Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281526/23/Kl/TK/BRe

Linz, 13.06.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, x, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.2.2013, Ge96-151-2012/HW, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 8.5.2013 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und  das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.           Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.2.2013, Ge96-151-2012/HW, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 21 Abs. 1 AM-VO verhängt, weil er als gem. § 9 Abs. 2 VStG 1991 bestellter verantwortlicher Beauftragter (verantwortlich für die Einhaltung sämtlicher Arbeitnehmerschutzvorschriften) der Arbeitgeberin x AG für die Filiale (zugleich Dienstort) x, Geschäftsanschrift: x, folgende Übertretung der Arbeitsmittelverordnung zu verantworten hat:

Ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz hat im Zuge einer Unfallerhebung festgestellt, dass am 04. September 2012 in der Arbeitsstätte der x AG im Filialbetrieb x, x, in der Elektroabteilung der Arbeitnehmer x (geb. x) mit Arbeiten auf einer Palette stehend beschäftigt und diese Palette mit einem Hubstapler (elektrischer Gabelhubwagen des Herstellers x, Type x, Hersteller Nr. x, Bj. 2008) – der nur zum Heben von Lasten bestimmt ist – von einem zweiten Arbeitnehmer gehoben wurde. Es wurde kein Arbeitskorb am Stapler benutzt.

 

Dadurch wurde § 21 Abs. 1 AM-VO übertreten, wonach auf Arbeitsmitteln, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, Arbeitnehmer/innen nur befördert werden dürfen, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe. Ein Befördern von Arbeitnehmer/innen auf Hubstaplern ohne Arbeitskorb ist verboten.

 

2.           Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein funktionierendes Kontrollsystem bestehe, weil der Beschuldigte die Einhaltung sämtlicher Vorschriften täglich persönlich überwacht hätte und auch die Teamleiter permanent Kontrollaufgaben ausgeübt hätten. Eine Erfolgshaftung sei dem österreichischen Strafverfahren grundsätzlich fremd. Der in Rede stehende Arbeitsunfall sei aufgrund einer Unachtsamkeit von x, der sehr ungeschickt auf das beförderte Kühlgerät zugegriffen habe, geschehen und nicht aufgrund der Beförderung durch den Hubstapler. Der Unfall sei nicht zu verhindern gewesen, da ein solches grob unvernünftiges Verhalten des Verunfallten niemand vorhersehen habe können. Auch lägen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 VstG vor. Die Unbescholtenheit des Beschuldigten sei nicht in ausreichendem Maße gewertet worden.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2013 , zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektorin x, x, x und x geladen und einvernommen. Insbesondere werden die in der mündlichen Verhandlung vom Arbeitsinspektorat vorgelegten und zur Niederschrift genommenen Lichtbilder des Polizeiaktes sowie die in der mündlichen Verhandlung vorgewiesene Sicherheitsunterweisung zugrunde gelegt. Auf die Ladung und Einvernahme der weiteren Teamleiter als Zeugen wurde in der mündlichen Verhandlung von den Parteien verzichtet.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber ist mit Urkunde vom 1.11.2011, beim Arbeitsinspektorat eingelangt am 15.11.2011, zum verantwortlichen Beauftragten des Arbeitgebers x AG, x, mit Dienstort Filiale x, x, mit dem sachlichen Bereich „Einhaltung sämtlicher Arbeitnehmerschutzvorschriften“ und räumlichen Bereich „Filiale x, x“ bestellt.

Bei der Unfallserhebung hat die Arbeitsinspektorin x festgestellt, dass am 4.9.2012 in der Filiale x der x, x, in der Elektroabteilung der Arbeitnehmer x, geb. am x, mit Arbeiten auf einer Palette stehend beschäftigt und auf dieser Palette mit einem Hubstapler (elektrischer Gabelhubwagen), welcher nur zum Heben von Lasten bestimmt ist, von einem zweiten Arbeitnehmer hochgehoben wurde. Am Stapler war kein Arbeitskorb befestigt und benutzt. Der Arbeitnehmer hatte von seinem Teamleiter x die Anweisung Kühlgeräte auf den Lagerboden auf das Dach zu transportieren. Konkrete Anweisungen, dass der Hubstapler zu verwenden ist, wie er zu verwenden ist, worauf zu achten ist, hat es für diesen Vorgang durch den vorgesetzten Teamleiter nicht gegeben. Dem Arbeitnehmer waren zwei Praktikanten von Herrn x zugeteilt. Der Arbeitnehmer hat diesen Praktikanten eine Einweisung hinsichtlich der Betätigung des Hubstaplers gegeben. Der Praktikant hat dann auch den Arbeitnehmer nach seinen Anweisungen mit dem Hubstapler hochgehoben. Der Arbeitnehmer hatte eine Einschulung und die Genehmigung zum Fahren des Hubstaplers. Es gab auch grundsätzlich die Anweisung, dass eine Personenbeförderung ohne Arbeitskorb mit dem Hubstapler nicht erlaubt ist. Arbeitskörbe standen in der Arbeitsstätte zur Verfügung. Auch gab es grundsätzlich eine Einweisung, dass Praktikanten nicht zum Betätigen des Hubstaplers verwendet werden dürfen und auch dass nicht auf den Hubstapler ohne Sicherheitskorb hinaufgestiegen werden darf. Der Arbeitnehmer hat an das Verbot nicht gedacht. Es war eine Spontanhandlung. Eine andere Vorgehensweise wäre insofern möglich gewesen, selber mit der Leiter auf den Zwischenboden aufzusteigen, dann die Kühlgeräte mit dem Hubstapler hochzuheben und diese Kühlgeräte dann vom Zwischenboden aus in Empfang zu nehmen. Eine diesbezügliche Anweisung konkret für den Arbeitsvorgang gab es nicht. Der unmittelbar vorgesetzte Teamleiter x war am 4.9.2012 nicht im Baumarkt anwesend. Seine Vertretung ist Frau x. Der Arbeitnehmer hat auch am Vortag mit Frau x Kontakt gehabt. Am Unfallstag hat er keine Meldung gemacht, dass er den Hubstapler fahre. Den Hubstapler hat der Arbeitnehmer nur selten in Betrieb. Neben Lagerarbeiten führt er auch Verkaufsarbeiten durch.

Der Teamleiter, konkret für die Elektroabteilung Herr x, geht regelmäßig täglich durch die Abteilung. Werden Missstände gesehen, so gibt es eine Verwarnung. Der Berufungswerber selbst ist der Verkaufsleiter und macht stichprobenartig Kontrollen im Betrieb. Am 4.9.2012 war er nicht im Betrieb anwesend.

Der Arbeitnehmer hat eine Einweisung für den Hubstapler mündlich durch den Teamleiter sowie auch durch die Sicherheitsfachkraft und wird ein Zeugnis ausgestellt. Er hat auch einen Staplerführerschein.

Es gibt eine schriftliche Sicherheitsunterweisung, in welcher auch hingewiesen wird, dass der Diesel- und der E-Stapler nur mit erfolgreich absolvierter spezieller Ausbildung (Staplerschein) verwendet werden darf. Außerdem ist eine interne Fahrerlaubnis, ausgestellt von der Marktleitung, erforderlich. „Das Mitfahren von weiteren Personen auf dem Stapler ist, wie auch das Anheben von Personen, ausgenommen mit einem Sicherheitskorb, strengstens untersagt.“

Die Lagerung von Geräten auf diesem Zwischenlagerboden ist eher als Ausnahme zu sehen, weil es sich dabei um überschüssige Geräte handelt. Eine schriftliche Anweisung hinsichtlich des konkreten Arbeitsvorganges der Beschickung dieses Zwischenlagerbodens mit Hubstapler oder mit Leiter, über das Anlegen der Leiter, hinsichtlich der Vorgehensweise bei der vorhandenen Tür zum Dekoraum gibt es nicht. In den wöchentlichen Teamleiterbesprechungen wird auch auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften hingewiesen.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich insbesondere auf die vorliegenden Fotos sowie die Aussagen der einvernommenen Zeugen und die Angaben des Berufungswerbers. Daraus ist der Sachverhalt einwandfrei erwiesen. Die Zeugen waren glaubwürdig und widersprachen sich in den wesentlichen Teilen nicht. Es kam klar hervor, dass es eine konkrete Anweisung für den konkreten Arbeitsvorgang weder schriftlich noch mündlich gab. Es kam auch weiters hervor, dass es zwar generell eine Einweisung und Unterweisung hinsichtlich des Verwendens des Hubstaplers gab, sich der Arbeitnehmer aber konkret den Anweisungen widersetzte. Eine konkrete Kontrolle des Arbeitsvorganges vor Ort gab es nicht.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 21 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO dürfen für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden. Auf Arbeitsmitteln, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, dürfen ArbeitnehmerInnen nur befördert werden, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe.

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Aufgrund des erwiesenen und festgestellten Sachverhaltes ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt. Es waren keine Schutzeinrichtungen für die Personenbeförderung wie Arbeitskörbe verwendet worden. Es wurde daher in unzulässiger Weise der Hubstapler zur Beförderung von Lasten und Personen verwendet. Der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG hat die Übertretung verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Wenn vom Berufungswerber eingewendet wird, dass der Unfall auch nicht zu vermeiden gewesen wäre, wenn der Arbeitnehmer mit einer Leiter auf den Zwischenboden hinaufgestiegen wäre und dort dann das Kühlgerät in Empfang genommen hätte, so ist ihm entgegen zu halten, dass nicht der Unfall selbst strafbar ist, sondern unabhängig davon, ob ein Unfall passiert und Personen verletzt werden, das strafbare Verhalten in der Benutzung des Hubstaplers für die Personenbeförderung, obwohl der Stapler nur für die Beförderung von Lasten bestimmt war und keine besonderen Einrichtungen für die Personenbeförderung vorhanden waren. Konkrete Unfallsfolgen sind nicht Element des Tatbestandes.

 

5.2. Der Berufungswerber macht mangelndes Verschulden geltend, weil der Arbeitnehmer unterwiesen war, es auch eine schriftliche Sicherheitsunterweisung gibt und auch sowohl durch den Berufungswerber als auch durch den verantwortlichen Teamleiter als Vorgesetzten Kontrollen durchgeführt werden.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinne dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Berufungswerbers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere hat das Beweisverfahren gezeigt, dass der verantwortliche vorgesetzte Teamleiter zum Tatzeitpunkt im Betrieb nicht anwesend war, auch für den Fall seiner Abwesenheit zwar Arbeit zugeteilt hat, allerdings keine Anweisungen für den Fall seiner Abwesenheit bzw. für die Vorgangsweise bei den konkret angeschafften Arbeiten vorgegeben. Auch wusste die im Vertretungsfall verantwortliche Teamleiterin nicht über den Arbeitsvorgang des Arbeitnehmers Bescheid und führte ebenfalls zum Tatzeitpunkt keine Kontrollen durch. Der Berufungswerber selbst führt nur stichprobenartige Kontrollen im Betrieb durch. Es ist daher einwandfrei erwiesen, dass ein lückenloses Kontrollnetz nicht vorhanden war. Insbesondere fehlt es an konkreten Anweisungen betreffend den konkreten Arbeitsschritt des Arbeitnehmers. Wenn auch der Arbeitnehmer grundsätzlich eine Schulung und einen Staplerführerschein hat, so ist doch hervorzuheben, dass die Lagerarbeiten bzw. Arbeiten mit dem Hubstapler eher selten von ihm durchgeführt werden, und dass eben für den Fall solcher Arbeiten keine Anweisungen konkret vorliegen. Mangels Anweisungen und mangels eines lückenlosen Kontrollnetzes war es daher auch möglich, dass der Arbeitnehmer ohne Willen des Arbeitgebers entgegen den grundsätzlichen Einschulungen und Anweisungen gehandelt hat, ohne Arbeitskorb sich hinaufheben ließ und darüber hinaus noch für diese Tätigkeiten Praktikanten herangezogen hat. Es war daher jedenfalls Verschulden, nämlich zumindest fahrlässiges Verhalten gegeben. Vielmehr hat der Berufungswerber nicht aufgezeigt und unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus, gleiches gilt für eine Verwarnung für einen festgestellten Verstoß (VwGh vom 24.9.2010, Zl. 2009/01/0097-5 mit weiteren Judikaturnachweisen).

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat in der Begründung des Straferkenntnisses zu Recht auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen. Insbesondere hat sie auf die Gesundheitsgefährdung bzw. tatsächlich eingetretene Gesundheitsbeeinträchtigung des Arbeitnehmers hingewiesen. Die nachteiligen Folgen waren beim Unrechtsgehalt der Tat zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat sie strafmildernd die Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet. Die persönlichen Verhältnisse wurden mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.200 Euro, keinem Vermögen und Sorgepflichten für ein Kind berücksichtigt. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Die verhängte Geldstrafe befindet sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Im Hinblick auf die Schwere der Tat ist sie durchaus tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst. Eine Herabsetzung war daher nicht gerechtfertigt.

Geringfügigkeit des Verschuldens liegt hingegen nicht vor, da das Verhalten des Berufungswerbers nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt und daher eine der kumulativ erforderlichen Voraussetzungen nach § 21 VStG nicht vorliegt. Darüber hinaus sind auch nachteilige Folgen eingetreten. Es war daher nicht von einer Strafe abzusehen. Auch war nicht ein Überwiegen der Milderungsgründe festzustellen, da insbesondere die Unbescholtenheit allein hiefür nicht ausreicht. Es war daher auch nicht die außerordentliche Milderung nach § 20 VStG anzuwenden.

Es war daher die Strafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro, festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

 

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