Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103920/16/BI/FB

Linz, 15.12.1997

VwSen-103920/16/BI/FB Linz, am 15. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger im Grunde des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1997, B 545/97-8, über die Berufung des Herrn C T, L, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E & Partner, S, M, vom 26. Juli 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 12. Juli 1996, VerkR96-17473-1996-Shw, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, neuerlich zu Recht erkannt:

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet, insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 8.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Tage herabgesetzt wird. Soweit sich der Berufungsantrag auf den Schuldspruch des Straferkenntnisses erstreckt, wird er als unzulässig zurückgewiesen.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 800 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 und 63 Abs.3 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 19 und 20 VStG, § 99 Abs.1a StVO 1960. zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 eine Geldstrafe von 9.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen verhängt und ihm einen Verfahrenskostenersatz von 900 S auferlegt.

2. Der Rechtsmittelwerber hat fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil der Rechtsmittelwerber zwar in der Berufung ausdrücklich eine mündliche Verhandlung beantragt, mit Schriftsatz vom 24. Jänner 1997 jedoch darauf verzichtet hatte. Die Erstinstanz hat bereits bei der Aktenvorlage am 6. August 1996 auf die Durchführung einer Berufungsverhandlung verzichtet (§ 51e Abs.3 VStG). 3. Im Rechtsmittel wird der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen. In der Begründung hat der Rechtsmittelwerber ausgeführt, der Schuldspruch des Straferkenntnisses bliebe unangefochten und das Rechtsmittel richte sich lediglich gegen den Strafausspruch, die Bemessung der Geldstrafe, im konkreten gegen die Nichtanwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und folgendes erwogen:

Zur Berufung gegen den Schuldspruch: Gemäß § 63 Abs.3 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Im gegenständlichen Fall bezieht sich der Berufungsantrag auf eine vollständige Behebung des Straferkenntnisses, ohne daß in der Begründung hiezu nähere Ausführungen enthalten wären. Im Gegenteil, die Berufungsausführungen lassen keinen Zweifel darüber offen, daß der Rechtsmittelwerber die Strafbemessung (nur) im Hinblick auf die Nichtanwendung des § 20 VStG bekämpft. Da es sich beim gänzlichen Fehlen einer (den Schuldspruch betreffenden) Berufungsbegründung bei richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung nicht um einen bloßen Formmangel handelt, war das Rechtsmittel, soweit sich der Antrag gegen den Schuldspruch richtete, als unbegründet und daher unzulässig zurückzuweisen.

Zur Berufung gegen die Strafe:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. Oktober 1997, G 216/96, die Zahl "20," in § 100 Abs.5 StVO 1960, BGBl.Nr. 159 idFd 19. StVO-Novelle, BGBl.Nr. 518/94, weil im Widerspruch zum Gleichheitssatz stehend, als verfassungswidrig aufgehoben. Mit Erkenntnis vom 10. Oktober 1997, B 545/97-8, hat der Verfassungsgerichtshof das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates vom 12. Februar 1997, VwSen-103920/6/Bi/Fb, mit der Begründung aufgehoben, der Beschwerdeführer sei dadurch wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden, wobei offenkundig sei, daß diese Gesetzesanwendung für ihn nachteilig gewesen sei. Der unabhängige Verwaltungssenat ist an dieses Erkenntnis insofern gebunden, als er das Vorliegen der im § 20 VStG genannten Voraussetzungen bei der neuerlich vorzunehmenden Strafbemessung zu prüfen hat.

Gemäß § 20 VStG kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Der Rechtsmittelwerber ist am 3. Dezember 1977 geboren, hatte am Vorfallstag (30. Juni 1996) das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet und war daher als Jugendlicher anzusehen, dem die Bestimmung des § 20 VStG ohne Abwägung von Milderungs- und Erschwerungsgründen zugutekommt. Es war daher gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 iVm § 20 VStG von einem Strafrahmen von 4.000 S bis 50.000 S Geldstrafe bzw von 84 Stunden bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe auszugehen.

Dem Rechtsmittelwerber wird vorgeworfen, am 30. Juni 1996 um 8.20 Uhr einen PKW auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt zu haben, wobei die Atemluftuntersuchung um 8.37 Uhr bzw 8.39 Uhr Werte von 0,53 mg/l AAG ergab. Seinen Alkoholkonsum vom Vorabend bis 1.00 Uhr nachts hat der Rechtsmittelwerber mit 2 Cola-Rum und 5 Halben Bier angegeben und sich über den hohen Atemalkoholwert gewundert, weil er doch schon um 1.00 Uhr mit dem Trinken aufgehört habe.

Der Rechtsmittelwerber ist HTL-Schüler und hat am 4. Dezember 1995 eine Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B erworben. Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß er eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1994 aufweist; damals wurde eine Geldstrafe von 4.000 S (4 Tage EFS) verhängt. Diese einschlägige Vormerkung wurde zutreffend als straferschwerend gewürdigt und ist noch nicht getilgt. Außerdem liegen aus dem Jahr 1994 weitere nicht einschlägige Vormerkungen gemäß StV0 1960 und KFG 1967 vor. Seit dem gegenständlichen Vorfall scheint bei der Erstinstanz keine neuerliche Vormerkung auf; ein Wohlverhalten über bloß eineinhalb Jahre kann nicht als Milderungsgrund gemäß § 34 Abs.1 Z18 StGB angesehen werden. Die Erstinstanz ging von einem Taschengeld in Höhe von 2.000 S und Einkünften aus Ferialarbeit von 8.000 S netto monatlich sowie vom Nichtbestehen von Vermögen und Sorgepflichten aus. Die Einkommensschätzung der Erstinstanz, insbesondere hinsichtlich der 8.000 S Monatseinkommen aus Ferialarbeit, kann sich bei einem HTL-Schüler nur auf die Sommermonate beziehen, jedoch ist davon auszugehen, daß er zumindest einen Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern hat. Von einer Änderung der Einkommenssituation wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat nichts mitgeteilt, sodaß weiterhin von diesen Angaben auszugehen war.

Die nunmehr festgesetzte Strafe entspricht unter Bedachnahme auf § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt ebenso wie den wirtschaftlichen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Eine weitere Herabsetzung war aufgrund des Erschwerungsgrundes der einschlägigen Vormerkung nicht gerechtfertigt. Die verhängte Strafe liegt nahe an der Untergrenze des zugrundezulegenden Strafrahmens und ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates im Hinblick auf general-, vor allem aber spezialpräventive Überlegungen eher niedrig bemessen. Außerdem steht es dem Rechtsmittelwerber frei, mit der Erstinstanz Ratenzahlung oder Strafaufschub zu vereinbaren. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Trotz Anwendung des § 20 VstG Strafe von 9.000 S (8 Tage EFS) gerechtfertigt, wenn eine einschlägige Vormerkung und 7,5 Stunden nach Lenken noch 0,53 mg/l AAG ohne Nachtrunk bei gänzlichem Fehlen von Milderungsgründen und Einkommens als HTL-Schüler (Unterhalt).

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