Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253327/2/Py/TO/Hu

Linz, 16.05.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.in Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5. Oktober 2012, GZ: BZ-Pol-76067-2011, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.              Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.            Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5. Oktober 2012, BZ-Pol-76067-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z 5 lit b iVm § 18 Abs.12 AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 17 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Auftraggeber in x, ab 24.10.2011, zumindest jedoch am 28.10.2011 (Zeitpunkt der Kontrolle) Leistungen (Dacharbeiten) des rumänischen Staatsbürgers x, geb. x, der als Mitarbeiter der Fa. x, entsendet wurde, in Anspruch genommen, obwohl keine Entsendebewilligung oder Beschäftigungsbewilligung vorliegt und diese nur dann nicht erforderlich ist, wenn die Ausländer ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gem. § 7 Abs.1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG) sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Die Entlohnung betrug € 300,--/Monat."  

 

In der Begründung ihrer Entscheidung verweist die belangte Behörde auf den Verfahrensgang und die Rechtsgrundlagen und führt zusammengefasst aus, dass die im Spruch beschriebene Verwaltungsübertretung aufgrund der Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels als erwiesen anzusehen ist. Dem Beschuldigten ist es in seinen Rechtfertigungen nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Als strafmildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und das sehr geringfügige Verschulden gewertet, daher kam § 20 VStG zur Anwendung und konnte die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

2.  Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw mündlich bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung vom 18. Oktober 2012. Darin bringt der Bw vor, dass er nicht Auftraggeber des Herrn x gewesen sei, sondern Auftraggeber gegenüber jener Firma, die Herrn x beschäftigt habe.  Er sei bei der Auftragsvergabe gewissenhaft vorgegangen und hätte geprüft, ob die Firma tatsächlich über einen Gewerbeschein verfügt. Weitere Anhaltspunkte, dass die Firma x gegen arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften verstoße, wären für ihn als Privatperson nicht feststellbar gewesen.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 22. Oktober 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

5. Über die vorliegende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1.    sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und

2.    die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7 Abs.1 Z 1 bis 3 und Abs.2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGB Nr. 459/1993 idgF, sowie dies sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

 

Die zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

 

Nach § 28 Abs.1 Z 5 lit.b AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 18 Abs.12 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, in Anspruch nimmt, obwohl § 18 Abs. 1 Z 1 oder 2 nicht erfüllt ist und – im Fall der lit. b – auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

5.2. Der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt muss im Sinn des § 44a VStG und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit allen rechtserheblichen Merkmalen nach Ort und Zeit umschrieben werden. Der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene (unverwechselbare) Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit, aber auch für die Umschreibung von anderen – nach dem Tatbestand der übertretenen Rechtsvorschriften maßgeblichen – Umständen genügt. Diese Rechtschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs.2 VStG vorliegt oder nicht (vgl. VwGH vom 26.6.2003, Zl. 2002/09/0005).

 

Das vom Bw in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis wird den Anforderungen des § 44a VStG jedoch nicht gerecht.

 

§ 18 Abs.12 AuslBG enthält eine, der Dienstleistungsfreiheit Rechnung tragende Sonderbestimmung für die Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen von Ausländern, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Dienstleistung nach Österreich entsandt werden. Das Vorliegen einer Entsendung aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union stellt daher ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dar. Es geht aus dem Spruch der für die Anwendung dieser Bestimmung wesentliche Tatbestand, nämlich der im EU-Ausland gelegener Betriebssitz des entsendeten Unternehmens, nicht hervor.

 

Das von der belangten Behörde dem Bw zur Last gelegte Tatverhalten ist daher mangelhaft. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reichen im Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens nicht aus (vgl. VwGH vom 13.1.1982, Zl. 81/03/0203). Da das inkriminierte Verhalten dem Bw innerhalb der Verfolgungsverjährung nicht zur Last gelegt wurde, war es auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses entsprechend zu ergänzen. Das angefochtene Straferkenntnis war daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr.in Andrea Panny

 

 

 

 

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