wissens über das Christentum nicht die nötige Beachtung geschenkt hätte, sondern vielmehr nur eine hochgeistig gehaltene „Motivenforschung" bezüglich Ihres Religionswechsels durchgeführt hätte, welche nur für Personen mit höchstem Bildungsniveau berechtigt gewesen wäre, jedoch nicht hinsichtlich einer eventuellen Massfigur, welcher sinnvollerweise nur der österr. Durchschnittsbürger sein könnte, so muss dazu festgehalten werden, dass im Rahmen der genannten Beschwerdeverhandlung keine Diskussionen über Feinheiten der einzelnen christlichen Glaubensrichtungen geführt wurden, sondern Sie lediglich aufgefordert worden sind, in Ihren eigenen Worten darzulegen, was Sie zu dem von Ihnen ins Treffen geführten Glaubenswechsel überhaupt motiviert hätte oder warum Sie sich vom christlichen Glauben angezogen fühlen würden. Ebenso waren Sie nicht in der Lage zu nennen, was Sie an den einzelnen christlichen Glaubensrichtungen besonders interessieren würde bzw. was diese unterscheiden würden, obwohl Sie von sich aus vorab selbst behaupteten, dass diesbezüglich große Unterschiede vorhanden wären. Dass Sie auch nunmehr die christlichen Werte keineswegs verinnerlicht haben, zeigt sich schon daran, dass Sie, nachdem Ihnen das Verhalten eines Mitbewohners in Ihrer Unterkunft nicht gefallen hatte, diesen verprügelten und mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzten. Festgehalten muss an dieser Stelle ebenso nochmals werden, dass es bei einem Glaubenswechsel auf die innere Überzeugung ankommt und nicht auf das „Auswendiglernen" bestimmter Texte oder Schriften. Aus diesem Grund konnte auch davon abgesehen werden, die von Ihrem Vertreter angeführten Zeugen, welche Ihr angelerntes Wissen bestätigen könnten, zu befragen.

Soweit Sie nunmehr als „Neuerung" im gegenständlichen Verfahren anführten, dass Sie in absehbarer Zeit getauft werden würden, so kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden, zumal Sie von sich aus deutlich machten, noch gar nicht zu wissen, welcher Richtung des christlichen Glaubens Sie sich überhaupt anschließen möchten. So führten Sie in der Erstbefragung an, dass Sie sich von einem katholischen Pfarrer unterrichten lassen würden. In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt erklärten Sie, dass Sie seit sehn Monaten im Selbststudium die Bibel lesen würden und bei der nächsten Sitzung der Zeugen Jehovas getauft werden würden. Diesbezüglich legten Sie auch Empfehlungsschreiben der Zeugen Jehovas vor. Noch in der gleichen Einvernahme gaben Sie widersprüchlich dazu an, dass Sie sich nunmehr aber mehr mit dem katholischen Glauben beschäftigen würden. Auch Ihr gewillkürter Vertreter führte in seiner anher übermittelten Stellungnahme aus, dass Sie bei einer katholischen Kirche den Taufunterricht aufnehmen möchten. Welche katholische Kirche dies aber sein sollte, war Ihrem Vertreter zu diesem Zeitpunkt offensichtlich noch nicht bekannt, zumal er eine diesbezügliche Information erst für einen späteren Zeitpunkt ankündigte. Bis dato langten dazu auch keine weiteren Informationen mehr ein.

Im vorliegenden Bescheid wurden Sie abermals auf Ihre Ausreiseverpflichtung hingewiesen, welcher Sie bislang durch Ergreifen aller nur denkbarer Mittel entgegengewirkt haben.

 

So gehen Sie im Verfahren auch soweit, dass Sie einen anderen Glauben annehmen um damit eine Verfolgung im Herkunftsstaat zu begründen. Hierzu ist auf die umfassende Erhebung und Feststellung des Asylamtes und des Asylgerichtshofs zu verweisen, wessen auch in den zitierten Passagen Ihre Unglaubwürdigkeit einer tatsächlicher aus Überzeugung erfolgter Glaubensänderung darlegt Schlussfolgernd daraus heben auch die Asylbehörden und Gerichte hervor, dass Ihre Glaubensänderung wohl aus Motivierung einer möglichen Asylgewährung erfolgt sei.

 

Dass Sie mit der deklarierten Glaubensänderung auch Problematiken mit Ihren Landsleuten in den Unterkünften hatten, solche bewusst auch hinblickend einer Aufenthaltsgewährung in Kauf nahmen, legt besonders in Hinblick einer Glaubensänderung, nämlich einer persönlichen Überzeugung nahe, dass Sie unmissverständlich wohl zu allem bereit sind um einer drohenden Außerlandesbringung zu entgehen.

 

In Prüfung der vorliegenden Sachlage wurden Sie im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck unmittelbar nach Zustellung der vorliegenden durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung durch die Polizeiinspektion Timelkam festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Verhängung der Schubhaft am 10.09.2012 vorgeführt. Hierbei musste abermals festgestellt werden, dass Sie über keine nennenswerten Barmittel verfügen und völlig mittellos sind.

 

Mit der Einbringung eines Folgeantrages ist Ihr Ziel und absolut vehementer Ausreiseunwille klar und unmissverständlich erkennbar, Ihrer durch den Asylgerichtshof gesetzter Ausreiseverpflichtung binnen 14 Tage nicht nachkommen wollen und damit Ihrer drohenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen mit einer abschließenden Abschiebung entgehen wollen.

 

Nachdem Ihnen nunmehr - und zwar im Asyl-Folgeverfahren - bescheidmäßig abermals Ihre Ausreiseverpflichtung mitgeteilt und die Durchsetzbarkeit vorliegender Ausweisungsentscheidung bekannt gegeben wurde, Sie über dessen Bedeutung nunmehr wohl auch durch Ihre Rechtsvertretung im Asylverfahren bescheid wissen, eine Durchsetzbarkeit durch eine abermalige Antragstellung auch nicht mehr verhindern und eine drohende Abschiebung auch nicht mehr unterbinden zu können, Ihr vorgelegtes Dokument zudem ein gültiges Einreisedokument in Kabul darstellt, Sie daher nicht nur rechtlich sondern auch faktisch in unmittelbarer Zeit abschiebbar sind, muss nunmehr davon ausgegangen werden, dass Sie sich unverzüglich der drohenden Festnahme und Abschiebung entziehen und in die Anonymität abtauchen werden.

 

Die vorliegende Information stellt ein absolutes fluchtauslösendes Ereignis dar.

 

Wie bereits angeführt sind Sie ohne eigenen Wohnsitz und stehen lediglich im Ausnahmefall noch in landesbetreuter Unterkunft. Mit Finalisierung einer durchführbaren Ausweisungsentscheidung kommt Ihnen zudem keine Landesbetreuung mehr zu. Mit der Zustellung der durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung endet Ihr Zulassungsverfahren, wessen einen weiteren wesentlichen Bestandteil der zu veranlassender Sicherung darstellt.

 

Auch verfügten und verfügen Sie nach wie vor über kein Aufenthaltsrecht, mit der durchsetzbaren Beendigung Ihres Zulassungsverfahrens wurde Ihr durch den Folgeantrag zugegangener vorläufiger Abschiebeschutz aufgehoben.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig - nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind - unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hält weiters fest:

Ihre Identität wurde durch das Bundesasylamt bereits erhoben und ist durch vorliegende und sichergestellte Originaldokumente (Personenstandsurkunde) gesichert. Ihre Abschiebung ist demnach auch faktisch in Kürze durchführbar.

 

Ihnen wurde mehrmals im Asylverfahren bekannt gegeben, dass Sie keine Fluchtgründe entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention vorgebracht haben. Die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr wurde Ihnen zu jedem Zeitpunkt bekanntgegeben und nahegelegt. Von einer freiwilligen Rückkehr ließen Sie ab. Entgegen brachten Sie zu jedem Zeitpunkt Ihres Erst- und Zweitverfahrens Ihren Ausreiseunwillen vor. Bzw. hoben Ihren Unwillen gegenüber einer rechtstaatlichen Entscheidung mit der Handelnsweise der Folgeantragstellung unmissverständlich hervor.

Hinblickend dessen, als auch in Bedachtnahme Ihrer aktuellen Angaben und Aussagen, Ihrer bisherigen Verhaltensweise ist daher ab jenem Zeitpunkt in dem Sie keine Perspektive zu einem Aufenthaltsrecht in Österreich mehr haben, davon begründend auszugehen, dass Sie Ihren Aufenthalt im Bundesgebiet aufgeben, sich den Behörden entziehen, in die Anonymität abtauchen und illegal in angrenzende Mitgliedstaaten reisen werden, um Ihr Ziel zu erreichen und sich - wenn auch illegal - zumindest fortlaufend in der europäischen Union aufhalten zu können.

 

Mit Ihrer Deklaration der im laufenden Zulassungsverfahren erfolgten Reisen nach Salzburg bringen Sie auch selbst nahe, kein Interesse an den gestellten Auflagen, nämlich hierbei an der Einhaltung der Gebietsbeschränkung zu haben. Diesbezüglich wäre an sich bereits §76 Abs. 2a Ziffer 2 FPG 2005 anzuwenden, und abseits der vorliegenden "kann Bestimmung" des Abs. 2 von einer gesetzlich zwingend erforderlichen Schubhaft gebrauch zu machen. Darüber hinaus stellt ein durchsetzbarer Abschluss eines Folgeantrages einen sogar fortgeschrittenes Stadium der Aufhebung eines Abschiebeschutzes dar, weswegen auch dahingehend die Ziffer 2A Anwendung finden könnte. Lediglich aufgrund dessen, dass kein Behördlicher Nachweis Ihrer Überschreitung der Gebietsbeschränkung im Zulassungsverfahren vorliegt, Sie dabei nämlich nicht betreten wurden, Ihr Eingeständnis dahingehend auch Ihnen nicht zur Last gelegt werde, und in Bezug der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes dezitiert auf §12aAsylG verwiesen wird, war von der Heranziehung der Ziffer 2A Abstand zu nehmen und eine eindringliche Einzelfallprüfung durchzuführen.

Wessen jedoch nach umfassender Prüfung letztlich kein anderes Endergebnis erbrachte, als dass Ihnen kein derartiges Vertrauen entgegen gebracht werden kann, sodass als Sicherungsmaßnahme von einem erforderlichen Freiheitsentzug nicht mehr Abstand genommen und an Stelle dessen gelindere Mittel nicht angeordnet werden können.

 

Auch zeigt Ihr Verhaltensmuster, dass Sie zu keiner Zeit gewillt sind die Rechts- und Werteordnung Ihres "Gastlandes" zu respektieren und einzuhalten. Eine freiwillige Beendigung Ihres illegalen Aufenthaltes lehnten Sie zu jedem Zeitpunkt ab, eine rechtstaatliche Entscheidung ignorieren Sie schlichtweg, selbst die Rechtsprechung des Asylgerichtshofes lässt Sie vollkommen unberührt.

 

(…)

 

Unter Berücksichtigung und Bewertung des vorliegenden Sachverhaltes konnte seitens der bescheiderlassenden Behörde unter keinen umständen Möglichkeiten einer Anwendung gelinderer Mittel gesehen, sondern musste in ihrem konkreten Fall regelrecht zwingend eine notwendige Verhängung einer Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung, bzw. eines Verfahrens eines Einreiseverbotes sowie zur Sicherung der bevorstehenden Abschiebung veranlasst werden.

 

Hinblickend der aktuellen Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist dazu im Besonderen anzuführen, dass die mehrfach geäußerte Weigerung des Fremden in den Ausweisungsstaat zurückzukehren demnach unter einem besonderen Licht erscheint und ist nicht mit den Fällen zu vergleichen, in denen die Höchstgerichte eine bloße Ausreiseunwilligkeit alleine als nicht ausreichend sahen, einen Sicherungsbedarf zu begründen. Wessen Beurteilung nicht nur Ansicht der Bescheid erlassenden Behörde, sondern auch Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit seiner aktuellen Rechtssprechung vom 10.07.2012 zu Zl.: VwSen-401192/4/SR/Jo ist.

 

Nachdem aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens im Bundesgebiet zu befürchten ist, dass Sie sich - auf freiem Fuß belassen - dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Anonymität abtauchen werden, ist zur Sicherung der Erlassung einer Ausweisung oder Einreiseverbot sowie zu Sicherung Ihrer Abschiebung Ihre Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich.

 

Ein gelinderes Mittel würde zudem zum gegenwärtigen Zeitpunkt und Verfahrensstand die abermalige Gefahr beinhalten, dass Sie - nach einem erneuten Abtauchen in die Anonymität - dem österreichischen Staat wiederum weiters finanziell zur Last fallen könnten. Da Sie Ihren Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müssen, ist die Gefahr sehr groß, dass Sie dies erneut auf illegale Art und Weise bewerkstelligen werden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck kommt letztlich nach umfassender Einzelfallprüfung des Sachverhaltes zum Schluss, dass eine Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft im konkreten Fall vorliegt. Denn dem Recht des Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich.

 

1.2. Gegen den Schubhaftbescheid sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf, vertreten durch den Verein X, dieser vertreten durch X, per Telefax am 23. September 2012 um 17:03 Uhr "Beschwerde" an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.

 

Darin wurde ua. wie folgt ausgeführt:

I Sachverhaltsfeststellung

 

Der Bf ist nun am 19.07.2011 über eine der Behörde angeblich unbekannte Reiseroute –

dass der Bf. nach fast 5 jährigem Aufenthalt in Griechenland von dort über die Balkanroute nach Österreich gelangt ist, hat er niemals verschwiegen, auch wenn die Erstbehörde dies zu behaupten versucht –

nach Österreich gelangt, um noch am selben Tag einen Antrag auf Internationalen Schutz zu stellen. Dass der Zeitpunkt der Einreise nicht bekannt sei, ist wohl als eine Scherzerklärung der Erstbehörde aufzufassen, die einzig und alleine dazu dient, den Bf in einem gewollt schlechten Lichte darzustellen.

 

Die von der Erstbehörde so heiß ersehnte Deportierung nach Griechenland, wo dem Bf vor seiner Flucht nach Österreich Fingerabdrücke abgenommen wurden, scheiterte nicht etwa an irgendeiner Heimtücke, der sich der Bf bediente, sondern an den rechtlichen Hindernissen, die einer Deportation in Rahmen Dublin II entgegen gestanden ist.

 

(…)

 

I Beschwerdegründe

A Unrichtige Sachverhaltsfeststellung

 

1. Die Erstbehörde behauptet nun, der Bf würde "soweit gehen, einen anderen Glauben anzunehmen, um eine Verfolgung im Herkunftsstaat zu begründen", auch würde sich aus den Feststellungen des Asylgerichtshofes die Unglaubwürdigkeit einer tatsächlich aus Überzeugung erfolgten Glaubensänderung hervorgehen.

Es wird weiters dem Bf zur Last gelegt; durch die deklarierte Glaubensänderung bewusst Problematiken mit seinen Landsleuten in Kauf genommen zu haben. Er sei somit zu allem bereit, um eine drohende Außerlandesbringung in Kauf zu nehmen.

 

Die oben dargestellte "Argumentation" ist in die unterste Schublade behördlicher Begründungen einer schlichtweg wohl als Ungeheuerlichkeit zu bezeichneten Aussage einzuordnen, die die seltsamen Gedankengängen einer Behörde und ihres Organes verdeutlichen. Wer solche Gedankengänge hegt, dem ist wohl entgangen, dass es immer noch in Österreich und in der EU die freie Wahl der Religion gibt, wonach sich auch ein Asylwerber für die Annahme einer neuen Religion, des Christentums genauso, wie des Buddhismus, aber sich auch gänzlich von der Religion abwenden kann und nun die Meinung vertreten kann, es gebe keinen Gott.

 

Die Aussage, der Bf hätte sogar durch den Übertritt zum Christentum Streitigkeiten / Auseinandersetzungen mit den Mitbewohner in der Flüchtlingspension BEWUSST in Kauf genommen, kommt einer maßlosen Verunglimpfung eines schuldlosen Opfers aus einem Land gleich, wo seit Jahren angebliche Weltbefreier einen gleichsam völkerrechtswidrigen, wie auch von militärischen Gesichtspunkt aus schon längst verlorenen Krieg führen.

 

Dem e. O. ist wohl auch entgangen, dass der Bf jahrelang im Iran leben musste, weil ihm in seinem Land Verfolgung gedroht hat, er ca 4 Jahre in Griechenland als Asylwerber weilte, wo die Asylbehörde so gut arbeitete, dass schliesslich sein Akt verloren gegangen ist, was für ihn mit der Konsequenz verbunden war, dass er dann einfach einen Landesverweis bekommen hat.

 

(..)

 

2. Die Festnahme sei daher Im Auftrage der BH Vöcklabruck erfolgt, wobei abermals festgestellt werden musste, dass der BF über keine nennenswerten Barmittel verfügte.

 

Bei der Durchsuchung des Bf hinsichtlich der Barmittel, über die er verfügt, handelt es sich sichtlich um eine "Momentaufnahme"; die vielleicht von der Erstbehörde erwünscht ist, jedoch überhaupt nicht berücksichtigt, dass der Bf jederzeit über Geldmittel von 500 bis 800 Euro verfügt, die ihm von guten Bekannten aus der afghanischen community zur Verfügung gestellt werden.

 

3. Mit der Einbringung des Folgeantrages sei auch die Absicht und das Ziel des Bf erkennbar, dass der BF einen absoluten und vehementen Ausreiseunwillen hätte, zumal er ja auch der durch den Asylgerichtshof gesetzten, 14 tägigen Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei.

 

Der neue Antrag wurde weder deshalb eingebrachtem die Erstbehörde, die Asylbehörden, etc zu ärgern, noch aber damit den absoluten Ausreisewillen zu dokumentieren, sondern schlichtwegs darum, da der Bf sich für die katholische Kirche dahingehend entschieden hat, dass er den Taufunterricht besucht, damit auch rechtlich zur katholischen Kirche gehört und damit im Sinne des C.iuris can. bereits ein Christ im Herzen ist.

 

4. Die behauptet beabsichtigte Entziehung der drohenden Festnahme und Abschiebung nach Afghanistan wird abermals durch die erneuerte Asylantragstellung, begründet, wobei auch behauptet wird, dass das seitens des BF vorgelegte Dokument, nämlich ein Personalausweis, ein gültiges Einreisedokument nach Kabul darstelle. Dadurch sei der Bf nicht nur rechtlich, sondern auch faktisch in unmittelbarer Zeit abschiebbar .

 

Diese Information stelle ein absolut fluchtauslösendes Ereignis dar.

 

Auch hier irrt die Erstbehörde deutlich, weil das vorgelegte Dokument, die Tazkera, keineswegs bereits als Voraussetzung für die Ausstellung des von der Erstbehörde so heiss ersehnten Heimreisezertifikates dient.

Es wäre der Erstbehörde doch wenigstens zu zumuten gewesen, sich die konkrete Praxis bezüglich der Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die afghanische Botschaft in Wien X anzusehen, und dann hätte sie bemerkt, dass Heimreisezertifikate seitens der Botschaft nur für Personen ausgestellt werden, die von sich aus dies begehrt haben.

 

(.)

 

5.

Da der Bf ohne eigenen Wohnsitz sei, ihm auch keine Landesbetreuung mehr zukomme, sein Zulassungsverfahren nun beendet sei, und eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung vorliege, sei die Sicherung durch Schubhaftnahme nötig.

 

6. Abermals wird behauptet, dass die Identität durch das Bundesasylamt erhoben worden sei, auch durch das Personenstandsdokument gesichert Deshalb sei auch die Abschiebung faktisch in Kürze durchführbar.

 

Bereits unter Punkt 4. wurde auf die Unrichtigkeit dieser erstbehördlichen Annahme hingewiesen.

 

7. Dem Bf sei auch die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan bekannt gegeben und nahe gelegt worden. Der Bf hätte zu jeder Zeit seinen absoluten Ausreiseunwillen dargelegt Es sei daher von der Erstbehörde geschlossen worden, dass der Bf. sich nun nach Abschluss aller Verfahren nur mehr einen einzigen Ausweg, nämlich den des Abtauchens in die Illegalität, sehe.

 

Der Bf hat trotz dieser billigen, erstbehördlichen Annahme sich nicht dieser, oder einer anderen Behörde, irgendeiner behördlichen Anordnung entzogen, er hat auch nie einen Anlass dazu gesehen, in die "Anonymität" unter zu tauchen, wohin den eigentlich er in die Annonymität er untertauchen hätte können, trotz der Unterstützung durch Freunde und Bekannte, die er hier in Österreich hat, müsste die Erstbehörde erst einmal erklären.

 

Im übrigen ist der BF jederzeit zur Rückkehr in seine Heimat bereit, so ferne die Besatzungstruppen aus den USA und der NATO dort das Feld räumen und die Afghanen selbst über ihr politisches Schicksal entscheiden können. Auch wenn er als Christ mit fatalen Folgen zu rechnen hätte.

 

8. Auch hätte der Bf zugegeben, im laufenden Verfahren die Gebietsbeschränkung nicht eingehalten zu haben. Es hätte daher eine eingehende Einzelfallprüfung durchgeführt werden müssen, welche jedoch zum Ergebnis geführt hätte, dass dem Bf kein Vertrauen entgegen gebracht werden könnte. Es sei daher auch die Anwendung des gelinderen Mittels nicht möglich gewesen.

 

Die widersprüchliche, erstbehördliche Argumentation führt zum Schluss, dass man dem Bf. diese Übertretung nicht nachweisen könnte, daher werde sie ja gar nicht berücksichtigt, aber dann schon, wenn es um die Anwendung des gelinderen Mittels gehe.

 

Irgendwann führt diese erstbehördliche Argumentation halt wieder zum Schluss, dass man ihn in Schubhaft nehmen müsste, weil dies so gewollt sei.

 

9. Der Bf sei auch an keine Örtlichkeit gebunden, er sei flexibel in seiner Lebensgestaltung hätte keine familiären oder soziale Verpflichtungen gegenüber Österreich. Auch würde er keiner legalen Beschäftigung nachgehen.

 

Hier wird praxisfern die erstbehördliche Annahme als "Beweis" dafür verwendet, dass der frei von Bindungen und Verpflichtungen seiende, abgewiesene Asylwerber zwangsläufig in die "Illegalität" abtauche, wo ihn offensichtlich ein bequemes Leben erwarte, wie es sich der hochanständige Österreicher wohl gar nicht vorstellen könne, ein kleines Paradies, mit allen Köstlichkeiten ...

Auch ist die Annahme unrichtig, der Bf sei an keine Örtlichkeit gebunden, weil ja in Wirklichkeit er auch nach Beendigung der GVS noch immer in der Pension verweilen durfte, weil der Inhaber, im Gegensatz zur Erstbehörde, Mitleid mit dem Bf hatte.

 

10. Durch dieses Verhalten stelle der Bf eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar, durch sein Verhaltensmuster zeige der Bf, dass er keinen Respekt vor der Rechts- und Werteordnung des "Gastlandes" hätte.

Der Bf würde auch eine freiwillige Beendigung des illegalen Aufenthaltes ablehnen, eine rechtsstaatliche Entscheidung ignorieren....

 

Die ganze widerliche Andichtung von schlechten Eigenschaften, die dem Bf nun zugeschoben werden, der sozusagen auf sein "Gastland" spucken würde, kann gut aus den Wahlreden rechtsrechter Politiker, und dies wohl noch viel krasser, entnommen werden, der Bf als Neuchrist, als Person mit tiefer, demokratischer Achtung vor Österreich kommt dieser durch die Erstbehörde, maßlos verzeichneten Figur nicht die Spur gleich.

 

11. Der Bf würde kein geregeltes Einkommen beziehen, keinen ordentlichen Wohnsitz haben, er sei an keine Örtlichkeit gebunden, es sei daher jedezeit anzunehmen, dass er in die Anonymität untertauche. Die Anhaltung in der Schubhaft sei daher absolut nötig.

 

Auch diese "Abschlussargumentation" ist nicht den Deut wahrheitskonformer, weil während des ganzen Asylverfahrens, und auch jetzt, nach Einleitung des neuen Asylverfahrens, der BF stets seine Kooperation mit den Behörden, gezeigt hat, für die er ja sogar, dies ehrenamtlich, als Dolmetsch für seine Landsleute fungierte.

 

Der Bf erklärt ausdrücklich, dass er stets gesetzeskonform sich verhalten hat, große Achtung vor den demokratischen Einrichtungen Österreichs hat. Sein Unwillen, in ein von fremden Truppen besetztes Land zurückzukehren, gründet sich alleine darauf, dass er als Christ in seiner Heimat, dank auch den Besatzern, auch aktuell- siehe die Verunglimpfung des Profeten Mohammed- um sein Leben fürchten muss.

 

Er stellt daher den

 

ANTRAG

 

Die Schubhaftnahme als unrechtmäßige Massnahme aufzuheben und sie durch das gelindere Mittel zu ersetzen, wobei ehrenwörtlich die damit verbundenen Auflagen erfüllen wird.

 

1.3. In der Gegenschrift vom 24. September 2012 führte die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird in vorliegender Beschwerde auf die fremdenpolizeilichen Aktenunterlagen, sowie insbesondere den im Schubhaftbescheid vom 10.09.2012 festgestellten Sachverhalt hingewiesen und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der vorliegenden Beschwerde wird im Weiteren entschieden entgegengehalten:

·          Das im gesamten Umfang ungezügelte, beschimpfende und behördenfeindliche Vorbringen legt unmissverständlich nahe, dass die Behörde in korrekter Einschätzung der Sachlage dem Beschwerdeführer in dessen Vorhaben zuvorgekommen und den Aufgaben einer Sicherheitsbehörde korrekt und zeitgerecht nachgekommen ist. Sachliche Argumente einer Fehlbeurteilung der Behörde wurden nicht vorgebracht. Andernfalls wären wohl Beschimpfungen, Mutmaßungen und persönlicher werdende Unterstellungen zur Begründung einer Beschwerde nicht erforderlich gewesen.

·          Zu den in der Beschwerdeschrift eingangs angeführten Fluchtgründen zu Griechenland werde seitens der belangten Behörde nicht näher eingegangen, da diese Beschimpfungen und Mutmaßungen weder Bezug zum bekämpften Bescheid noch Bezug im fremdenpolizeilichen Verfahren haben. Eine sachliche Feststellung des einleitenden Sachverhaltes scheint dem Beschwerdeführer hier wohl einfach nicht zu gefallen.

·          Die Thematik des tatsächlichen Glaubens des Beschwerdeführers ist zwar in der Sachlage der Schubhaft und  vorliegendem fremdenpolizeilichen Verfahren wenig relevant. Es ist auch seitens der belangten Behörde gegenteilig auch dann völlig irrelevant, selbst wenn der Beschwerdeführer bereits getauft und nachweislich den christlichen Glauben angenommen hätte. Denn selbst dann wäre eine durchführbare Ausweisungsentscheidung fremdenpolizeilich zu vollziehen und ein illegaler Aufenthalt zu beenden, wenn das Bundesasylamt und der Asylgerichtshof zum nachvollziehbaren Ergebnis der rechtswirksamen Ausreiseverpflichtung und Ausweisung in den Herkunftsstaat des Fremden gelangen. Die vorliegende Unterstellung und Mutmaßung mag aber auch diesbezüglich keinesfalls unbegründet stehen gelassen werden. Hierbei ist es schon erstaunlich dass der Beschwerdeführer und Rechtsvertreter über die Vorhaltungen und Einvernahmen im Asylverfahren bescheid wissen, hierzu auch wörtlich sogar im aktuellen Verfahren zu der Feststellung der Deklaration der Glaubensrichtung in der Datenaufnahme anführen moslimischen Glaubens zu sein (siehe Einvernahme vom 08.08.2012 des BAA EAST-West des Beschwerdeführers in Anwesenheit des Rechtsvertreters Dr. X), "F: Im Zuge der Datenaufnahme gaben Sie noch an, dass Sie ein Moslem, der der schiitischen Richtung angehörenden würde, seien. Jetzt sagen Sie, dass Sie ein Christ seien. Warum haben Sie diesbezüglich bei der heutigen Datenaufnahme andere Angaben gemacht?", und erst in der Befragung auf Vorhaltung feststellen müssen, dass ein eklatanter Widerspruch vorliegt, den selbst der Anwalt nicht zu entkräften vermag, außer letztlich diesbezüglich ersucht eine schriftliche Stellungnahme einbringen zu dürfen. Im Weiteren selbst in der vorliegenden Maßnahmebeschwerde vorbringt, dass der Beschwerdeführer zunächst nach dem Verlassen Afghanistans 4 Jahre im Iran, dann 5 Jahre in Griechenland und nunmehr mehr als ein Jahr in Österreich war, die Fluchgründe aber mit dem Verkauf, Anbietung und Interesse der Bibel, dem Interesse an dem christlichen Glauben in Afghanistan zusammen hängen würde, aber Gründe weswegen der Beschwerdeführer nach den festgestellten (4+5+1) mind. 10 Jahren keine dezitierten Angaben und Wissen über den christlichen Glauben vorbringen kann, ja selbst sogar noch nicht einmal weis ob er den röm. kath. Glauben oder den Glauben der Zeugen Jehovas annehmen möchte, folglich die Feststellungen des Asylamtes und des Asylgerichtshofs auch gegenüber der Fremdenbehörde unterstreicht und gleichzeitig eine Schuldzuweisung an die Sicherheitsbehörde über das des Beschwerdeführers eigene Unvermögen trifft. Wobei wohl vermerkt die Aufgabe der Fremdenbehörde hinblickend der Angaben im Asylverfahren lediglich daran liegt, eine Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit zu begutachten und das Ergebnis einer Einzelabwägung und Einzelfallprüfung berücksichtigend einfließen zu lassen. Eine derartige Belangung und beleidigende persönliche Unterstellung mag hierbei entschieden als unakzeptabel festgehalten werden.  

·          Im weiteren wird auf die dezitierte Feststellung des Beschwerdeführers hisichtlich dessen, dass er jederzeit bei Bedarf auf Mittel in der Höhe von 500 bis 800 Euro zugreifen könne, verwiesen. Auf die jederzeitige finanzielle Möglichkeit eines kurzeitigen Aufenthalts und Ausharrens in der Anonymität, abseits jeglicher behördlicher Grundversorgung, sowie der finaziellen Möglichkeit einer jederzeitigen illegalen Weiterreise wird gemäß den Angaben des Beschwerdeführers hingewiesen.

·          Der Beschwerdepunkt 3 der Beschwerdeschrift kann ha. nicht nachvollzogen werden, hierzu wird auf aktuelle Feststellung des UVS OÖ vom 20.09.2012 zu Zl.: VwSen-750055/2/BP/WU im Weiteren hingewiesen. Ein Asyl-Folgeantrag wäre hierbei wohl nicht erforderlich gewesen, wenn kein Ausreiseunwille und kein Wille des Nachkommens der Ausreiseverpflichtung vorliegen würde. Ein Aufenthalt zur Taufe hätte auch gem. §55a zeitgerecht beantragt werden können. Ein Ablehenen einer rechtstaatlichen Entscheidung nachzukommen und fortlaufend rechtswidrig sich aufzuhalten mag damit nicht schlüssig begründet werden.

·          Entschieden wird auch gegen den Mutmaßungen und Unterstellungen des Punkt 5 entgegen gehalten. Keineswegs ist eine Ausstellung eines Heimreisezertifikates heiß ersehnt. Es ist grundlegend nur die Verpflichtung der Sicherheitsbehörde den rechtswidrigen Verhaltensweisen undokumentierter Identitäten bei Notwendigkeit entgegen zu treten und Einhalt zu gebieten. Was aber im vorliegenden Fall absolut keine Sachrelevanz hat. Wäre sodann entsprechend der Ausführungen des Beschwerdeführers, bzw. dessen unwissender Rechtsvertretung ein Heimreisezertifikat "heiß ersehnt" so hätte die belangte Behörde solches längst angefordert und die afghanische Vertretungsbehörde damit befasst. Gegenteilig wurde hierbei dem Beschwerdeführer absolut kein negatives Handeln vorgehalten, welcher -wenn auch nicht gegenüber den Fremdenbehörden, so aber zumindest vor den Asylbehörden - seine Identität mit einem Identitätsdokument bescheinigt hat. Auch war es nie und ist es auch umso weniger im vorliegenden Fall Faktum dass irgend jemand in der Schubhaft "zur freiwilligen Rückkehr weich geklopft" werde. Geht aber aus den Beschwerdeangaben, den weiteren ungerechtfertigten und mutmaßlichen udn persönlich werdenden Unterstellungen hervor, dass der Beschwerdeführer unter absolut keinen Umständen der Ausreiseverpflichtung und somit einer rechtstaatlichen Entscheidung nachkommen werde. In Bezug der "christlichen Verpflichtung sich zur Wehr zu setzen?" mag beispielsweise "der hinzuhaltenden anderen Wange" und des "vorgelebten Beispiels Jesu an der Kreuzigung", sowie der gegenteiligen Auffassung des Beschwerdeführers hinblickend vorliegender Strafanzeige wegen Körperverletzung, nicht näher eingegangen werden. Denn dies würde zudem die seitens des Beschwerdeführers äußerst unbeliebten und bestrittenen Feststellungen des Asylamtes und Asylgerichtshofs unterstreichen und weitere ungerechtfertigte Unterstellungen der belangten Behörde auflodern lassen.

·          Vollkommen unklar ist, aus welchen Motiven und Begründungen der Beschwerdeführer zur Behauptung einer Unrichtigkeit der erstbehördlichen Annahme unter Punkt 6 kommt. Hierzu kann auch keine weitere Entgegenbringung vorgebracht werden, als auf die aktenkundigen Unterlagen und den beabsichtigten Abschiebetermin zu verweisen.

·          Das Vorbringen des Punkt 7 kann ebenso kein Verständnis entnommen werden.

·          Der abschließenden Mutmaßung der unübertrefflichen Unterstellung der Behörde rechtsrechter politischer Gesinnung wird entschieden entgegen getreten.

 

1.4. Mit Erkenntnis vom 26. September 2012, VwSen-401217/2/SR/Jo, wies der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Beschwerde als unbegründet ab und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des Bf für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

2. Gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf, nunmehr vertreten durch die X, Schubhaftbeschwerde mit Schriftsatz vom 26. November 2012, eingebracht mit Fax vom 26. November 2012, an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Zum Sachverhalt führte der Vertreter wie folgt aus:

Das Asylverfahren des BF ist rechtskräftig abgeschlossen. Seit diesem Tag liegt eine durchsetzbare Ausweisung vor. Der BF verfügt über keine afghanischen Dokumente - und will nicht freiwillig nach Afghanistan ausreisen. Über den BF wurde mit Bescheid vom 10.09.2012, GZ: Sich40-2656-2011, der Erstbehörde gemäß § 76 Abs. 1 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Er wurde am selben Tag festgenommen und befand sich bis 15.10.2012,09:45 Uhr in Schubhaft. Mit Erkenntnis des UVS Oö vom 26.09.2012 wurde über die Schubhaftbeschwerde entschieden.

 

Für den Zeitraum vom 26.09.2012 bis 15.10.2012 richtet sich die eingebrachte, gegenständliche Beschwerde mit unten unter 1. und 2. näher ausgeführtem Vorbringen.

 

Begründend führte der Vertreter aus:

1. Abschiebungen nach Afghanistan sind nicht möglich

 

Art. 1 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit lautet:

 

„(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht

(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind."

 

Art 1 Abs. 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit sieht demnach vor, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf § 76 Abs. 1 FPG.

 

§ 76 Abs. 1 FPG spricht von „krann", dies bedeutet, dass nicht automatisch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 FPG, Schubhaft zu verhängen ist, sondern eine individuelle Prüfung stattzufinden hat. Dies wurde Fall des BF unterlassen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (31.03.2008, 2005/21/0026; vgl. auch VwGH 17.11.2005,2005/21/0019 und 27.01.2011, 2008/21/0595) ist „eine Schubhaft [...] dann nicht rechtmäßig, wenn sich die Behörde mit der Frage der Durchführbarkeit einer Abschiebung des Fremden trotz massiver Anhaltspunkte für deren Unmöglichkeit nicht beschäftigt hat, obwohl bereits in der Vergangenheit eine Abschiebung nicht zu bewerkstelligen gewesen ist und nunmehr nichts für eine Änderung der Verhältnisse ins Treffen geführt worden ist. Aus den §§ 61 Abs 1 und 69 Abs 2 erster Satz FrG 1997 ergibt sich nämlich klar, dass eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nur dann rechtens sein kann, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt Daran vermag der Umstand, dass ein Fremder durch falsche Angaben zu seiner Identität und Staatsangehörigkeit selbst für die Nichterlangung von Reisedokumenten (und damit für die Vereitelung seiner Abschiebung) verantwortlich sein kann, nichts zu ändern, zumal der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zukommt (Hinweis E 17. November 2005,2005/21/0019)."

 

Schubhaft kann außerdem nur verhängt werden, wenn die Abschiebung zeitnah durchgeführt werden kann (vergl. VwGH 30.08.2011, 2010/21/0353). Bei der Beurteilung dieser Frage ist auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung abzustellen, da Bescheide auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt Ihrer Entscheidung zu ergehen haben (vergl. VwGH 04.05.1977, 0898/75).

 

Dem BFV liegt eine Stellungnahme vom 03.04.2012 von Mag. X, dem Leiter des Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung H/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI, vor. Dieser Stellungnahme ist zu entnehmen, dass Abschiebungen nach Afghanistan nicht möglich sind.

 

Beweis: Beilage 1

 

Dem BFV sind keine Fälle bekannt in denen afghanische Staatsbürger abgeschoben werde konnten. Die Feststellung, ob Abschiebungen nach Afghanistan nunmehr möglich sind wäre unbedingt notwendig gewesen um beurteilen zu können, ob die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung zulässig ist Der belangten Behörde ist somit ein relevanter Feststellungsmangel unterlaufen der den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Zum Beweis dafür ergeht der Antrag eine Stellungnahme des Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung 11/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI einzuholen, ob und unter welchen Voraussetzungen Abschiebungen von afghanischen Staatsangehörigen ohne afghanische Dokumente möglich sind.

 

In eventu eine informierte Auskunftsperson des Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung 11/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI dazu zu befragen.

 

In eventu Mag. X, den Leiter der Referats li/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung H/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI, dazu zu befragen.

 

Insbesondere kann die dem BF angelastete Ausreiseunwilligkeit alleine nicht das Sicherungserfordernis begründen (VwGH 27.02.2007,2006/21/0311). Der VwGH hat in seiner ständigen Judikatur die Erforderlichkeit der Prüfung jedes individuellen Einzelfalles hervorgehoben (VwGH 24.10.2007, 2006/21/0045). In allen Fällen der Verhängung von Schubhaft besteht die Verpflichtung, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Sicherung des Verfahrens und der Sicherung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen; Schubhaft kann immer nur als ultima ratio verstanden werden (VfGH 15.06.2007, B 1330/06). Schubhaft ist hingegen nicht als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerbern anzuwenden; weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sind für sich genommen als Schubhaftgründe zu werten (VwGH 24.10.2007, 2006/21/0239).

 

Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebots und wegen der Formulierung des Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrG („um zu sichern") kann auch die Ausweisungsabsicht zur Rechtfertigung eines Freiheitsentzuges nur dann hinreichen, wenn die Verhängung der bzw. Anhaltung in Schubhaft tatsächlich notwendig ist, um die Außerlandesschaffung zu sichern und diese auch (zeitnah) möglich ist.

Da es im Falle des BF offenkundig zu keiner alsbaldigen Abschiebung kommt, war seine Anhaltung in Schubhaft unzulässig.

 

Das erforderliche Sicherungsbedürfnis, welches die Anordnung von Schubhaft rechtfertigen könnte, liegt beim BF nicht vor.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft sind daher rechtswidrig.

 

2. Nichtanwendung des gelinderen Mittels

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18.05.2001, ZI. 2001/02/0048 ausgesprochen und in ständiger Judikatur bekräftig hat, hat die schubhaftverhängende Behörde die Anwendung des gelinderen Mittels zu prüfen. Dies wurde im konkreten Fall unterlassen.

 

Nunmehr wurde auch die Rechtslage an die Entscheidungspraxis des VwGH angepasst. Das gelindere Mittel hat nach der neuen Regelung des § 77 Abs 1 FPG an die Stelle der Schubhaft zu treten, wenn die Gründe des § 76 vorliegen.

 

Gemäß § 77 Abs 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in S 76 FPG genannten Gründe, gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Mangels ausreichender Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation des BF hat die Erstbehörde auch nicht hinreichend begründet, weswegen in seinem Fall der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreicht werden könnte.

 

Die Schubhaft ist daher rechtswidrig.

 

Abschließend stellt der Vertreter die Anträge, die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft für den Zeitraum 26. September bis 15. Oktober 2012 für rechtswidrig zu erklären und die Kosten samt Gebühren zuzuerkennen.

 

Das als Beilage 1 beigefügte Schreiben (BMI, Abteilung II/3 vom 3. April 2012, GZ BMI-FW1410/0060-II/3/2012 an Mag. X, X) weist unter dem Betreff "Keine Abschiebungen nach Afghanistan" folgenden Inhalt auf:

 

Zu ihrer Anfrage vom 19.03.2012 betreffend Ausweisungen nach Afghanistan wird Ihnen mitgeteilt, daß gegen Drittstaatsangehörige, im Falle Ihrer Anfrage Staatsangehörige von Afghanistan, welche sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten gem. § 52 FPG mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist. Diese wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur Ausreise in dessen Herkunfts- oder Transitstaat. Eine Frist von 2 Wochen für die freiwillige Ausreise steht ihm grundsätzlich zu soferne nicht Gründe für eine Aberkennung derselben vorliegen. Mit der Rückkehrentscheidung wird gleichzeitig gem.    § 53 FPG ein Einreiseverbot erlassen welches die Anweisung an den Drittstaatsangehörigern ist für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Kommt ein Drittstaatsartgehöriger, gegen den eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, der behördlichen Aufforderung, das Bundesgebiet Österreich binnen vorgegebener Frist zu verlassen, nicht freiwillig nach, so haben die Fremdenpolizeibehörde die entsprechenden aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuleiten.

 

Dabei sind sie jedoch gemäß § 13 Abs. 2 letzter Satz FPG verpflichtet, in jedem Verfahrensstadium, und daher auch vor einer Abschiebung, eine Prüfung einer möglichen Verletzung von Art. 2, 3 und 8 EMRK durchzuführen.

 

Bei Fremden die über kein Reisedokument verfügen wird geprüft, ob die Voraussetzungen des      § 97 FPG für die Ausstellung von Reisedokumenten (sog. Lasse Passer) durch die Fremdenpolizeibehörde für Drittstaatsangehörige vorliegen. Ist dies nicht möglich hat sie bei der zuständigen Vertretungsbehörde ein für die einmalige Ausreise gültiges Reisedokument (sog. Heimreisezertifikat) zu besorgen.

 

Durch die in Wien eingerichtete Vertretungsbehörde der Islamischen Republik von Afghanistan werden allerdings nur für freiwillige Ausreisen nicht jedoch für zwangsweise Rückführungen Heimreisezertifikate ausgestellt, sodass derzeit Abschiebungen nach Afghanistan, obwohl nach einzelfallbezogenen Prüfungen gem. § 13 Abs. 2 FPG solche zulässig wären, nicht möglich sind.

 

3.1. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2012 stellte der Vertreter klar, dass sich die Schubhaftbeschwerde lediglich auf die Anhaltung in Schubhaft vom 26. September bis 15. Oktober 2012 und nicht auf die Verhängung der Schubhaft beziehe.

 

3.2. Konfrontiert mit dem vorgelegten Schreiben des Bf teilte die zuständige Fachabteilung des BMI per E-Mail vom 4. Dezember 2012 wie folgt mit:

 

[.......]

Vor allem unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Drittstaatsangehörige verfügen bisherigen Erfahrungen zufolge oftmals nicht über entsprechende Original(reise)dokumente ihres Herkunftslandes, da sie sich dieser spätestens nach erfolgter unrechtmäßiger Einreise entledigen, um ihre Herkunft und ihre tatsächliche Identität zu verschleiern und eine Rückführung in das Herkunftsland möglichst zu verhindern trachten. Natürlich gibt es auch Fälle, bei denen die Fremden aufgrund ihrer oftmals langwierigen und strapaziösen unrechtmäßigen Einreise ins Bundesgebiet ihrer Dokumente verlustig wurden, allerdings auch an einer Rückkehr ins Herkunftsland nicht interessiert sind.

 

Um eine, nach Vorliegen aller rechtlichen Voraussetzungen, Rückführung ins Herkunftsland tatsächlich durchführen zu können, bedarf es im fremdenpolizeilichen Verfahren daher auch der Beschaffung eines entsprechenden Rückreisedokumentes (sog. „Heimreisezertifikate“), welches bei der Vertretungsbehörde jenes Staates in Österreich zu beantragen ist, von dem der Fremde behauptet, Staatsangehöriger zu sein.

 

An die Vertretungsbehörde ergeht daher ein Antrag um Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Da von verschiedenen Vertretungsbehörden, so auch für Afghanistan für die Identitätsprüfung und Feststellung der Staatsangehörigkeit die Vorstellung eines Fremden seitens der Botschaft gewünscht wird, wird daher dbzgl. bereits im Antrag um eine möglichst rasche Terminbekanntgabe ersucht.

 

Bei Staaten, bei denen sich erfahrungsgemäß die Erwirkung eines Heimreisezertifikates schwierig gestaltet, ergeht - zwecks Verfahrensbeschleunigung vor allem im Hinblick auf § 80 FPG wenn sich der Fremde in Schubhaft befindet - ein Antrag direkt durch das BM.I, so auch im Fall Afghanistan.

 

Die bei der Vertretungsbehörde einlangenden Unterlagen werden in der Regel, im Bedarfsfall nach einem zusätzlichen persönlichen Gespräch mit dem Fremden, dem Entsenderstaat zur Klärung der Staatsangehörigkeit und Feststellung der Identität übermittelt. Werden sowohl die Staatsangehörigkeit als die Identität als richtig festgestellt, kann – sofern die Vertretungsbehörde durch innerstaatliche Verfügungen ermächtigt ist - ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden.

 

In der Regel sind jedoch die Vertretungsbehörden nicht generell berechtigt, aus eigenem derartige Dokumente auszustellen, sondern bedarf dies der vorherigen Zustimmung, im konkreten Fall durch das afghan. Migrationoffice.

 

Allerdings war es in den letzten Monaten möglich, im Einzelfall afghanische Staatsangehörige, die über Originalpersonaldokumente (bspw. Geburtsurkunde) verfügen, mit einem derartigen Dokument nach Afghanistan rückzuführen.  

 

[......]

 

3.3. Am 24. Jänner 2013 übermittelte die belangte Behörde Teile des Verwaltungsaktes und erstattete folgende Gegenschrift:

 

Zur gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde (Schubhaftbeschwerde) darf grundsätzlich auf die gegenständlichen Aktenunterlagen als auch auf den Schubahftbescheid der BH Vöcklabruck, sowie auf das do. Erkenntnis vom 26.09.2012 zu Zl. 401217/2/SR/JO verwiesen werden.

Im Wesentlichen begründet sich die weitere, vorliegende Schubahftbeschwerde darin, dass Abschiebungen nach Afghanistan nicht möglich seien.

Die Beschwerde begründet im Wesentlichen die Rechtsgrundlage des §46 Abs. 2 FPG 2005, welcher wie folgt lautet:

 

Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat die Behörde bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.

 

Hervorzuheben ist hierbei dass der Gesetzgeber von einem Reisedokument und Erforderlichenfalls von einem Ersatzreisedokument spricht.

Sind demnach überhaupt Reisedokumente für eine erfolgreiche Rückführung des Fremden in dessen Zielstaat erforderlich, und verfügt der Fremde oder die Behörde über keine Reisedokumente, so sind solche einzuholen.

 

Dabei spricht der Gesetzgeber vollkommen klar, dass 

1. es nicht unbedingt eines Reisedokumentes bedarf, sofern die Einreise im Zielstaat auch ohne dessen möglich ist (...UND kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden,...) Beispielsweise dürfen dazu Staaten wie Nigeria angeführt werden, welche auch Einreisen  dokumentierter nigerianischer Staatsbürger gewährt, und als Dokumentation bereits Kopien von Identitätsdokumente akzeptiert. Hierbei ist vollkommen klar weder in praktischer Umsetzung, noch gemäß der gesetzlichen Vorgabe ein Reisedokument oder Ersatzreisedokument erforderlich, da die Abschiebung entsprechend dem Gesetzestextes auch ohne solches durchgeführt werden kann. Weitere Beispiele sind auch jene, die selbst in Organisation des BM.I im Rahmen von Charterrückführungen in Herkunftsstaaten durchgeführt werden, in welchen nach zwischenstaatlichen Vereinbarungen auch Identitätsfeststellungen erst im Zielland erfolgt und die Einreise sodann ohne jeglicher Dokumente gestattet wird. 

2. hinsichtlich der Dokumente nicht ein Reisepass oder Personalausweis oder ähnliches, und als Ersatz auch nicht ein Heimreisezertifikat, sondern ein Reisedokument oder Ersatzreisedokument erforderlich seien. Reisedokumente sind, wie es die Wortfolge schon selbstredend beschreibt all jehne Dokumente, welchen die Person zur Reise befähigen. Geht man, wie im vorliegenden Fall gegeben, nicht von einer Rückführung in einen Mitgleidstaat oder Drittstaat, sondern in den Herkunftsstaat aus, so sind dabei all jene Dokumente zulässig, wessen die Person im Herkunftsland zur Einreise befähigen. So sind beispielsweise Reisedokumente für EU-Staatsbürger jedenfalls auch Dokumente wie Personalausweis, Staatsbürgerschaftsnachweis mit Lichtbildausweis, Reisepass, etc.. Nämlich all jene Dokumente, die einen Nachweis der Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates der europäischen Union belegen. Zumal EU-Staatsbürger die Einreise in Mitgliedstaaten der europäischen Union nicht verwehrt werden darf, sobald solche nachweisbar ist. Ähnlich verhält es sich bekannter Weise auch mit Drittstaaten. So hat jeder Staat seine eigenen Vorgaben, welche die Einreiseerlaubnis bestimmen. Beispielsweise wird die Einreise türkischer Staatsbürger in die Türkei bereits mit Vorweis eines Personalausweises (NÜFUS) gestattet. Im arabischen Raum werden erfahrungsgemäß nicht Personalausweise sondern vielmehr Personenstandsurkunden als legitimiertes Reisedokument angesehen. Personenstandsurkunden beinhalten vielfach (je nach Ausstellungsstaat) eine Vielzahl an Informationen über die Person wie neben der Identität auch beispielsweise Familienangehörige, Kinder, Familienstand, etc... Weswegen Personenstandsurkunden (in Afghanistan Tatzkira genannt) in arabischen Staaten grundsätzlich eine höhere Wertigkeit darstellen als Reisepässe selbst. Dahingehend spricht der Gesetzgeber auch nicht von der Erfordernis eines Reisepasses oder Heimreisezertifikat, sondern von Reisedokumente.

 

Weiters ist selbst bei Vorliegen eines Reisedokumentes nicht gesichert, dass im Einzelfall die Einreise des Fremden im Zielstaat gestattet wird. Das hängt auch vorwiegend bei Staaten mit hoher Korruption von einer Vielzahl von Faktoren, darunter auch das Verhalten des Fremden und das Auftreten und Verhandlungsgeschick der Begleitcrew. Siehe dazu Fall X. über welchen selbst ein brand aktuell ausgestelltes Heimreisezertifikat und eine Ankündigung über die Botschaft im Innenministerium und am Flughafen im Zielstaat nicht ausreichte.

Dass die vorliegende Beschwerde im Example Afghanistan vollkommen unbegründet ist, zeigt sich vielmehr auch beispielsweise im Fall X welcher seitens der BH Vöcklabruck in vergleichbarer Weise am 30.08.2012 über Istanbul nach Afghanistan, Zielflughafen Kabul erfolgreich abgeschoben und dessen Einreise mit einer gleichwertigen Tatzkira auch seitens der Sicherheitsbehörde in Kabul am 31.08.2012 gewährt wurde.

 

Wie aus den Aktenunterlagen ersichtlich, habe sich am 01.10.2012 eine Änderung in Bezug der Einreisebestimmungen in Afghanistan ergeben, dessen Wirkung im Beschwerdefall zu Tage kam. Wie aus den Aktenunterlagen auch ersichtlich wäre bis zu diesem Zeitpunkt zur Einreisebewilligung in Kabul selbst ein EU-Laissez-Passer ausreichend gewesen. Ab 01.10.2012 verlangt die Sicherheitsbehörde am Zielflughafen Kabul im Wesentlichen eine Dokumentation der Botschaft von Afghanistan über die aktuelle Staatsbürgerschaft des Fremden oder eine vorherige Ankündigung über das Migrationsamt in Afghanistan. Sprich die Vertretungsbehörde habe mittels Dokument zu bekunden, dass es sich beim Fremden aktuell um einen Staatsbürger von Afghanistan handelt, oder Sofern die Botschaft keine Generalvollmacht zur Ausstellung von Heimreisezertifikaten für unfreiwillige Rückkehrer verfügt, kann solches neben EU Laissez Passer auch über eine Ankündigung am Migrationsamt in Kabul erfolgen. Hierzu ist die Bestätigung über eine Dokumentation der Staatsbürgerschaft über die Vertretungsbehörde ausreichend, bzw. hilfreich.

 

Die Erlangung dieser Kenntnis war weder für die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, noch für das Innen- oder Außenministerium einfach. Habe die mit Wirkung vom 01.10.2012 eingetreten Änderungen auch andere Mitgliedstaaten der europäischen Union betroffen und wurden gemäß Auskunftserteilung der EuPol Beamte in Kabul als auch gemäß Auskunftserteilung der Begleitbeamte besonders in den ersten Tagen nach Eintritt dieser in Afghanistan internen Anweisungsänderung zahlreiche afghanische Staatsbürger in dessen Abschiebestaaten zurückgewiesen.

Nachdem der Eintritt der Änderung in keiner Weise öffentlich vermittelt oder über Außenministerien verkündet wurden, kann dazu auch keine Schuldzuweisung an die Behörde begründet werden.

 

Zumal es nicht zu vergessen auch grundsätzlich die Aufgabe des Fremden ist, sofern er keine Dokumente verfügt, sich um Ersatzdokumente zu bemühen und der Ausreiseverpflichtung Folge zu leisten!

 

Zu vorliegender Sachlage hebt die BH Vöcklabruck folgende weiterer Dokumentationen und Unterlagen hervor:

 

Einerseits ist damit nachweisbar, dass eine Auskunftserteilung des BM.I weder rechtsverbindlich noch anwendbar praktikabel sein muss. Wie schon ausgesprochen bringen zahlreiche praktizierte Fälle zu Tage, dass entsprechend auch der Gesetzgebung für eine Abschiebung nicht unbedingt ein Reisepass oder Heimreisezertifikat erforderlich sein muss. Gleiches wird selbst seitens des BM.I in sogenannten Sonderaktionen in den Herkunftsstaaten bei Rückführungen und Prüfungen der Identität im Zielstaat durchgeführt.

In zweiter Hinsicht geht aus den hervorgehobenen Unterlagen unzweifelhaft die Anweisung des Herrn Mag. X hervor, aufgrund wesser notfalls selbst mit einem EU Laissez Passer die Abschiebung zu erfolgen habe.

Weiters liegt im vorliegenden Fall eine gesicherte Identität, nicht zuletzt auch bestätigt durch die afghanische Vertretungsbehörde in Wien vor.

Darüber hinaus ist die Ankündigung am Zielstaat via der Vertretungsbehörde anhängig. Wie aus den hervorgehobenen Unterlagen auch hervorgeht, wird an Beschleunigungen solcher Ankündigungen gegenwärtig seitens des BM.I durch Entsendung einer entsprechenden Delegation gearbeitet.

Unabhängig davon ist selsbt durch Erhebungen über EUPol, Berichterstattung seitens Begleitbeamter in Folge durchgeführter Abschiebungen sowie in Folge auch zitierter misslungener Abschiebungen in zwei Fällen, als auch anhand der durchgeführten Ermittlungen seitens des BM.I nicht klar erkennbar, ob letztlich die zitierte Ankündigung gegenüber den Migrations- und Sicherheitsbehörden in Afghanistan überhaupt zwingend erforderlich ist. 

 

Zusammenfassend ergibt sich jedenfalls die Sachlage, dass eine Abschiebung des Fremden und eine Beendigung seines illegalen Aufenthaltes sehr wohl - und zwar zeitnah- in Aussicht gestellt werden kann, der Beschwerdeführer in Gesamtbetrachtung an seiner -verpflichtenden - Außerlandesbringung jedenfalls nicht mitwirkt, sich völlig klar gegen eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ausspricht, dabei auch aktive Handlungen mit der Unterdrückung von Dokumente wie die seitens des PAZ X irrtümlich ausgefolgte Tazkira und der Freipressung aus der Schubhaft mittes Hungerstreik, Abtauchen in die Anonymität, sich zumindest zeitweilig nicht zur Verfügung der Behörden hält, setzt. Weswegen absolut keine Sachrelevanz erkannt werden kann, die nach Ansicht der belangten Behörde eine Schubhaft als rechtswidrig oder unverhältnismäßig betrachten ließe.

 

Bezüglich der gegenwärtigen Anwendung gelinderer Mittel sei abschließend vermerkt, dass nach Auftreten des Fremden im Moment davon ausgegangen werden kann, dass sich der Beschwerdeführer nach Erlebten und erhaltener -wenn auch Fehlinformationen - seitens seiner Rechtsvertretungen und Beratern relativ sicher ist, nicht abgeschoben zu werden, weswegen gegenwärtig auch davon ausgegangen werden konnte, dass sich der Fremde zumindest bis zu jenem Zeitpunkt zur Verfügung der Behörden halten werde, an welchem er gegenteiliges erfahren oder annehmen werde.

 

Es werde daher dringend die kostenpflichtige Abweisung vorliegender Beschwerde beantragt.

 

3.4. Mit Schreiben vom 8. Februar 2013 wurden dem Vertreter des Bf die Stellungnahme des BMI, die Gegenschrift und dieser zugrundeliegende Berichte samt Erhebungsergebnisse im Rahme des Parteiengehörs im entscheidungsrelevanten Umfang wie folgt zur Kenntnis gebracht:

 

* Konfrontiert mit dem vom Bf vorgelegten Schreiben des BMI vom 3. April 2012 teilte die zuständige Fachabteilung des BMI per E-Mail vom 4. Dezember 2012 wie folgt mit:

 

[.......]

Vor allem unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Drittstaatsangehörige verfügen bisherigen Erfahrungen zufolge oftmals nicht über entsprechende Original(reise)dokumente ihres Herkunftslandes, da sie sich dieser spätestens nach erfolgter unrechtmäßiger Einreise entledigen, um ihre Herkunft und ihre tatsächliche Identität zu verschleiern und eine Rückführung in das Herkunftsland möglichst zu verhindern trachten. Natürlich gibt es auch Fälle, bei denen die Fremden aufgrund ihrer oftmals langwierigen und strapaziösen unrechtmäßigen Einreise ins Bundesgebiet ihrer Dokumente verlustig wurden, allerdings auch an einer Rückkehr ins Herkunftsland nicht interessiert sind.

 

Um eine, nach Vorliegen aller rechtlichen Voraussetzungen, Rückführung ins Herkunftsland tatsächlich durchführen zu können, bedarf es im fremdenpolizeilichen Verfahren daher auch der Beschaffung eines entsprechenden Rückreisedokumentes (sog. „Heimreisezertifikate“), welches bei der Vertretungsbehörde jenes Staates in Österreich zu beantragen ist, von dem der Fremde behauptet, Staatsangehöriger zu sein.

 

An die Vertretungsbehörde ergeht daher ein Antrag um Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Da von verschiedenen Vertretungsbehörden, so auch für Afghanistan für die Identitätsprüfung und Feststellung der Staatsangehörigkeit die Vorstellung eines Fremden seitens der Botschaft gewünscht wird, wird daher dbzgl. bereits im Antrag um eine möglichst rasche Terminbekanntgabe ersucht.

 

Bei Staaten, bei denen sich erfahrungsgemäß die Erwirkung eines Heimreisezertifikates schwierig gestaltet, ergeht - zwecks Verfahrensbeschleunigung vor allem im Hinblick auf § 80 FPG wenn sich der Fremde in Schubhaft befindet - ein Antrag direkt durch das BM.I, so auch im Fall Afghanistan.

 

Die bei der Vertretungsbehörde einlangenden Unterlagen werden in der Regel, im Bedarfsfall nach einem zusätzlichen persönlichen Gespräch mit dem Fremden, dem Entsenderstaat zur Klärung der Staatsangehörigkeit und Feststellung der Identität übermittelt. Werden sowohl die Staatsangehörigkeit als die Identität als richtig festgestellt, kann – sofern die Vertretungsbehörde durch innerstaatliche Verfügungen ermächtigt ist - ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden.

 

In der Regel sind jedoch die Vertretungsbehörden nicht generell berechtigt, aus eigenem derartige Dokumente auszustellen, sondern bedarf dies der vorherigen Zustimmung, im konkreten Fall durch das afghan. Migrationoffice.

 

Allerdings war es in den letzten Monaten möglich, im Einzelfall afghanische Staatsangehörige, die über Originalpersonaldokumente (bspw. Geburtsurkunde) verfügen, mit einem derartigen Dokument nach Afghanistan rückzuführen.  

 

[......]

 

* Mit E-Mail vom 24. Jänner 2013 erstattete die belangte Behörde folgende Gegenschrift:

 

Zur gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde (Schubhaftbeschwerde) darf grundsätzlich auf die gegenständlichen Aktenunterlagen als auch auf den Schubhaftbescheid der BH Vöcklabruck, sowie auf das do. Erkenntnis vom 26.09.2012 zu Zl. 401217/2/SR/JO verwiesen werden.

Im Wesentlichen begründet sich die weitere, vorliegende Schubhaftbeschwerde darin, dass Abschiebungen nach Afghanistan nicht möglich seien.

 

Die Beschwerde begründet im Wesentlichen die Rechtsgrundlage des §46 Abs. 2 FPG 2005, welcher wie folgt lautet:

 

Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat die Behörde bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.

 

Hervorzuheben ist hierbei dass der Gesetzgeber von einem Reisedokument und Erforderlichenfalls von einem Ersatzreisedokument spricht.

Sind demnach überhaupt Reisedokumente für eine erfolgreiche Rückführung des Fremden in dessen Zielstaat erforderlich, und verfügt der Fremde oder die Behörde über keine Reisedokumente, so sind solche einzuholen.

 

Dabei spricht der Gesetzgeber vollkommen klar, dass 

1. es nicht unbedingt eines Reisedokumentes bedarf, sofern die Einreise im Zielstaat auch ohne dessen möglich ist (...UND kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden,...) Beispielsweise dürfen dazu Staaten wie Nigeria angeführt werden, welche auch Einreisen dokumentierter nigerianischer Staatsbürger gewährt, und als Dokumentation bereits Kopien von Identitätsdokumente akzeptiert. Hierbei ist vollkommen klar weder in praktischer Umsetzung, noch gemäß der gesetzlichen Vorgabe ein Reisedokument oder Ersatzreisedokument erforderlich, da die Abschiebung entsprechend dem Gesetzestext auch ohne solches durchgeführt werden kann. Weitere Beispiele sind auch jene, die selbst in Organisation des BM.I im Rahmen von Charterrückführungen in Herkunftsstaaten durchgeführt werden, in welchen nach zwischenstaatlichen Vereinbarungen auch Identitätsfeststellungen erst im Zielland erfolgt und die Einreise sodann ohne jeglicher Dokumente gestattet wird. 

2. hinsichtlich der Dokumente nicht ein Reisepass oder Personalausweis oder ähnliches, und als Ersatz auch nicht ein Heimreisezertifikat, sondern ein Reisedokument oder Ersatzreisedokument erforderlich seien. Reisedokumente sind, wie es die Wortfolge schon selbstredend beschreibt all jene Dokumente, welchen die Person zur Reise befähigen. Geht man, wie im vorliegenden Fall gegeben, nicht von einer Rückführung in einen Mitgliedstaat oder Drittstaat, sondern in den Herkunftsstaat aus, so sind dabei all jene Dokumente zulässig, wessen die Person im Herkunftsland zur Einreise befähigen. So sind beispielsweise Reisedokumente für EU-Staatsbürger jedenfalls auch Dokumente wie Personalausweis, Staatsbürgerschaftsnachweis mit Lichtbildausweis, Reisepass, etc.. Nämlich all jene Dokumente, die einen Nachweis der Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates der europäischen Union belegen. Zumal EU-Staatsbürger die Einreise in Mitgliedstaaten der europäischen Union nicht verwehrt werden darf, sobald solche nachweisbar ist. Ähnlich verhält es sich bekannter Weise auch mit Drittstaaten. So hat jeder Staat seine eigenen Vorgaben, welche die Einreiseerlaubnis bestimmen. Beispielsweise wird die Einreise türkischer Staatsbürger in die Türkei bereits mit Vorweis eines Personalausweises (NÜFUS) gestattet. Im arabischen Raum werden erfahrungsgemäß nicht Personalausweise sondern vielmehr Personenstandsurkunden als legitimiertes Reisedokument angesehen. Personenstandsurkunden beinhalten vielfach (je nach Ausstellungsstaat) eine Vielzahl an Informationen über die Person wie neben der Identität auch beispielsweise Familienangehörige, Kinder, Familienstand, etc... Weswegen Personenstandsurkunden (in Afghanistan Tatzkira genannt) in arabischen Staaten grundsätzlich eine höhere Wertigkeit darstellen als Reisepässe selbst. Dahingehend spricht der Gesetzgeber auch nicht von der Erfordernis eines Reisepasses oder Heimreisezertifikat, sondern von Reisedokumente.

 

Weiters ist selbst bei Vorliegen eines Reisedokumentes nicht gesichert, dass im Einzelfall die Einreise des Fremden im Zielstaat gestattet wird. Das hängt auch vorwiegend bei Staaten mit hoher Korruption von einer Vielzahl von Faktoren, darunter auch das Verhalten des Fremden und das Auftreten und Verhandlungsgeschick der Begleitcrew. Siehe dazu Fall X über welchen selbst ein brand aktuell ausgestelltes Heimreisezertifikat und eine Ankündigung über die Botschaft im Innenministerium und am Flughafen im Zielstaat nicht ausreichte.

 

Dass die vorliegende Beschwerde im Example Afghanistan vollkommen unbegründet ist, zeigt sich vielmehr auch beispielsweise im Fall X welcher seitens der BH Vöcklabruck in vergleichbarer Weise am 30.08.2012 über Istanbul nach Afghanistan, Zielflughafen Kabul erfolgreich abgeschoben und dessen Einreise mit einer gleichwertigen Tatzkira auch seitens der Sicherheitsbehörde in Kabul am 31.08.2012 gewährt wurde.

 

Wie aus den Aktenunterlagen ersichtlich, habe sich am 01.10.2012 eine Änderung in Bezug der Einreisebestimmungen in Afghanistan ergeben, dessen Wirkung im Beschwerdefall zu Tage kam. Wie aus den Aktenunterlagen auch ersichtlich wäre bis zu diesem Zeitpunkt zur Einreisebewilligung in Kabul selbst ein EU-Laissez-Passer ausreichend gewesen. Ab 01.10.2012 verlangt die Sicherheitsbehörde am Zielflughafen Kabul im Wesentlichen eine Dokumentation der Botschaft von Afghanistan über die aktuelle Staatsbürgerschaft des Fremden oder eine vorherige Ankündigung über das Migrationsamt in Afghanistan. Sprich die Vertretungsbehörde habe mittels Dokument zu bekunden, dass es sich beim Fremden aktuell um einen Staatsbürger von Afghanistan handelt, oder sofern die Botschaft keine Generalvollmacht zur Ausstellung von Heimreisezertifikaten für unfreiwillige Rückkehrer verfügt, kann solches neben EU Laissez Passer auch über eine Ankündigung am Migrationsamt in Kabul erfolgen. Hierzu ist die Bestätigung über eine Dokumentation der Staatsbürgerschaft über die Vertretungsbehörde ausreichend, bzw. hilfreich.

 

Die Erlangung dieser Kenntnis war weder für die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, noch für das Innen- oder Außenministerium einfach. Habe die mit Wirkung vom 01.10.2012 eingetreten Änderungen auch andere Mitgliedstaaten der europäischen Union betroffen und wurden gemäß Auskunftserteilung der EuPol Beamte in Kabul als auch gemäß Auskunftserteilung der Begleitbeamte besonders in den ersten Tagen nach Eintritt dieser in Afghanistan internen Anweisungsänderung zahlreiche afghanische Staatsbürger in dessen Abschiebestaaten zurückgewiesen.

Nachdem der Eintritt der Änderung in keiner Weise öffentlich vermittelt oder über Außenministerien verkündet wurden, kann dazu auch keine Schuldzuweisung an die Behörde begründet werden.

 

Zumal es nicht zu vergessen auch grundsätzlich die Aufgabe des Fremden ist, sofern er keine Dokumente verfügt, sich um Ersatzdokumente zu bemühen und der Ausreiseverpflichtung Folge zu leisten!

 

In der Gegenschrift verwies die belangte Behörde auf den Erlass des BMI vom 27. Dezember 2012, GZ BMI-FW1410/0240-II/3/2012, den Bericht der Landespolizeidirektion Wien, WEGA, vom 2. Oktober 2012, den E-Mail Verkehr vom 29. November 2012 mit dem BMI, Abteilung II/3, die Mitteilung des BMI vom 20. Dezember 2012, GZ BMI-104811/0005-II/3/2012 (Feststellung der afghanischen Staatsbürgerschaft des Bf durch die zuständige Vertretungsbehörde) und legt diese Dokumente der Gegenschrift bei.

 

* Auszug aus dem Schreiben des BMI an die Landespolizeidirektionen vom 27. Dezember 2012, GZ BMI-FW1410/0240-II/3/2012:

 

Anlässlich von Anfragen diverser UNS zur Situation der zwangsweisen Außerlandesbringung bei bestimmten Herkunftsländern, insbesondere Afghanistan, Pakistan, Algerien und Marokko, ergeht nachfolgende Information:

 

[.....]

 

Bei Fällen der zwangsweisen Außerlandesbringung gestaltet sich dieser Prozess bei obig genannten Herkunftsstaaten manchmal schwierig und langwierig. Dennoch werden auch von diesen Staaten immer wieder Ersatzreisedokumente ausgestellt, bzw. die Rückführung mittels anderer Dokumente akzeptiert.

 

[......]

 

Es wird betont, dass sich die zwangsweise Außerlandesbringung von undokumentierten Staatsangehörigen eines der eingangs erwähnten Staaten sich zwar oft als schwierig gestaltet, jedoch grundsätzlich möglich ist. Historisch gewachsene und gegenläufige Informationen im ARGUS wurden und werden entsprechend den obigen Ausführungen einer Anpassung unterzogen.

 

* Auszug aus dem Bericht (Dokumentation) der Landespolizeidirektion Wien, WEGA, vom 2. Oktober 2012 (Abschiebeversuch nach Afghanistan vom 1. auf den 2. Oktober 2012):

 

[.....]

 

In Kabul wurden wir von einem Beamten der Einreisebehörden vom Flugzeug abgeholt und in den Transitbereich zu anderen Organen (afgh. Behördenvertreter, Grenzpolizei, ...) verbracht. Des weiteren waren die beiden deutschen Verbindungsbeamten der EUPOL anwesend. Bei der Dokumentenübergabe (Tazkira), wurde uns mitgeteilt, dass mit Anfang Oktober Fremde mit diesem Dokument nicht mehr übernommen werden. Grunderfordernis für eine positive Übernahme ist ein ausgestelltes europäisches LAISSEZ PASSER. Des weiteren wurde laut Auskunft der dt. Verbindungsbeamten durch die afgh. Behörden festgelegt, dass zusätzlich zu diesem Dokument, dass Einvernehmen mit dem afgh. Außenministerium und der jew. afgh. Botschaft herzustellen ist, bzw. diese beiden Stellen vorab zu informieren sind. Da bei der ggstl. Abschiebung dies laut den anwesenden afgh. Behördenvertretern nicht der Fall war, wurde eine Übernahme, mit Verweis auf die neuen geltenden Bestimmungen strikt abgelehnt.

 

[.....]

 

* Auszug aus dem E-Mail des BMI an die belangte Behörde vom 29. November 2012 (Anfrage betr. Heimreisezertifikate Afghanistan; Wiedergabe des E-Mails an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich)

 

[.....]

Im Sinne der u.a. Ausführungen [UVS-Information] wurde zwischenzeitig auch eine entsprechende Anpassung der Zusatzinformationen bei HRZ-Beschaffungen (hier Afghanistan) im ARGUS veranlasst.

 

[.....]

 

Anschließend nahm die belangte Behörde in der Gegenschrift auf diese Schriftstücke und die Auskunftserteilung vom 3. April 2012 wie folgt Bezug:

 

Einerseits ist damit nachweisbar, dass eine Auskunftserteilung des BM.I weder rechtsverbindlich noch anwendbar praktikabel sein muss. Wie schon ausgesprochen bringen zahlreiche praktizierte Fälle zu Tage, dass entsprechend auch der Gesetzgebung für eine Abschiebung nicht unbedingt ein Reisepass oder Heimreisezertifikat erforderlich sein muss. Gleiches wird selbst seitens des BM.I in sogenannten Sonderaktionen in den Herkunftsstaaten bei Rückführungen und Prüfungen der Identität im Zielstaat durchgeführt.

In zweiter Hinsicht geht aus den hervorgehobenen Unterlagen unzweifelhaft die Anweisung des Herrn Mag. X hervor, aufgrund wessen notfalls selbst mit einem EU Laissez Passer die Abschiebung zu erfolgen habe.

Weiters liegt im vorliegenden Fall eine gesicherte Identität, nicht zuletzt auch bestätigt durch die afghanische Vertretungsbehörde in Wien vor.

Darüber hinaus ist die Ankündigung am Zielstaat via der Vertretungsbehörde anhängig. Wie aus den hervorgehobenen Unterlagen auch hervorgeht, wird an Beschleunigungen solcher Ankündigungen gegenwärtig seitens des BM.I durch Entsendung einer entsprechenden Delegation gearbeitet.

Unabhängig davon ist selbst durch Erhebungen über EUPol, Berichterstattung seitens Begleitbeamter in Folge durchgeführter Abschiebungen sowie in Folge auch zitierter misslungener Abschiebungen in zwei Fällen, als auch anhand der durchgeführten Ermittlungen seitens des BM.I nicht klar erkennbar, ob letztlich die zitierte Ankündigung gegenüber den Migrations- und Sicherheitsbehörden in Afghanistan überhaupt zwingend erforderlich ist. 

 

Zusammenfassend ergibt sich jedenfalls die Sachlage, dass eine Abschiebung des Fremden und eine Beendigung seines illegalen Aufenthaltes sehr wohl - und zwar zeitnah – in Aussicht gestellt werden kann, der Beschwerdeführer in Gesamtbetrachtung an seiner – verpflichtenden - Außerlandesbringung jedenfalls nicht mitwirkt, sich völlig klar gegen eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ausspricht, dabei auch aktive Handlungen mit der Unterdrückung von Dokumenten wie die seitens des PAZ X irrtümlich ausgefolgte Tazkira und der Freipressung aus der Schubhaft mittels Hungerstreik, Abtauchen in die Anonymität, sich zumindest zeitweilig nicht zur Verfügung der Behörden hält, setzt. Weswegen absolut keine Sachrelevanz erkannt werden kann, die nach Ansicht der belangten Behörde eine Schubhaft als rechtswidrig oder unverhältnismäßig betrachten ließe.

 

Bezüglich der gegenwärtigen Anwendung gelinderer Mittel sei abschließend vermerkt, dass nach Auftreten des Fremden im Moment davon ausgegangen werden kann, dass sich der Beschwerdeführer nach Erlebten und erhaltener -wenn auch Fehlinformationen - seitens seiner Rechtsvertretungen und Beratern relativ sicher ist, nicht abgeschoben zu werden, weswegen gegenwärtig auch davon ausgegangen werden konnte, dass sich der Fremde zumindest bis zu jenem Zeitpunkt zur Verfügung der Behörden halten werde, an welchem er gegenteiliges erfahren oder annehmen werde.

 

Es werde daher dringend die kostenpflichtige Abweisung vorliegender Beschwerde beantragt.

 

Sie können zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens innerhalb einer Woche ab Zustellung eine schriftliche Stellungnahme einbringen. Sollte fristgerecht keine Stellungnahme oder kein weitergehender Antrag einlangen wird auf Grund dieser Erhebungsergebnisse und der Aktenlage entschieden.

 

3.5. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2013 brachte der Vertreter folgende Stellungnahme und Anträge ein:

Aus dem Auszug aus dem Bericht (Dokumentation) der LPD Wien, Vega, vom 02.10.2012 (Abschiebeversuch nach Afghanistan vom 01. auf den 02.10.2012) ergibt sich ohne Zweifel, dass zu dem in der Schubhaftbeschwerde geltend gemachten Zeitraum (Anhaltung in Schubhaft vom 26.09.2012 bis 15.10.2012) eine Abschiebung nach Afghanistan faktisch nicht möglich war und auch derzeit faktisch nicht möglich erscheint Über diesen Umstand hätte die belangte Behörde Kenntnis haben müssen bzw. war dies der belangten Behörde seit zumindest 01.10.2012 bewusst Eine Abschiebung des Beschwerdeführers war keines Falls zu dem oben angegeben Zeitraum in Aussicht gestellt.

 

Aus dem Ermittlungsergebnis ergibt sich, dass bis dato eine einzige Abschiebung (Fall X,) im August 2012 stattgefunden hat Wenn die belangte Behörde diesen Fall als Beispiel (siehe Formulierung beispielsweise' in der Gegenschrift der belangten Behörde) anführt, so wird gestellt der

 

ANTRAG

 

eine Stellungnahme des Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung H/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI einzuholen, in wie vielen Fällen eine zwangsweise Abschiebung nach Afghanistan und Übernahme seitens der afghanischen Behörden anhand einer Geburtsurkunde (Tazkira) seit August 2012 bis dato stattgefunden hat

 

In eventu eine informierte Auskunftsperson des Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung H/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI dazu zu befragen.

 

!n eventu Mag. X, den Leiter der Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung 11/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI, dazu zu befragen.

 

Es wird davon ausgegangen und hat es den Anschein, dass es sich bei dem von der belangten Behörde erwähnten Fall X. um den einzigen Ausnahmefall einer Abschiebung und Übernahme durch die afghanischen Behörden bis dato gehandelt hat.

 

So schreibt die belangte Behörde selbst, dass aus den Aktenunterlagen ersichtlich ist, dass es am 01.10.2012 eine Änderung in Bezug auf die Einreisebestimmungen ergeben hat. Die Wahrscheinlichkeit der Durchführung einer Abschiebung des Beschwerdeführers lag somit ab diesem Zeitpunkt bei Null! Dies hätte der belangten spätestens ab diesem Zeitpunkt bekannt sein müssen und hätte sich die belangten Behörde darüber Kenntnis verschaffen müssen.

 

Die Anhaltung in Schubhalt war insbesondere aufgrund dieses Umstandes in dem Zeitraum vom 26.09.2012 bis 15.10.2012 rechtswidrig.

Bezüglich der Mitteilung des BMI per E-mail vom 04,12.2012 wird angemerkt, dass es ,in den letzten Monaten' möglich gewesen sei, im Einzelfall afghanische Staatsangehörige, die über Originalpersonaldokumente (bspw. Geburtsurkunden) verfügen, nach Afghanistan .rückzuführen'. Es ist aus dieser Formulierung unklar, ob es sich dabei um eine Rückführung mit Zustimmung der Betroffenen, also um eine freiwillige Rückkehr handelte, oder ob es sich dabei um eine zwangsweise Abschiebung gehandelt hat. Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei den vom BMI angeführten .Einzelfällen' um freiwillige Rückkehrer handelte.

 

Es wird daher gestellt der

 

ANTRAG

 

eine Stellungnahme des Referats il/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung 11/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI einzuholen, in wie vielen Fällen und unter welchen konkreten Voraussetzungen (Reisedokumente) seit August 2012 bis dato zwangsweise Abschiebungen und Übernahmen durch die afghanischen Behörden stattgefunden haben.

 

In eventu eine informierte Auskunftsperson des Referats II/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung II/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI dazu zu befragen.

 

In eventu Mag. X, den Leiter der Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung H/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI, dazu zu befragen.

 

Zudem wird gestellt der

 

ANTRAG

 

eine Stellungnahme des Referats H/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung H/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI einzuholen, wie viele afghanische Staatsangehörige in Österreich seit zumindest Jänner 2012 mit einer rechtskräftigen asylrechtlichen Ausweisung aufhältig sind und welchen Status diesen Betroffenen zukommt (Duldung nach § 46a FPG)

 

In eventu eine informierte Auskunftsperson des Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung ll/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI dazu zu befragen.

 

In eventu Mag. X, den Leiter der Referats ll/3/c (Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen und Rückkehr) der Abteilung H/3 (Fremdenpolizei und Grenzkontrollwesen) des BMI, dazu zu befragen.

 

3.6. Mit Schreiben vom 20. März 2013 wurde dem BMI die Stellungnahme des Bf zur Kenntnis gebracht und um Abgabe einer Äußerung dazu ersucht. Am 24. April 2013 langte folgende Stellungnahme vom 9. April 2013 ein.

 

Die Ausstellung von Heimreiszertifikaten für nicht freiwillige Rückkehrer bedarf der vorherigen Prüfung der Staatsangehörigkeit und Identität durch die in Afghanistan zuständen Stellen und kann - sofern die Voraussetzungen vorliegen - durch die Botschaft in Wien mit Zustimmung der innerstaatlichen Behörden ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden. Dieser Prozess gestaltet sich allerdings sehr zeitaufwändig. Wenn im Einzelfall auch die Rückübernahme anhand einer Geburtsurkunde (sog. Tazkira) akzeptiert wurde, lag dies im ausschließlichen Entscheidungsbereich der afghanischen Behörden.

Entgegen den Ausführungen der Rechtsvertretung wurden ho. statistischen Aufzeichnungen zufolge im Zeitraum 1. Jänner bis 31. August 2012 insgesamt 4 afghanische Staatsangehörige in ihren Herkunftsstaat zwangsweise rückgeführt und vor Ort durch die zuständigen Behörden übernommen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen können jedoch keine näheren Auskünfte zum betroffenen Personenkreis erteilt werden, wofür um Verständnis ersucht wird.

 

Seit 1. September 2012 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgten keine Rückführungen.

 

Seitens des BM.I wurde bereits mit hochrangigen Vertretern der Botschaft der islamischen Republik Afghanistan ein Entwurf eines MoU zur Verbesserung der Kooperation und Koordination in Migrationsangelegenheiten ausgearbeitet, welches zur Prüfung und Genehmigung den zuständigen Stellen in Afghanistan weitergeleitet wurde. Eine Antwort steht noch aus, allerdings steht die ho. Fachabteilung ständig in engem Kontakt mit der Botschaft. So besucht eine hochrangige Delegation mit dem stellvertretenden Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit im BM.I, Ministerialrat Mag. X, vom 15. Bis 18. April 2013 Kabul. Zweck dieser Reise sind Gespräche mit den afghanischen Ministern für Flüchtlingsangelegenheiten, für Inneres und für auswärtige Angelegenheiten, um die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen Migration zu intensivieren. Besonderes Augenmerk wird dabei der Ausstellung von Ersatzreisedokumenten durch die afghanische Botschaft in Wien gewidmet.

 

Allgemein wird angemerkt, dass die Effektuierung von zwangsweisen Rückführungen bei Vorliegen aller rechtlichen und praktischen Voraussetzungen (so auch von den Zielstaaten anerkannte oder ausgestellte Rückreisedokumente) den zuständigen Fremdenpolizeibehörden obliegt und gestalten sich diese in der Praxis und unabhängig vom Zielstaat oftmals äußerst schwierig (bspw. der Aufenthalt des Fremden ist unbekannt, der Abschiebevorgang wird vereitelt usw.).

 

Im konkreten Fall kann kurz gesagt werden, dass aufgrund obiger Ausführungen die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig angenommen werden kann, zumal auch hier eine Abschiebung nach Afghanistan nach Erwirken eines wenn auch sehr zeitaufwändig zu beschaffenden Reisedokumentes möglich gewesen wäre.

 

Durch die Botschaft der islamischen Republik Afghanistan können jedoch in kurzem Wege Heimreisezertifikate für freiwillige Rückkehrer relativ rasch ausgestellt werden, da in diesen Fällen die Antragsteller an einer Rückkehr mit Inanspruchnahme einer Reintegrationshilfe aus dem Europäischen Rückkehrfond (Reisekosten und bis zu € 370,- Barmittel) interessiert sind und daher entsprechend an der Klärung Ihrer Staatszugehörigkeit und Identität mitwirken.

 

3.7. Zu der am 29. April 2013 übermittelten Stellungnahme des BMI nahm der Vertreter mit Schriftsatz vom 3. Mai 2013 (eingelangt am 7. Mai 2013) wie folgt Stellung:

 

Aus der Stellungnahme des Bundesministeriums für Inneres vom 09.04.2013 ergibt sich ohne Zweifel, dass zu dem in der Schubhaftbeschwerde geltend gemachten Zeitraum (Anhaltung in Schubhaft vom 26.09.2012 bis 15.10.2012) eine Abschiebung nach Afghanistan faktisch nicht möglich war und auch derzeit faktisch nicht möglich erscheint.

Beweis: Stellungnahme Seite 1: „Seit September 2012 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgten keine Rückführungen" Zu den allgemeinen Anmerkungen des Bundesministeriums für Inneres auf Seite 2 der Stellungnahme, die Rückführungen würden sich in der Praxis oftmals äußerst schwierig gestalten („bsp. Der Aufenthalt des Fremden sei unbekannt, der Abschiebevorgang wird vereitelt usw.") wird angemerkt, dass dies in keinem Fall auf den Beschwerdeführer zutrifft. Er hat sich stets der Behörde zur Verfügung gehalten, ist allen Ladungen nachgekommen, hat am fremdenpolizeilichen Verfahren mitgewirkt, verfügbare Identitätsdokumente der Behörde vorgelegt. Dass der Beschwerdeführer keiner freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat Afghanistan in Anspruch nimmt, in dem er Verfolgung und massive Verletzungen seiner Menschenrechte befürchtet, kann dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht zum Nachteil gereichen.

 

Eine Abschiebung des Beschwerdeführers war keines Falls zu dem oben angegeben Zeitraum in Aussicht gestellt.

 

Die Anhaltung in Schubhaft war insbesondere aufgrund dieses Umstandes in dem Zeitraum vom 26.09.2012 bis 15.10.2012 rechtswidrig.

 

Bezüglich der Mitteilung des BMI per E-mail vom 04.12.2012 wird nunmehr seitens des BMI klargestellt, dass es sich bei den ,in den letzten Monaten' möglichen Rückführungen von Afghanischen Staatsangehörigen, die über Originalpersonaldokumente (bspw. Geburtsurkunden) verfügen, um Rückführungen mit Zustimmung der Betroffenen, also um eine freiwillige Rückkehr handelte.

 

Aufgrund der Stellungnahme des BMI vom 09.04.2013 und in Zusammenschau mit dem gegenständlichen Fall sei insbesondere auf § 46a Fremdenpolizeigesetz 2005 hingewiesen:

 

 

 

Duldung

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist geduldet, solange deren Abschiebung gemäß

 

1. §§ 50 und 51 oder

 

2. §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist.

(1a) Darüber hinaus ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet geduldet, wenn die Behörde von Amts wegen feststellt, dass die Abschiebung des Betroffenen aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist, es sei denn, dass nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt Diese Duldung kann von der Behörde mit Auflagen verbunden werden, sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden von der Behörde mit Verfahrensanordnung (§ 63 Abs. 2 A VG) mitzuteilen. § 56 gilt sinngemäß.

 

(1b) Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen jedenfalls vor, wenn er

 

1. seine Identität verschleiert,

2.    einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3.    an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

 

(2) Die Behörde hat Fremden, deren Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet ist, eine Karte für Geduldete auszustellen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren nach diesem Bundesgesetz oder nach Abschluss eines Verfahrens nach dem AsylG 2005 und hat insbesondere die Bezeichnungen „Republik Österreich" und „Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest

 

Weder hat der Beschwerdeführer seine Identität verschleiert, noch hat er Ladungstermine zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolg. Ebenso hat der Beschwerdeführer stets an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten mitgewirkt oder hat diese nicht vereitelt.

 

Aus der Stellungnahme des BMI ergibt sich, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen in dem gegenständlichen Zeitraum (26.09.2012 bis 15.10.2012) nicht möglich war und bis dato nicht möglich ist!

 

3.8. Der belangten Behörde wurde die Stellungnahme des Bf mit Schreiben vom 13. Mai 2013 zur Kenntnis gebracht.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 87/2012, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.  

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf im angesprochenen Zeitraum vom 26. September 2012 bis 15. Oktober 2012 in Schubhaft angehalten wurde, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung berufen ist.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 2 kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

4.3. Es ist zunächst unbestritten, dass der Bf aufgrund seines Asylfolgeantrages vom 2. August 2012 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens am 27. September 2012 als Asylwerber anzusehen war. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte die Anhaltung in Schubhaft auf  § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG gestützt werden, da auf Grund des Bescheides des BAA EAST-West vom 6. September 2012, mit dem der Asylfolgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Entscheidung vorlag. Wie dem E-Mail des Bundesasylamtes vom 27. September 2012 zu entnehmen ist, hat der Asylgerichtshof die Beschwerde abgewiesen. Für die weitere Anhaltung des Bf ist darüber hinaus grundsätzlich auf § 80 Abs. 5 FPG abzustellen.

 

4.4.1. Anhaltung in Schubhaft im Zeitraum 26. bis 27. September 2012 (bis zur Erlassung der Entscheidung des Asylgerichtshofes)

 

4.4.1.1. Vorab ist auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich vom 26. September 2012, VwSen-401217/2/SR/Jo zu verweisen. Darin wurde zum Erlassungszeitpunkt (26. September 2012) gemäß § 83 Abs. 4 FPG ausgesprochen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

 

Gegen das zitierte Erkenntnis erhob der Bf keine Beschwerde an die Höchstgerichte.

 

Das Vorliegen des einschlägigen Schubhaftgrundes wurde vom Bf dem Grunde nach nicht bestritten. Die Beschwerde wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Abschiebung des Bf nach Afghanistan im Beurteilungszeitraum tatsächlich nicht möglich gewesen wäre.

 

4.4.1.2. Nach § 36 Abs. 1 AsylG kommt einer Berufung gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

 

Wie bereits dargelegt, hat das Bundesasylamt den weiteren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Ausweisung nach Afghanistan verfügt. Der Asylgerichtshof hat der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt und diese am 27. September 2012 abgewiesen.

 

Da der Beschwerde die aufschiebende Wirkung im Beurteilungszeitraum nicht zugekommen ist, blieb die Ausweisung durchsetzbar (siehe § 36 Abs. 4 AsylG).

 

Die im Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich vom 26. September 2012, VwSen-401217/2/SR/Jo, angestellte Beurteilung trifft auch für den vorliegenden Zeitraum zu.

 

Der völlig mittellose Bf, der nach Beendigung seiner Asylverfahren weder über Grundversorgung oder einen Wohnsitz noch über entsprechende legale Beschäftigungsmöglichkeiten im Bundesgebiet verfügte, kann – trotz der von ihm besuchten Sprachkurse – keinesfalls als in Österreich sozial integriert angesehen werden. Zudem hat er auch (nach eigenen Angaben) keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen in der gesamten Europäischen Union. Er ist somit als vollkommen flexibel anzusehen und hat diese Flexibilität ja auch schon in der Vergangenheit erfolgreich eingesetzt, um in Griechenland sein Auskommen zu finden.

 

Ein besonderes Augenmerk muss im vorliegenden Fall auf die markante und konstante Rückkehrunwilligkeit des Bf in sein Heimatland gelegt werden. In sarkastischer Weise zeigte er sich nur dann rückkehrwillig (vgl. Beschwerdeschrift), wenn die "Besatzungsmächte" Afghanistan verlassen, was jedoch – wie der Bf weiß – nicht von den österreichischen Fremdenpolizeibehörden zu bewerkstelligen sein wird. Nachdem er aber bei Nicht-Entsprechung dieser Forderung eine Rückkehr nach Afghanistan ausschließt, ist – korrespondierend zu seinen bisherigen Äußerungen – ein hoher Grad der Rückkehrunwilligkeit anzunehmen. Diese Feststellung wird nicht zuletzt auch durch die eigene Äußerung des Bf – im Rahmen der von ihm verweigerten Unterschriftsleistung bei der Aushändigung des in Rede stehenden Schubhaftbescheides – evident, wobei er es hier als durchaus legitim vermeinte, sich im Fall des Verzichts auf die behördliche Maßnahme, in ein anderes Land zu begeben, um sein Glück dort zu versuchen.

 

Insgesamt ist anzumerken, dass es dem Bf – entgegen seiner Beteuerungen – weniger um die freie Religionsausübung, wobei er hier noch zwischen Zeugen Jehovas und der Römisch-Katholischen Kirche schwanken dürfte, geht, sondern doch vielmehr um die Erlangung eines Aufenthalts in einem für ihn wirtschaftlich attraktiven Staat Westeuropas.

 

Auf die Frage, ob der Bf – wie er implizit behauptet – bereits die Stellung von Katichuminen im Sinne des CIC 1983 (nach innerkirchlichen Gesichtspunkten) erlangt haben kann, braucht nicht näher eingegangen werden. Auch die Anmerkung des Bf (im ersten Beschwerdeverfahren), er sei wegen der möglichen Unterstützung durch die afghanische Community nicht als mittellos zu bezeichnen, ist nicht weiter zu verfolgen, da sie zum Einen wenig konkret und zum Anderen keinesfalls kontinuierlich gegeben ist.

 

Der belangten Behörde folgend ist sehr wohl das zweite vom Bf angestrengte Asylverfahren als durchaus taktisch effizienter Schritt anzusehen, für ihn die Möglichkeiten eines zumindest ein wenig verlängerten Aufenthalts im Bundesgebiet zu gewährleisten, da er nach Aktenlage tatsächlich keinerlei ins Auge stechende relevante neue Fluchtgründe vorbringen konnte. Hätte er neue Asylgründe oder Nachfluchtgründe vorgebracht, wäre der weitere Asylantrag zugelassen worden und keine Zurückweisungsentscheidung wegen entschiedener Sache ergangen.

 

Nachdem der Bf die fremden- und aufenthaltsrechtliche Normen seiner Gastländer ignoriert und je nach Konvenienz Asylverfahren anstrengt, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er sich keinesfalls den behördlichen Verfahren zur Verfügung gehalten haben würde.

 

Seit seiner In-Schubhaftnahme steigerte sich für ihn die "Notwendigkeit" des Untertauchens, zumal er – nach der zurückweisenden Entscheidung im Asylfolgeverfahren - ehebaldig nach Afghanistan abgeschoben werden kann. Dies will er aber jedenfalls verhindert wissen.

 

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass auch noch nach der Erlassung des Titelbescheides (Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich vom 26. September 2012, VwSen-401217/2/SR/Jo) ein besonders akuter und hoher Sicherungsbedarf vorgelegen ist.

 

4.4.1.3. In diesem Sinn schied auch die Anwendung gelinderer Mittel aus, zumal der völlig örtlich ungebundene Bf wohl keiner allfälligen Meldepflicht nachgekommen wäre. Solches anzunehmen scheint kaum realitätsnah. Diese Annahme stützt sich auch nicht zuletzt auf die vom Bf im Rahmen der Aushändigung des Schubhaftbescheides getätigten Äußerung, es solle von der Maßnahme Abstand genommen werden, um ihm zu ermöglichen in ein anderes Land reisen zu können.

 

4.4.1.4. Die Verhängung der Schubhaft war zum in Rede stehenden Zeitpunkt wie auch jetzt noch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf persönliche Freiheit stand und steht das dieses überwiegende öffentliche Interesse an der Sicherung seiner Außerlandesschaffung entgegen.

 

Familiäre oder sonstige private Gründe im Sinn des Art. 8 EMRK standen und stehen – mangels persönlicher Anknüpfungspunkte des Bf im Bundesgebiet – der Verhängung der Maßnahme nicht entgegen. Zum Schutz der freien Religionsausübung, der vom Bf bemüht wird, ist anzumerken, dass der noch zwischen römisch-katholischem und dem der Zeugen Jehovas schwankende Glaube des Bf wohl noch nicht in dem vertieften Ausmaß bestärkt ist, um als besonders relevant erkannt zu werden.

 

4.4.1.5. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrechterhalten werden,  bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.     zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

Der Bf wurde im Beurteilungszeitraum seit etwas mehr als zwei Wochen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft war. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch längere Zeit andauern werde, zumal die Abschiebung des Bf nach Afghanistan auf Grund der Erfahrungswerte der belangten Behörde (siehe unten Punkte 4.4.2.ff) und des vorliegenden Identitätsdokuments des Bf zeitnah erreichbar schien.  

 

4.4.2. Anhaltung in Schubhaft im Zeitraum 27. September 2012 (ab Erlassung der Entscheidung des Asylgerichtshofes) bis zur Entlassung des Bf aus der Schubhaft am 15. Oktober 2012

 

4.4.2.1. Betreffend hoher Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit der Anhaltung und Anwendung gelinderer Mittel wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Punkte 4.4.1.1. bis 4.4.1.4. verwiesen.

 

4.4.2.2. Wie bereits dargelegt, geht der Bf im Beschwerdeschriftsatz und den weiteren Eingaben im Wesentlichen davon aus, dass das Ziel der Schubhaft (Sicherung der Abschiebung nach Afghanistan) ab dem 26. September 2012 „tatsächlich“ nicht mehr erreichbar gewesen ist.

 

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde teilweise im Recht.

 

4.4.2.3. Im Hinblick auf die nachträgliche Klarstellung durch den Bf (d.h. Beschränkung des Umfanges der Beschwerde auf die Anhaltung in Schubhaft ab 26. September 2012) bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaftverhängung und des Schubhaftbescheides.

 

Der herangezogene Haftgrund und das Abstellen auf § 80 FPG (z.B.: Abs. 5) werden grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Lediglich die weitere Anhaltung ab 26. September 2012 (bis einschließlich 15. Oktober 2012) wird – gestützt auf     § 80 Abs. 1 FPG – als rechtswidrig erachtet.

 

4.4.2.4. Die Beschwerde stützt sich dem Grunde nach auf ein Schreiben des BMI vom 3. April 2012, GZ.: BMI-FW1410/0060-II/3/2012, an den Flüchtlingsdienst der Diakonie. Im letzten Absatz dieses Schriftsatzes wird ausgeführt, dass derzeit Abschiebungen nach Afghanistan nicht möglich sind, da die Vertretungsbehörde der Islamischen Republik von Afghanistan Heimreisezertifikate im Falle zwangsweiser Rückführungen nicht ausstelle.

Das vorgelegte Schreiben stammt vom 3. April 2012 und beschreibt den damaligen status quo. Damit konfrontiert teilte die zuständige Fachabteilung des BMI mit, dass es „allerdings in den letzten Monaten möglich war, im Einzelfall afghanische Staatsangehörige, die über Originalpersonaldokumente (bspw. Geburtsurkunde) verfügen, mit einem derartigen Dokument nach Afghanistan rückzuführen“. Dieser Äußerung ist zu entnehmen, dass die Rückführung Rückkehrunwilliger ohne nat. Reisedokument und ohne Heimreisezertifikat nach dem 3. April 2012 möglich war. Seitens der Fachabteilung des BMI wird darüber hinaus angemerkt, dass „Heimreisezertifikate“ oftmals erst nach einem langwierigen Verfahrensprocedere erwirkt werden konnten.

 

In der Stellungnahme vom 9. April 2013 beschreibt das BMI einleitend die derzeit akkordierte Vorgangsweise, die in etwa ident ist mit den am 2. Oktober 2012 in Kabul gewonnenen Erkenntnissen. Anschließend werden Einzelfälle angesprochen, in denen die afghanischen (Einreise)Behörden Rückübernahmen anhand der Geburtsurkunde (Tazkira) akzeptiert haben. Dass es sich bei diesen Abschiebungen keinesfalls um freiwillige Rückkehrer gehandelt habe, ergibt sich eindeutig aus dieser Stellungnahme.

 

Weiters brachte das BMI in der Stellungnahme zum Ausdruck, dass im Zeitraum Jänner bis 31. August 2012 4 afghanische Staatsangehörige nach Afghanistan zwangsweise rückgeführt und von den afghanischen Behörden übernommen worden sind. Die Rückführung eines Rückkehrunwilligen wird vom Bf in der Stellungnahme vom 15. Februar 2013 selbst eingestanden und als „einziger Ausnahmefall“ bezeichnet.

 

Der Umstand, dass seit dem 1. September 2012 keine Rückführungen stattgefunden haben, lässt jedoch nicht – wie der Bf vermeint – zwingend den Schluss zu, dass Abschiebungen ab September 2012 „faktisch nicht möglich“ waren. Würde die Ansicht des Bf zutreffen, dann unterstellte man der belangten Behörde, dass sie in Kenntnis der Unmöglichkeit der Rückführung in strafrechtlich relevanter Weise am 1. Oktober 2012 eine begleitete Abschiebung vornehmen hat lassen und eine finanzielle Schädigung der Behörde bewusst in Kauf nahm.

 

Dass die belangte Behörde jedenfalls Rückführungen bis zum 2. Oktober 2012 ohne Reisedokumente und ohne Heimreisezertifikat durchgeführt hat, lässt sich aus der Gegenschrift vom 24. Jänner 2013, u.a. einem beim Oö. Verwaltungssenat geführten Beschwerdeverfahren (VwSen-401219/20/Wg/Jo) und (indirekt) dem Bericht der Landespolizeidirektion Wien, WEGA, vom 2. Oktober 2012 (Abschiebeversuch nach Afghanistan vom 1. auf den 2. Oktober 2012) entnehmen. Bei der Dokumentenübergabe (Tazkira) in Kabul teilten die zuständigen Organe den österreichischen Beamten am 2. Oktober 2012 mit, dass mit Anfang Oktober Fremde mit diesem Dokument nicht mehr übernommen werden. Grunderfordernis für eine positive Übernahme sei ein ausgestelltes europäisches LAISSEZ PASSER. Darüber hinaus sei festgelegt worden, dass zusätzlich zu diesem Dokument das Einvernehmen mit dem afghanischen Außenministerium und der jeweiligen afghanischen Botschaft herzustellen sei. Mangels Einhaltung der neuen geltenden Bestimmungen wurde die Übernahme des Rückkehrunwilligen abgelehnt.

 

Entgegen den Beschwerdeausführungen plante die belangte Behörde die Rückführung des Bf für 5. Oktober 2012. Die beabsichtigte Abschiebung ist aktenkundig, wurde dem Bf zur Kenntnis gebracht (Unterschrift verweigert) und ist dem Bf trotzdem bekannt. Er nahm sogar im Antrag vom 27. November 2012 (Anregung auf Ausstellung einer Karte für Geduldete) darauf Bezug. Die Buchung (Flugticket Wien – Istanbul, Istanbul – Kabul; 5. auf 6. Oktober 2012) wurde von der belangten Behörde am 4. Oktober 2012 storniert.

 

Bis zur Kenntnisnahme der „geänderten“ Übernahmeformalitäten afghanischer Staatsangehöriger am 2. Oktober 2012 konnte die belangte Behörde vertretbar davon ausgehen, dass die Abschiebung des Bf zeitnah möglich ist.

 

4.4.2.5. Die am 2. Oktober 2012 in Kabul gescheiterte Rückführung betraf ein Verfahren der belangten Behörde. Dem Bericht der WEGA vom 2. Oktober 2012 konnte die belangte Behörde eindeutig entnehmen, dass die bisherige Abschiebepraxis (Abschiebung ohne Reisedokument [ausschließlich mit Tazkira]) nicht mehr zielführend ist und es zeitaufwändiger und schwieriger Verhandlungen mit unterschiedlichen afghanischen Behörden bedarf, um einen rückkehrunwilligen afghanischen Staatsangehörigen abschieben zu können. Diese Einschätzung tritt auch in den einzelnen Stellungnahmen der zuständigen Fachabteilung des BMI zu Tage. Bestätigung findet diese Ansicht auch im weiteren Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Bf. Der Bf wurde am 14. November 2012 in der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan in Wien von Botschaftsangehörigen befragt und dabei festgestellt, dass es sich bei ihm um einen afghanischen Staatsangehörigen handelt. Da der Bf seine Rückkehrunwilligkeit kundtat, stellte der Botschaftsvertreter für ihn kein Heimreisezertifikat aus.

 

Auf Grund der maßgeblichen und einschneidenden Änderungen in der Abschiebepraxis konnte ab 2. Oktober 2012 weder zeitnah noch in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen mit der Erlangung der notwendigen Dokumente für die Rückführung des Bf gerechnet werden. Bei diesen Aussichten hätte die weitere Anhaltung des Bf dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprochen.

 

Die Anhaltung in Schubhaft in der Zeit vom 2. Bis 15. Oktober 2012 war somit als rechtswidrig festzustellen, da ihr Ziel nicht mehr erreicht werden konnte.  

5. Nach § 79a Abs. 1 AVG 1991 iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder zurückgezogen oder abgewiesen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Der Beschwerdeführer hat nur teilweise obsiegt.

 

Ein Kostenersatz findet in diesem Fall nicht statt, weil eine analoge Anwendung des § 50 VwGG nicht in Betracht kommt (vgl.  Erkenntnisse des VwGH vom 31. Jänner 2013, Zl. 2008/04/0216 und vom 28. Februar 1997, Zl. 96/02/0481) und § 79a Abs. 2 AVG nur bei gänzlichem Obsiegen anzuwenden ist (vgl. das  Erkenntnis des VwGH vom 5. September 2002, Zl. 2001/02/0209).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 50,70 Euro (Eingabe- und Beilagengebühren) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum