Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401300/5/AL/HK

Linz, 05.06.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des X, geb. X, StA von Kosovo, vertreten durch die X Rechtsberatung – X, X, X, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vom 18.5.2013, Z Sich41-2-2013, Festnahme und Anhaltung in Schubhaft von 18.5.2013 bis 22.5.2013 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis zu Recht erkannt:

 

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die auf Grund des Schubhaftbescheides vom 18.5.2013, Z Sich41-2-2013, erfolgte Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft in der Zeit von 18.5.2013 bis 22.5.2013 sowie die vorausgehende Festnahme für rechtmäßig erklärt.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I 100/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II 456.


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom vom 18.5.2013, Z Sich41-2-2013, als belangter Behörde wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Grundlage des § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 Abs 1 AVG

"zur Sicherung

• des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. §§ 52 iVm 53 FPG

      des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gem. § 62 FPG

      des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gem. § 63 FPG

      der Abschiebung (§ 46 FPG)

      der Zurückschiebung (§ 45 FPG)

      der Durchbeförderung (§ 48 FPG)"

die Schubhaft angeordnet und durch Überstellung in das PAZ Wels vollzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen – auf das Wesentliche zusammengefasst – Folgendes aus:

 

Der Bf, der StA von Kosovo sei, sei am 17.05.2013 gegen 23:45 Uhr als Insasse eines Linienbusses der Fa. X, Linie X, von Beamten der Autobahnpolizei Ried/Innkreis auf der Innkreisautobahn A 8, im Bereich der Betriebsumkehr X, Gd. X, Bez. X, in Fahrtrichtung Deutschland, einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden. Dabei habe er sich mit einem gültigen kosovarischen Reisepass ausgewiesen. In diesem Reisepass befinde sich kein aufenthaltsrechtlicher Titel für Österreich bzw die Schengenstaaten und könne der Bf auch sonst keinen erforderlichen Sichtvermerk bzw aufenthaltsrechtlichen Titel für Österreich vorweisen. Mangels Sichtvermerk im Reisepass sei daher der derzeitige Aufenthalt des Bf in Österreich als rechtswidrig einzustufen.

 

Weiters habe die belangte Behörde ermittelt, dass der Bf am 8. Mai 2013 illegal über Serbien nach Ungarn gereist sei und dort selbsttätig bei der ungarischen Polizei einen Asylantrag gestellt habe, worauf er in das Flüchtlingslager X verbracht und am 9. Mai 2013 einem "Interview" bezüglich des Asylantrages unterzogen worden sei. In weiterer Folge habe der Bf am 16.5.2013 das Lager verlassen und sei nach Budapest weitergefahren. Am 16.05.2013 habe sich der Bf in Budapest gegen 19.00 Uhr ein Taxi genommen habe er sich gegen ein Entgelt von € 300,-- nach Wien bringen lassen. Der Bf sei eine Nacht in Wien geblieben und am 17.05.2013 abends in den Linienbus der Fa. X von Wien nach Brüssel (B) gestiegen. Dort hätte er angeblich Verwandte besuchen und anschließend - nach 3 bis 4 Tagen Aufenthalt - wieder nach Ungarn zurückkehren wollen. Nach seiner Festnahme durch die Polizei sei er der Bezirkshauptmannschaft Ried vorgeführt und am 18.05.2013 niederschriftlich mittels Dolmetscher einvernommen worden.

 

Aus folgenden Gründen sei anzunehmen, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch Untertauchen entziehen oder sie zumindest wesentlich erschweren werde: Der Bf habe in Österreich keine familiären und auch keine sonst wie gearteten Beziehungen. Er sei hier illegalen Aufenthaltes, nicht gemeldet und verfüge über keinen Wohnsitz und auch keine Wohngelegenheit. Außerdem habe er in Österreich keine Arbeit, um sich seinen Lebensunterhalt legal zu verdienen. Seine finanziellen Mittel in der Höhe von € 110,- seien insofern relativ bescheiden und reichten nicht lange aus, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Insofern sei er faktisch als mittellos einzustufen.

 

Von daher bestehe ein konkreter Sicherungsbedarf und die Notwendigkeit zur Anordnung der Schubhaft. Die Behörde konstatierte weiters, dass der Zweck der Schubhaft auch nicht durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden könne, weil der Bf in Österreich keinen Wohnsitz, keine Familienangehörigen oder Verwandte habe und nur über beschränkte finanzielle Mittel verfüge. Mangels irgendwelcher sozialen Integration bzw Verankerung in Österreich sei bei Berücksichtigung des Umstandes, dass er nicht in Österreich bleiben wolle und in ein anderes EU-Land illegal ausreisen wolle, um dort unterzutauchen und somit jedwede fremdenpolizeiliche Maßnahme zu vereiteln, eine große Fluchtgefahr und ein offensichtlicher Sicherungsbedarf gegeben. Bei der Angabe, dass der Bf nach 3 bis 4 Tagen Aufenthalt in Brüssel selbsttätig nach Ungarn zurückgekehrt wäre, handelt es sich nach Auffassung der belangten Behörde um eine bloße Schutzbehauptung. Dies sei auch dadurch indiziert, dass sein Busticket kein Rückfahrticket beinhalte.

 

Der beschriebenen Fluchtgefahr könne verlässlich nur mit Schubhaft begegnet werden, da realistische Ansatzpunkte für die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG nicht ersichtlich seien.

 

Im gegebenen Fall habe sich die Fremdenpolizeibehörde mit der Möglichkeit der Anwendung eines gelinderen Mittels befasst, doch sei sie zur Auffassung gekommen, dass bei Abstandnahme von der Schubhaft das im Vordergrund stehende fremdenpolizeiliche Ziel nicht erreicht werden könne. Es sei im Falle eines gelinderen Mittels davon auszugehen, dass sich der Bf dem Zugriff der Fremendpolizeibehörde entziehen und versuchen würde, Österreich zu verlassen und über ein anderes EU-Land nach Belgien weiterreisen. Der Sicherungsbedarf sei offensichtlich, weil der Bf scheinbar nicht gewillt sei, sich den Schengenregularien unterzuordnen.

 

Die Behörde habe sich im konkreten Fall auch mit der Frage der Verhältnismäßigkeit auseinandergesetzt und gelangte zu dem Ergebnis, dass der mit der Schubhaftverhängung verbundene Eingriff in die persönliche Freiheit des Bf im Hinblick auf das besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehe. Die öffentlichen Interessen an der Sicherung der Außerlandschaffung wögen hier schwerer als die privaten Interessen des Bf an der Schonung seiner persönlichen Freiheit.

 

 

1.2. Gegen die bescheidförmige Schubhaftverhängung, Festnahme und Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf mit Eingabe vom 24.5.2013 (eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 29.5.2013) Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und beantragte unter gleichzeitigem Kostenantrag die Erklärung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie der Festnahme und der Anhaltung.

 

Begründend führt der Bf im Wesentlichen aus, dass über ihn ohne ausreichende Begründung die Schubhaft angeordnet worden sei. Mit der konkreten Situation des Bf habe sich die Erstbehörde im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend auseinandergesetzt. Der angefochtene Bescheid lasse daher auch eine nachvollziehbare Begründung hinsichtlich der Frage vermissen, weshalb anzunehmen sei, dass die Schubhaft notwendig sei. Bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte, wie die von der Erstbehörde herangezogenen, könnten – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – nicht genügen, um die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit eines Freiheitsentzuges im Einzelfall zu begründen.

 

Zur Prüfung des Sicherungserfordernisses sei auf alle Umstände des konkreten Falls Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei komme dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu, jedoch müsse die konkrete Situation des Betroffenen geprüft werden - sogar wenn der Fremde vorher in einem sicheren Drittstaat einen Asylantrag gestellt habe. In einem solchen Fall sei auch der Grund für eine allfällige Weiterreise nach Österreich nach Stellung eines Asylantrags in einem anderen Staat und die dabei eingeschlagene Vorgangsweise zu berücksichtigen.

 

Insbesondere könne – unter Hinweis auf die ständige Rspr. des Verwaltungsgerichtshofes – die dem Bf angelastete Ausreiseunwilligkeit alleine nicht das Sicherungserfordernis begründen. In allen Fällen der Verhängung von Schubhaft bestünde die Verpflichtung, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Sicherung des Verfahrens und der Sicherung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen; Schubhaft könne immer nur als ultima ratio verstanden werden. Schubhaft sei hingegen nicht als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerbern anzuwenden; weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sei für sich genommen als Schubhaftgrund zu werten.

 

Im konkreten Fall habe der BF selbständig angegeben, dass er lediglich Verwandte in Brüssel besuchen wollte, und selbständig danach wieder nach Ungarn ins Flüchtlingslager zurückkehren wollte. Der BF habe in Ungarn einen Asylantrag gestellt, da er in seiner Heimat Verfolgung befürchte, und zwar aufgrund einer dort drohenden Blutrache. Insbesondere sei er nicht lediglich aus finanziellen Problemen aus dem Kosovo geflohen. Der Bf habe daher ein berechtigtes Interesse an der Führung eines Asylverfahrens, welches er auch - nach kurzem Besuch seiner Verwandten - in Ungarn abzuwarten beabsichtigt hätte. Dies werde insbesondere durch sein Verhalten in Österreich bestätigt, indem der Bf nämlich keinen Asylantrag in Österreich gestellt habe, sondern im Gegenteil, in der Schubhaft bekräftigt hätte, er wolle selbst so schnell wie möglich nach Ungarn zurückkehren. Dies insbesondere auch deshalb, weil er dort schon Kontakte geknüpft hätte. Er sei der Ansicht gewesen, dass es für einen kurzen Besuch nicht notwendig sei, einen Aufenthaltstitel zu haben, wenn er in dem Land, das er besuche, nicht dauerhaft aufhältig bleiben wolle. Darauf deute auch sein Verhalten hin, dass er bei der fremdenpolizeilichen Kontrolle einen echten Reisepass herzeigte und nicht etwa seine Identität zu verschleiern versucht habe.

 

Aus Gründen des Verhäitnismäßigkeitsgebots und wegen der Formulierung des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG („um zu sichern") könne auch die Ausweisungsabsicht zur Rechtfertigung eines Freiheitsentzuges nur dann hinreichen, wenn die Verhängung der bzw. Anhaltung in Schubhaft tatsächlich notwendig sei, um die Außerlandesschaffung zu sichern.

 

Das erforderliche Sicherungsbedürfnis, welches die Anordnung von Schubhaft rechtfertigen könnte, liege beim Bf nicht vor.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft seien daher rechtswidrig.

 

Hinsichtlich der Verhängung gelinderer Mittel wird in der Beschwerde weiters ausgeführt, dass die Erstbehörde mangels ausreichender Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation des Bf auch nicht hinreichend begründet habe, weswegen in dessen Fall der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreicht werden könnte.

 

Es sei zwar richtig, dass der Bf in Österreich über keinen Wohnsitz verfüge, jedoch könne das gelindere Mittel auch gem. § 77 Abs. 3 Z 1 darin bestehen, in bestimmten, von der Behörde bezeichneten Räumen Unterkunft zu nehmen, weshalb die Begründung, das gelindere Mittel hätte mangels Wohnsitz in Österreich nicht angewendet werden können, ins Leere laufe. Da der Bf insbesondere selbst an seiner baldigen Rückkehr nach Ungarn und der Fortführung des dortigen Asylverfahrens interessiert sei, hätte die Weisung, bis zur Rücküberstellung nach Ungarn in bestimmten, von der Behörde bezeichneten Räumen Unterkunft zu nehmen, ausgereicht.

 

Die Schubhaft sei auch deshalb rechtswidrig.

 

Weiters liege ein Verstoß gegen die Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger („Rückführungsrichtlinie") vor. Da die Umsetzungsfrist für die Richtlinie bereits abgelaufen sei, wären die den Einzelnen betreffenden begünstigenden Richtlinienbestimmungen unmittelbar anwendbar und verdrängten ihnen widersprechende nationale Bestimmungen. Dass auch im Anwendungsbereich des Art 15 der Richtlinie die Entscheidung durch ein Tribunal erforderlich sei, bestätige die einschlägige Literatur. Wenn die Haft durch eine "administrative authority" angeordnet worden sei, hätten die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass die Anhaltung einer raschen richterlichen Überprüfung ("speedy judicial review by a court") unterzogen würden.

Dies sei im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen, da eine amtswegige Überprüfung nur durch die Verwaltungsbehörde selbst und eine Überprüfung durch ein unabhängiges Tribunal überhaupt erst nach vier Monaten vorgesehen sei.

 

Der angefochtene Bescheid verstoße daher auch gegen das Unionsrecht.

 

Aus all diesen Gründen sei nach Auffassung des Bf der Schubhaftbescheid sowie seine Festnahme und Anhaltung für rechtswidrig zu erklären.

 

2.1. Mit E-Mail vom 29.5.2013 wurde dem Oö. Verwaltungssenat durch die belangte Behörde mitgeteilt, dass der Bf sich nicht mehr in Schubhaft befände, da dieser am 22.5.2013 über Nickelsdorf nach Ungarn zurückgeschoben worden sei.

 

Mit Schreiben vom 4.6.2013 übermittelte die belangte Behörde den Fremdenpolizeiakt und führte in einer Gegenschrift im Wesentlichen aus, dass der Fremde nach rechtswidriger Einreise am 17.05.2013 gegen 23.40 Uhr von Beamten der API Ried im Innkreis auf der Innkreisautobahn A8 im Gemeinde­gebiet von X festgenommen worden sei. Der kosovarische Staatsangehörige habe sich folglich auf Grundlage des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 18.05.2013, Sich41-2-2013, in der Zeit von 18.05.2013, 15.00 Uhr, bis 22.05.2013, 10.00 Uhr, gemäß § 76 Abs. 1 FPG in Schubhaft befunden. Die Anhaltung habe der Sicherung der Zurückschiebung gedient. Lediglich aus behördlicher Vorsicht sei im Bescheidspruch auch noch auf alternative Formen einer Aufenthaltsbeendigung Bedacht genommen worden. Der Bf sei gemäß dem Rückübernahmeabkommen am 22.05.2013 um 10.00 Uhr gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 FPG nach Ungarn zurückgeschoben worden. Die Schubhaft sei nicht mehr aufrecht.

 

Hinsichtlich dem Beschwerdevorbringen führt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift im Wesentlichen aus, dass dieser insofern entgegen getreten werde, als sich die Behörde sehr wohl mit der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft, mit dem Sicherungsbedarf und der Nichtanwendung gelinderer Mittel einzelfallbezogen auseinandergesetzt habe. Wie aus der Begründung des Bescheides klar hervorgehe, sei die konkrete Situation des Fremden eingehend geprüft, sein mündliches Vorbringen entsprechend gewürdigt und der Sicherungsbedarf schlüssig dargelegt worden. Die Verhängung der Schubhaft stelle im vorliegenden Fall eine ultima-ratio-Maßnahme dar.

 

Maßgeblich für die Schubhaft sei die berechtigte Annahme gewesen, dass sich der Fremde einerseits den Maßnahmen zur Außerlandesschaffung entziehen würde und andererseits, dass der Zweck der Schubhaft durch die Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden könne:

 

Der Bf sei am 8.5.2013 unter Missachtung der Sichtvermerkspflicht illegal über Serbien nach Ungarn eingereist, wo er einen Asylantrag gestellt habe und am 9.5.2013 einvernommen worden sei. Bereits wenige Tage später habe er das ihm zugewiesene Flüchtlingslager verlassen, um unberechtigterweise über Österreich und Deutschland nach Brüssel zu gelangen. Im Zuge dieser illegalen Weiterreise sei der Kosovare am 17.5.2013 gegen 23.40 Uhr auf der Innkreisautobahn von einer Fahndungsstreife der API Ried im Innkreis aufgegriffen worden. Der Fremde weise in Österreich keinerlei soziale, familiäre oder berufliche Anknüpfungspunkte auf. Seine Angaben, er wolle lediglich 3-4 Tage besuchsweise nach Brüssel reisen, seien nachvollziehbar als Schutzbehauptung zu werten gewesen, immerhin habe er nur ein Busfahrkarte für die einfache Fahrt von Wien nach Brüssel und kein Rückfahrticket verwendet. Dass der Fremde die erste Teilstrecke von Budapest nach Wien mit einem Taxi gegen Bezahlung von 300 Euro zurückgelegt habe, passe auch nicht in das Bild einer angeblich "unbeschwerten Besuchsreise" nach Belgien. Auch angesichts der prekären finanziellen Lage des Fremden erscheine ein Verwandtschaftsbesuch quer durch Europa wenig glaubwürdig. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sich der Fremde seiner Rechtsposition in Ungarn – nämlich dass er das Lager X nicht ohne weiteres verlassen darf – durchaus bewusst gewesen sei und sich letztlich zur Vereitelung von Rückführungsmaßnahmen aus Ungarn absetzen habe wollen. Der Bf sei bei einer typischen Fluchtbewegung betreten worden. Konsequenterweise erscheine auf Grund des festgestellten Sachverhalts und des spezifischen Verhaltens des Fremden die Annahme gerechtfertigt, dass er sich bei Anwendung gelinderer Mittel dem Zugriff der Behörde durch Untertauchen entziehen und sofort wieder illegal in einen anderen EU-Mitgliedstaat weiter wandern werde. Offensichtlich stellte Ungarn nicht sein eigentliches Zielland dar. Dass der Fremde seinen kosovarischen Reisepass vorwies und in Österreich keinen Asylantrag stellte, vermochte die eminente Fluchtgefahr nach Auffassung der belangten Behörde nicht zu entkräften.

 

Die im Beschwerdeschriftsatz wiedergegebenen Rechtssätze bzw. Judikaturhinweise beträfen mitunter Fälle gemäß § 76 Abs. 2 FPG – also "Schubhaft gegen Asylwerber" – und gingen schon insoweit ins Leere.

 

Soweit ein Verstoß gegen die Richtlinie 2008/115/EG ins Treffen geführt werde, sei festzuhalten, dass das FPG im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union stehe.

 

Abschließend beantragt die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde unter Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes.

 

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint.

 

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang die seitens der belangten Behörde erfolgte Auskunft, dass der Bf am 22.5.2013 nach Ungarn zurückgeschoben worden ist.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. sowie 2.1. und 2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, der im Übrigen hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Punkte auch vom Bf nicht bestritten wird.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.  Gemäß § 82 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, in der Fassung BGBl. I 22/2013, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 FPG richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme – im vorliegenden Fall somit dem Gebiet der belangten Behörde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs. 4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 18.5.2013 von diesem Tag an bis zu seiner Zurückschiebung nach Ungarn am 22.5.2013 angehalten wurde, nachdem er auf der Grundlage des § 39 FPG im Gebiet der belangten Behörde festgenommen worden ist, weshalb der Oö. Verwaltungssenat gem. § 83 Abs. 1 FPG zur Entscheidung berufen ist. Die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich dabei aus § 6 Abs. 4a FPG.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist;

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 76 Abs. 6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 FPG oder Abs. 2a FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle verhängt.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

 

Gemäß § 80 Abs. 1 bzw. 2 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

    1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;
    2.  vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.4. Zu den Schubhaftgründen:

3.4.1. Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Bf zu keinem Zeitpunkt ein in Österreich anhängiges Asylverfahren vorweisen konnte. Somit war der Bf als Fremder anzusehen, weshalb die belangte Behörde den bekämpften Schubhaftbescheid somit zu Recht dem Grunde nach auf den Schubhaftgrund des § 76 Abs 1 FPG stützte.

 

Die belangte Behörde legte nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates dem angefochtenen Schubhaftbescheid somit zu Recht § 76 Abs. 1 FPG zugrunde. Die Schubhaft wurde im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung – zu Recht – zur Sicherung der Zurückschiebung angeordnet. Es kann daher – wie auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift richtig ausführt – dahinstehen, ob die Schubhaft im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung darüber hinaus auch der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung, eines Aufenthaltsverbotes oder auch der Sicherung einer Abschiebung oder Durchbeförderung diente.

 

3.5. Aus der "Kann-Bestimmung" des Abs. 1 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren bzw. der Abschiebung, Zurückschiebung oder Durchbeförderung iSd § 76 Abs. 1 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.5.1. Vorweg ist anzumerken, dass eine einzelfallbezogene Prüfung im Ergebnis jedenfalls einen hinreichenden Sicherungsbedarf des Bf begründete.

 

Wie sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt eindeutig und unstreitig ergibt, reiste der Bf am 8.5.2013 illegal in Ungarn ein, wo er umgehend einen Asylantrag stellte und in ein Flüchtlingslager verbracht wurde. Bereits am 16.5.2013 fuhr der Bf nach Budapest weiter, von wo aus er mit einem Taxi gegen ein Entgelt von 300 Euro nach Wien reiste und dort einen Tag später mit einem Bus nach Brüssel fahren wollte. Der Bf wurde allerdings als Insasse dieses Busses auf seiner Weiterreise nach Brüssel von Beamten der Autobahnpolizei Ried/Innkreis in Fahrtrichtung Deutschland einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und in weiterer Folge in Schubhaft genommen.

 

Der Bf wollte daher – wie die belangte Behörde zu Recht in Form einer Prognoseentscheidung annahm – sein Endziel Brüssel raschest möglich erreichen. Die belangte Behörde ging daher zu Recht von einem besonders hohen Maß an Sicherungsbedarf aus, war aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles doch auch für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unzweifelhaft, dass der Bf auf freiem Fuß belassen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in die Anonymität untergetaucht wäre, um auf illegalem Weg seine Reise nach Brüssel fortzusetzen. Das in der Beschwerde vorgebrachte Reisemotiv, dass der Bf eine Verwandte in Brüssel besuchen wollte, erhärtet diese Einschätzung zusätzlich.

So ist es für den Oö. Verwaltungssenat im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der konkreten Umstände durchaus naheliegend, dass der Bf sein Endziel Brüssel ehest möglich erreichen wollte, um dort mit entsprechender Unterstützung der von ihm genannten Verwandten in der Anonymität zu leben oder allenfalls sogar in einem weiteren Asylverfahren sein Glück zu versuchen.

 

Auch die Tatsache, dass der Bf kurz nach seiner Asylantragstellung in Ungarn in Richtung Brüssel aufbrach – nachdem er im Flüchtlingslager entsprechend Kraft schöpfen und seine Weiterreise zu seinem Endziel planen und organisieren konnte – indiziert dabei die grundlegende Intention des Bf, nicht in Ungarn das Ergebnis des von ihm selbst angestrengten Asylverfahrens abzuwarten, sondern vielmehr raschest möglich in einen für ihn attraktiveren Mitgliedsstaat weiterzureisen.

 

Dabei kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass es sich bei der Angabe des Bf, dass er nach 3-4 Tagen Aufenthalt in Brüssel selbsttätig nach Ungarn zurückgekehrt wäre, um eine bloße Schutzbehauptung handle, was im Übrigen auch die Tatsache belege, dass das Busticket des Bf kein Rückfahrtsticket beinhaltet. Das Vorbringen der Beschwerde, dass der Bf aufgrund seiner Rückreisewilligkeit nach Ungarn keinen Asylantrag in Österreich gestellt hätte, und dass der Bf im Übrigen der Ansicht gewesen sei, für einen Kurzbesuch in Brüssel keinen Aufenthaltstitel zu benötigen, führt dabei zu keinem anderen Ergebnis der vorzunehmenden Prognoseentscheidung. Einerseits bekräftigt der Umstand, dass der Bf in Österreich keinen Asylantrag stellte, dessen Absicht, auf schnellstem Wege sein Endziel Brüssel zu erreichen, um dort – unterstützt von einer Verwandten – in der Anonymität zu leben oder gegebenenfalls einen weiteren Asylantrag zu stellen. Andererseits ist einem Fremden, der wie der Bf bereits mehrere illegale Grenzübertritte tätigte um in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union Asyl zu erlangen und diese Grenzübertritte auch entsprechend organisieren und planen musste, schon bei objektiver Betrachtungsweise jedenfalls klar erkennbar, dass ein weiterer Grenzübertritt nach Einleitung eines Asylverfahrens ohne Abstimmung mit den zuständigen nationalen Behörden jedenfalls nicht legal und damit unrechtmäßig ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Information seitens der ungarischen Behörden, dass sich der Bf vom Flüchtlingslager nur mit Genehmigung entfernen hätte dürfen (vgl. das im Akt einliegenden Informationsschreiben der LPD Burgenland an die API Ried vom 18.5.2013, Z E1/9031/2013). Schließlich zeigt auch der Umstand, dass sich der an sich mittellose Bf eine 300 Euro teure Taxifahrt nach Wien leistete, um dort mit einem Bus nach Brüssel weiterzufahren, und nicht eine kostengünstigere Reisemöglichkeit von Budapest aus wählte, dass dem Bf die Illegalität seines Grenzübertrittes nach Österreich sehr wohl bewusst war und er davon ausgegangen sein dürfte, auf diese Art und Weise am problemlosesten von den Behörden unentdeckt nach Wien zu gelangen. Auch ist der belangten Behörde darin beizupflichten, dass angesichts der prekären finanziellen Lage des Fremden ein kurztägiger Verwandtschaftsbesuch quer durch Europa wenig glaubwürdig erscheint.

 

Die belangte Behörde konnte daher nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates zu Recht von einem besonders hohen Sicherungsbedarf ausgehen, war aufgrund der konkreten Situation des – weder sozial noch familiär gebundenen – jungen, gesunden und arbeitsfähigen Bf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass dieser auf schnellstem Wege zu seiner Verwandten nach Brüssel reisen wollte, um dort mit deren Unterstützung in der Anonymität – gegebenenfalls unter Stellung eines weiteren Asylantrages – leben zu können. Eine – wie vom Bf in der Beschwerde vorgebrachte – nach wenigen Tagen beabsichtigte Rückkehr nach Ungarn, um dort sein Asylverfahren zu Ende zu führen, ist auch für den Oö. Verwaltungssenat im Rahmen der vorzunehmenden Prognoseentscheidung nicht nachvollziehbar.

 

Das konkrete Verhalten des Bf zeigt auch deutlich seine grundsätzlich negative Haltung staatlicher Autorität gegenüber. Anstatt den Ausgang seines Asylverfahrens in Ungarn abzuwarten, entschied sich der Bf binnen ausgesprochen kurzer Zeit für eine Weiterreise unter illegalen Grenzübertritten nach Brüssel.

 

Wenn auch eine Ausreiseunwilligkeit für sich allein betrachtet keinen entsprechenden Sicherungsbedarf begründet, so führt eine Gesamtbetrachtung sämtlicher konkreter Umstände des Einzelfalles jedenfalls zu der Annahme, dass der Bf, auf freiem Fuße belassen, bei nächster Gelegenheit in die Anonymität abgetaucht wäre, um seine Reisebewegung in Richtung Brüssel fortzusetzen und einer Zurückschiebung nach Ungarn zu entgehen.

 

Mag es auch zutreffen, dass der Bf mit seiner wahren Identität und einem echten Reisedokument den Behörden gegenüber auftrat, so ändert dies im Rahmen einer abwägenden Gesamtbetrachtung aber freilich nichts an dem Umstand, dass ein entsprechend hoher Sicherungsbedarf im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung bestand. Insbesondere begründet die auf der Hand liegende Absicht des Bf, nach Brüssel zu reisen um dort mit der Unterstützung seiner Verwandten in der Anonymität – oder allenfalls unter Stellung eines weiteren Asylantrages – zu leben, sowie die wiederholten illegalen Grenzübertritte, gepaart mit der grundsätzlich negativen Haltung behördlichen Verfahren und Anordnungen gegenüber, die Annahme, dass der Bf sich, auf freiem Fuß belassen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der österreichischen Behörden entzogen hätte.

So bedarf es für ein funktionierendes Fremdenrechtssystem einer ständigen Erreichbarkeit und Zugriffsmöglichkeit auf den Fremden seitens der Behörde. Dass dies im vorliegenden Fall aber auch durch gelindere Mittel nicht erreicht werden hätte können, zeigt das Gesamtverhalten des Bf in eindrücklicher Weise; der Bf hat durch sein bisheriges Verhalten klar gezeigt, dass er behördlichen Anordnungen nicht entsprechend Folge leistet und staatliche Autorität nicht respektiert. So war dem Bf etwa sehr wohl bewusst, dass er sich vom ungarischen Flüchtlingslager nur mit Genehmigung der ungarischen Behörden hätte entfernen dürfen.

 

Diese Angaben ließen bereits im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung den vorliegenden Fall daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung in einem besonderen Licht erscheinen und von daher in einem erhöhten Grad ein Untertauchen des Bf befürchten. Diesen gegenständlich gehäuften besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls standen dabei auch im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft keine entsprechend bemerkenswerten Anhaltspunkte gegenüber, die den Schluss gerechtfertigt hätten, es sei anzunehmen, dass der mittellose Bf sich auf freiem Fuß belassen den österreichischen Fremdenbehörden zur Verfügung gehalten hätte.

 

Aufgrund des geschilderten bisherigen Gesamtverhaltens hat der Bf unter Beweis gestellt, dass er die Rechtsordnungen der EU sowie Österreichs nicht respektiert und behördlichen Anordnungen grundsätzlich keine entsprechende Folge leistet; auch vor illegalen Grenzübertritten scheut der Bf dabei nicht zurück. Allein sein Untertauchen in Form einer illegalen Weiterreise nach Brüssel binnen kürzester Zeit nach seiner Asylantragstellung in Ungarn verdeutlicht seine negative Einstellung gegenüber der Ernsthaftigkeit staatlicher Autorität. Sein gesamtes bisheriges Verhalten ist auch als Beleg für die grundsätzliche Haltung des Bf zu werten, keine Mittel ungenützt zu lassen, um nach Brüssel zu gelangen, um dort in der Anonymität leben zu können. Der Bf hätte sich – auf freiem Fuß belassen – fraglos binnen kürzester Zeit dem Zugriff der Behörde entzogen um – nicht zuletzt aufgrund seiner flexiblen Lebensgestaltung und seinem Reiseziel Brüssel – in die Anonymität abzutauchen und in weiterer Folge durch einen neuerlichen illegalen Grenzübertritt Richtung Brüssel weiterzureisen.

 

3.5.2. Im Rahmen einer abwägenden Gesamtbetrachtung sämtlicher dargelegter Besonderheiten des konkreten Einzelfalles war daher auch nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates ein erheblicher Sicherungsbedarf des Bf jedenfalls zu bejahen. Der Bf hätte sich – auf freiem Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörde entzogen, um sein endgültiges Reiseziel Brüssel weiter zu verfolgen. Der Bf hätte sich auch nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates zu jedem Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Schubhaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Verfahren entzogen und wäre für eine rechtmäßige Außerlandesbringung nicht mehr greifbar gewesen.

 

Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass der Bf mit allen Mitteln versucht hätte, seine eigenen Absichten in Bezug auf seinen Aufenthalt schnellst möglich durchzusetzen und nach Brüssel weiterzureisen.

 

Aufgrund des geschilderten bisherigen Gesamtverhaltens hat der Bf unter Beweis gestellt, dass er die Rechtsordnungen der EU sowie Österreichs nicht respektiert und behördlichen Anordnungen keine entsprechende Folge leistet; auch vor illegalen Grenzübertritten scheut der Bf dabei nicht zurück. Sein gesamtes bisheriges Verhalten ist auch als Beleg für die grundsätzliche Haltung des Bf zu werten, keine Mittel ungenützt zu lassen, um sich nach Brüssel durchzuschlagen.

 

3.6. Damit schied auch die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise im konkreten Fall grundsätzlich aus. Eine tägliche Meldepflicht oder Unterkunftnahme etwa hätte den Zweck der Schubhaft aufgrund der erheblichen Gefahr, dass der Bf auf freiem Fuß belassen in die Anonymität untertaucht bzw. auf illegalem Wege Richtung Brüssel weiterreist, nicht gewährleisten können. So hielt etwa auch die behördliche Unterbringung des Bf im ungarischen Flüchtlingslager diesen nicht davon ab, seine illegale Weiterreise Richtung Brüssel binnen kurzer Zeit anzutreten.

 

Sowohl die belangte Behörde als auch das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates hat im Rahmen einer Prognoseentscheidung daher keinen Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft auch durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden hätte können.

 

3.7. Die Schubhaftverhängung und Anhaltung in Schubhaft war zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit stand das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

3.8. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf in Österreich keinerlei familiäre Bezugspunkte hat; Gegenteiliges wird auch vom Bf selbst nicht vorgebracht.

Der Bf ist demzufolge zusammengefasst weder im sozialen noch im familiären Bereich integriert.

 

3.9. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 leg.cit. darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

Diese gesetzlich normierte Frist war somit im vorliegenden Fall bei Weitem nicht ausgeschöpft. Auch war das Ziel der Schubhaft aus Sicht der belangten Behörde zu jedem Zeitpunkt der Schubhaft erreichbar, was schon allein die bereits am 22.5.2013 erfolgreich vorgenommene Zurückschiebung des Bf nach Ungarn bestätigt.

 

3.10. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer Anhaltung des jungen und gesunden Bf in Schubhaft entgegengestanden wären.

 

3.11. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 18,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. L u k a s

 

 

 

 

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