Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360120/3/WEI/BZ/Ba

Linz, 29.05.2013

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Grof, Berichter: Dr. Weiß, Beisitzerin: Dr. Lukas) über die Berufung des X, geb. X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, Dragonerstraße 29, 4600 Wels, vom 11. März 2013, Zl. 2-S-6.219/12/S, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 45 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Ver­wal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels (im Folgenden: belangte Behörde), vom 11. März 2013, Zl. 2-S-6.219/12/S, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Straferkenntnis

Sie haben, wie am 8.3.2012 zwischen 17.25 Uhr und 20.00 Uhr durch Organe der Finanzpolizei des Finanzamtes Linz festgestellt wurde, seit 29.6.2011 in X, X, Lokal 'X', als das satzungsmäßig zur Vertretung nach außen berufene Organ der Fa. 'X GmbH', als Unternehmer (§ 2 Abs. 2 Glücksspielgesetz) verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 4 Glücksspielgesetz zur Teilnahme vom Inland aus veranstaltet, weil Sie folgende Glücksspielgeräte

 

1.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5120,

2.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5229,

3.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5230,

4.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5192,

5.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5194,

 

in den Räumlichkeiten dieses Lokales aufgestellt haben und auf ihren Namen und auf ihr Risiko in Form von Ausspielungen durch Spieler an einem Glücksspielgerät betrieben haben, wobei die Spieler nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen konnten und den Spielern keine Möglichkeit geboten wurde Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen oder Zahlen zu nehmen sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten beim elektronischen Glücksrad den Vervielfachungsmodus auswählen und durch Betätigen der Startaste das Abspielen von Musik mit automatischem Beleuchtungsumlauf am elektronischen Glücksrad starten, weshalb die mit den Glücksspielgeräten durchgeführten Spiele als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz und Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes zu werten waren.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG iVm. § 52 Abs. 1 Zi. 1 GSpG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von            falls diese uneinbringlich ist,                Freiheitsstrafe                Gemäß

                Ersatzfreiheitsstrafe von            von

2.500,00 €            12 Tagen                        --            § 52 Abs. 1 Zi. 1 GSpG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

·         250,00 € als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

·         als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

2.750,00 €

 

Zahlungsfrist:

..."

1.2. Begründend führt die belangte Behörde (auszugsweise) wie folgt aus:

"Das Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige vom 28.3.2012 des Finanzamtes Linz sowie auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

 

Demnach haben Sie, wie am 8.3.2012 zwischen 17.25 Uhr und 20.00 Uhr durch Organe der Finanzpolizei des Finanzamtes Linz festgestellt wurde, seit 29.6.2011 in X, X, Lokal 'X', als das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen hin berufene Organ der Fa. 'X GmbH', als Unternehmer (§ 2 Abs. 2 Glücksspielgesetz) verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 und Abs. 4 Glücksspielgesetz zur Teilnahme vom Inland aus veranstaltet, weil Sie folgende Glücksspielgeräte

 

1.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5120,

2.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5229,

3.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5230,

4.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5192,

5.     Sweet Beat Musicbox, Nr. 5194,

 

in den Räumen dieses Lokales aufgestellt haben und auf ihren Namen und auf ihr Risiko in Form von Ausspielungen durch Spieler an einem Glücksspielgerät betrieben haben, wobei die Spieler nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen konnten und den Spielern keine Möglichkeit geboten wurde Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen oder Zahlen zu nehmen sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten beim elektronischen Glücksrad den Vervielfachungsmodus auswählen und durch Betätigen der Starttaste das Abspielen von Musik mit automatischem Beleuchtungsumlauf am elektronischen Glücksrad starten, weshalb die mit den Glücksspielgeräten durchgeführten Spiele als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz und Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes zu werten waren.

 

Zur Wahrung des Parteiengehörs wurde von der Bundespolizeidirektion Wels wegen der angelasteten Verwaltungsübertretungen am 27.6.2012 eine Aufforderung zur Rechtfertigung erlassen, wonach Sie binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Aufforderung zur Rechtfertigung Montag bis Freitag jeweils von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr zur Behörde kommen oder binnen dieser Frist schriftlich rechtfertigen sowie die ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekanntgeben konnten. Diese Aufforderung zur Rechtfertigung wurde ordnungsgemäß am 29.6.2012 durch Hinterlegung zugestellt.

 

Mit Schreiben vom 11.7.2012 haben ihre Rechtsvertreter, Dr. X und Dr. X, der Bundespolizeidirektion Wels eine schriftliche Rechtfertigung übermittelt, in der Sie im Wesentlichen angeben, dass Sie die angelastete Verwaltungsübertretung bestreiten würden. Auf Grund der Vielzahl konkurrierender Gesetze stehe nicht fest, dass auf Grund der Beschaffenheit der Spielgeräte und des installierten Programmes die der Strafverfolgung zugrunde gelegte Gesetzesstelle anzuwenden sei. Der Benutzer der Automaten würde den von ihm gewünschten Musiktitel aus der Musikliste auswählen und das Musikstück würde in der jeweiligen Originallänge von jeweils circa drei Minuten zur Gänze wiedergegeben werden, ohne dass ein vorzeitiger Abbruch der Musikwiedergabe möglich wäre. Die gegenständlichen Spielgeräte würden nicht den Strafbestimmungen des Glücksspielgesetzes unterliegen, da kein Einsatz für die Teilnahme an einem Glücksspiel geleistet werde. Das Verschulden des Beschuldigten sei gering, weil die Gesetzeslage nicht eindeutig sei.

 

Das anzeigende Organ der Finanzpolizei gab mit Schreiben vom 8.8.2012 dazu im Wesentlichen an:

'Vor Spielbeginn bestehe die Möglichkeit Einsätze zwischen € 1,- und € 5,-- zu wählen. Nachdem der Einsatz ausgewählt die 'Kaufen-Taste' betätigt werde, wird ein Lied abgespielt. Es beginnen sich Lichter in Form eines Glücksrades zu drehen. Nach Beendigung des Laufens des Lichtkranzes bleibe schließlich eine Zahl oder ein Symbol beleuchtet. Zahl bedeute Gewinn und Symbol bedeute Verlust bzw. das Abspielen eines Liedes. Bleibe das Licht auf einer Zahl stehen, kann nur durch nochmaliges Einwerfen einer Geldmünze die Auszahlung des angezeigten Betrages erreicht werden. Bei einem Mindesteinsatz von € 1,— werde ein Höchstgewinn von € 20,- in Aussicht gestellt. Mit den verfahrensgegenständlichen Geräten seien somit zweifelsfrei Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG angeboten worden.

 

Mit Schreiben vom 28.2.2013 hat ihr Rechtsvertreter dem Polizeikommissariat Wels ergänzende Ausführungen dazu übermittelt, wobei im Wesentlichen ihre Rechtfertigung wiederholt wird.

 

Es waren keine weiteren Verfahrensschritte notwendig, zumal die Aktenlage als ausreichend für die Entscheidung der Behörde anzusehen war."

 

Nach Wiedergabe von Rechtsgrundlagen begründet die belangte Behörde ihre rechtlichen Erwägungen wie folgt:

 

"Durch die Dokumentation der Finanzpolizei ist erwiesen, dass der Spieler bei den gegenständlichen Glücksspielgeräten den Verlauf des einzelnen Spieles nur durch die Betätigung einer Taste für den Start beeinflussen konnte. Der weitere Verlauf über das Aufleuchten der gewinn- oder verlustbringenden Ziffer oder Symbol war allein vom Glücksspielgerät abhängig. Die Entscheidung über den Gewinn wird daher durch den zufallsabhängig arbeitenden Apparat, der insofern vom Spieler nicht beeinflusst werden kann, herbeigeführt. Bei einem derartigen Ablauf kann nicht davon gesprochen werden, dass das Ergebnis nicht vorwiegend vom Zufall abhängt. Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG liegt ein Glücksspiel schon dann vor, wenn Gewinn und Verlust vorwiegend vom Zufall abhängen. Es ist somit zweifelsfrei nachgewiesen, dass mit den gegenständlichen Geräten Glücksspiele und somit verbotene Ausspielungen durchgeführt worden sind.

 

Bei den an den gegenständlichen Glücksspielgeräten angebotenen Hauptspielen handelt es sich um sogenannte Glücksräder, bei denen beim Aufleuchten einer Ziffer oder eines Symboles (abhängig vom jeweiligen Symbol) ein Gewinn in Aussicht gestellt wird. Die Entscheidung über Gewinn und Verlust wird vom zufallsabhängig arbeitenden Apparat, der insofern vom Spieler nicht beeinflusst werden kann, elektronisch herbeigeführt.

 

Diese Glücksspielgeräte fallen somit zweifelsfrei unter das Glücksspielmonopol des Bundes und somit in den Anwendungsbereich des Glücksspielgesetzes.

 

Für den Betrieb eines Glückspielapparates genügt die spielbereite Aufstellung an einem Ort, an dem Gelegenheit zur Betätigung des Glücksspielgerätes für potenzielle Interessenten besteht, wenn nach den Umständen mit einer Gegenleistung für den Spieleinsatz gerechnet werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. April 1997, Zl. 96/17/0488, unter Bezugnahme auf frühere Judikatur ausgesprochen, dass eine Ausspielung im Sinne des Glücksspielgesetzes bereits dann vorliegt, wenn das Glücksspielgerät in betriebsbereitem Zustand aufgestellt ist oder aus den Umständen hervorgeht, dass jedem potenziellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes möglich ist. Dabei kann das In-Aussicht-Stellen einer vermögensrechtlichen Gegenleistung auch in Form eines Realoffertes durch Aufstellung eines Automaten geschehen, nach dessen äußerem Erscheinungsbild der Spieler berechtigterweise erwarten kann, er werde für seine vermögensrechtliche Leistung im Falle seines Gewinns eine vermögensrechtliche Gegenleistung erhalten.

 

...

Sie haben als Unternehmer die Aufstellung der gegenständlichen Glücksspielgeräte vermittelt sowie diese Glücksspielgeräte geliefert und auch betrieben und sich somit zweifelsfrei an einer verbotenen Ausspielung beteiligt. Sie haben somit als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet.

 

Werden Verwaltungsübertretungen nach § 52 Abs. 1 GSpG nicht im Inland begangen, gelten sie gemäß § 52 Abs. 3 GSpG als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. Ihre Rechtfertigung, dass das Glücksspiel nicht in X stattgefunden hätte geht somit ins Leere.

 

Ein Verstoß gegen das Glücksspielgesetz wird jedenfalls dann nicht als geringfügig zu qualifizieren sein, wenn in geradezu typischer Art und Weise - also z.B. durch öffentlich zugängliche Aufstellung eines Glücksspielautomaten - in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird. Es muss sich demzufolge um einen von der tatbestandstypischen Form abweichenden gelinderen Eingriff, ja einen geradezu marginaler Eingriff handeln, um dieses Geringfügigkeitsmerkmal zu erfüllen.

 

In Oberösterreich besteht gegenwärtig keine an § 5 GSpG anknüpfende Regelung der Landesausspielungen. Daher stellt sich hier seit dem Inkrafttreten der GSpG-Novelle BGBl Nr I 73/2010 bis zur Inkraftsetzung eines Landesausspielungen regelnden Gesetzes die Rechtslage so dar, dass Ausspielungen mittels konzessionsloser Glücksspielautomaten jedenfalls einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes bilden.

 

Das Aufstellen von Glücksspielgeräten an einem allgemein zugänglichen Ort wie einem Gaststättenbetrieb und diese Glücksspielgeräte somit öffentlich zugänglich zu machen kann nicht als geringfügig qualifiziert werden, da es bei der Beurteilung der Geringfügigkeit nur um die Eigenschaften des Gerätes gehen kann.

 

Die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind auf Grund der vorliegenden Beweise eindeutig erwiesen. Die Bundespolizeidirektion Wels hatte somit als Verwaltungsstrafbehörde spruchgemäß zu entscheiden. Der Sachverhalt ist auch deswegen als ausreichend erwiesen anzusehen, als eine eigene dienstliche Wahrnehmung von Organen der Finanzpolizei vorliegt."

 

Die belangte Behörde schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung.

 

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 14. März 2013, richtet sich die rechtzeitig am 28. März 2013 der Post als Zustelldienst übergebene Berufung vom selben Tag.

 

Der Bw habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, zumal er als Prokurist lediglich zeichnungsberechtigt sei und abgesehen davon keine Alleinzeichnungsberechtigung habe.

 

Bei dem im Eigentum der X GmbH stehenden Gerät handle es sich um einen Geldwechsel- und Musikautomaten, der über eine Geldwechselfunktion und über eine Musikunterhaltungsfunktion verfüge.

 

Nach Beschreibung der "Musikunterhaltungs- und Geldwechselfunktion" hält der Bw fest, dass immer bereits vor der Eingabe von Geld feststehe, was der Benutzer erhalten werde. Betätige er die grüne Taste, so bekomme er den im Kreditspeicher stehenden Betrag zurück; dabei spiele es keine Rolle, ob eine Biene oder eine Betragswabe aufleuchte. Leuchte eine Biene auf und betätige er die rote Taste, so werde die ausgewählte Musik abgespielt. Leuchte eine Betragswabe auf und betätige er die rote Taste, so erhalte er so viele Münzen wie in der Betragswabe angezeigt. Welche Leistung nach einer Gerätebenutzung jeweils in Aussicht gestellt werde, hänge zwar ausschließlich vom Ergebnis eines programmgesteuert entscheidenden Zufallsgenerators ab, es werde jedoch für diese Entscheidung keinerlei vermögenswerte Leistung bedungen oder erbracht.

 

Faktum sei, dass der Benutzer des Automaten den von ihm gewünschten Musiktitel aus der Musiktitelliste auswählen könne und die zur Auswahl stehenden Musikstücke von der jeweiligen Originallänge von jeweils circa drei Minuten zur Gänze wiedergegeben würden, ohne dass ein vorzeitiger Abbruch der Musikwiedergabe möglich wäre bzw sei.

 

Dementsprechend erhalte der Kunde für den von ihm geleisteten Kaufpreis von 1,- Euro die jedenfalls adäquate Gegenleistung, der

 

       Wiedergabe eines aus zwölf konkret angeführten Musiktiteln von ihm auszuwählenden Musikstückes,

       in einer Länge von jeweils circa drei Minuten,

       das in voller Länge abgespielt werde und dessen Wiedergabe nicht vorzeitig abgebrochen werden könne.

 

Der Umstand, dass über dieses Synallagma des Leistungsaustausches von adäquater Leistung und Gegenleistung hinaus für den Kunden die Möglichkeit bestehe - unentgeltlich und ohne Leistung eines Spieleinsatzes - die Chance auf einen Gewinn zu erhalten, falle nicht unter den Ausspielungsbegriff des § 2 Abs 1 GSpG, da eben kein Einsatz für die Teilnahme an einem Glücksspiel geleistet werde, sondern die eingeräumte Gewinnchance für den Kunden unentgeltlich sei.

 

Der Automatenproduzent, die X GmbH, habe sich bei der Entwicklung des gegenständlichen Automaten neben dem Glücksspielsachverständigen Ing. X vorsichtshalber auch vom Glücksspielsachverständigen X beraten lassen, um sicherzustellen, dass es mit diesem Automaten zu keinem Verstoß gegen das Glücksspielgesetz komme.

 

Mit der Beiziehung gerade des für Angelegenheiten des Glücksspiels renommierten Sachverständigen X zur Beratung bei der Entwicklung des verfahrensgegenständlichen Automaten habe die X GmbH gerade der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen besonderen Sorgfalt hinsichtlich der Erkundigung der Rechtslage entsprochen. Schon aus wirtschaftlichen Gründen sei es das ureigenste Interesse der X GmbH, Rechtssicherheit darüber zu haben, dass es mit dem verfahrensgegenständlichen Automaten zu keinem Verstoß gegen das GSpG komme, zumal die Entwicklung und Produktion mit erheblichen Investitionen verbunden sei. Die X GmbH habe damit dem Sorgfaltsgebot bestmöglich entsprochen.

 

Neben dieser Beratung sei mit dem von der X GmbH entwickelten, nunmehr gegenständlich vorläufig beschlagnahmten Automaten darüber hinaus insbesondere auch den Ausführungen der vom Sachverständigen X in einem Beschlagnahmeverfahren abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme vom 28.03.2011 entsprochen, um jegliche Gefahr einer Übertretung von Bestimmungen des Glücksspielgesetzes auszuschließen.

 

Der Kunde erhalte für den von ihm geleisteten Kaufpreis von 1,- Euro eine jedenfalls adäquate Gegenleistung. Mangels Spieleinsatzes (§ 2 Abs 1 Z 2 GSpG) werde keine Ausspielung durchgeführt, sodass auch keine (verbotene) Ausspielung iSd § 2 Abs 3 GSpG vorliegen könne, und sohin kein Verstoß gegen das Glücksspielgesetz vorliege.

 

Für den Fall, dass es sich bei dem gegenständlichen Gerät doch um einen Glücksspielautomaten handeln würde, werden ausführliche unionsrechtliche Bedenken unter Bezugnahme auf Entscheidungen des EuGH und des LG Linz, LG Innsbruck, LG Ried, BG Ried und BG Schärding sowie auf Beiträge von Univ.Prof. Dr. X und Ass.Prof. Dr. X zu Entscheidungen des EuGH, sowie unter Hinweis auf einen vom UVS Oö. zu anhängigen Verfahren gestellten Vorabentscheidungsantrag an den EuGH, vorgebracht.

In der Folge wird vorgebracht, dass keine objektive Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung von österreichischen Unternehmen einerseits und Unternehmen mit Sitz in anderen EU-Mitgliedsstaaten andererseits vorliege und demnach § 53 GSpG, soweit er auf Sachverhalte mit ausschließlichem Inlandsbezug angewendet werde, verfassungswidrig sei.

Schlussendlich seien die strafrechtlichen Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG sowie des § 168 StGB nicht hinreichend bestimmt iSd Art 18 B-VG und des Art 7 EMRK und deshalb verfassungswidrig.

 

Der Bw stellt den Berufungsantrag, der UVS Oberösterreich wolle eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 2. April 2013 die Berufung mit ihrem Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

 

Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

4.2. Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem im Verfahrensakt einliegenden Firmenbuchauszug vom 23. März 2012, dass der Bw bei der X GmbH die Position eines Prokuristen innehat. Aus dem Firmenbuch ergibt sich weiters, dass der Bw nur als Prokurist seit dem 21.3.2011 "gemeinsam mit einem Geschäftsführer oder einem weiteren Prokuristen" zur Vertretung der GmbH befugt ist.

Zudem ergibt sich aus dem aktenkundigen Ausdruck aus dem Firmenbuch, dass Herr X handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH ist und dieser seit 21.3.2011 "gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder Prokuristen" zur Vertretung befugt ist. Die belangte Behörde hat gegen diesen handelsrechtlichen Geschäftsführer ohnehin ein weiteres Straferkenntnis vom 11. März 2013, Zl. 2-S-6.220/12/S (= offenes Berufungsverfahren VwSen-360119-2013) erlassen.

4.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählen Prokuristen nicht zu den Personen, die zur Vertretung nach außen berufen sind (vgl VwSlg 12.079 A/1986). Der Prokurist einer GmbH kann nur dann als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich angesehen werden, wenn er verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 VStG ist, was allerdings eine rechtswirksame Bestellung für diese Funktion voraussetzt (vgl mwN  Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1282, Anm 3; Wessely in Raschauer/Wessely (Hrsg), Rz 4 zu § 9 VStG).

Ein solcher Bestellungsnachweis liegt jedoch weder dem von der belangten Behörde übermittelten Verfahrensakt bei, noch haben sich im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat Hinweise für das Bestehen einer derartigen Bestellung ergeben. Vielmehr ist der Berufung zu entnehmen, dass der Bw nur Prokurist bei der X GmbH ist.

 

Der Oö. Verwaltungssenat sieht es demnach als erwiesen an, dass zum Tatzeitpunkt keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw gemäß dem § 9 VStG nicht bestand und hätte daher der Bw nicht verwaltungsstrafrechtlich für die GmbH in Anspruch genommen werden dürfen.

5. Im Ergebnis war der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, weil der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Tat mangels verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlichkeit nicht begangen haben kann.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. G r o f

 

 

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