Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560237/4/BMa/MG/Ai

Linz, 17.05.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Herrn X vom 07.01.2013 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28.11.2012, Zl. 301-12-2/1ASJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG, LGBl Nr. 74/2011 idF LGBl Nr. 18/2013) zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28.11.2012, Zl. 301-12-2/1ASJF, wurde dem Antrag des Berufungswerbers stattgegeben und ihm Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

 

"1. Es wird Ihnen für sich ab 22.11.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

 

a)   X, geb. X

Mindeststandard für Alleinstehend gem. § 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSV

 

Diese Leistung ist befristet bis 21.05.2013.

Diese Leistung wird unter der Voraussetzung zuerkannt, dass Sie sich im Rahmen des Einsatzes der Arbeitskraft nach § 11 leg cit zur intensiven, täglichen Arbeitssuche, zum Hervorstreichen der Arbeitswilligkeit bei Bewerbungsgesprächen und zur Annahme aller angebotenen Tätigkeiten verpflichten, um sich aus der sozialen Notlage nach § 6 leg cit zu befreien.

 

2. Als eigene Mittel sind einzusetzen:

·         X, geb. X

X bei X

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 4 ff iVm. 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm. § 1 Oö. BMSV"

 

Als Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen – nach Wiedergabe des Sachverhalts und der gesetzlichen Bestimmungen – aus, dass der Berufungswerber sich auf Grund der im Berechnungsblatt dargestellten Einkommenssituation in einer sozialen Notlage befinde. Da bei ihm keine Einschränkungen bei der Erwerbsuche festzustellen seien, sei – unter Einhaltung der oben genannten Auflagen – jedenfalls davon auszugehen, dass nach spätestens einem halben Jahr auch ein Beschäftigungsverhältnis zu Stande komme. Die Leistung sei daher zu befristen gewesen.

 

1.2. Gegen diesen am 04.01.2013 dem Berufungswerber ausgehändigten Bescheid wurde fristgerecht per E-Mail am 07.01.2013 Berufung eingebracht. In der Berufung macht der Berufungswerber im Wesentlichen geltend, die Leistung der Mindestsicherung sei bereits am 21.11.2012 um 13:15 Uhr per E-Mail beantragt worden, sodass mit dem Bescheid über den Anspruch ab einschließlich 21.11.2012 abzusprechen gewesen wäre, weil sich das E-Mail sicher bereits am 21.11.2012 im "elektronischen Verfügungsbereich" der Behörde befunden habe (Hinweis auf UVS vom 07.08.2012, VwSen-560189).

Weiters führt der Berufungswerber aus, dass er für die von ihm angemietete Wohnung einen Aufwand in der Höhe von 280,-- Euro monatlich zu tragen habe. Dies sei die monatliche Miete inkl. Betriebskosten, welche an den Vermieter jeweils bis zum 6. des Monats zu überweisen sei. Eine Wohnbeihilfe könne für diese Wohnung aufgrund des Verhältnisses von Nettomiete und Wohnfläche nicht gewährt werden. Auf andere zumutbare Weise könne sein Unterkunftsaufwand nicht gedeckt werden. In diesem Zusammenhang verweise er auf die Situation auf dem Immobilienmarkt. Er sei von Mai 2012 bis Mitte November 2012 wohnungslos gewesen und habe in dieser Zeit dringend eine Mietwohnung gesucht. Trotz oftmaliger Durchsicht von Wohnungsinseraten habe er kaum günstigere Mietwohnungen als die derzeit von ihm gemietete Wohnung, die für ihn in Frage gekommen wäre, gefunden. Auch seien – vor allem betreffend das Stadtgebiet von X und Umgebung – in dieser Zeit großteils Wohnungen angeboten worden, bei denen aufgrund des Verhältnisses von Nettomiete und Wohnfläche von vorneherein keine Wohnbeihilfe möglich gewesen wäre. In den wenigen Fällen, in denen günstigere Mietwohnungen angeboten worden seien, hätten die Vermieter sich für jeweils andere Mieter entschieden – dies vermutlich aufgrund der Arbeitslosigkeit des Berufungswerbers sowie des Umstands, dass er eine Kaution nicht in bar bzw. in Form eines Sparbuchs leisten habe können, sondern dies von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis übernommen worden wäre. Aufgrund dieser Umstände sei er gezwungen gewesen, sich für die derzeit von ihm bewohnte Mietwohnung zu entscheiden.

Unter den dargelegten Umständen hätte sich für den Berufungswerber aufgrund des Oö. Sozialhilfegesetzes bzw. der Oö. Sozialhilfeverordnung bis zum 31.08.2010 ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt inklusive Unterkunftsaufwand in der Höhe von insgesamt EUR 953,75 monatlich ergeben:

 

-      EUR 577,50 gem. § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. Sozialhilfeverordnung

-      EUR 96,25 Sonderzahlung gem. § 16 Abs. 4 Oö. Sozialhilfegesetz

(durchschnittlich monatlich)

-      EUR 280,-- Unterkunftsaufwand nach § 1 Abs. 3 Z 1 Oö. Sozialhilfeverordnung

-      EUR 953,75 GESAMT

 

Die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Höhe der Leistung widerspreche daher dem Verschlechterungsverbot des § 6 Abs. 1 Oö BMSV. Der Berufungswerber weist diesbezüglich auf die Ausführungen von Dimmel (http://www.sozialplattform.at/fileadmin/sozialplattform/useruploads/Bilder/Dimmel_BMS_Ooe_2012_v04.pdf, Folien 5-6) hin.

 

Die Befristung des Bescheides mit 21.5.2013 sei nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf seine Situation, insbesondere das Fehlen einer abgeschlossenen Berufsausbildung sowie seine seit längerer Zeit bestehende Arbeitslosigkeit, sei es keineswegs gesichert, dass bis 21.5.2013 tatsächlich eine Arbeit gefunden werden könne.

 

Abschließend beantragt der Berufungswerber, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Gewährung der gegenständlichen Leistung ab einschließlich 21.11.2012 erfolge, dass der Berechnung der gegenständlichen Leistung ein monatlicher Mindeststandard in der Höhe von EUR 953,75 zugrundegelegt werde und dass eine Befristung der gegenständlichen Leistung nicht erfolge.

 

1.3. Mit E-Mail vom 07.03.2013 brachte der Berufungswerber ein ergänzendes Vorbringen zu seiner Berufung ein, in der er im Wesentlichen auf eine von ihm  vorgenommene Mietreduktion eingeht. Er bringt vor, er habe dem Vermieter der Wohnung X aufgrund von Mängeln (dauernde massive Lärmbelästigung durch einen Nachbarn) ab einschließlich Februar 2013 bis auf weiteres die Miete von Euro 280,-- auf Euro 160,-- pro Monat gekürzt. Der Nachbar huste und schreie täglich im Zeitraum von ca. 5.30 Uhr bis ca. 23.00 Uhr immer wieder extrem laut, was auch in seiner Wohnung deutlich zu vernehmen sei. Es komme durchschnittlich ca. fünfmal pro Stunde jeweils ca. ein bis zwei Minuten lang zu diesem lauten Husten und Geschrei, wobei fallweise auch stundenlang Ruhe herrsche.

 

Ob die Mietminderung – auch im Hinblick auf deren Ausmaß – gerechtfertigt sei, könne der Berufungswerber nicht mit Sicherheit beurteilen. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass es zu einer gerechtfertigten Nachforderung des Vermieters kommen könnte. Des Weiteren sei fraglich, ob die zur Verfügung stehenden Beweismittel (Aufzeichnungen einzelner Lärmbelästigungen mit dem Handy) gegebenenfalls ausreichend wären.

 

1.4. Mit E-Mail vom 09.03.2013 brachte der Berufungswerber abermals ein ergänzendes Vorbringen zu seiner Berufung ein. Darin führt der Berufungswerber im Wesentlichen Auszüge aus den Immobilienannoncen der Oö. Nachrichten vom X an, um glaubhaft zu machen, dass sein Unterkunftsaufwand auf andere zumutbare Weise nicht gedeckt werden könne.

Eine für ihn – vor allem auch im Hinblick auf die Nutzfläche – geeignete Wohnung, bei welcher die Nettomiete weniger als Euro 7,00 pro Wohnnutzfläche betragen würde, sodass auch eine Wohnbeihilfe gewährt werden könne, sei in der oben genannten Ausgabe der Oö. Nachrichten nicht angeboten worden. Dies entspreche allgemein der – besonders in X – prekären Lage für Mieter. Abgesehen davon würden bei einem Wohnungswechsel beträchtliche Geldmittel für Kaution, Ablöse bzw. Provision aufgebracht werden müssen, über die er nicht verfüge.

 

2. Der Bürgermeister der Stadt Linz als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Die belangte Behörde äußerte sich in ihrem Schreiben vom 10.01.2013 zu den Vorwürfen des Berufungswerbers im Wesentlichen dahingehend, dass der Parteienverkehr am 21.11.2012 bereits um 12.30 Uhr geendet habe. Weiters sei auch laut Oö. SHG keine vollständige Übernahme der Miete, sondern ein Unterkunftsaufwand iHv EUR 120,-- im Jahre 2010 vorgesehen gewesen.

 

3.1. Gemäß § 49 Abs 1 Oö. BMSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsinstanz, die gemäß § 27 Oö. BMSG iVm § 67a AVG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ 301-12-2/1ASJF. Da schon auf Grund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht und eine mündliche Verhandlung vom Berufungswerber nicht beantragt wurde und auch vom entscheidenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats als nicht erforderlich erachtet wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG nicht anzuberaumen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Berufungswerber, geb. X, österreichischer Staatsbürger, alleinstehend, wohnhaft in X, X, hat am Mittwoch, den 21.11.2012 um 13.15 Uhr per E-Mail einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG eingebracht.

Der Berufungswerber lebt alleine im Haushalt und hat keine familiären Verpflichtungen für unterhaltsberechtigte Angehörige. Er hat keine Krankheiten, die eine Arbeitstätigkeit nur eingeschränkt möglich machen würden. Er bezieht Leistungen des AMS (Notstandshilfe, täglich Euro 12,29) und verfügt über keine weiteren Mittel.

Von Mai 2012 bis ca. Mitte November 2012 war der Berufungswerber obdachlos.

Seit dem 20.11.2012 bewohnt der Berufungswerber eine 26 große Mietwohnung in der X, X.

Die Mietkosten dafür betragen monatlich Euro 280,-- inkl. Betriebskosten. Der Berufungswerber bezieht für die Wohnung keine Wohnbeihilfe und hat keinen diesbezüglichen Antrag gestellt.

Ab einschließlich Februar 2013 hat der Berufungsweber bis auf weiteres die Miete von Euro 280,-- auf Euro 160,-- pro Monat wegen behaupteter Mängel (dauernde massive Lärmbelästigung durch einen Nachbarn) gekürzt. Ein Einverständnis des Vermieters liegt nicht vor.

 

Der Tag der Einbringung des Antrags war ein Mittwoch. Amtsstunden und Parteienverkehrszeiten des Magistrats der Landeshauptstadt Linz sind mittwochs allgemein von 07.00 Uhr bis 13.30 Uhr (vgl. § 2 der Kundmachung des Magistrats Linz nach § 13 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG).

Davon abweichend hat das Amt für Soziales, Jugend und Familie, Bedarfsorientierte Mindestsicherung, X, X, folgende Öffnungszeiten, die im nachstehenden Weblink X ersichtlich sind:

 

"Freier KundInnenverkehr: Montag bis Freitag 7 - 12.30 Uhr; KundInnenverkehr nach Vereinbarung: Montag und Donnerstag 13.30 bis 18 Uhr, Dienstag und Mittwoch 12.30 bis 13.30 Uhr, Freitag 12.30 - 14 Uhr"

 

Demnach endet der "freie Kundenverkehr" bei der belangten Behörde mittwochs um 12.30 Uhr, "Kundenverkehr nach Vereinbarung" besteht bis 13.30 Uhr.

 

Der Berufungswerber ist arbeitslos. Er beabsichtigt die Erlangung der Taxilenkerberechtigung für X. Für den Fall der Erlangung der Taxilenkerberechtigung liegt eine Einstellungszusage eines Taxiunternehmens vor.

 

4.2. Die aufgenommenen Beweise ergeben sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und den Erhebungen des Unabhängigen Verwaltungssenats zu den Öffnungszeiten des Magistrats der Landeshauptstadt Linz.

 

4.3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.3.1. Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BMSG ist für die Erlassung von Bescheiden in I. Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde und in II. Instanz der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, soweit nicht anderes bestimmt ist.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. BMSG ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung, die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

 

Zur Gewährung bedarfsorientierter Mindestsicherung müssen die persönlichen sowie die sachlichen Voraussetzung gem. §§ 4 ff Oö. BMSG erfüllt sein.

 

Gem. § 4 Abs 1 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.

ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.

a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,

b)

Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c)

EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d)

Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e)

Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

 

sind.

 

Der Berufungswerber hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in X, X, und damit iSd § 4 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG in Oberösterreich.

Er ist österreichischer Staatsbürger und erfüllt daher auch die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Z 2 lit a Oö. BMSG. Die persönlichen Voraussetzungen zur Gewährung bedarfsorientierter Mindestsicherung liegen somit vor.

 

4.3.2. Sachliche Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß § 5 Oö. BMSG, dass eine Person im Sinn des § 4 leg.cit.

1.   von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2.   bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

Auch diese Voraussetzungen liegen vor.

 

4.3.3. Wie oben festgestellt, wurde der Antrag des Berufungswerbers am 21.11.2012 außerhalb der Öffnungszeiten (iSd "freien Parteienverkehrs", welcher um 12:30 Uhr endete) bei der belangten Behörde per E-Mail eingebracht.

"Eingebracht" ist eine Berufung nur dann, wenn sie bei der Behörde tatsächlich einlangt. Dies ist bei einer E-Mail-Sendung dann der Fall, wenn sie von einem Server, den die Behörde für die Empfangnahme von an sie gerichteten E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im "elektronischen Verfügungsbereich" der Behörde befindet (VwGH 22.04.2009, 2008/04/0089).

 

Gemäß § 13 Abs. 5 AVG sind Behörden zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen nur während der Amtsstunden verpflichtet. Schriftliche Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden binnen offener Frist in einer technischen Form eingebracht werden, die die Feststellung des Zeitpunkts des Einlangens ermöglicht, gelten als rechtzeitig eingebracht. Behördliche Entscheidungsfristen beginnen jedoch erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmten Zeiten sind von der Behörde durch Anschlag an der Amtstafel sowie im Internet kundzumachen – dies erfolgte im gegenständlichen Fall durch die Kundmachung des Magistrats Linz nach § 13 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

§ 2 dieser Kundmachung besagt:

 

"Nach § 13 Abs. 5 AVG gelten für alle Dienststellen des Magistrates Linz mit behördlichen Aufgaben folgende Amtsstunden und Parteienverkehrszeiten:

 

Montag 7.00 – 12.30 Uhr und 13.30 – 18.00 Uhr

Dienstag 7.00 – 13.30 Uhr

Mittwoch 7.00 – 13.30 Uhr

Donnerstag 7.00 – 12.30 Uhr und 13.30 – 18.00 Uhr

Freitag 7.00 – 14.00 Uhr

 

Das Bürgerservice Center im Neuen Rathaus, Hauptstraße 1-5, 4041 Linz, steht Montag bis Freitag von 7.00 bis 18.00 Uhr für die unter http://www.linz.at/service/497.asp ersichtlichen Anliegen der Kundinnen und Kunden zur Verfügung.

 

Davon abweichende Amtsstunden und Parteienverkehrszeiten einzelner Dienststellen können unter http://www.linz.at/oeffnungszeiten.asp nachgelesen werden."

 

Auf der in § 2 leg.cit. genannten Seite http://www.linz.at/oeffnungszeiten.asp wird u.a. unter den Service-Einrichtungen, die in ihren Öffnungs- und Parteienverkehrszeiten abweichen, die Abteilung "Sozialhilfe und Krankenhilfe (Amt für Soziales, Jugend und Familie)" genannt. Der dort hinterlegte Link führt

auf die Webseite http://portal.linz.gv.at/Serviceguide/viewChapter.html?chapterid=121914, wo die Öffnungszeiten des Amts für Soziales, Jugend und Familie, Bedarfsorientierte Mindestsicherung, wie folgt angegeben wird:

 

"Freier KundInnenverkehr: Montag bis Freitag 7 - 12.30 Uhr; KundInnenverkehr nach Vereinbarung: Montag und Donnerstag 13.30 bis 18 Uhr, Dienstag und Mittwoch 12.30 bis 13.30 Uhr, Freitag 12.30 - 14 Uhr"

 

Die Materialien zu § 13 Abs. 5 AVG besagen dazu verfahrensrelevant Folgendes (RV 294 BlgNR XXIII. GP 11):

 

"Hält daher die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit und langt das Anbringen nach dem Ende der Amtstunden (aber noch am letzten Tag einer allfälligen Frist) bei ihr ein, so gilt das Anbringen noch am selben Tag (und damit als rechtzeitig) eingebracht; langt es hingegen erst am nächsten Tag ein, so gilt es erst an diesem Tag (und damit nach Fristablauf) als eingebracht, weil das Post(en)laufprivileg des § 33 Abs. 3 AVG für derartige Übermittlungsformen nicht gilt (Hengstschläger/Leeb, AVG [2004] § 33 Rz 3). Nicht anders als im Fall des Einlaufkastens ist allerdings anzunehmen, dass die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringen kann, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gelten."

 

Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmten Zeiten sind bei der Behörde durch Anschlag sowie im Internet kundzumachen (§ 13 Abs 5 letzter Satz AVG). Dies erfolgte durch die Kundmachung des Magistrats Linz.

 

Als eingebracht und damit eingelangt anzusehen war der Antrag des Berufungswerbers gem. § 2 der Kundmachung des Magistrats Linz iVm § 13 Abs 5 AVG daher mit Wiederbeginn der Amtsstunden am Donnerstag, 22.11.2012, um 07.00 Uhr.

Der Beginn der Zahlung der Mindestsicherung war daher von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid richtigerweise mit 22.11.2012 festgesetzt.

 

4.3.4. Zum Vorbringen des Berufungswerbers, für ihn hätte sich aufgrund des Oö. Sozialhilfegesetzes bzw. der Oö. Sozialhilfeverordnung ein höherer Leistungsbetrag ergeben, weshalb die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Höhe der Leistung dem Verschlechterungsverbot des § 6 Abs. 1 Oö BMSV widerspreche, ist Folgendes zu bemerken:

Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. Wohnbeihilfen-Verordnung 2012, LGBl Nr. 107/2011, wird eine Wohnbeihilfe bei Neuvermietungen nur dann gewährt, wenn der anrechenbare Wohnungsaufwand pro nicht höher als 7 Euro ist. Bei Wohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen gilt diese Obergrenze nicht.

Bei der vom Berufungswerber gemieteten Wohnung handelt es sich um keine Wohnung einer gemeinnützigen Bauvereinigung; aus diesem Grund ist eine Förderung der Wohnkosten des Berufungswerbers im gegenständlichen Mietobjekt mittels Wohnbeihilfe aufgrund der geltenden Rechtslage ausgeschlossen.

 

Die Kosten des Wohnbedarfs sind im Regelungsgefüge des Oö. BMSG ein Teil des garantierten Mindeststandards (vgl. dazu auch Mayr/Pfeil, Mindestsicherung und Sozialhilfe, in: Pürgy [Hrsg], Das Recht der Länder II/1 [2012], Rz. 29 f ). So werden den Materialien zum Oö. BMSG zufolge die "Bereiche Lebensunterhalt und Wohnbedarf grundsätzlich als eine Einheit verstanden" (AB Blg 434/2011 Oö. LTG XXVII. GP 43).

 

Das in Art. 2 Abs. 4 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl I Nr. 96/2010, verankerte sog. "Verschlechterungsverbot" besagt, dass das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung bestehende haushaltsbezogene Leistungsniveau durch die in Umsetzung dieser Vereinbarung erlassenen Regelungen nicht verschlechtert werden darf. Vereinbarungen gem. Art 15a B-VG binden jedoch nur die vertragsschließenden Parteien selbst. Gegenüber Normunterworfenen entfalten sie nur dann Rechtswirkung, wenn sie mittels Gesetz oder Verordnung transformiert werden (VfSlg 9581/1982, 13.780/1994; vgl. auch Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [2011] Rn 48). Ein subjektives Recht ist aus der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung daher den Einzelnen nicht eingeräumt.

 

Eine dem Berufungswerber ein subjektives Recht einräumende landesgesetzliche Umsetzung des Verschlechterungsverbots des Art. 2 Abs. 4 der Art. 15a-Vereinbarung findet sich in § 6 Abs. 1 Oö BMSV. Demgemäß ist, sofern sich durch diese Verordnung das zum 31. August 2010 nach der Oö. Sozialhilfeverordnung 1998, LGBl Nr. 118, in der Fassung der Verordnung LGBl Nr. 52/2010, bestehende Leistungsniveau verschlechtern würde, dieses beizubehalten.

Der Berufungswerber bringt dazu vor, dass ihm nach § 1 Abs. 3 Z 1 Oö. Sozialhilfeverordnung EUR 280,-- an Unterkunftsaufwand zustehen würden.

 

Gemäß § 1 Abs. 3 Oö. Sozialhilfeverordnung, LGBl Nr. 118/1998 idF LGBl Nr. 52/2010, war der Aufwand für die Unterbringung eines Hilfeempfängers (Unterkunftsaufwand) im Regelfall bis zu monatlich EUR 121,40 vertretbar. Ein darüber hinausgehender Aufwand für Unterkunft war nach dieser Rechtslage (nur dann) vertretbar, wenn

1.   der Unterkunftsbedarf in anderer zumutbarer Weise nicht gedeckt werden konnte, oder

2.   der Aufwand in Anbetracht der familiären Verhältnisse erforderlich war.

 

Damit greift auch der Einwand der belangten Behörde, es sei laut Oö. Sozialhilfegesetz keine vollständige Übernahme der Miete, sondern ein Unterkunftsaufwand iHv ca. EUR 120,-- im Jahre 2010 vorgesehen gewesen, zu kurz. Zu klären ist vielmehr, ob der Unterkunftsbedarf des Berufungswerbers in anderer zumutbarer Weise gedeckt werden hätte können bzw. gedeckt werden könnte. Liegt ein solcher Fall vor, so war auf Grundlage von § 1 Abs. 3 Z 1 Oö. Sozialhilfeverordnung neben dem normierten Richtsatz auch ein darüber hinausgehender Unterkunftsaufwand dem Hilfesuchenden zuzusprechen.

 

Nach Rechtsansicht des VwGH zur insofern vergleichbaren Rechtslage des Slbg SHG hat der Hilfesuchende keinen Rechtsanspruch darauf, dass sein Unterkunftsbedarf auf eine von ihm gewünschte Weise (Geldleistung, Sachleistung; Sachleistung bestimmter Form) gedeckt wird. Er hat jedoch einen Rechtsanspruch darauf, dass die Form und Weise der Deckung seines Bedarfes den im SHG normierten Grundsätzen der Gewährung der Sozialhilfe entspricht (VwGH 14.05.1986, 85/11/0121).

Jedenfalls muss es sich um eine menschenwürdige Unterkunft handeln (VwGH 14.05.1986, 85/11/0121; 19.04.1988, 87/11/0276). Allerdings hat die Leistung von Hilfe auch die Bereitschaft des Hilfesuchenden zur Voraussetzung, nach seinen Möglichkeiten in angemessener und zumutbarer Weise zur Abwendung, Bewältigung oder Beseitigung der Notlage beizutragen, widrigenfalls die Grundsicherung auf das unerlässliche Mindestmaß einzuschränken wäre.

 

Ein Anspruch des Berufungswerbers auf ein Wohnen in einem bestimmten Gebiet, etwa im Stadtgebiet von X, besteht jedenfalls nicht. Daher kann es auch dahingestellt bleiben, ob – wie der Berufungswerber behauptet – eine Glaubhaftmachung ausreiche, dass sein Unterkunftsaufwand auf andere zumutbare Weise nicht gedeckt werden habe können. Wie aus dem Berufungsvorbringen selbst hervorgeht, hat der Berufungswerber seine Suche auf das "Stadtgebiet von X und Umgebung" eingeschränkt. Gerade dadurch aber kann nicht festgestellt werden, dass der Unterkunftsaufwand nicht auf andere zumutbare Weise abgedeckt werden hätte können. Darüber hinaus würde eine Auflistung von vier Wohnungsangeboten aus einer Zeitung von einem Tag für eine Glaubhaftmachung nicht hinreichen.

Im Ergebnis ist dem Vorbringen des Berufungswerbers hinsichtlich seiner Unterkunftskosten nicht zu folgen. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen von § 1 Abs. 3 Z 1 Oö. Sozialhilfeverordnung hätte sich auf Grundlage der zum 31. August 2010 geltenden Fassung der Oö. Sozialhilfeverordnung 1998, LGBl Nr. 118, in der Fassung der Verordnung LGBl Nr. 52/2010 kein höheres Leistungsniveau gegenüber des Oö. BMSG i.V.m. der Oö. BMSV ergeben.

Geht man von einem Anspruch von EUR 121,40 gem. § 1 Abs. 3 Oö. Sozialhilfeverordnung aus, hätte sich folgender Leistungsanspruch ergeben:

 

-      EUR 577,50 gem. § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. Sozialhilfeverordnung

-      EUR 96,25 Sonderzahlung gem. § 16 Abs. 4 Oö. Sozialhilfegesetz

(durchschnittlich monatlich)

-      EUR 121,40 Unterkunftsaufwand nach § 1 Abs. 3 Oö. Sozialhilfeverordnung

-      EUR 795,15 GESAMT

 

Dieser Anspruch liegt unter der von der belangten Behörde festgesetzten Leistungen nach dem Oö. BMSG bzw. der Oö BMSV. Daher war der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen und die Berufung abzuweisen.

 

Auf das Vorbringen des Bw zur Reduktion der Mietzinszahlungen ist daher nicht näher einzugehen.

 

4.3.6. Der Berufungswerber erachtet die von der belangten Behörde vorgenommene Befristung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen bis 21.05.2013 als rechtswidrig.

Mangels einer gesetzlichen Bestimmung im Oö. BMSG bedarf die Festlegung einer Befristung für Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, einer ausreichenden Begründung und unterliegt diese Festlegung dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. dazu bereits UVS OÖ vom 11.04.2012, VwSen-560159/2/Py/Hu). In Anbetracht der in § 11 Oö. BMSG normierten Bemühungspflicht des Hilfebedürftigen (Einsatz der Arbeitskraft) und der von der belangten Behörde festgestellten Aussicht auf ein Beschäftigungsverhältnis nach Absolvierung der Taxilenkerprüfung erscheint die Befristung der Leistung bis zum 21.05.2013 als verhältnismäßig, erlaubt sie dem Berufungswerber doch jedenfalls die Absolvierung der Ausbildung und den Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis.

 

Es steht dem Berufungswerber jedoch frei, für den nicht von der Rechtskraft des vorliegenden Bescheides umfassten Zeitraum (ab 22.05.2013) wiederum einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG zu stellen.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann

 

 

 

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