Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401294/5/WEI/Ba

Linz, 21.05.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des X, geb. X, Staatsangehöriger von Pakistan, dzt. Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Wels, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird feststellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005, idF FrÄG 2011, BGBl I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht auf Grund der Aktenlage vom nachstehenden Gang des Verfahrens und Sachverhalt aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 4. Mai 2013 ordnete die belangte Behörde im Journaldienst zum Verfahren Zl. 1077177/FRB/13 auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden nur Bf) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§§ 52, 53 FPG) und der Abschiebung (§ 46 FPG) an. Den Schubhaftbescheid, dessen Spruch und Rechtsmittelbelehrung in eine für den Bf verständlichen Sprache übersetzt wurden, hat der Bf am 4. Mai 2013 um 11:15 Uhr persönlich übernommen und dies mit seiner Unterschrift bestätigt. Der Bf wurde zunächst im polizeilichen Anhaltezentrum (PAZ) Linz angehalten und in der Folge am 7. Mai 2013 ins PAZ Wels, Dragonerstraße 29, 4600 Wels, überstellt.

 

Der Bf wurde am 5. Mai 2013 im PAZ Linz erkennungsdienstlich behandelt und ein AFIS-Abgleich auf Basis der Fingerabdrücke vorgenommen. Die EURODAC-Anfrage erbrachte zur Eurodac-ID X einen Treffer für eine Asylantragstellung in BEKESCSABA/Ungarn (ED-Datum 30.04.2013).

 

Nach der Anzeige der Polizeiinspektion (PI) Hauptbahnhof vom 4. Mai 2013, Zl. E1/61446/2013-PA, wurden der Bf und drei weitere pakistanische Landsmänner am 4. Mai 2013 um 00:05 Uhr im internationalen Reisezug EN 466 (von Wien kommend) durch Beamte der AGM Bruck-Neudorf aufgegriffen und wegen illegalen Aufenthalts festgenommen. Am Hauptbahnhof in Linz übernahmen zwei Polizeibeamte der PI Hauptbahnhof die Amtshandlung. Die angezeigten Personen führten keinerlei Dokumente bei sich. Ihre Identitätsdaten wurden durch Befragung in englischer Sprache erhoben. Sie gaben an, auf der Durchreise nach Italien zu sein, um einen Verwandten zu besuchen. Sie stellten keine Asylanträge und wurden ins PAZ Linz überstellt.

 

1.2. Die belangte Behörde führt in dem auf Basis des § 76 Abs 1 FPG ergangenen Schubhaftbescheid zum maßgeblichen Sachverhalt aus, dass der Bf bei einer Kontrolle im Personenzug EN 466 von Beamten der AGM Bruck-Neudorf am 4. Mai 2013 um 00.05 Uhr, ohne im Besitz eines Reisedokuments und Einreise- oder Aufenthaltstitels zu sein, wegen offensichtlich nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet nach den Bestimmungen des FPG 2005 festgenommen und in weiterer Folge ins PAZ Linz eingeliefert wurde. Bei der Erstvernehmung in englischer Sprache habe er angegeben, pakistanischer Staatsbürger und auf der Durchreise nach Italien zu sein, wo er Verwandte besuchen wollte. Er sei im Besitz von 10 Euro und verfüge über keinen Wohnsitz in Österreich.

 

Das Sicherungserfordernis sei in den Umständen begründet, dass der Bf in Österreich über keinen Wohnsitz verfüge, illegal ins Bundesgebiet eingereist sei und keine soziale Verankerung in Österreich bestehe, und angegeben habe, nur auf der Durchreise nach Italien zu sein, um dort Verwandte zu besuchen. Auch reichten seine Barmittel nicht aus.

 

Auf Grund dieser Umstände könne die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen, dass sich der Bf nicht freiwillig für die Durchführung eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und einer anschließenden Abschiebung zur Verfügung halten werde. Das Verfahren und die Außerlandesschaffung sei daher durch Anordnung der Schubhaft zu sichern. Der Zweck der Schubhaft könne nicht durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden.

 

1.3. Am 6. Mai 2013 wurde der Bf von der belangten Behörde in Linz unter Beiziehung eines Dolmetschers für die punjabi Sprache zur Schubhaft und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Abschiebung fremdenpolizeilich einvernommen.

 

Der Bf gab an, im Jänner oder Februar 2013 Pakistan ohne Dokumente zu Fuß verlassen zu haben. Er reiste in der Folge über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn bis Italien. Am 1. Mai 2013 sei er gemeinsam mit drei Pakistani mit dem Zug von Italien nach Österreich gereist, wo er und seine Begleiter - offenbar illegal - Arbeit suchen wollten. Da sie keine Arbeit fanden, wollten sie am 3. Mai 2013 wieder per Bahn nach Italien zurückkehren. In dem Zug sei der Bf dann am 4. Mai 2013 einer Personenkontrolle unterzogen und festgenommen worden.

 

Der Bf gab weiter an, bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt zu haben (vgl dazu EURODAC-Treffer). Nach Übersetzung des Informationsblattes teilte die belangte Behörde dem Bf ihre Absicht mit, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot zu erlassen und ihn nach Pakistan abzuschieben. Dazu erklärte er, nicht nach Pakistan zurück zu können, weil er dort Probleme hätte. Er stellte daraufhin einen Asylantrag.

 

Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der Bf an, in Österreich keine Verwandten und keinen Wohnsitz zu haben und über Barmittel von 10 Euro zu verfügen. Geschlafen hätte er seit seiner Einreise bei pakistanischen Landsmännern in Wien. In Österreich sei er keiner Beschäftigung nachgegangen. Den Lebensunterhalt hätte er durch mitgenommene Barmittel bestritten.

 

Die belangte Behörde brachte dem Bf nach Stellung des Asylantrags zur Kenntnis, dass seine aufrechterhaltene Schubhaft nunmehr als nach § 76 Abs 2 Z 4 FPG verhängt gelte. Sie hielt dies auch mit Aktenvermerk vom 6. Mai 2013 fest.

 

1.4. Bei der Erstbefragung nach dem Asylgesetz durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 6. Mai 2013 machte der Bf noch genauere Angaben zur schlepperunterstützten Reise unter Angabe der Verkehrsmittel. Er gab uA. an, im Februar 2013 in Griechenland eingereist zu sein und danach über Mazedonien und Serbien nach Ungarn gelangt zu sein, wo er zu Fuß von der Polizei aufgegriffen und in ein Lager gebracht wurde. Vom Lager sei er dann mit dem Zug nach Budapest und dann von dort mit dem Taxi nach Italien gereist und danach wieder am 1. Mai 2013 von Italien mit dem Zug nach Österreich. Die schlepperunterstützte Reise hätte ca. 7.000 Euro gekostet.

 

In Pakistan hätte es Streit im Zusammenhang mit dem Ankauf von Grundstücken durch seine Familie gegeben. Er sei von den Grundbesitzern bedroht und vertrieben worden und die bestochene Polizei hätte ihm nicht geholfen.

 

In Ungarn habe der Bf zwar um Asyl angesucht, wisse aber nichts über das Stadium des Asylverfahrens. Die ungarischen Dokumente habe er dort gelassen. Er wolle nicht nach Ungarn. Zum EURODAC-Treffer Ungarn erklärte er, dass er sich drei oder vier Tage dort aufgehalten hätte. Ausgereist wäre er am 21. oder 22. April 2013 und dann nach Italien gereist. Nunmehr wolle er ein Asylverfahren in Österreich.

 

1.5. Mit fremdenpolizeilicher Information des Bundesasylamts (BAA) Erstaufnahmestelle (EASt West) vom 10. Mai 2013 im Asylverfahren des Bf zu Zl. 13 05.867 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass gemäß § 27 Abs 1 AsylG das Ausweisungsverfahren mit 8. Mai 2013 ex lege als eingeleitet gelte.

 

Nach dem aktenkundigen Auszug vom 15. Mai 2013 aus dem Asylinformationssystem wurden am 8. Mai 2013 mit Ungarn Konsultationen eingeleitet und eine entsprechende Bekanntgabe nach § 29 Abs 3 Z 4 (Verfahrensanordnung über beabsichtigte Zurückweisung) AsylG 2005 per Telefax an den Bf im PAZ Wels übermittelt.

 

1.6. Am 15. Mai 2013 langte außerhalb der Amtsstunden per Telefax eine vom Bf unterschriebene Schubhaftbeschwerde samt 1 Beilage (Schubhaftbescheid) ein. Die Beschwerde strebt sinngemäß die Rechtswidrigkeitserklärung der Haftverhängung durch den Schubhaftbescheid vom 4. Mai 2013 und die Feststellung an, dass keine Gründe für die Anhaltung in Schubhaft vorliegen.

 

 

2.1. Begründend geht die Beschwerde im Wesentlichen vom oben dargestellten Sachverhalt aus. Der Bf und seine mit ihm im Zug aufgegriffenen pakistanischen Bekannten hätten vor kurzer Zeit in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wären aber schlecht behandelt worden und hätten daher Ungarn verlassen.

 

Wie bei vielen Asylwerbern würde ein Dublin-Konsultationsverfahren geführt. Auch der Bf und seine Freunde könnten in Grundversorgung aufgenommen und dort den Ausgang des Zulassungsverfahrens abwarten. Da die Schubhaft nur das letzte Mittel sein dürfe, habe der UVS Oberösterreich (VwSen-401289/6/Gf/Rt vom 13.05.2013) der Beschwerde eines pakistanischen Bekannten Folge gegeben und die Anhaltung in Schubhaft für nicht rechtmäßig angesehen. Die Fremdenpolizei habe deshalb die Schubhaft bezüglich zweier Kollegen aufgehoben. Dies müsste entgegen der Ansicht der Fremdenpolizei wegen angeblich identischen Sachverhaltes, was allerdings nicht dargelegt wurde (ein gemeinsamer Aufgriff bedeutet noch keinen gleichgelagerten Sacherhalt), auch für den Bf gelten. Die Fremdenbehörde habe aber die Schubhaft nicht aufheben wollen, weshalb die Beschwerde eingebracht wurde.

 

Zusammengefasst bekämpft die Beschwerde die Annahme des Sicherungsbedarfs durch die belangte Behörde mit der Begründung, der Bf könnte wie seinen entlassenen Freunde und viele andere Asylwerber den Ausgang des Zulassungsverfahrens in der Betreuungsstelle abwarten. Die Schubhaft sei nicht notwendig und auch nicht verhältnismäßig.

 

2.2. Die belangte Behörde hat am 16. Mai 2013 ihre Verwaltungsakten dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt, ist im Vorlageschreiben der Schubhaftbeschwerde entgegen getreten, und hat deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

 

Die belangte Behörde verweist auf den bekannten Sachverhalt und darauf, dass in der Begründung des Schubhaftbescheides genau die Umstände angeführt worden seien, die den Sicherungsbedarf im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG erkennen lassen. Die gegebenen Umstände der mangelnden sozialen Verankerung des unrechtmäßig aufhältigen Bf, der ohne Wohnsitz und ohne Mittel bei einem illegalen Zwischenaufenthalt im Bundesgebiet betreten wurde, hätten eindeutig einen hohen Sicherungsbedarf bei Verhängung der Schubhaft begründet. Dies folge insbesondere auch aus dem bekannten Umstand, dass der Bf illegal nach Italien ausreisen wollte. Der Schubhaftbescheid nehme sehr wohl auf den Sicherungsbedarf und darauf Bezug, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden könne.

 

Die Angaben des Bf zum Asylantrag in Ungarn zeigten deutlich, dass er offensichtlich nicht gewillt sei, an einen solchen Verfahren mitzuwirken, was durch sein Desinteresse am ungarischen Asylverfahren dokumentiert werde. Seinen eigenen Angaben nach wollte er ursprünglich nach Italien zurückkehren und nicht in Österreich bleiben.

 

Da der Bf erst nach der Verhängung der Schubhaft einen weiteren Asylantrag stellte, habe die Aufrechterhaltung der Schubhaft auf § 76 Abs 6 FPG gestützt werden können. Nach Ansicht der belangten Behörde habe sich zwischenzeitig das Sicherungsbedürfnis noch massiv verdichtet, zumal die Asylbehörde darüber informierte, dass mit 8. Mai 2013 das Ausweisungsverfahren ex lege als eingeleitet gilt. Dem Bf müsse aktuell bewusst sein, dass seine Ausweisung und die Abschiebung zeitnah heranstehe.

 

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat auf Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG (idF seit BGBl I Nr. 122/2009) ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Nach § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den Schubhaftbescheid erlassen und die Anhaltung in Schubhaft angeordnet. Der Oö. Verwaltungssenat ist daher örtlich zuständig. Der Bf wird noch in Schubhaft angehalten, seine Beschwerde ist zulässig.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs 1a FPG dürfen unmündige Minderjährige nicht in Schubhaft angehalten werden.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

4.3. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Nach § 80 Abs 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

 

  1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;
  2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall des Abs 3 und 4 vorliegt.

 

Gemäß § 80 Abs 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge ohnehin auch ein Verlängerungsfall nach § 80 Abs 4 Z 1 bis 3 FPG vor. Wird einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von 10 Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

4.4. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vermag die fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen. Deshalb kann auch die Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft noch nicht rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon mehrfach betont, dass in Bezug auf die Annahme eines Sicherungsbedarfes aus Überlegungen zu einem strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Fehlverhalten alleine nichts zu gewinnen sei (ständige Rspr; vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288 und Zl. 2004/21/0003; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246).

 

Überdies ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beim Sicherungserfordernis die konkrete Situation des Beschwerdeführers (Einzelfallprüfung) zu prüfen. Deswegen verbietet sich auch ein Abstellen auf allgemeine Erfahrungen im Umgang mit Asylwerbern oder aus anderen Fällen (vgl VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0051; VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0091).

 

4.5. In dem aus Anlass einer Amtsbeschwerde ergangenen Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst wiederholt, dass die bloße Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, sondern der Sicherungsbedarf müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht komme (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Für die Bejahung des Sicherungsbedarfs im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG komme daher insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, welche das befürchtete Risiko des Untertauchens rechtfertigen können (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0162). Abgesehen von der Integration des Fremden sei bei Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das bisherige Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (Hinweis auf VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/0311; VwGH je vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0091 und Zl. 2006/21/0051). Auch wenn Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstellen (vgl etwa VwGH 31.08.2006, Zl. 2006/21/0087; VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/311) kann nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2009 der Verurteilung eines Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedeutung zukommen. Eine erhebliche Delinquenz des Fremden kann das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner baldigen Abschiebung – in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern.

 

4.6. Im gegenständlichen Fall konnte die belangte Behörde zunächst am 4. Mai 2013 die Schubhaft zur Verfahrenssicherung in Bezug auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§§ 52, 53 FPG) und zur anschließenden Sicherung der Abschiebung auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG anordnen. Der Sicherungsbedarf ergibt sich dabei im Sinne der dargestellten einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl oben Punkte 4.4. und 4.5.) aus der mangelnden sozialen Verankerung des Bf im Inland und seinem rechtswidrigen Gesamtverhalten. Er gelangte illegal mit Hilfe von Schleppern von Pakistan über zahlreiche Länder ohne die erforderlichen Reisedokumente (Reisepass und Sichtvermerk) und auch ohne sonstige Identitätsdokumente bis in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Nach ganz kurzem Aufenthalt mit einer Asylantragstellung in Ungarn reiste er weiter bis Italien. Nach eigenen Angaben bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme fuhr er dann am 1. Mai 2013 in Begleitung von drei Landsmännern mit dem Zug von Italien nach Österreich, um hier offenbar illegal eine Arbeit zu suchen. Da er und seine Begleiter keine Arbeit fanden, wollten sie am 3. Mai 2013 wieder nach Italien zurückfahren und wurden im internationalen Reisezug EN 466 kurz nach Mitternacht am 4. Mai 2013 im Rahmen der Schengenkontrolle aufgegriffen. Wie aus der Anzeige der Beamten der PI Hauptbahnhof ausdrücklich hervorgeht, gaben der Bf und seine Begleiter an, auf der Durchreise nach Italien gewesen zu sein, um Verwandte zu besuchen. Sie stellten zunächst keinen Asylantrag.

 

Im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung lag im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG ein hohes Sicherungsbedürfnis vor, das die belangte Behörde mit den festgestellten Umständen (kein Besitz des erforderlichen Reisedokuments; kein Einreise- oder Aufenthaltstitel weder für Österreich noch für andere EU-Staaten; Bargeld von 10 Euro und damit Mittellosigkeit; keinen Wohnsitz in Österreich; keine sozialen Beziehungen, nur illegaler Zwischenaufenthalt und Durchreise nach Italien) gut begründen konnte.

 

Wie der Oö. Verwaltungssenat in einem gleichgelagerten Fall (vgl VwSen-401259/6/WEI/Ba vom 31.01.2013)– worauf die Gegenschrift mit Recht hinweist - erkannt hat, war bei realistischer Betrachtung an gelindere Mittel iSd § 77 FPG zur Sicherung des Schubhaftzwecks alternativ zur Schubhaft nicht zu denken, weil der ohne irgendeine soziale Verankerung in Österreich agierende Bf, der weder eine Unterkunft in Österreich hat, noch mangels der erforderlichen Mittel erlangen konnte, selbst im Falle der regelmäßigen Meldung bei einer Polizeidienststelle auf freiem Fuße nicht gehindert gewesen wäre, dennoch kurzfristig unterzutauchen.

 

Es bestand beim flexibel agierenden Bf, der keinerlei Bindungen in Österreich aufweist, die ernsthafte und naheliegende Gefahr, dass er sich dem Verfahren entziehen, in die Anonymität abtauchen und seine illegale Reise nach Italien, die sein erklärtes Reiseziel war und wo er Verwandte besuchen wollte, fortsetzen werde, zumal er auch an der Mitwirkung in einem österreichischen Administrativverfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung naturgemäß kein eigenes Interesse haben konnte.

 

4.7. Der Bf hat nun nachträglich am 6. Mai 2013 während aufrechter Anhaltung in Schubhaft anlässlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme auch einen Asylantrag in Österreich gestellt, nachdem er zuvor die beabsichtigte Vorgangsweise der Behörde (Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot und Abschiebung nach Pakistan) erfahren hatte, die offensichtlich seinen Plänen, im Europäischen Raum Aufenthalt zu nehmen und einer Arbeit nachzugehen, zuwiderlief.

 

Gemäß § 12 Abs 1 AsylG 2005 kommt einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, außer in den Fällen des § 12a AsylG 2005 grundsätzlich faktischer Abschiebeschutz zu, das heißt, er darf weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zwar geduldet, er bleibt aber rechtswidrig.

 

Nach § 76 Abs 6 Satz 1 FPG kann die Schubhaft gegen einen Fremden aufrecht erhalten werden, der während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 oder 2a FPG vor, so gilt die Schubhaft als nach Abs 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft nach § 76 Abs 2 leg.cit. ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, Zl. 2008/21/0582 (= VwSlg 17597 A/2008), zu dieser Rechtslage ausgeführt, dass die Bestimmung des § 76 Abs 6 FPG es der Behörde gestatte, eine (rite) auf § 76 Abs 1 FPG gestützte Schubhaft trotz der – durch die Asylantragseinbringung während der Schubhaft erlangten - Stellung des Schubhäftlings als Asylwerber auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG aufrecht zu erhalten. Das in einem Aktenvermerk festzuhaltende allfällige Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG steht nur im Zusammenhang mit der dann möglichen längeren Schubhaftdauer. In diesem Zusammenhang wird auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (952 BlgNR 22. GP, 104) verwiesen, die wie folgt dazu ausführen:

 

"Stellt ein Asylwerber in der Schubhaft einen Asylantrag, so kann dies aufrecht erhalten werden, auch wenn die Voraussetzungen von Abs 2 nicht vorliegen. Für Zwecke des § 80 Abs. 2 gilt diese Schubhaft nur nach § 76 Abs. 2 verhängt, wenn die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft gegen Asylwerber vorliegen; dann gelten die Fristenregeln des § 80 Abs. 2. Die Regel ist unbedingt erforderlich, um einem in Schubhaft angehaltenen Fremden nicht die Möglichkeit zu geben, durch die Asylantragstellung die Aufhebung der Schubhaft zu erzwingen."

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im oben zitierten Erkenntnis zu den grundsätzlichen Anforderungen eines Wechsels von strukturell verschiedenen Schubhafttatbeständen, etwa beim Übergang des § 76 Abs 1 FPG in das Regime des § 76 Abs 2 FPG, näher begründet, dass es einer unverzüglichen schriftlichen Verständigung des Schubhäftlings in einer ihm verständlichen Sprache über den Austausch des Schubhaftgrundes bzw über die strukturell anderen Gründe bedarf, um ihn in die Lage zu versetzen, die weitere Schubhaft mit Beschwerde wirksam zu bekämpfen.

 

Im gegebenen Zusammenhang stellt der Verwaltungsgerichtshof auch klar, dass in dem von § 76 Abs 6 FPG erfassten Fall gerade kein Austausch des Schubhafttatbestandes vorgenommen wird, sondern erlaubt der erste Satz dieser Bestimmung die Fortsetzung der Schubhaft gegen den nunmehrigen Asylwerber aus dem bisher angenommenen Grund, ohne dass die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG vorliegen müssten. Der Zweck des zweiten und dritten Satzes des § 76 Abs 6 FPG steht dabei nur in untrennbaren Zusammenhang mit der Schubhafthöchstdauer.

 

Im Grunde der Ausführungen im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs durfte die belangte Behörde nach dem vom Bf während seiner Anhaltung in Schubhaft am 6. Mai 2013 gestellten Asylantrag die nach Ansicht des erkennenden Mitglieds rechtmäßig verhängte Schubhaft auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG iVm § 76 Abs 6 FPG aufrecht erhalten. Ein Fremder soll nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch bloße Asylantragstellung eine Entlassung aus der rechtmäßig verhängten Schubhaft erzwingen können.

 

Die belangte Behörde hat aber den Bf auch niederschriftlich auf den Schubhafttatbestand des § 76 Abs 2 Z 4 FPG hingewiesen und dessen Voraussetzungen zutreffend bejaht, weil auf Grund des Ergebnisses der Befragung und erkennungsdienstlichen Behandlung des Bf (nach dem EURODAC-Treffer für Ungarn und der Einvernahme) anzunehmen war, dass der Antrag auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen werden wird.

 

Mittlerweile hat die Asylbehörde am 8. Mai 2013 Konsultationen mit Ungarn eingeleitet und mit fremdenpolizeilicher Information vom 10. Mai 2013 mitgeteilt, dass das Ausweisungsverfahren mit 8. Mai 2013 gemäß § 27 Abs 1 AsylG 2005 ex lege als eingeleitet gelte. Dies im Hinblick darauf, dass dem Bf im asylrechtlichen Zulassungsverfahren mit Verfahrensanordnung die beabsichtigte Zurückweisung (§ 29 Abs 1 Z 4 leg.cit.) seines Antrags auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs nach dem Dublinregime mitgeteilt wurde.

 

Es ist nach diesen Umständen in absehbarer Zeit mit einem negativen Asylbescheid und einer Ausweisung des Bf gemäß § 10 AsylG 2005 und Überstellung nach Ungarn zu rechnen, wo sich der Bf aber dem Asylverfahren erklärtermaßen nicht stellen will. Offenbar möchte er sich den EU-Mitgliedsstaat selber aussuchen, in dem er um Asyl ansucht.

 

4.8. Richtig ist zwar, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs die Verhängung der Schubhaft in sog. "Dublinfällen" nicht zu einer Standardmaßnahme gegen den Asylwerber werden darf. Zu solchen Dublinfällen mit der möglichen Zurückweisung des Asylbegehrens und Ausweisung in einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es in einem frühen Stadium des Asylverfahrens "besonderer Umstände" bedarf, um die Befürchtung des Untertauchens konkret begründen zu können (vgl ua. VwGH 25.03.2010, Zl. 2008/21/0617, VwGH 19.06.2008, Zl. 2007/21/0070, VwGH 28.05.2008, Zl. 2007/21/0233; VwGH 28.06.2007, Zl. 2006/21/0051).

 

Die Beschwerde will nun offenbar den vorliegenden Fall in Verkennung der oben dargelegten Rechtslage und der festgestellten besonderen Umstände des Falles als gewöhnlichen Dublinfall begreifen. Diese trifft aber aus folgenden Gründen nicht zu.

 

Der Bf, der an dem beantragten Asylverfahren in Ungarn kein Interesse zeigte und dieses EU-Land auf freiem Fuß kurzfristig wieder verlassen hatte, will erklärtermaßen weder nach Ungarn, noch in seine Heimat zurückkehren. Seine Familie zahlte für die schlepperunterstützte Reise nach Europa für ein besseres Leben mit dem Zielland Italien viel Geld (laut Erstbefragung nach dem AsylG: ca. 7.000 Euro), was aus der Sicht des Bf nicht vergeblich gewesen sein darf. Der Bf kam nur deshalb von Italien nach Österreich, um hier illegal zu arbeiten. Er wollte zuerst gar nicht um Asyl ansuchen, seine Antragstellung in Österreich erfolgte nur wegen der Schubhaftverhängung und der Aussicht, abgeschoben zu werden. Der Bf hat durch seine illegalen Reisebewegungen in Verbindung mit den rechtswidrigen Grenzüberschreitungen ohne irgendwelche Dokumente innerhalb und außerhalb der EU erkennen lassen, dass er sich das Land seines Aufenthalts nach eigenem Gutdünken und Opportunität selber aussuchen will und sich dabei um fremden- und asylrechtliche Vorschriften in keiner Weise kümmert. Auch seine Identität ist mangels irgendwelcher Dokumente noch nicht gesichert.

 

Die belangte Behörde konnte annehmen, dass die den Sicherungsbedarf begründende negative Prognose besonders durch die mangelnden verwandtschaftlichen und sozialen Beziehungen des mittellosen Bf in Österreich, die sein rasches Untertauchen in die Anonymität begünstigen, untermauert wird. Deshalb durfte die belangte Behörde mit gutem Grund von der Prognose ausgehen, dass der Bf, dessen Identität nicht gesichert ist, der auf einer illegalen schlepperunterstützten Reise war und keinesfalls nach Pakistan oder Ungarn zurückkehren will, mangels einer aufenthaltsrechtlichen Perspektive in Österreich bei nächster Gelegenheit in die Anonymität abtauchen und sich dem Zugriff der Behörden entziehen werde.

 

Wie bereits unter Punkt 4.6. ausgeführt, liegt beim Bf eine hoher Sicherungsbedarf vor, der die Anordnung gelinderer Mittel nach § 77 FPG ausschließt, zumal der Zweck der Schubhaft damit voraussichtlich nicht erreichbar gewesen wäre. Es konnte nämlich nach dem bisherigen Verhalten des Bf nicht angenommen werden, er werde sich dem behördlichen Zugriff zur Verfügung halten, obwohl er in Österreich mit Rückkehrentscheidung und Abschiebung zu rechnen hat und ihm nunmehr im nachträglich angestrengten Asylverfahren bereits die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens und die Aussicht der Rücküberstellung nach Ungarn mitgeteilt wurde.

 

 

5. Im Ergebnis war aus den dargelegten Gründen die gegen den Bf auf Grundlage des § 76 Abs 1 FPG verhängte und nach seinem Asylantrag im Grunde des § 76 Abs 6 FPG aufrecht erhaltene Schubhaft rechtmäßig und nach dem gesamten Verhalten des Bf auch verhältnismäßig. Die vorliegende Schubhaftbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen und gemäß § 83 Abs 4 FPG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die zur Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

 

Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß § 79a Abs 2 AVG der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist gemäß dem § 79a Abs 3 AVG die belangte Behörde die obsiegende Partei und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Nach § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach § 79a Abs 6 AVG ist Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solchen allgemeinen Antrag hat die belangte Behörde gestellt.

 

Nach der am 1. Jänner 2009 in Kraft getretenen UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr.456/2008) beträgt der Ersatz für Vorlageaufwand 57,40 Euro und für Schriftsatzaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro. Der Bf war daher zum Aufwandersatz von insgesamt 426,20 Euro an den Bund als den Rechtsträger, für den die belangten Behörde tätig geworden ist, zu verpflichten.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 Blg NR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabengebühren für die eingebrachte Beschwerde (14,30 Euro) und für 1 Beilage kurz (3,90 Euro), insgesamt daher von 18,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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