Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531251/7/Re/CG

Linz, 16.05.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von x, xstraße x, x, vertreten durch die x Rechtsanwalt KG, x, x, vom 21. Februar 2012, gegen den Bescheid  der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. Februar 2012, Ge20-35130/07-2012, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Bescheidzustellung gemäß § 8 AVG iVm §§ 74, 75 und 356 GewO 1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Oktober 2012, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. Februar 2012, Ge20-35130/07-2012, wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 74, 75 und 356 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994 in der am 8. April 2003 geltenden Fassung

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem Bescheid vom 3. Februar 2012, Ge20-35130/07-2012, einen Antrag der Berufungswerber auf Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8. April 2003, Ge20-35130/07-2003, gemäß § 8 AVG iVm §§ 74, 75 und 356 GewO 1994, abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Berufungswerber haben die Bescheidzustellung beantragt, um Rechtsmittel ergreifen zu können.  Dies, da sie sowohl im baubehördlichen Verfahren der Stadtgemeinde Gmunden  als auch im gewerbebehördlichen Verfahren zum Gegenstand als jeweils Hälfte Eigentümer des Grundstücks Nr. x, EZ x, KG x, Partei sei. Erst durch die Zustellung des Baubescheides der Stadtgemeinde Gmunden am 25. Juli 2011 sei ihr bekannt geworden, dass vor Jahren ein Zubau eines Käselagers genehmigt und ausgeführt worden sei, dies im Bereich einer Verdachtsfläche, da sich ein Teil der Liegenschaft der x reg. Gen.m.b.H. nach Ausweisung im Altlastenatlas des Umweltbundesamtes in einem kontaminierten Bereich befinde. In diesem Verfahren sei ihr gegenüber weder eine entsprechende Kundmachung, Ladung oder Beiziehung zum Verfahren als Partei erfolgt und auch keine Bescheidzustellung.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden habe im durchgeführten Verfahren mit Schriftstück vom 19. März 2003 eine mündliche Verhandlung für 7. April 2003 anberaumt; Gegenstand sei der Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort x, xstraße x, durch Neubau eines Lagergebäudes mit Kiosk, Käsereifungslager und Kühlraum gewesen. Die Anberaumung sei unter Anführung der §§ 40 – 42 AVG sowie §§ 74 ff, 333 und 356 GewO 1994 erfolgt. Nachbarn seien gemäß § 42 AVG darauf hingewiesen worden, dass sie im Verfahren ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen im Sinne des § 74 Abs.1 Z.1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 gegen die Anlage erheben. Weiters, dass Nachbarn im Sinne der GewO 1994 alle Personen seien, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb der Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Dieses Schreiben sei an der Amtstafel der Stadtgemeinde Gmunden am 20. März 2003 angeschlagen und am 7. April 2003 wieder abgenommen worden. Gleichzeitig sei das Stadtamt Gmunden unter anderem ersucht worden, je eine Kundmachung in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern anzuschlagen. Die Berufungswerber seien jedoch offensichtlich weder von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden noch von der Stadtgemeinde Gmunden mit gesonderten Schreiben geladen worden. Sie seien je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes Nr. x, KG x. Mit Bescheid vom 8. April 2003, Ge20-35130/07-2003, sei der x reg. Gen.m.b.H., x, die Änderung der im Standort x, xstraße x, bestehenden Betriebsanlage durch Zubau eines Lagergebäudes mit Kiosk, Käsereifungslager und Kühlraum nach Maßgabe des vorgelegten Projektes gewerbebehördlich genehmigt worden. Dabei ergäben sich durch den Zubau keine Veränderungen hinsichtlich der Zu- und Abfahrten. Nach den Darstellungen im zu Grunde liegenden Lageplan wären zwischen dem Grundstück der Berufungswerber und dem geplanten Zubau die Grundstücke Nr. x (unmittelbar angrenzend an Grundstück Nr. x), Grundstück Nr. x (unmittelbar angrenzend an Nr. x) Grundstück Nr. x (unmittelbar angrenzend an Nr. x), Grundstück Nr. x mit den Bauflächen x und x (angrenzend an Grundstück Nr. x), Grundstück Nr. x (Straße; angrenzend an Grundstück Nr. x, x, x und x bzw. Baufläche x sowie Grundstück Nr. x (angrenzend an Grundstück Nr. x, x, x und x). Der Zubau schließe direkt an die Baufläche x an und setze sich dann über das Grundstück x in nordwestlicher Richtung auf Grundstück Nr. x fort. Die Berufungswerber seien, selbst, wenn sie Nachbarn im Sinne der GewO 1994 gewesen wären, keine Parteien mit Parteistellung im konkreten Verfahren, dies, da eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in der in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht worden sei. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Person ihre Stellung als Partei verliere, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhoben habe. Diese Rechtsfolge trete ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht worden sei. Die Kundmachung zur mündlichen Verhandlung sei an der Amtstafel der Stadtgemeinde Gmunden angeschlagen und darin ausdrücklich auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG hingewiesen worden.

Ein Anschlag im Haus der Antragsteller sei nicht in Betracht gekommen, da es von dem beantragten und mittlerweile genehmigten Zubau durch das Grundstück Nr. x und die damals noch bestehende Straße Grundstück Nr. x getrennt gewesen sei, demnach kein unmittelbar benachbartes Haus im Sinne des § 356 Abs.1 GewO 1994 gewesen sei. Die Berufungswerber haben ihre Parteistellung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG verloren, da die mündliche Verhandlung in der in § 356 Abs.1 GewO 1994 vorgesehenen besonderen Form kundgemacht worden sei und sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhoben hätten. Aus diesem Grund sei der Antrag auf Zustellung des Bescheides mangels Parteistellung abzuweisen.

 

2.           Gegen diesen Bescheid haben x, x, beide vertreten durch die x Rechtsanwalt KG, x, mit Schriftsatz vom 21. Februar 2012 innerhalb offener Frist Berufung erhoben und zusammenfassend beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden dahingehend abzuändern, als dem Antrag der Berufungswerber stattgegeben werde, in eventu den Bescheid aufzuheben.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Behörde habe den Bescheid ohne Parteiengehör erlassen. Es sei nicht überprüfbar gewesen, ob das Schreiben der BH Gmunden vom 19. März 2003 tatsächlich angeschlagen war. Der Bescheid enthalte keine Feststellung, dass die Kundmachung in unmittelbar benachbarten Häusern angeschlagen gewesen sei. Richtig werde darüber § 74 Abs.1 GewO zitiert, demnach dürften Anlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden. Auch im § 75 Abs.2 GewO werde klar auf das "Errichten" abgestellt. Feststellungen anlässlich der Verhandlung vom 7. April 2003 könnten als Bescheidbegründung nicht herangezogen werden, da keine Möglichkeit bestanden hätte, Einwendungen zu erheben. Durch den Betrieb der Anlage würden sie gefährdet und belästigt. Sie seien übergangene Partei, weil ein Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern nicht vorgenommen worden sei. Sie hätten persönlich geladen werden müssen. Bekannte Beteiligte seien zu verständigen. Unstrittig grenze ihre Liegenschaft an die der x reg. GesmbH. an. Im Übrigen könne ein kleines Grundstück dazwischen am "Bekanntsein" nichts ändern. Bereits zum damaligen Zeitpunkt sei die Kontamination der Flächen bekannt gewesen. Unmittelbar benachbarte Häuser seien jene, die rund um die zur Verhandlung stehende Betriebsanlage am nächsten liegen, auch dann, wenn dazwischen eine Straße liege; eine gemeinsame Grundgrenze werde somit von der unmittelbaren Nachbarschaft nicht gefordert. Ein Anschlag an ihrem Haus hätte sohin durchgeführt werden müssen. Ohne Verschulden seien sie daran gehindert worden, die Parteistellung spätestens bei der mündlichen Verhandlung geltend zu machen. Es sei nicht geprüft worden, ob es sich bei der Betriebsanlage um eine IPPC-Anlage handle und der Genehmigungsantrag entsprechend bekannt zu machen gewesen wäre. Auch in Folge dieser Unterlassung sei der Bescheid rechtswidrig. Die belangte Behörde hätte die Parteistellung zuerkennen und den Berufungswerbern den anzufechtenden Bescheid zustellen müssen. Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie Stattgebung der Berufung und Aufhebung des Bescheides.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat diese Berufung gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-35130 sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.10.2012. Bei dieser Verhandlung waren sowohl der Vertreter der Berufungswerber als auch die belangte Behörde anwesend, weiters mehrere Vertreter der Konsenswerberin sowie auch deren rechtlicher Vertreter.

Im Rahmen dieser mündlichen Berufungsverhandlung wurde der gemeinsamen Diskussion betreffend die Beurteilung der Nachbarsituation der Berufungswerber im Einvernehmen mit den Verfahrensparteien ein vom Vertreter der Konsenswerberin vorgelegter Lageplan, stammend vom Stadtamt Gmunden, Bauamt, mit Datum vom 13. Februar 2003 zu Grunde gelegt, welcher, wie einvernehmlich zur Kenntnis genommen, die Situation im Zeitraum des damals durchgeführten gewerbebehördlichen Änderungsverfahrens wiedergibt.

 

Eine Kopie dieses Plans wurde auch den Verfahrensparteien zur Verfügung gestellt.

Gegenstand des von den Berufungswerbern angesprochenen Genehmigungsverfahrens ist ein Zubau zur Anlage, nämlich ein Lagergebäude mit Kiosk, Käsereifungskeller und Kühlraum, im Plan gelb schraffiert dargestellt, unmittelbar an den Bestand angebaut. Dieser Zubau erstreckt sich lt. Plan von der bestehenden Anlage auf Parzelle Nr. x über die damalige xstraße, Parzelle Nr. x bis ins Grundstück Nr. x auf der gegenüberliegenden Seite der xstraße bis in die Nähe der neuen xstraße. Die nördlich an die damals bestehende Betriebsanlage angrenzenden Grundstücke Nr. x, x und x stehen im Eigentum der Konsenswerberin und grenzt Parzelle Nr. x an das Grundstück der Berufungswerber x an.

In Anwesenheit sämtlicher Verfahrensparteien wird Einsicht genommen in den zu Grunde liegenden Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Verhandlungsschrift vom 7. April 2003, wonach lt. der protokollierten Beschreibung des Vorhabens sich durch den Zubau keine Veränderungen hinsichtlich der Zu- und Abfahrten ergeben. Asphaltflächen, die sich – wie auf Luftbildern ersichtlich – auf die Parzellen x und x beziehen, waren damals nicht Projektsbestandteil. Die neue Halle wurde direkt an das bestehende Anlagengebäude angebaut und in der Folge über die Parzelle x bis in die Parzelle x errichtet.

Im Einvernehmen mit sämtlichen anwesenden Verfahrensparteien wurden die Entfernungen des nächst gelegenen Zubauteiles von der Grundstücksgrenze der Berufungswerber x mit einem Abstand von 140 m eruiert.

 

 

4.            In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß § 75 Abs.2 GewO 1994 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst ständig beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Dem vorliegenden Verfahrensakt des in der gegenständlichen Angelegenheit angesprochenen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens ist zu entnehmen, dass das Ansuchen um Erteilung der Betriebsanlagenänderungsgenehmigung mit Eingabe vom 3. März 2003 bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingelangt ist. Nach Vorprüfung der Projektsunterlagen hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit Kundmachung vom 19. März 2003 eine mündliche Augenscheinsverhandlung für den 7. April 2003 anberaumt. Diese Kundmachung wurde an der Amtstafel im Zeitraum 24. März 2003 bis 10. April 2003 nachweisbar angeschlagen und steht unbestritten fest, dass ein Anschlag dieser Kundmachung im Objekt der Berufungswerber nicht erfolgt ist und diesen eine Ausfertigung der Kundmachung auch nicht zugestellt worden ist. Die Kundmachung enthält unter anderem den Hinweis für Nachbarn, dass sie gemäß § 42 AVG ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen im Sinne des § 74 Abs.1 Z.1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 gegen die Anlage erheben.

Weiters wird festgehalten, dass Nachbarn im Sinne der GewO 1994 alle Personen sind, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb der Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten.

 

Ob bei den Berufungswerbern ein Anschlag in ihrem Haus erforderlich gewesen wäre ist im Grunde des § 356 Abs.1 GewO 1994 zu prüfen. Demnach hat die Behörde den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekanntzugeben.

Entscheidende Bedeutung für das Schicksal der gegenständlichen Berufung kommt daher der Frage zu, ob es sich beim Objekt der Berufungswerber um ein der Betriebsanlage unmittelbar benachbartes Haus im Sinne des § 356 Abs.1 GewO 1994 handelt und daher ein Anschlag erforderlich gewesen wäre. Hiezu ist aus dem Kommentar zur Gewerbeordnung Grabler-Stolzlechner-Wendl, zu zitieren, (3. Auflage, Randziffer 255/256), wonach "unmittelbar benachbart" alle Häuser zu verstehen sind, die rund um die zur Verhandlung stehende Betriebsanlage dieser zunächst liegen, und zwar auch dann, wenn etwa dazwischen eine Straße liegt. Unmittelbare Nachbarschaft erfordert demnach zwar keine gemeinsame Grundgrenze, wohl aber darf das Betriebsgrundstück vom verbauten Grundstück durch eine Straße oder auch auf vergleichbare Weise getrennt sein. Als "unmittelbar benachbarte Häuser" kommen daher jene Häuser in Frage, die in einem solchen Nahe- und Nachbarschaftsbereich der Betriebsanlage gelegen sind.

 

In Bezug auf das der Betriebsanlage zunächst liegende Grundstück der Berufungswerber, Grundstück Nr. x ist festzustellen, dass dieses Grundstück direkt an die unbebaute Parzelle der Konsenswerberin, nämlich Parzelle Nr. x angrenzt. Grundstück Nr. x wiederum grenzt unmittelbar an ein weiteres Grundstück der Konsenswerberin, nämlich x und daran in der Folge Grundstück Nr. x und befinden sich auf beiden dieser letztgenannten Parzellen zur Betriebsanlage zu zählende asphaltierte Verkehrsflächen, welche direkt zur Betriebsanlage führen und auf denen auf Luftbildaufnahmen auch Fahrzeuge der Anlageninhaberin zu sehen sind. Schon zwischen dieser Parzelle mit Asphaltflächen, Nr. x, und der Parzelle der Berufungswerber befindet sich lediglich eine unbebaute Parzelle der Anlageninhaberin. Aber auch zwischen der Parzelle Nr. x, auf welcher der verfahrensgegenständliche Zubau (Lager, Kiosk usw.) erfolgte und welche nunmehr auch die ehemalige xstraße mit der damaligen Nr. x umfasst und dem Grundstück der Berufungswerber sich nicht mehr die xstraße sondern lediglich die Parzelle der Anlageninhaberin Nr. x, derselben KG, befindet.

 

Aus diesen Gründen ist daher aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates und unter Beachtung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls von einem "unmittelbar benachbarten Haus" im Sinne des § 356 Abs.1 GewO 1994 auszugehen, in welchem ein Anschlag der Kundmachung zur Verhandlung über das im Wesentlichen auf Grundstück Nr. x geplante Zubauprojekt erforderlich gewesen wäre.

 

Unter Anwendung des § 42 Abs.1 AVG ist daher festzuhalten, dass die mündliche Verhandlung nicht vollständig gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in der nach den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, weshalb gegenüber den Berufungswerbern eine Präklusion im Sinne des § 42 Abs.1 AVG nicht eintreten konnte.

 

Ob es sich darüber hinaus gehend bei den Berufungswerben um Nachbarn im Sinne des § 356 Abs.1 handelt, ist wiederum nach § 75 Abs.2 GewO 1994 zu beurteilen, wonach Nachbarn im Sinne dieser Gesetzesstelle bereits ex lege Parteistellung zukommt und zwar aufgrund des § 8 AVG iVm mit den ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z.1 und 2. Diesbezüglich begründet die Eignung einer Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs.1, Nachbarn zu gefährden und zu belästigen, ihre Genehmigungspflicht.

Das für die Beurteilung nach dieser Gesetzesstelle maßgebende räumlichen Naheverhältnis zur Betriebsanlage wird durch den möglichen Immissionsbereich bestimmt (VwGH 21.06.1993, 92/04/0255). Entscheidend für die Nachbarstellung ist bereits nach der Gesetzeslage die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Belästigung. Dem Grund- bzw. Hauseigentümer kommt daher nur dann keine Nachbarstellung zu, wenn jede von der Betriebsanlage mögliche ausgehende Gefährdung oder Belästigung von vorn herein ausgeschlossen wäre (VwGH 23.01.2002, 2001/04/0135).

 

Insgesamt sind die Berufungswerber zur verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage daher – auch aus dem faktisch vorliegenden räumlichen Naheverhältnis – als unmittelbar benachbart i.S.d. § 356 Abs.1 GewO 1994 anzusehen. Die Kundmachung zur mündlichen Genehmigungsverhandlung hätte ihnen daher durch Anschlag im Haus oder durch persönliche Verständigung zur Kenntnis gebracht werden müssen. Da somit eine vollständige Kundmachung im Sinne des § 356 Abs.1 GewO 1994 iVm § 42 AVG gegenüber den Berufungswerbern nicht vorliegt, konnte auch Präklusion nicht zum Verlust der Parteistellung führen und war daher unter Bezugnahme auf diese Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Reichenberger

 

 

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