Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222663/2/Bm/Bu

Linz, 05.06.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Dr. x, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25.09.2012, GZ 0022695/2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25.09.2012, GZ 0022695/2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 400 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 62 Stunden wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z26 iVm § 338 Abs.2 GewO 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Der Beschuldigte, Herr Dipl. Ing. Dr. x hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH und somit als gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die x GmbH. hat am 29.03.2012 um 09:00 Uhr als Betriebsinhaberin entgegen § 338 Abs.2 GewO den Organen der zur Vollziehung der gewerblichen Vorschriften zuständigen Behörde des Magistrates Linz das Betreten und die Besichtigung der unterirdischen Saugleitungen der Tankstelle im Standort x, nicht ermöglicht, obwohl dies zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften erforderlich war und auch mit Verständigung vom 13.03.2012, GZ 501/N056037P, der x GmbH. angekündigt worden war."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seine anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, wie in der Rechtfertigung vom 30.10.2012 dargelegt und unter dem Stichwort "x" zusammengefasst, sei die verfahrensgegenständliche Anlage seit ihrer Erstgenehmigung mehrmals von der Behörde überprüft worden. Die Tatsache, dass sie den Genehmigungsbescheiden entspreche, sei zuletzt vom UVS mit Entscheidung vom 05.11.2008 bestätigt worden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Einschreiters sei die belangte Behörde im Straferkenntnis nicht eingegangen.

Die belangte Behörde führe auf Seite 7 des Straferkenntnisses aus, dass bei der geplanten Besichtigung um Überprüfung der Einhaltung einer Auflage aus dem Jahr 1987 gegangen sei. Konkret soll überprüft werden, ob die unterirdischen Saugleitungen der Anlage zu den Lagertanks hin ein stetiges Gefälle aufweisen würden. Die belangte Behörde verkenne dabei, dass diese Frage im Zuge der Erlassung des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11.06.1987, der vom UVS am 05.11.2008 aufgehoben worden sei, bereits ausreichend überprüft worden sei. In der Verständigung über die geplante Besichtigung sei eine Begründung angegeben worden, die wörtlich mit dem mit Entscheidung des UVS aufgehobenen Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz übereinstimme. Von einer Überprüfung des Genehmigungsbescheides vom 11.06.1987 sei der Einschreiter bzw. die x GmbH nicht unterrichtet worden. Eine solche Überprüfung wäre auch aufgrund der Änderung der Anlage, die mit Bescheid vom 03.09.1992, GZ 6927/16-1992 genehmigt wurde, schlicht unnötig. Da die Frage der Beschaffenheit der unterirdischen Saugleistungen der Behörde schon aufgrund der vorangegangenen Verfahren bekannt sei, sei die Besichtigung gemäß § 338 Abs.2 GewO nicht zur Vollziehung der gewerblichen Vorschriften erforderlich gewesen. Bei den Amtshandlungen habe die Behörde gemäß § 338 Abs.4 GewO darauf Bedacht zu nehmen, dass jede nicht unbedingt erforderliche Störung oder Behinderung des Betriebes vermieden werde. Die belangte Behörde habe jedoch eine neuerliche Besichtigung, die mit einer massiven Störung des Betriebes der Anlage verbunden sei, durchführen wollen, obwohl dies aufgrund der x nicht erforderlich gewesen sei. Das Vorgehen der belangten Behörde sei jedenfalls unverhältnismäßig gewesen, weil

-      von der Anlage keine Gefährdung der gemäß § 74 Abs.2 GewO zu schützenden Interessen ausgehe und sohin kein öffentliches Interesse an einer neuerlichen Überprüfung bestehe,

-      die Maßnahme zur Zweckerreichung – der Überprüfung der Konformität mit dem Genehmigungsbescheid – ungeeignet wäre, weil diese bereits behördlich mehrmals bestätigt worden sei,

-      die Maßnahme unangemessen wäre, weil die Durchführung der geforderten Maßnahme die Schließung der Tankstelle zur Zeit des morgendlichen Berufsverkehrs und folglich einen bedeutenden Umsatzverlust für ihn nach sich ziehen würde, sowie

-      zur Vollziehung der gewerblichen Vorschriften nicht erforderlich sei.

 

Das Vorgehen der Behörde sei weiters als willkürlich anzusehen, weil

-      sie sich über eine rechtskräftige Entscheidung einer Oberinstanz hinweggesetzt

-      eine Maßnahme gefordert habe, die von dieser als unzulässig befunden worden sei und erkennbar mit einem bedeutendem wirtschaftlichen Nachteil für die Adressatin verbunden sei,

-      sie die Anordnung gänzlich nicht begründet und insbesondere nicht angegeben habe, in Vollziehung welcher gewerberechtlichen Vorschriften sie einzuschreiten gedenke,

-      das Ziel allenfalls mit anderen Mitteln, die den Betrieb nicht bzw. wesentlich stören, hätte erreicht werden können.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zusammenfassend aussprechen müssen, dass die geplante Überprüfung zur Vollziehung der gewerblichen Vorschriften nicht erforderlich und das Vorgehen der belangten Behörde im Hinblick auf die Störung des Betriebes nicht erforderlich gewesen sei, sondern unverhältnismäßig und willkürlich. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw. keine Strafe zu verhängen gewesen.

 

Die belangte Behörde wäre aufgrund des Amtswegigkeitsprinzips verpflichtet gewesen, auch die den Einschreiter entlastenden Umstände bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Sie habe dies jedoch unterlassen:

In der Rechtfertigung vom 12.09.2012 habe der Einschreiter mehrere Argumente vorgebracht, die seinen Standpunkt darlegen würden. Die Behörde habe sich überhaupt nicht mit diesem Vorbringen auseinandergesetzt. Die belangte Behörde habe auch nicht ermittelt, ob die Besichtigung zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften tatsächlich notwendig gewesen sei. Die Einhaltung des Bescheides aus dem Jahr 1987 sei des Öfteren behördlich überwacht worden. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, festzustellen, ob die geplante Besichtigung mit § 338 Abs.4 GewO in Einklang zu bringen sei und ob eine andere Art der Überprüfung keine oder eine geringere Störung des Betriebes der Anlage mit sich bringen würde, möglich gewesen wäre. Insbesondere wäre der x GmbH die Möglichkeit einzuräumen gewesen, neben dem Bericht gemäß § 82b GewO ein Privatgutachten eines akkreditierten Sachverständigen einzuholen, welches aufgrund der größeren zeitlichen Flexibilität der Befundaufnahme mit einer kleineren Störung des Betriebes und folglich mit einem kleineren Schaden für die x GmbH verbunden gewesen wäre. Die im Spruch ersichtliche Tatanlastung erschöpfe sich in der Feststellung, dass das Betreten und die Besichtigung der unterirdischen Saugleitungen der Tankstelle ... nicht ermöglicht wurde, obwohl dies ... erforderlich und auch ... angekündigt war. Worin ein "Nichtermöglichen" des 'Betretens des Betriebes" entsprechend den Tatbestandsmerkmalen des § 338 Abs.2 GewO bestanden haben solle bzw. durch welches Verhalten des Einschreiters dies geschehen sein solle, sei aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf nicht ableitbar. Eine sich im wesentlichen als Wiederholung des Gesetzestextes darstellende Umschreibung der Tatanlastung werde jedenfalls den Anforderungen des § 44a Z1 VStG nicht gerecht.

 

Es werde daher der Antrag gestellt,

das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben oder auszusprechen, dass keine Verwaltungsübertretung vom Einschreiter begangen wurde, in eventu

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Ladung aller an der Besichtigung beteiligte das gegen den Einschreiter geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen,

in eventu die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Erkenntnisses an die erstinstanzliche Behörde zu verweisen,

in eventu das Strafmaß herabzusetzen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme; da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 367 Z26 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer den Bestimmungen des § 338 zuwiderhandelt.

 

Nach § 338 Abs.2 GewO 1994 hat der Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter, soweit dies zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften erforderlich ist, den Organen der im Abs.1 genannten Behörden sowie den von diesen Behörde herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung des Betriebes und die Lagerräume zu ermöglichen, sowie den Anforderungen dieser Organe zur Inbetriebnahme oder Außerbetriebsetzung und über die Betriebsweise von Maschinen und Einrichtungen und zur Vornahme betrieblicher Verrichtungen zu entsprechen; weiters hat er den in Abs.1 genannten Behörden die notwendigen Auskünfte zu geben, notwendige Unterlagen vorzulegen und erforderlichenfalls Einblick in die Aufzeichnungen über den Lagerbestand sowie über die Warenein- und ausgänge zu gewähren.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtliche geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2. die Identität der Tat (zB. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, dem Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens zu

§ 44a Z1 VStG).

 

5.2. Den Anforderungen des § 44a Z1 VStG entspricht vorliegender Tatvorwurf nicht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22.02.1994, 92/04/0214 ausgeführt, dass eine Tatanlastung, die den Voraussetzungen des § 44a Z1VStG entspricht, auch enthalten muss, worin ein Nichtermöglichen des Betretens und Besichtigens entsprechend den Tatbestandsmerkmalen der Bestimmung des

§ 338 Abs.2 GewO 1994 bestanden hat bzw. durch welches Verhalten des Bw als Betriebsinhaber das nicht ermöglichen geschehen sein soll.

Ein solcher Tatvorwurf ist dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen, sondern erschöpft sich die Tatanlastung darin, dass der Bw (irrtümlich als Dipl. Ing. Dr. x bezeichnet) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH und somit gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten habe, Organen ... das Betreten und die Besichtigung der unterirdischen Saugleitungen der Tankstelle im Standort x, nicht ermöglicht zu haben.

Eine sich im Wesentlichen als Wiederholung des Gesetzestextes darstellende Umschreibung der Tatanlastung wird den Anforderungen des § 44a Z1 VStG nicht gerecht.

 

Da sohin aus den oben angeführten Gründen dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG nicht entsprochen wird, war das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Bw die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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