Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560250/2/Kl/TK VwSen-560252/2/Kl/TK

Linz, 28.05.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung von Herrn x und Frau x, x, vertreten durch x KG, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 26. Februar 2013, SO10-694455-He-Br, wegen Kostenersatz  für Sozialleistungen nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§  45, 49 und 66  Abs.3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998, LGBl Nr. 82/1998 idF. LGBl. Nr. 74/2011

 

Entscheidungsgründe:

1.           Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 26. Februar 2013, SO10-694455-He-Br, wurde über Ersuchen des Sozialhilfeverbandes Braunau vom 15.11.2012 betreffend die Festsetzung eines teilweisen Ersatzes für die Heimunterbringung von Frau x im Seniorenheim x ausgesprochen, dass die im Übergabevertrag vom 3.10.1985, GZ. 282/85 Dr.Sch/F, vereinbarten Rechtsansprüche zugunsten der Frau x mit Wirkung vom 1.11.2012 auf den Sozialhilfeverband Braunau übergehen und aufgrund der Bewertung der Rechtsansprüche Herr x und Frau x dem Sozialhilfeverband Braunau am Inn ab 1.11.2012 monatlich 200 Euro pro Monat als Ersatz für die Heimunterbringung von Frau x im Seniorenheim x zu leisten haben. Die Entscheidung stützt sich auf §§ 45, 49 und 52 Oö. Sozialhilfegesetz 1998.

 

 

2.           Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Behebung beantragt. Vorweg wurde mitgeteilt, dass Frau x am x verstorben ist. Schon aus diesem Grunde sei der Bescheid aufzuheben, da eine rückwirkende Kostenersatzpflicht nicht in Frage komme, da der Übergang der Ansprüche auf den Träger sozialer Hilfe erst ab dem Zeitpunkt erfolgen könne, ab dem dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet habe. Im gegenständlichen Bescheid sei nicht festgehalten, ob und wenn ja, wann hier eine Verständigung gegenüber x und x erfolgt wäre, sodass die Verfällung in den Kostenersatz rückwirkend ab 1.11.2012 zu Unrecht erfolgt sei. Auch sei der Bescheid insofern rechtswidrig, weil Frau x die Tochter von x und Herr x der Schwiegersohn von Frau x gewesen sei, und daher die Ausnahmebestimmung des Satzes 2 des § 49 Oö. SHG anzuwenden sei. Auch fehle der Bestimmung des § 49, dass es sich nur um bäuerliche Anwesen handle. Darüber hinaus könne der Träger sozialer Hilfe Beschenkte gemäß § 48 Oö. SHG 1998 nur fünf Jahre belangen, nach der Auslegung der Behörde des § 49 Oö. SHG wäre jedoch unbeschränkt auf Übergabsverträge zurückzugreifen. Der Übergabsvertrag datiere mit 3.10.1985 und sei die Übergabe sohin vor über 27 Jahren vollzogen worden. Im Übergabsvertrag vom 3.10.1985 seien auch ausschließlich die Pflege im Rahmen der häuslichen Möglichkeiten vereinbart worden. Es sei der Wille der Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass bei Wegfall dieser Möglichkeiten auch die Gegenleistung wegfallen solle. Solang dies möglich gewesen sei, sei die Pflege ohnehin von den Berufungswerbern erbracht worden, nämlich bis Ende September 2012. Schließlich wurde die Höhe der im bekämpften Bescheid angesetzten Bewertungen bestritten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

4. Weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, eine Verhandlung nicht beantragt wurde und der angefochtene Bescheid aufzuheben war, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67 d AVG.

 

4.1. Aufgrund der Aktenlage ist erwiesen, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 4.10.2012 Frau x Hilfe in stationären Einrichtungen durch Unterbringung einschließlich der erforderlichen Betreuung und Pflege im Seniorenheim x ab 1.10.2012 gewährt wurde. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.10.2012 wird ab 1.11.2012, solange sich die Grundlagen dieses Bescheides nicht ändern, soziale Hilfe durch die Übernahme des für die Unterbringung im Seniorenheim x zu leistenden Heimentgeltes gegen teilweisen Rückersatz dieses Heimentgeltes geleistet. Der Rückersatz des Heimentgeltes beträgt 80 % der Pension und sonstiger Einkünfte (z.B. Leibrente), und bei Gewährung von Pflegegeld 80 % des jeweiligen Pflegegeldes.

Aus dem Übergabsvertrag vom 3.10.1985 ergibt sich, dass die Berufungswerber die Liegenschaft in x, Grundstücke x , x Wiese sowie x und x je Acker, jeweils zur Hälfte von Frau x und Herrn x übernehmen und hiefür auf Lebenszeit ohne weiteres Entgelt den Eltern ein Wohnrecht an dem schon bisher benützten Schlafzimmer mit der Verpflichtung, das Wohnhaus in einem wohn- und heizbaren Zustande zu erhalten, die freie Beheizung und Beleuchtung sowie der freie elektrische Strom und der freie Wasserbezug sowie alle sonstigen Betriebskosten sowie die Verrichtung aller notwendigen Arbeiten, Handreichungen und Dienstleistungen sowie Fuhrwerke und Botengänge und die Pflege und Betreuung der Eltern im Rahmen der häuslichen Möglichkeiten zusichern. Auch wurde das Recht zur Deckung des persönlichen Bedarfs die Entnahme von Obst und Gemüse aus dem Garten, die jährliche Lieferung von fünf Raummetern gemischten Brennholzscheitern im ofenfertigen Zustand sowie ein standesgemäßes und ortsübliches Begräbnis zugesichert.

Mit Eingabe vom 15.11.2012 ersuchte der Sozialhilfeverband Braunau am Inn um bescheidmäßige Vorschreibung des Kostenersatzes. Ein Vergleichsversuch sei von der Behörde unternommen worden, kam jedoch nicht zustande.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998, haben für die Kosten für Leistungen sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, soweit hiefür nicht bereits Kostenbeiträge nach § 9 Abs. 7 geleistet wurden oder solche ausgeschlossen sind, Personen Ersatz zu leisten,  denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat.

Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 gehen vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, die der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, für den Zeitraum, in dem soziale Hilfe geleistet wurde, bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Träger sozialer Hilfe über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Dies gilt nicht für Ansprüche auf laufende Ausgedingeleistungen gegenüber Kindern und Enkelkindern und deren jeweiligen Ehegatten aufgrund eines Übergabsvertrages, sofern Hilfe in einer stationären Einrichtung oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wurde.

Gemäß § 66 Abs. 3 Oö. SHG 1998 entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in zweiter Instanz über Berufungen gegen Bescheide gemäß §§ 28, 44, 52, 61 und 65.

 

5.2. Die Berufungswerberin x ist Tochter der Empfängerin sozialer Hilfe, Frau x. Der Berufungswerber x Ehegatte der Tochter der Empfängerin sozialer Hilfe. Aus dem Übergabsvertrag vom 3.10.1985 hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau gemäß § 45 Z 4 Oö. SHG 1998 Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich macht, geortet, nämlich insbesondere Wohnrecht, Heizungskosten, Betriebskosten, Stromkosten und verschiedene Dienstleistungen. Eine schriftliche Anzeigenerstattung des Trägers sozialer Hilfe gegenüber den Berufungswerbern ist aus dem Akt nicht ersichtlich.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ist ersichtlich, dass der Übergabsvertrag vom 3.10.1985 eine landwirtschaftliche Liegenschaft betrifft und daher für die Berufungswerber die Ausnahmeregelung des § 49 Abs. 1 2. Satz Oö. SHG 1998 zur Anwendung kommt. Es ist daher schon aus diesem Grunde der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Zum Übergang von Rechtsansprüchen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 ist aber grundsätzlich Folgendes auszuführen:

§ 49 Abs. 1 Satz 1 Oö. SHG 1998 sieht vor, dass vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, wie z.B. auch Ansprüche aus Übergabsverträgen, wenn die Ansprüche der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, auf den Träger sozialer Hilfe übergehen, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Hiermit hat der Gesetzgeber schon kraft Gesetzes geregelt, dass für den Fall der schriftlichen Anzeige (Geltendmachung) der Ansprüche durch den Sozialhilfeträger an den Dritten die jeweiligen Rechtsansprüche auf den Sozialhilfeträger übergehen. Eines gesonderten Titels, wie z.B. eines Kostenersatzbescheides, bedarf es hierzu nicht. Vielmehr tritt der Sozialhilfeträger in die Rechtsposition des Empfängers sozialer Hilfe und hat er die entsprechenden Rechtsansprüche somit im Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Dies hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.9.1995, Zl. 94/08/0071, hinsichtlich einer gleichlautenden Regelung nach dem Nö. SHG (§ 43 Nö. SHG) ausgesprochen. „Zur Entscheidung über seine allfällige Verpflichtung zur Leistung an den Sozialhilfeträger aufgrund der nach § 43 Nö. SHG erfolgten Legalzession (und damit auch des Übergangs des Exekutionstitels auf den Sozialhilfeträger) ist aber nicht die Verwaltungsbehörde, sondern das Gericht zuständig (vgl. zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem steiermärkischen Sozialhilfegesetz das Erkenntnis vom 19.9.1984, Zl. 82/11/0199)“.

Im Übrigen regeln auch die Materialien zum Oö. SHG 1998 (Beilage 206/1998 der XXV. Gesetzgebungsperiode) zu § 52, dass „über nicht verglichene Ersatzansprüche gemäß §§ 46 bis 48 ... mit Bescheid abzusprechen ist. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 49 richtet sich nach der jeweils für den Anspruch maßgeblichen Rechtsgrundlage.“

 

Es ist daher die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn im Grund des § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 zur Erlassung eines Kostenersatzbescheides nicht zuständig.

Schließlich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im gesamten Akt eine schriftliche Anzeige des Trägers sozialer Hilfe gegenüber dem Dritten (den Berufungswerbern) über den Übergang von Rechtsansprüchen nicht zu entnehmen ist. Auch erfolgt der Übergang von Rechtsansprüchen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 erst ab schriftlicher Anzeigenerstattung. Eine rückwirkende Beanspruchung ist gesetzlich nicht vorgesehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung: Rechtsansprüche gegenüber Dritten, Legalzession, keine Zuständigkeit der Behörde, Ausnahme für Kinder des Sozialhilfeempfängers

 

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