Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401290/6/MK/HK

Linz, 16.05.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des X, geboren am X, Staatsangehöriger der Republik X, vertreten durch den Verein X, Verein für X Hilfe und Zusammenführung, X, X (Adresse auf Beschwerde: X, X), wegen Verhängung und Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Schärding, zu Recht erkannt:

 

    I.           Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass in der Zeit von 10.05.2013, 10.30 Uhr, bis 14.05.2013, 15.30 Uhr, die maßgeblichen Voraussetzungen für die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft vorgelegen haben.

 

 II.           Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Schärding) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 22/2013)

§§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 1 Z3 und 4 UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456/2008).

Entscheidungsgründe:

1.           Der Bezirkshauptmann von Schärding (in der Folge: belangte Behörde) ordnete mit Bescheid vom 08.05.2013, GZ: Sich40-11526, über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß §§ 76 Abs.2 Z1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) mit Wirkung der Entlassung aus der Gerichtshaft an. Der Bf wurde am 10.05.2013 um 10.30 Uhr im Anschluss an die Strafhaft von Organen der Polizeiinspektion Suben übernommen und in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wels eingeliefert.

 

1.1        Begründend wurde dazu ausgeführt, der Bf sei am 29.12.2005 illegal aus X kommend in das Bundesgebiet eingereist und habe am 02.01.2006 einen Asylantrag eingebracht, der am 08.11.2012 in II. Instanz rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Seit diesem Zeitpunkt würde eine durchsetzbare asylrechtliche Ausweisung bestehen.

 

1.2.      Am 11.05.2005 sei der Bf wegen der versuchten Übertretung des § 27 Abs.1 und 2 Z2 1. Fall Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer auf drei Jahre bedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten und 2 Wochen verurteilt worden. Aufgrund dieser Verurteilung sei von der seinerzeitige Bundespolizeidirektion Wien bereits während des Asylverfahrens ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen worden.

 

Zudem würden zwei weitere Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von 2 bzw. 2 Jahren und 6 Monaten, ebenfalls wegen Übertretungen des Suchtmittelgesetzes (gewerbsmäßiger Suchtmittelhandel) vorliegen, weshalb die BPD Wien am 13.11.2010 ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen habe. Dieses Rückkehrverbot sei vom UVS Wien in ein 10-jähriges Rückkehrverbot umgewandelt worden, welches seit 27.08.2012 rechtskräftig sei.

 

Die Haftstrafen wären in den Justizanstalten Wien-Josefstadt und Suben verbüßt worden. Das kalendermäßige Strafende sei mit 10.08.2013 errechnet worden, am 10.05.2013 sei aber die bedingte vorzeitige Haftentlassung erfolgt.

 

1.3.      Trotz nachweislicher Belehrung über die Verpflichtung zur Ausreise am 13.12.2012 habe sich der Bf nicht zur freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat angemeldet, sondern am 14.04.2013 einen Asylfolgeantrag gestellt, der nach erfolgter Erstbefragung am 17.04.2013 mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmesstelle West vom 07.05.2013 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden wäre. Am 08.05.2013 sei dem Bf mitgeteilt worden, dass dieser Bescheid durchsetzbar sei.

 

1.4. Bereits am 26.04.2013 sei dem Bf die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.04.2013 betreffend die beabsichtigte Verhängung der Schubhaft und Abschiebung in sein Heimatland mitgeteilt worden.

 

Infolge dieser Information habe der Bf am 30.04.2013 den belangten Behörde schriftlich mitgeteilt, dass er seine Pläne für einen möglichen weiteren Aufenthalt in Österreich geändert habe. Es gehe dabei um seinen 3-jährigen Sohn X, der bei seiner Mutter in X leben würde. Es sei ihm nun bewusst geworden, dass ihn sein Sohn und dessen Mutter dringend brauchen würden, so oft wie möglich. Er dürfe daher, um die beiden unterstützen zu können, nie mehr in Haft kommen und würde sich sofort nach seiner Entlassung eine Arbeitsstelle besorgen. Er würde nunmehr seine Verantwortung als Vater ernst nehmen und um eine weitere Chance, in Österreich bleiben zu können, bitten.

 

Von der JA Suben sei mitgeteilt worden, dass der Bf von 09.03. bis 11.03 und von 05.04. bis 08.04.2013 Ausgang gehabt habe, den er in X bei seinem Sohn verbracht hätte.

 

1.5. Mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) sei in absehbarer Zeit zu rechnen. Eine Schubhaftberatung sei am 30.04.2013 durchgeführt worden.

 

1.6.      Auf der Grundlage der (im Schubhaftbescheid zitierten) gesetzlichen Bestimmungen sei eine Gesamtbetrachtung des vorliegenden Sachverhaltes in Form einer genauen Einzelfallprüfung vorzunehmen, die (im Ergebnis) die ernsthaft Gefahr ergeben würde, dass sich der Bf auf freiem Fuß dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die fremdenpolizeilichen Maßnahmen vereiteln, zumindest aber erheblich erschweren werde. Das rechtskräftig negative Asylverfahren sowie das 10-jährige Rückkehrverbot (als Einreiseverbot) und die bevorstehende Ausstellung eines HRZ, d.h. die unmittelbar anstehende Abschiebung nach Guinea würde einen massiven Fluchtanreiz darstellen. Bei Abstandnahme von der Schubhaft sei mit dem Untertauchen des Bf zu rechnen, das im konkreten Fall auch durch die nachweislichen Kontakte in das Suchtgiftmilieu erleichtert werden könnte.

 

Deshalb und vor dem Hintergrund der vom Bf begangenen Straftaten könne auch mit einem gelinderen Mittel nicht das Auslangen gefunden werden. Von einem rechtskonformen Verhalten könne keine Rede sein. Durch eine derartigen Delinquenz würden die öffentlichen Interessen an einer effizienten Außerlandesbringung maßgeblich verstärkt. Die Existenz eines Sohnes in Österreich könne die Gefahr der Flucht nicht entkräften. Es bestehe akuter Sicherungsbedarf, da anzunehmen sei, dass der Bf seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde.

 

1.7.      Im Zuge der gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung sei die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt, dass mit der (angenommener Weise) kurzen Verhängung der Schubhaft verbundene Eingriff in die persönliche Freiheit des Bf im Vergleich zu den öffentlichen Interessen eines geordneten Fremdenwesens und der Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität vertreten werden könne.

 

2.           Gegen diesen Bescheid richtet sich die Schubhaftbeschwerde des ausgewiesenen Vertreters des Bf vom 10.05.2013. Zu deren Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

 

2.1. Die belangte Behörde begründe die Verhängung der Schubhaft mit der bevorstehenden Ausstellung eines HRZ, was bedeute, dass noch keines ausgestellt worden, ja der Bf der Heimatbehörde noch nicht einmal vorgestellt worden sei, obwohl die Schubhaft seit längerer Zeit geplant gewesen sei. Dies stelle einen groben Verstoß gegen die Rechtsordnung dar, weil somit offensichtlich beabsichtigt sei, die Schubhaft nicht möglichst kurz, sondern als illegale Bestrafungsform einzusetzen. Die tatsächliche Erlangung eines HRZ sei zudem ungewiss.

 

2.2. Fluchtgefahr sei – entgegen den Annahmen der belangten Behörde – nicht anzunehmen, weil der Bf seit der Verständigung von der geplanten Außerlandesbringung noch zwei Ausgänge über das Wochenende hatte, bei denen es – da der Bf auch trotz des Asylfolgeantrages mit der Abschiebung rechnen musste – ein Leichtes gewesen wäre, sich abzusetzen, wären da nicht die vom Bf angesprochenen familiären Beweggründe.

 

2.3. Das Verhalten des Bf habe sich durch die Existenz seines Sohnes maßgeblich verändert. Er habe Pläne für seine Familie. Dies würden nicht nur die reibungslosen Ausgänge aus der Haft, sondern auch die regelmäßigen Kontakte zu seinem Sohn und dessen Mutter aus der Haft heraus beweisen. Das stärkste Argument für eine geänderte Einstellung des Bf sei aber die Tatsache, dass er auch in der entbehrungsreichen Zeit der Haft seinem Sohn immer wieder Geld geschickt habe. Viele Eltern würden sich und ihre Prioritäten in Anbetracht eines Kindes und der damit verbundenen Verantwortung ändern. Aus jungen, sorglosen Menschen würden reife Erwachsene.

 

2.4. Wie wichtig die Vater-Sohn-Beziehung sei, könne einem (in der Folge wörtlich angeführten, hier aber nicht wiedergegebenen, mehrseitigen) wissenschaftlichen Bericht von Werner Stangl mit dem Titel "Die Bedeutung des Vaters in der Erziehung" entnommen werden.

 

Es sei also klar ersichtlich, wie wichtig der Bf für seinen Sohn sei, und darüber hinaus beweisbar, dass eine – von beiden Seiten gleichermaßen betriebene – Beziehung zwischen Vater und Sohn bereits bestehe.

 

Das Recht auf ein Familienleben stehe höher als das angebliche Interesse der Öffentlichkeit an der Rückführung des Bf.

 

Es werde daher beantragt, der Beschwerde vollinhaltlich stattzugeben und den Bf umgehend – allenfalls mit der Auflage eines gelinderen Mittels – aus der Schubhaft zu entlassen.

 

3. Mit Schriftsatz vom 10.05.2013, eingelangt am 13.05.2013, übermittelte die belangte Behörde vorab eine Ausfertigung des Schubhaftbescheides und erstattete die nachstehend zusammengefasste kurze Gegenschrift:

 

3.1. Die Ausstellung eines HRZ bei der Botschaft der Republik Guinea bereits am 06.07.2011 beantragt, und am 13.12.2012 sowie 05.03.2013 jeweils schriftlich urgiert worden. Aufgrund des zwischenzeitlich gestellten Asylfolgeantrages konnte nach Bekanntwerden der vorzeitigen bedingten Entlassung mit der Vertretungsbehörde des Bf kein Kontakt zwecks Ausstellung eines HRZ aufgenommen werden.

 

Seit 08.05.2013 liege eine durchsetzbare erstinstanzliche Asylentscheidung vor, weshalb die Erlangung eines Reisedokumentes weiter betrieben würde und davon auszugehen sei, dass dieses auch in absehbarer Zeit vorliegen werde.

 

3.2. Nach der Mitteilung an den Bf, dass beabsichtigt sei, nach Ablauf der Strafhaft die Schubhaft zu verhängen und die Ausweisung durchzuführen, wurden ihm keine weiteren Ausgänge mehr gewährt.  Es sei also (auch von der Strafvollzugsbehörde) Sicherungsbedarf angenommen worden, der auch weiterhin bestehe.

 

Es werde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.05.2013 wurde dem Bf gegenüber das gelindere Mittel in Form der Unterkunftnahme in X, X, sowie täglicher Meldung ab dem 15.05.2013 angeordnet.

 

Begründend wird im Wesentlichen angeführt, dass am 14.05.2013 von der Botschaft der Republik Guinea mitgeteilt worden sei, dass zwar alle HRZ-Anträge bzw. Anfragen nach Guinea weitergeleitet worden wären, dass dort zur Zeit aber die Vorbereitungen für eine Wahl stattfinden würden und eine Auskunft betreffend HRZ-Ausstellung für den Bf frühestens in vier Wochen möglich sei.

 

Aufgrund der im Schubhaftbescheid dargestellten Umstände des Einzelfalles sei die Anhaltung in Schubhaft zwar grundsätzlich auch weiterhin notwendig, aufgrund der nunmehr bekannt gewordenen zeitlichen Dimension der Beschaffung eines Ersatzreisedokumentes sei deren Aufrechterhaltung aber unverhältnismäßig und in die Sicherungsmaßnahme des gelinderen Mittels "umzuwandeln", die für sich in der angeordneten und mit der LPD Wien koordinierten Form, insbesondere was die Verpflichtung zur täglichen Meldung betreffe, als verhältnismäßig zu qualifizieren sei.

 

Die Entlassung aus dem PAZ Wels erfolgte am 14.05.2013 um 15.30 Uhr.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes OÖ. hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 82 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 22/2013, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs.1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs.1 Z2 oder Z3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat nach § 83 Abs.4 FPG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs.4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

5.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 08.05.2013, Sich40-11526, von 10.05.2013, 10.30 Uhr, bis 14.05.2013, 15.30 Uhr, im PAZ Wels in Schubhaft angehalten wurde, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

 

Gemäß § 80 Abs.5 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 50/2012, kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs.2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs.4 Z1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

Gemäß § 76 Abs.1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs.2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist;

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs.2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs.1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs.3 Z4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs.2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs.1 Z4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs.1 Z23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs.2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs.4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs.2 Z1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs.3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

  

Gemäß § 77 Abs.1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs.2 Z1.

 

Gemäß § 80 Abs.1 bzw. 2 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs.2 FPG darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

1.    zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs.3 und 4 vorliegt.

 

5.3        Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom 12.02.2013 zu Recht den oben zitierten § 76 Abs.2 Z1 FPG zugrunde, da zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung (08.05.2013) aufgrund des Bescheides des BAA EAST West vom 07.05.2013, AZ: 13 04.951-EWEST, bereits eine durchsetzbare Ausweisung gemäß § 10 AsylG erlassen wurde.

 

6.           Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG, die vom Bf auch nicht beantragt wurde, abgesehen werden konnte. Insbesondere war aufgrund der Aktenlage nicht ersichtlich, welche objektiven Tatbestandselemente im Zuge einer persönlichen Befragung des Bf hätten herkommen können, die eine in wesentlichen Punkten des Sachverhalts anderen Beurteilung ergeben hätten.

 

7.           Aus der "Kann-Bestimmung" sowohl des § 76 Abs.1 als auch des Abs.2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine prognostizierende Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren bzw. der Abschiebung iSd § 76 Abs. 1 und Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates nicht mehr in Schubhaft befindet, kann gemäß § 83 Abs.4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung zwar grundsätzlich entfallen. Im konkreten Fall ist in der Sache aber Nachstehendes jedenfalls festzuhalten:

 

7.1. Vorweg ist anzumerken, dass die belangte Behörde eine hinreichend fundierte einzelfallbezogene Prüfung des Sicherungsbedarfes des Bf durchgeführt hat, der aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates durchaus zu folgen ist. Insbesondere wird von folgenden wesentlichen Sachverhaltselementen ausgegangen:

 

7.1.1. Der Bf hält sich seit seiner illegalen Einreise über Italien seit Ende Dezember 2005 in Österreich auf, wo Anfang Jänner ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde. Er hat sich von Anfang an dem Drogenmilieu angeschlossen, da bereits nach wenigen Monaten, im Mai 2006, die erste Verurteilung wegen des versuchten gewerbsmäßigen Suchtgifthandels (Kokain und Heroin) im Zusammenwirken mit anderen Mittätern erfolgte.

 

Als Folge dieser Straftat wurde schon im Juli 2006 ein 10-jähriges Rückkehrverbot ausgesprochen. Ab diesem Zeitpunkt muss dem Bf bewusst sein, dass sein Aufenthalt in Österreich unsicher ist und weitere Straffälligkeiten mehr als kontraproduktiv sind.

 

Nichts desto Trotz erfolgt die nächste Verurteilung – ebenfalls wegen der Mittäterschaft im gewerbsmäßigen Suchtgifthandel – bereits im Oktober 2007. Die Abschiebung nach der Haftentlassung im März 2009 ist wegen des offenen Asylverfahrens, das (nach einer bedauerlich langen Dauer von beinahe 6 Jahren) erst im Herbst 2011 erstinstanzlich negativ (aber unter Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten) abgeschlossen wurde, nicht möglich.

 

7.1.2. Im Februar 2010 kommt sein Sohn, dessen Zeugung in Kenntnis des unsicheren Aufenthaltes und des bestehenden Rückkehrverbotes erfolgte, zur Welt. Mutter und Kind sind rumänische Staatsbürger. Die in der Beschwerde angeführte Enzwicklung vom sorglosen jungen (kriminellen) Mann zu einem verantwortungsbewussten Vater bleibt aus, denn der Bf wird im September 2010 neuerlich wegen des Verbrechens des Suchtmittelhandels, neuerlich innerhalb der Bewährungsfrist, verurteilt.

 

7.1.3. Im Oktober 2012 wird die Beschwerde gegen den o.a. negativen Bescheid des BAA vom Asylgerichtshof in II. Instanz abgewiesen.

 

Aus dem Stand der Strafhaft wird am 16.04.2013 ein Asylfolgeantrag gestellt, in dem das Familienleben mit keinem Wort thematisiert wird.

 

Zwischenzeitlich, nämlich am 25.04.2013, wird dem Bf von der belangten Behörde mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, im Anschluss an die Strafhaft die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung zu verhängen.

 

Erst jetzt, zu einem Zeitpunkt der bereits spürbaren Aussichtslosigkeit des Folgeantrages (der vom BAA am 07.05.2013 auch tatsächlich zurückgewiesen wird) und der Verdeutlichung der unmittelbaren Konsequenzen, kommen im Schreiben vom 30.04.2013 an die belangte Behörde das Familienleben und die Wichtigkeit der Vaterrolle ins Spiel.

 

7.2. Mit der Argumentation des Bf im Zusammenhang mit seinen familiären Beziehungen hat sich – vor dem Hintergrund der asylrechtlichen Interessenlage – das BAA bereits dahingehend detailliert auseinandergesetzt als geprüft wurde, ob dadurch u.U. ein neuer Sachverhalt geschaffen worden sei, der eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG unzulässig machen würde. Dies wurde – nach Ansicht des erkennenden Mitgliedes absolut zu Recht – verneint.

 

7.3. Aus fremdenrechtlicher Sicht zeigt das (unter Pkt. 7.1. bewusst noch einmal ausführlich chronologisch dargestellte) bisherige Verhalten und Vorgehen des Bf während seines Aufenthaltes in Österreich – neben der beinahe überwältigend eindeutig unter Beweis gestellten Geringschätzung der rechtsstaatlichen Grundordnung – gerade in den letzten Wochen ein hohes Maß an taktischen Überlegungen mit dem Ziel, (auch unter Inkaufnahme der bisherigen und wohl auch zukünftiger Haftaufenthalte) den Aufenthalt in Österreich möglichst lange aufrecht zu erhalten.

 

Das Familienleben dient dabei nur als letztes argumentatives Mittel der Wahl, da es in den drei Jahren seit der Geburt seines Sohnes für den Bf keinerlei Bedeutung hatte und ihn auch nicht von einer weiteren, schweren und von besonderer Verwerflichkeit geprägten Straftat (in einem Deliktsfeld, in dem reihenweise [andere] Familien ins Unglück getrieben werden) abgehalten hat. Daran vermögen auch die reibungslos absolvierten Freigänge bzw. die damit verbundenen Aufenthalte in X nichts zu ändern, da dabei nicht einmal ansatzweise (glaubwürdig) belegt werden kann (bzw. könnte), dass der Bf seine Zeit tatsächlich (im Sinne eines vorbildlichen Vaters) mit seiner Familie verbracht, oder aber – in Erwartung der baldigen Haftentlassung – andere frühere Kontakte gepflegt hat. Schon bei seiner Einreise 2005 und nach Verbüßung der ersten Strafhaft war ja eine nahtlose Integration in die Drogenszene festzustellen, was nicht zuletzt Anlass für die umgehende Erlassung von Rückkehrverboten war.

 

Dies und das Faktum der kriminellen Beharrlichkeit des Bf machen die Prognose an sich beinahe einfach. Die plötzliche innere Wendung, wie sie in der Beschwerde unter Bemühung kleinster Gesten der Fürsorge zitiert wird, entspricht nicht den allgemeinen Erfahrungen und Erwartungen und steht in krassem Widerspruch zur objektiven Faktenlage.

 

Im konkreten Fall drängt sich ein Sicherungsbedarf geradezu auf, wenngleich der Grund dafür hier nicht in der mangelnden sozialen und wirtschaftlichen Integration zu sehen ist, sondern im Gegenteil in einer zu ausgeprägten, allerdings in absolut unerwünschter Art und Weise und in ein Milieu, in dem das Untertauchen bzw. die entsprechenden Kontakte und Möglichkeiten dafür wohl des geringste Problem darstellen.

 

7.4.      Zur Verhältnismäßigkeit bzw. zur Anwendung eines gelinderen Mittels sei prinzipiell angemerkt, dass es in der Suchtmittelszene wohl nicht nur in der Entscheidungssphäre des Bf gelegen ist "auszusteigen", wenn man die (im Grunde positiven) Absichten, ein vollkommen neu strukturiertes und diametral entgegengesetzt ausgerichtetes Leben führen zu wollen, auch annehmen wollte. Die damit verbundene, von der aktuellen Arbeitsmarktsituation eindringlich untermauerte und daher durchaus konkrete Gefahr des Zurückfallens in "alte Muster", würde auch ein Abgleiten in die Anonymität befürchten lassen, was (in diesem Fall nicht nur) den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen widerspräche.

 

7.5.      Den unterstellenden Ausführungen des Bf, es handle sich bei der Verhängung und Anhaltung in Schubhaft um eine illegale Bestrafungsform, ist an dieser Stelle entschieden entgegenzutreten. Die Straftaten des Bf sind (mit der Einschränkung der bedingten vorzeitigen Haftentlassung) gesühnt. Sie stellen aber auch einen (oben bereits ausführlich dargestellten) wesentlichsten Grund für die Annahme eines akuten Sicherungsbedarfes dar und sind daher mittelbar maßgeblich.

 

Die Entscheidung der belangten Behörde, den Bf in ein gelinderes Mittel zu "entlassen", beruht ausschließlich auf Überlegungen zeitlicher Natur, um – wodurch die Unhaltbarkeit des Beschwerdevorwurfes der "Ersatzbestrafung durch die Schubhaft mehr als deutlich dokumentiert wird – dem Legalgebot der möglichst kurzen Anhaltung vor dem Hintergrund der festgelegten Maximalfristen gerecht zu werden.

 

Im Sinne der obigen Ausführungen im Zusammenhang mit der vom Bf erkennbar verfolgten Strategie ist jetzt, da die Abschiebung (zumindest temporär) nicht mehr unmittelbar droht, auch mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Bf den Anordnungen der belangten Behörde auch nachkommen wird.

 

7.6.      Dafür, dass die Verhängung der Schubhaft nur bei Vorliegen eines HRZ zulässig wäre, ergibt sich aus dem Gesetz kein Anhaltspunkt.

 

7.7. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass eine Gesamtbetrachtung der Umstände im konkreten Anlassfall einen in der Person des Bf gelegenen Bedarf zur Sicherung der fremdenpolizeilichen Behandlung ergibt. Die Zwangsausübung war maßvoll, d.h. sowohl sachlich wie zeitlich verhältnismäßig.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

8.           Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.           Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2.           Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Markus Kitzberger

 

Hinweis:

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