Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101552/3/Sch/Rd

Linz, 02.05.1994

VwSen-101552/3/Sch/Rd Linz, am 2. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des G, vertreten durch RA Dr. Franz P, vom 6. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. September, VerkR96/13978/1992, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 14. September 1993, VerkR96/13978/1992, über Herrn Günter L., wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 und 2) § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) und 2) jeweils 1.500 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) und 2) jeweils 60 Stunden verhängt, weil er am 11. Juni 1992 gegen 17.15 Uhr den LKW mit dem Kennzeichen auf der Salzkammergut Bundesstraße 145 aus Richtung Ebensee in Richtung Traunkirchen gelenkt und 1) bei Straßenkilometer 38,8 trotz der dort sehr kurvigen und unübersichtlichen Straßenstelle einen PKW überholt habe. 2) Bei Straßenkilometer 36,2 habe er einen Silosattelauflieger der Firma N trotz Gegenverkehrs überholt, sodaß der Lenker des überholten Sattelaufliegers und der bei Straßenkilometer 38,8 überholte PKW-Lenker ihre Fahrzeuge stark abbremsen mußten, um nicht mit dem entgegenkommenden PKW zu kollidieren.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

1) Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 (Faktum 1):

Das unterfertigte Mitglied des unabhängigen Verwaltungs senates des Landes Oberösterreich hat am 28. April 1994 im Beisein des technischen Amtssachverständigen Ing. H einen Lokalaugenschein im Bereich von Straßenkilometer 38,8 der B 145 Salzkammergut Bundesstraße durchgeführt. Hiebei hat sich ergeben, daß die B 145 aufgrund einer Straßenbegradigung einen anderen Verlauf als zur Tatzeit erhalten hat. Überdies wurde ein Schutzbauwerk - offensichtlich gegen Lawinen bzw. Steinschlag - errichtet, sodaß die Sichtverhältnisse eine gravierende Änderung erfahren haben. Neben der notwendigen Prämisse der tatsächlichen Verhältnisse zur Tatzeit für die Erstellung eines verkehrstechnischen Sachverständigengutachtens fehlen im erstbehördlichen Akt überdies Angaben über den Beginn des Überholmanövers des Berufungswerbers, welche aufgrund des relativ langen Zeitablaufes seit der Tat (11. Juni 1992) auch im Falle einer Beweisaufnahme durch die Berufungsbehörde nicht mehr zu erwarten sind.

2) Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 (Faktum 2):

Gemäß dieser Bestimmung darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

Nach der von der Erstbehörde gewählten Formulierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses in diesem Punkt hätten die beiden überholten Fahrzeuglenker stark abbremsen müssen, um nicht mit dem entgegenkommenden PKW zu kollidieren. Eine solche Feststellung würde aber voraussetzen, daß diese Fahrzeuglenker ihre Fahrzeuge auf dem linken Fahrstreifen gelenkt hätten, da sie ansonsten nicht in die Gefahr hätten kommen können, mit dem Gegenverkehr zu kollidieren. Eine solche Annahme ist aber völlig unschlüssig, da sich die Fahrzeuglenker nach der Aktenlage auf dem rechten Fahrstreifen hatten befinden müssen, um überhaupt vom Berufungswerber überholt werden zu können, wenn man nicht, wofür ebenfalls keine Anhaltspunkte vorhanden sind, annimmt, der Berufungswerber habe rechts überholt.

Weiters fällt hinsichtlich dieses Faktums auf, daß als überholtes Fahrzeug ein "Silosattelauflieger" angeführt ist.

Ein solcher Begriff ist jedoch den einschlägigen Bestimmungen des § 2 Z11 bis 13 KFG 1967 fremd. Geht man von der gängigen Sprachregelung aus, daß unter einem "Sattelauflieger" ein Sattelanhänger zu verstehen ist, käme man zu dem befremdenden Ergebnis, dem Berufungswerber sei vorgeworfen worden, einen alleine fahrenden Sattelanhänger überholt zu haben.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt zwar nicht, was von der Erstbehörde gemeint war, es muß aber doch erwartet werden, daß im Spruch eines angefochtenen Straferkenntnisses soweit wie möglich die einschlägigen verba legalia verwendet werden.

Schließlich ist diesbezüglich noch zu bemerken, daß auch bei diesem Faktum der Beginn des Überholmanövers des Berufungswerbers nicht aktenkundig ist und auch hier weitere Erhebungen aufgrund des relativ großen Zeitraumes seit der Tat nicht mehr zielführend erscheinen. Dies ergibt sich auch daraus, daß der Lenker jenes entgegenkommenden Fahrzeuges der laut Anzeige des GPK Gmunden vom 13. Juni 1992 durch das Überholmanöver des Berufungswerbers zum Abbremsen seines Fahrzeuges genötigt worden sei, im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht einvernommen worden ist und eine erstmalige Einvernahme eines Zeugen nahezu zwei Jahre nach einem Vorfall in der Regel nicht mehr zweckdienlich sein kann.

Der Berufung war daher ohne näheres Eingehen auf das Berufungsvorbringen sowie ohne Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n

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