Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523379/7/Bi/Ka

Linz, 27.05.2013

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau x, vom 16. Jänner 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried/I. vom 7. Jänner 2013, GZ:11/022547, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Befristung und Auflagen, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die Lenkberechtigung der  Berufungs­werberin (Bw) (Führerschein ausgestellt von der BH Ried/I. am 7.1.2013 zu Zl. 11/022547 für die Klasse B) gemäß §§ 5 Abs.5, 8 Abs.3 und 24 Abs.1 Z2 FSG bis 20. Dezember 2015 befristet unter der Auflage, alle sechs Monate Kontrollunter­suchungen (forensisch-toxikologische Haaruntersuchung auf Suchtmittel bei ca 6 cm Haar­länge; bei 3 cm alle drei Monate) durchführen zu lassen und de Erstinstanz darüber einen Bericht vorzulegen. Diese Auflage werde mittels Code „104“ in den Führerschein eingetragen. Als Vorlagetermine wurden bestimmt: 20.6.2013, 20.12.2013, 20.6.2014, 20.12.2014, 20.6.2015 und bei der ärztlichen Nachuntersuchung vor dem 20.12.2015. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung dagegen ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 7. Jänner 2013.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, ihr sei mitgeteilt worden, sie habe im Zeitraum vom 20.6.2013 bis 20.6.2015 halbjährlich eine Haaruntersuchung auf Suchtmittel durchzuführen. Das sei ein Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht. Kosten über 300 Euro seien nicht tragbar. Es gebe auch die Möglichkeit von Harn­kontrollen. Die bisher durchgeführten seien immer negativ gewesen und es bestehe kein erhöhter Verdacht auf wiederkehrenden Drogenkonsum.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass die am 7. August 1990 geborene Bw am 20. Jänner 2011 bei der Erstinstanz die Verlängerung ihrer am 18. Februar 2010 erteilten bis 18. Februar 2011 befristeten Lenkberechtigung für die Klasse B beantragt hat. Laut Gutachten gemäß § 8 FSG der Amtsärztin der Erstinstanz Frau Dr. x vom 16. März 2011 war die Bw zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Klasse B geeignet unter der Auflage der Verwendung einer Brille. Begründet wurde dies damit, im Befristungszeitraum des letzten Jahres seien von 4 Harnabgaben 3 eingehalten worden auf je 2 verschiedene Substanzen (Benzo­dia­zepine und Cannabinoide), die jeweils negativ gewesen seien.

 

Laut Abschluss-Bericht der PI Schärding vom 8. August 2011 bestand bei der Bw der Verdacht auf strafbare Handlungen gemäß § 28a SMG, ua begangen am 30. März und 16. April 2011 durch den Erwerb von Methamphetamin (Crystal Speed) in Tschechien und Einfuhr nach Österreich.

Die Bw wurde mit Urteil des LG Ried/I. vom 18. November 2011, 20 Hv 44/11w, nach § 28a Abs.1 SMG zu sieben Monaten Freiheitsstrafe, die auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt, ein Bewährungshelfer bestellt und ihr gemäß § 51 Abs.2 StGB die Weisung erteilt, ihren Gesundheits­zustand durch den zuständigen Amtsarzt kontrollieren zu lassen, eine psycho­lo­gische Beratung und Betreuung durch die Drogenberatung EGO durchzuführen und darüber viertel­jährlich unaufgefordert ab Jänner 2012 Nachweise zu erbringen. Sie wurde schuldig erkannt der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 2. und 3. Fall SMG insofern, als sie in Suben und Obernberg/I. am 30. März und 17. April 2011 in zwei Angriffen Suchtgifte in einer die Grenzmenge    (§ 28b) zumindest 2fach übersteigenden Menge, nämlich 63 g Methamphetamin brutto mit mehr als 20 g Methamphetamin HCI Reinsubstanz von Tschechien und Deutschland aus nach Österreich eingeführt hat, indem sie das Suchtgift in Tschechien erworben und anschließend in ihrem Körper versteckt in das Bundes­gebiet eingeführt hat.

 

Laut verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 26. November 2012 (Untersuchungsanlass: Anzeige nach dem SMG, Fragestellung: Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) ist die Bw bedingt geeignet zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Klasse B, wobei „dringend geraten wird, die Bw über einen Zeitraum von mindestens 6 Jahren sporadisch auf drogenfreie Bewährung zu überprüfen.“ Diese Empfehlung sei mit der Bw kommuniziert worden und diese habe Einsicht gezeigt und selbst betrachtet auf viele Jahre eine Rückfallswahrscheinlichkeit ansonsten für möglich gehalten. Die Empfehlung sei auch aus verhaltens­therapeutischer Sicht eine verhaltensstabilisierende Maßnahme zur Motivation einer Distanzierung von einer Drogeneinnahme. Aktuell werde die drogenfreie Bewährung glaubwürdig skizziert. Laut „Zusammenfassung“ zeige sich bei der 22jährigen Bw folgende eignungseinschränkende Befundlage: Hinweise auf deutliche Instabilität bzw auch ausgeprägte sozioemotionale Entwicklungsunreife, die nicht weiter psychiatrisch zugeordnet werden könne: der dringende Wunsch Drogen zu probieren stehe im Widerspruch zur grundsätzlich guten kognitiven Strukturierung. Die Bw reflektiere adäquat, dass manche Drogen für das Gehirn besonders gefährlich seien und dass sie die Einnahme auch erfolgreich abgesetzt habe zB Heroin und Amphetamine. Für sie selbst sei nach eigenen Angaben unerklärlich ihr Versuch, in einer angeblich drogenfreien Lebensphase die letzten Jahre seit 2009 trotzdem im November 2011, also vor einem Jahr, Amphetamine aus Tschechien nach Österreich geschmuggelt zu haben. Unter Hinweis auf den auffälligen psychometrischen Befund bei tendenziell erhöhtem Spannungs­bedürfnis müsse darauf hingewiesen werden, dass die Rückfallswahr­scheinlich­keit auch aufgrund des Lebensalters der Bw bei noch insgesamt instabiler affektiver Befundlage erhöht sei. Dies erfordere bei grundsätzlich adäquater Bereit­schaft zur Verkehrsanpassung die Notwendigkeit längerfristiger spora­discher Kontrolle der drogenfreien Bewährung.  

 

Laut dem Gutachten gemäß § 8 FSG der Amtsärztin der Erstinstanz Frau x vom 20. Dezember 2012 ist die Bw für den Zeitraum auf drei Jahre befristet geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B – Nachuntersuchung mit forensisch-toxikologischer Haaruntersuchung auf Suchtmittel bei einer Haarlänge von ca 6 cm. und unter der Auflage von solchen Haaruntersuchungen alle sechs Monate bei einer Haarlänge von 6 cm, bei 3 cm Haarlänge alle drei Monate. Begründet wurde diese damit, die Harnproben aus dem Jahr 2012 seien zwar alle negativ gewesen, stellten aber nur Momentauf­nahmen dar, weil die Substanzgruppen Amphetamin, Opiate, Kokain und Benzodiazepine nur für sehr kurze Zeit im Harn nachweisbar seien. Die Haaruntersuchung sei eine genauere Analysemethode retrospektiv über das Konsumverhalten, weil hier alle Einnahmen nachweisbar seien. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei aufgrund der Vorgeschichte abgeklärt. Bei den objektiven Persönlichkeitstests sei ein erhöhtes Spanungsbedürfnis auffällig, ebenso die hohe soziale Erwünschtheit im Antworteverhalten. Es werde auf eine ausgeprägte sozioemotionale Entwicklungsunreife hingewiesen, die Rückfalls­wahr­­schein­lich­keit sei bei der noch instabilen affektiven Befundlage noch erhöht. Weitere Kontrollen seien über einen langen Zeitraum daher dringend erforderlich – die Amtsärztin schloss sich dem an, wobei aufgrund des Mischkonsums in der Vergangenheit die Haaranalyse als eine Möglichkeit, alle gängigen Substanzen testen zu können, befürwortet wurde. Eine Befristung auf drei Jahre mit forensisch-toxikologischer Haaruntersuchung müsse eine Drogenabstinenz zweifels­frei nachweisen.

 

Aufgrund der Berufungsausführungen wurde der Akt seitens des UVS der Amtsärztin beim Amt der Oö. Landeseregierung, Abteilung Gesundheit, Frau Dr. x vorgelegt, die in ihrer Stellungnahme vom 29. März 2013, Ges-311097/2-2013-Wim/Kr, ausführt, die Bw konsumiere langjährig – erstmals 2005 – Suchtmittel. Laut (beigelegtem) Informationsblatt zur Haaranalyse auf Drogen, Medikamente und andere toxikologisch relevante Substanzen des Forensisch-toxikologischen Instituts Wien basiere die Aussagekraft von Haar­unter­suchungen darauf, dass aufgenommene Substanzen bzw deren Stoff­wechselprodukte im Zuge der Körperpassage in wachsende Haare unabhängig von der Art des Aufnahmeweges (oral, nasal, inhalativ etc)  eingelagert würden. Mit der chemischen Untersuchung von Haaren sei somit eine Rekonstruktion des Substanzkonsums unter Zugrundelegung einer mittleren Kopfhaarwachstumsrate von etwa einem Zentimeter pro Monat reflektierbar. Bei 6 cm Kopfhaarlänge sei es somit möglich, für einen Zeitraum von ca 6 Monaten eine lückenlose Aufzeichnung von konsumierten Drogensubstanzen nachzuweisen. Vergleichs­weise könnten durch Harnproben gewiss Substanzen nur für einen kurzen Zeitraum nachgewiesen werden, sodass die Aussagekraft von Harnproben nicht derjenigen der Haaranalyse in der Kontinuität gleichzusetzen sei. Da es sich, wie aus den Unterlagen hervorgehe, bei der Bw offensichtlich um langjährigen Suchtmittelkonsum diverser Substanzen handle und als Voraussetzung zum Lenken von Kraftfahrzeugen stabile Drogenabstinenz zu fordern sei, sei dies nach dem heutigen Stand der Medizin am besten durch eine Haaranalyse möglich. Laut Dr. x, Forensisch-toxikologisches Labor, Wien, koste eine Haaranalyse auf Drogen 294 Euro. Die Kosten von Harnanalysen seien labor­abhängig und betragen im Durchschnitt 90 Euro, sodass Harnunter­suchungen, die doch mehrmals jährlich durchgeführt werden müssten, preislich etwa gleich viel kosten wie zwei Haaruntersuchungen im Jahr bei deutlich verminderter Aussagekraft aufgrund der oft nur kurz wirksamen Abbauprodukte diverser Substanzen. Beim jahrelangen Drogenmischkonsum der Bw und der hohen Rückfallgefährdung sei absolute Drogenfreiheit zu fordern, die am nach dem derzeitigen Standard am besten durch eine Haaranalyse nachgewiesen werden könne.

 

Die Ausführungen Dris x wurden der Bw mit h Schreiben vom 16. April 2013, zugestellt laut Rückschein am 19. April 2013, zur Kenntnis gebracht, wobei ihr eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme dazu eingeräumt wurde. Sie hat sich bislang nicht geäussert, sodass eine Berufungsentscheidung ohne Anhörung, wie angekündigt, erfolgt.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z.2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-Gesundheitsverordnung ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Auf der Grundlage des oben dargelegten Gutachtens gemäß § 8 FSG wurde im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Befristung, des Befristungszeitraumes und der Kontrolluntersuchungen in der Berufung nichts eingewendet. Die Einwendung der Bw betraf ausschließlich die Vorschreibung einer Haar­analyse anstatt der bisherigen Harnuntersuchungen. Die Ausführungen beider Amtsärztinnen über die erhöhte Aussagekraft von Haaruntersuchungen sind zweifelsohne schlüssig, zumal die Bw laut ihrer aktenkundigen Vorgeschichte eine Vielfalt von Sucht­mitteln konsumiert hat und die Nachweisbarkeit eines neuerlichen Konsums von Sucht­mitteln bei einer Harnuntersuchung zum einen zeitlich sehr eingeschränkt ist und zum anderen Harnuntersuchungen auf verschiedene Substanzen wesentlich öfter als zweimal jährlich erfolgen müssten, was wiederum kostenintensiv wäre. Das Kostenargument ist daher – ebenso wie das hinsichtlich der wohl ebenso in die Privatsphäre fallenden Harnuntersuchung – in keiner Weise zielführend. Die angeführte Haaruntersuchung stellt ein probates Mittel dar, um eine Rekonstruktion eines weiteren Substanzkonsums bei der Bw zu ermöglichen. Nach den Ausführungen zu derartigen Haaruntersuchungen in den fachlichen Erläuterungen hiezu können aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften viele im Haar eingelagerte Suchtmittel oder Medikamente mit hoher Empfindlich­keit nachgewiesen werden. Insbesondere gilt dies für Cannabinoide, Kokain, Amphetamine und Designerdrogen, ebenso für Heroin, aber auch für bestimmte Medikamente.

Dabei ist aber zu betonen, dass es naturgemäß Sache der Bw ist, die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nachzuweisen. Sie hat daher für eine für die angeordnete Haaruntersuchung ausreichende Haarlänge – bei einer Haarlänge bis zu 3 cm wäre die Haaranalyse vierteljährlich erforderlich – und Haarqualität (im Hinblick auf die Anforderungen an die zu untersuchenden Haare laut Merkblatt) zu sorgen. Die genaue Vorgehensweise möge mit der Erstinstanz abgesprochen werden.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

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