Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523409/12/Zo/AK

Linz, 06.06.2013

 

                                                                                                                                                                                                           

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn x, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. x, x x, x x, vom 21.02.2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 06.02.2013, Zl. VerkR21-30-2013, wegen Entziehung der Lenkberechtigung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.05.2013, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Z1 AVG iVm §§ 24 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z4, 26 Abs.3 Z1, 29 Abs.3 und 30 FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Bescheid die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B für den Zeitraum von 2 Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides entzogen. Weiters hat sie ausgesprochen, dass sich diese Entziehung auch auf eine allfällige von einer Behörde eines EWR-Staates erteilte oder innerhalb der Entziehungsdauer erteilte ausländische Lenkberechtigung erstreckt und dem Berufungswerber das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung in Österreich Gebrauch zu machen. Der Berufungswerber wurde aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich ab Rechtskraft des Bescheides bei der Behörde abzuliefern.

 

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass der Berufungswerber am 05.03.2012 um 11.23 Uhr auf der Bx an einem näher genannten Ort auf einer Freilandstraße die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 60 km/h überschritten habe.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass die Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgrund des rechtskräftigen Abschlusses des Strafverfahrens zwar daran gebunden sei, dass der Berufungswerber eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen habe, dass sich diese Bindungswirkung jedoch nicht auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung beziehe. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt wäre daher verpflichtet gewesen, bezüglich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung ein eigenes Ermittlungsverfahren durchzuführen und dazu den beantragten Lokalaugenschein durchzuführen. Die Behörde habe an der Verhandlung vor dem UVS Niederösterreich nicht teilgenommen und könne bereits aus diesem Grund die Glaubwürdigkeit des Zeugen GI x nicht beurteilen. Die Behörde habe auch trotz seines Antrages die Verwendungsbestimmungen nicht beigebracht, weshalb Zweifel bestehen, ob die Behörde in diese überhaupt Einsicht genommen und die Angaben des Zeugen x diesbezüglich überprüft habe.

 

Die Behörde habe auch nicht berücksichtigt, dass der UVS die Geldstrafe auf 250 Euro herabgesetzt habe, was ebenfalls eine Indiz dafür sei, dass er tatsächlich nicht so schnell gefahren sei, wie ihm ursprünglich vorgeworfen wurde.

 

Der Berufungswerber machte weiters Ausführungen zu den vom Zeugen GI x behaupteten Überprüfungen des Lasergerätes und führte nochmals aus, dass keinesfalls erwiesen sei, ob die tatsächliche Entfernung für die 0 km/h-Messung ca. 200m betragen habe. Sei dies nicht der Fall, so dürfe die Messung jedoch nicht verwertet werden.

 

In rechtlicher Hinsicht führte der Berufungswerber aus, dass die Behörde unzulässigerweise keine Wertung des Vorfalles gemäß § 7 Abs.4 FSG vorgenommen habe. Er sei zum jetzigen Zeitpunkt sicher nicht verkehrsunzuverlässig. Der Verwaltungsgerichtshof habe bisher lediglich ausgesprochen, dass bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung eine Entziehung der Lenkberechtigung jedenfalls dann nicht mehr gerechtfertigt sei, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Verfahrens mehr als 1 Jahr verstrichen sei und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist. Daraus ergibt sich lediglich, dass nach Ablauf einer Jahresfrist der Entzug der Lenkberechtigung jedenfalls unzulässig ist. Der VwGH schließe aber keinesfalls aus, dass auch bereits vor Ablauf dieser Jahresfrist die Entziehung der Lenkberechtigung unzulässig sei. Dies ergebe sich insbesondere aus den Entscheidungen zu Zl. 2005/11/0156 sowie 2005/11/0114.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistdt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.05.2013. An dieser haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Berufungswerber ist im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B. Er lenkte am 05.03.2012 um 11.23 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen x in x auf der Bx und hielt bei Km 19,083 eine Geschwindigkeit von 160 km/h ein. Diese Geschwindigkeit wurde von GI x mit einem Laserverkehrsgeschwindigkeitsmessgerät der Marke TRUSPEED mit der Nummer 4873 festgestellt. Dieses Messgerät war gültig geeicht und der Zeuge x hat vor Beginn der Messungen die Überprüfungen des Lasergerätes durchgeführt. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Verhandlungsprotokoll des UVS Niederösterreich vom 14.01.2013. Der Vertreter des Berufungswerbers hat diese auch nicht in Frage gestellt. Er hat lediglich die richtige Durchführung der Überprüfungen des Lasergerätes bestritten und dazu die Durchführung eines Lokalaugenscheines beantragt. Diesen begründete er damit, dass nach seiner Erfahrung bei Lasermessungen nur an Ort und Stelle überprüft werden könne, ob die vorzunehmenden Kontrollen richtig durchgeführt worden seien. Dies betreffe insbesondere das vom Zeugen x angeführte Verkehrszeichen in einer Entfernung von ca. 200m, auf welches er die 0 km/h-Messung durchgeführt habe.

 

Der Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines war abzuweisen, weil es sich dabei um einen bloßen Erkundungsbeweis handelt. Der Vertreter des Berufungswerbers konnte nicht darlegen, aus welchen Gründen die Behauptung des Zeugen, wonach er die Überprüfung anhand eines Verkehrszeichens in einer Entfernung von ca. 200m durchgeführt habe, unrichtig sein soll. Der bloße Umstand, dass bei einer anderen Lasermessung an einem anderen Ort kein geeigneter Gegenstand für eine Überprüfung der Visiereinrichtung in einer Entfernung von ca. 200m vorhanden war, reicht nicht aus, um Bedenken an der Aussage des Zeugen x vor dem UVS Niederösterreich zu erwecken. Im Übrigen war der Beweisantrag auch aus rechtlichen Gründen (siehe unten die Ausführungen zur Bindungswirkung des Straferkenntnisses) abzuweisen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.    die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.    die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder

2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat im Fall der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung, sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1 oder 2 vorliegt, die Entziehungsdauer

            1. zwei Wochen,

            2. wenn die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um    mehr als 60 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 70 km/h        überschritten worden ist, sechs Wochen,

            3. wenn die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um    mehr   als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 90 km/h        überschritten worden ist, drei Monate

zu betragen. Bei wiederholter Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren hat die Entziehungsdauer, sofern in keinem Fall eine Qualifizierung im Sinne der Z. 2 oder 3 gegeben ist, sechs Wochen, sonst mindestens sechs Monate zu betragen. Eine nach Ablauf von zwei Jahren seit der letzten Übertretung begangene derartige Übertretung gilt als erstmalig begangen.

 

5.2. Der Berufungswerber wurde rechtskräftig bestraft, weil er auf einer Freilandstraße anstelle der erlaubten Geschwindigkeit von 100 km/h eine Geschwindigkeit von 160 km/h eingehalten hatte. Sowohl von der Bezirkshauptmannschaft Zwettl als auch vom UVS Niederösterreich wurde ausdrücklich die Strafnorm des § 99 Abs.2e StVO 1960 angewendet. Entsprechend dieser Bestimmungen begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu 6 Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Die Anwendung der Strafnorm des § 99 Abs.2e StVO 1960 setzt voraus, dass außerhalb des Ortsgebietes  eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 50 km/h begangen wurde. Daraus ergibt sich, dass die Führerscheinbehörde aufgrund der Rechtskraft des Strafbescheides nicht nur daran gebunden ist, dass der Berufungswerber eine Geschwindigkeitsüberschreitung (in irgendeiner Höhe) begangen hat sondern aufgrund der Anwendung der Strafnorm des § 99 Abs.2e StVO 1960 durch die zuständige Strafbehörde auch daran gebunden ist, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer Freilandstraße mehr als 50 km/h betragen hat. Dieser Schluss ergibt sich auch aus der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960: Aus der Anwendung dieser Bestimmung durch die Strafbehörde ergibt sich für die Führerscheinbehörde bindend, dass der Betroffene auch jene Sachverhaltselemente begangen hat, aus welchen sich die Erfüllung des Tatbestandes nach § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 ergibt (VwGH 23.4.2002, 2002/11/0063).

 

Die vom Vertreter des Berufungswerbers angeführte Judikatur, wonach keine Bindung der Führerscheinbehörde an das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung bestehe, stammt noch aus jener Zeit, als alle Geschwindigkeitsüberschreitungen nach der Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 bestraft worden und die Bestimmung des § 99 Abs.2e StVO 1960 noch nicht gegolten hat. Diese Regelung wurde mit BGBl I Nr. 15/2005 mit Wirkung vom 2.4.2005 (damals noch in § 99 Abs. 2c Z 9 StVO) eingeführt, seither hat der VwGH – soweit ersichtlich – seine Rechtsprechung, dass keine Bindung an die von der Strafbehörde festgestellte Höhe der Geschwindigkeit besteht, nicht mehr wiederholt.

 

Soweit sich der Berufungswerber darauf bezieht, dass der Vorfall bereits mehr als 1 Jahr zurückliegt und er sich seither wohl verhalten hat, ist er auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach bereits die Einleitung des Führerscheinentzugsverfahrens innerhalb 1 Jahres ausreichend ist. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung für eine relativ kurze Zeit wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung handelt es sich nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes um eine Erziehungsmaßnahme. Sie ist im § 26 FSG als "Sonderfall der Entziehung" geregelt. Bei diesen Sonderfällen hat bereits der Gesetzgeber die im § 7 Abs.4 FSG grundsätzlich vorgesehene Wertung der bestimmten Tatsachen vorweggenommen, weshalb die Entziehung für die im § 26 FSG vorgesehene Mindestdauer auch dann zulässig ist, wenn der Vorfall schon längere Zeit zurückliegt und der Berufungswerber sich in dieser Zeit wohl verhalten hat. Die Berufung war daher abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 26. September 2013, Zl.: 2013/11/0163-3

 

 

 

 

 

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