Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101556/14/Weg/Ri

Linz, 24.06.1994

VwSen-101556/14/Weg/Ri Linz, am 24. Juni 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung der C, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard S, vom 10.September 1993 gegen die Fakten 1, 2 und 3 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. August 1993, VerkR96/18796/1991, nach der am 22. Juni 1994 durchgeführten und mit einem Ortsaugenschein verbundenen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung, die sich nur gegen die Fakten 1, 2 und 3 des Straferkenntnisses richtet, wird F o l g e gegeben, diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 52 lit.a Z10a, 2.) § 52 lit.a Z10a und 3.) § 7 Abs.1 erster Satz, jeweils StVO 1960, Geldstrafen von 1.) 1.300 S, 2.) 1.000 S und 3.) 300 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 60 Stunden, 2.) 48 Stunden und 3.) 12 Stunden verhängt, weil diese am 18. Oktober 1991 gegen 1.30 Uhr ihren PKW mit dem amtlichen Kennzeichen auf der Mondsee Bundesstraße 154 von O in Richtung M. bei Straßenkilometer 14,000 mit einer Geschwindigkeit von 115 km/h lenkte, obwohl dort eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h verordnet ist. 2. mißachtete sie bei Straßenkilometer 16,8 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 60 km/h", da sie dort eine Geschwindigkeit von 90 km/h fuhr; 3. hat sie ihr Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war. Die im Straferkenntnis noch angelastete Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 wurde nicht angefochten und ist rechtskräftig.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren (betreffend die Fakten 1-3) in der Höhe von 260 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde begründet das Straferkenntnis nach durchgeführtem ordentlichen Vefahren im wesentlichen mit den Aussagen der Meldungsleger, welche mit ihrem Funkpatrouillenfahrzeug die angeführten Verwaltungsübertretungen durch Nachfahren in gleichem Abstand festgestellt hätten.

3. Die rechtsfreundich vertretene Berufungswerberin wendet gegen die Fakten 1. - 3. des Straferkenntnisses sinngemäß ein, sie habe diese Verwaltungsübertretungen nicht gesetzt, sie hätte das ihr nachfolgende Patrouillenfahrzeug im Rückspiegel gesehen und sie hätte über den Umstand des nachfolgenden Gendarmeriefahrzeuges mit ihrem Begleiter gesprochen.

Angesichts eines nachfolgenden Gendarmeriefahrzeuges würde kein vernünftiger Autolenker (und somit offenbar auch sie) mit überhöhter Geschwindigkeit fahren. Der eigentliche Grund der ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen liege in der eskalierenden Amtshandlung nach der Anhaltung, wobei diese Amtshandlung nicht zwischen ihr und den Gendarmeriebeamten eskalierte sondern zwischen ihrem Beifahrer und den Gendarmeriebeamten. Nachdem die Gendarmeriebeamten dem Beifahrer, der Zulassungsbesitzer war, keine Übertretungen zur Last legen konnten, hätten sie das Augenmerk auf sie gerichtet und es seien ihr dann die Geschwindigkeitsüberschreitungen zum Vorwurf gemacht worden. Sie habe das ihr angebotene Organmandat in der Höhe von 300 S nicht bezahlt, weil sie die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht begangen habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Zeugen Insp. D, durch Vernehmung des Zeugen L (Beifahrer) sowie durch einen Ortsaugenschein im Rahmen der am 22. Juni 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Demnach steht nachstehender Sachverhalt fest:

Die Funkpatrouillenbesatzung wurde anläßlich einer Patrouillenfahrt eines vor ihnen fahrenden Fahrzeuges, das offenbar mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr, ansichtig. Der Meldungsleger konnte nicht erklären, wie man eines mit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Fahrzeuges ansichtig werden kann, wenn man selbst mit normaler Geschwindigkeit fuhr. Die vom Meldungsleger offen gelassene Möglichkeit, daß dieses Fahrzeug kurz vor dem Patrouillenfahrzeug in die B154 einbog, erwies sich als unrichtig, weil die Beschuldigte von Oberhofen bis Mondsee in einem Zuge durchfuhr und die Gendarmeriebeamten die selbe Strecke fuhren.

Nach der zeugenschaftlichen Aussage des Meldungslegers anläßlich der mündlichen Verhandlung wurde die Nachfahrt schließlich begonnen und bei Kilometer 14,400 ein gleichbleibender Abstand erreicht. Erst ab Kilometer 14,400 war also eine verläßliche Geschwindigkeitsschätzung möglich.

In der Anzeige, in der Strafverfügung und im Straferkenntnis wird jedoch der Berufungswerberin zur Last gelegt, bei Kilometer 14,000 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben, also 400 m vor dem Herstellen des gleichbleibenden Abstandes. Diese Feststellung war jedoch ohne hier ein Sachverständigengutachten einholen zu müssen mit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit nicht zu treffen gewesen. Das Faktum 1 kann also der Berufungswerberin nicht nachgewiesen werden.

Auf der weiteren Straßenstrecke der B154 ist noch immer eine 80 km/h-Beschränkung verordnet, welche bei Straßenkilometer 16,8 in eine 60 km/h Beschränkung mündet. Es wird der Berufungswerberin zur Last gelegt und ist diesbezüglich auch aus der Anzeige nichts anderes zu entnehmen, daß sie genau beim Übergang von der 80 km/h-Beschränkung in die 60 km/h Beschränkung 90 km/h gefahren sei. Dies sei ebenfalls durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand festgestellt worden.

Wenn nun ein Kraftfahrzeuglenker von einer 80 km/hBeschränkung in eine 60 km/h-Beschränkung einfährt, könnte bei Ausnützen der vorher erlaubten Höchstgeschwindigkeit die letztlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h nur dadurch erreicht werden, daß er das Fahrzeug entsprechend abbremst. Dabei ist es durchaus üblich (wenn auch nicht erlaubt) diese verminderte Geschwindigkeit nicht durch abruptes Abbremsen herzustellen sondern durch das Wegnehmen des Gases um sich auf die neue Geschwindigkeit einzupendeln.

Diese abrupte Abbremsung ist offenbar nicht erfolgt, sondern hat die Berufungswerberin durch die Betätigung der Motorbremse (Gaswegnehmen) die Geschwindigkeit vermindert.

Möglicherweise (die Beschuldigte war nicht zugegen) erfolgte die geforderte doch beachtliche Geschwindigkeitsreduzierung deswegen nicht, weil im Abstand von 40 m bis 50 m ein anderes Fahrzeug (nämlich das Patrouillenfahrzeug) folgte.

Es verbliebe nach der Anzeige noch eine der Berufungswerberin zum Vorwurf zu machende Geschwindigkeitsüberschreitung von 10 km/h (sie fuhr angeblich 90 km/h). Eine derartig geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung kann aber durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand (bezogen auf einen einzigen Punkt) nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Der Berufungswerberin kann also die Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h zumindest in diesem Ausmaß nicht zum Vorwurf gemacht werden, wegen des allenfalls verbleibenden Restes der Geschwindigkeitsüberschreitung (10 km/h) ist die für eine Strafbarkeit ausreichende Nachvollziehbarkeit nicht gegeben.

Was schließlich den angelasteten Verstoß gegen § 7 Abs.1 StVO 1960 anlangt, steht nach Einvernahme des Zeugen D fest, daß diese Übertretung nur am Beginn (Linkskurve) der Südtirolerstraße begangen wurde und nicht in der Südtirolerstraße (ca. 400 m bis 500 m lang) schlechthin. Im übrigen ist im Straferkenntnis diesbezüglich überhaupt keine Tatörtlichkeit angeführt.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu den Fakten 1 und 2:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die angelastete Tat nicht erwiesen werden kann.

Wie oben ausgeführt, kann nicht als erwiesen angenommen werden, daß die Berufungswerberin bei Straßenkilometer 14,000 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat.

Der im Zuge der Verhandlung vom Meldungsleger behauptete Tatort ab Kilometer 14,400 kann der Berufungswerberin im derzeitigen Verfahrensstadium nicht mehr vorgeworfen werden.

Die punktuelle Geschwindigkeitsüberschreitung beim Übergang der 80 km/h-Beschränkung zur 60 km/h-Beschränkung ist in diesem Ausmaß ebenfalls nicht nachvollziehbar, hinsichtlich eines allenfalls verbleibenden Restes einer Geschwindigkeitsüberschreitung, wäre das Verschulden so gering anzusetzen, daß von einer Bestrafung abzusehen wäre.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat ein Straferkenntnis die Tat auch hinsichtlich des Tatortes zu individualisieren und zu konkretisieren. Diese Individualisierung erfolgte im Straferkenntnis nicht, da überhaupt kein Tatort angeführt ist. Eine Spruchberichtigung war deshalb nicht möglich, weil auch in der ersten Verfolgungshandlung (aber auch in der Anzeige) als Tatort die gesamte Südtirolerstraße zum Vorwurf gemacht wird, während - wie oben ausgeführt - dem Rechtsfahrgebot nur auf einem Teil der Südtirolerstraße zuwidergehandelt wurde. Die Berufungswerberin war also angesichts des ihr zum Vorwurf gemachten Tatortes (gesamte Südtirolerstraße) nicht in der Lage sich entsprechend zu verteidigen, weshalb im derzeitigen Verfahrensstadium eine Einschränkung des Tatvorwurfes auf einen kleinen Teil der Südtirolerstraße nicht mehr statthaft ist.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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