Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231338/2/Gf/Rt

Linz, 13.06.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des G, vertreten durch RA Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf  vom 16. Mai 2013, Zl. Sich96-57-2013, wegen einer Übertretung des Pyrotechnikgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des  Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf  vom 16. Mai 2013, Zl. Sich96-57-2013, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 15 Euro) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 22. Dezember 2012 ein pyrotechnischer Gegenstand der Kategorie F4 ohne die erforderliche CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 26 Abs. 1 zweiter Satz des Pyrotechnikgesetzes, BGBl.Nr. I 131/2009 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 50/2012 (im Folgenden: PyrTG), begangen, weshalb er nach § 40 Abs. 1 Z. 1 PyrTG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten auf Grund einer Anzeige der Polizeiinspektion P als erwiesen anzusehen und vom Rechtsmittelwerber auch nicht bestritten worden sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei das Zusammentreffen mehrerer Übertretungen als erschwerend zu werten gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 22. Mai 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Mai 2013 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin wird eingewendet, dass der Rechtsmittelwerber wegen des ihm angelasteten Verhaltens bereits in einem gerichtlichen Verfahren zu einer Geldbuße verurteilt worden sei.

Daher verstoße das angefochtene Straferkenntnis gegen das Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 des 7.ZPMRK, weshalb dessen Aufhebung und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt wird.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zu Zl. Sich96-57-2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 40 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 Z. 3 PyrTG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro zu bestrafen, der pyrotechnische Gegenstände ohne CE-Kennzeichen i.S.d. § 22 PyrTG in Verkehr bringt.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen Feuerwerksköper der Kategorie F4 i.S.d. § 11 Z. 4 PyrTG handelte, der vom Beschwerdeführer durch Verkauf an einen Dritten in Verkehr gebracht wurde, obwohl dieser Gegenstand nicht mit einem CE-Kennzeichen versehen war.

 

Weiters ergibt sich aus der Mitteilung des Bezirksanwaltes Steyr vom 11. März 2013, Zl. 13 BAZ 78/13g-2, dass von der Staatsanwaltschaft Steyr auf Grund der Anzeige der PI P vom 4. Jänner 2013, Zl. A1/27/01/2013 bzw. des Abschlussberichtes der PI P vom 22. Jänner 2013, Zl. B6/2/2013, gegen Rechtsmittelwerber ursprünglich ein Ermittlungsverfahren wegen eines Vergehens gegen § 88 Abs. 1 StGB geführt, von einer weiteren Verfolgung jedoch gemäß § 200 Abs. 5 StPO deshalb zurückgetreten wurde, weil die Voraussetzungen des § 198 StPO vorliegen und der Beschwerdeführer einen Geldbetrag zu Gunsten des Bundes geleistet hat. Dieses gerichtliche Verfahren ist damit rechtskräftig erledigt.

 

Dieselbe Anzeige bzw. derselbe Abschlussbericht liegt auch dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde. Damit handelt es sich aber – worauf es seit dem Urteil des EGMR vom 10. Februar 2009, 14939/03 (Fall Zolotukhin), entscheidend ankommt – um eine identische Faktenlage und damit um dieselbe Sache i.S.d. Art. 4 des 7. ZPMRK; dass diese nach nationalem Recht allenfalls unter verschiedene Tatbestände zu subsumieren ist, ist seitdem irrelevant (vgl. statt vieler z.B. VwSen-231318 vom 15. März 2013, m.w.N.). Nach dieser Grundrechtsgarantie ist es vielmehr ausgeschlossen, dass eine weitere Verfolgung – und erst recht eine weitere Bestrafung – erfolgt, sobald hinsichtlich dieser Faktenlage eine rechtskräftige Erledigung vorliegt.

 

Daran, dass eine Diversionsentscheidung – hier: die Leistung einer Geldbuße von 850 Euro, die zum Rücktritt der Staatsanwaltschaft von einer weiteren Verfolgung geführt hat – eine in diesem Sinne rechtskräftige Verfahrensbeendigung verkörpert, kann aber kein Zweifel bestehen.

 

3.3. Davon ausgehend erweist sich die verwaltungsbehördliche Verfolgung und Bestrafung im gegenständlichen Fall als ein Verstoß gegen Art. 4 des 7.ZPMRK.

 

Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des  Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

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