Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523443/4/Zo/AK/CG

Linz, 10.06.2013

 

                                                                                                                                                                                                           

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau x, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x x vom 21.03.2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 07.03.2013, Zl. 07/469962, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Z1 AVG iVm § 24 Abs.4 FSG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat der Berufungswerberin (Bw) im angefochtenen Bescheid vorgeschrieben, sich innerhalb eines Monates amtsärztlich untersuchen zu lassen. Weiters wurde ihr aufgetragen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde innerhalb der von der Amtsärztin festgelegten Frist beizubringen. Sie wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass sie dieser Aufforderung nicht nachkommen sollte bzw. die geforderten Befunde nicht innerhalb der festgelegten Frist beibringen würde, ihr die Lenkberechtigung entzogen würde.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Bw zusammengefasst aus, dass nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig ist, wenn aktuelle Bedenken an der gesundheitlichen Eignung bestehen. Derartige aktuelle Zweifel seien bei ihr aber nicht berechtigt. Sie sei verkehrsrechtlich unbescholten und habe keinerlei Probleme bei der Teilnahme am Straßenverkehr.

 

Es sei unfair, dass die BH Braunau am Inn einen Vorfall aus dem Jahr 2006 (Lenken eines PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von 0,81 mg/l) zur Begründung der jetzigen Aufforderung heranziehe. Sie habe nach der damaligen Entziehung die geforderten Untersuchungen durchgeführt und die Lenkberechtigung sei ihr wieder ausgefolgt worden.

 

Beim aktuellen Vorfall habe sie dem Polizisten gegenüber lediglich erwähnt, dass sie im Krankenhaus mit einer Psychologin gesprochen habe, welche ihr angeboten habe, wiederzukommen, sofern sie Probleme habe. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Es sei zu keinen weiteren Problemen mit ihrem Lebensgefährten mehr gekommen. Der Vorfall vom 31.10. des Vorjahres habe auch nichts mit der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr zu tun. Es sei daher nicht gerechtfertigt, ihre gesundheitlich Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu überprüfen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw wurde im Jahr 2006 wegen eines Alkoholdeliktes (0,81 mg/l) die Lenkberechtigung entzogen. Im Anschluss daran wurde ihr die Lenkberechtigung aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens auf 1 Jahr befristet erteilt, wobei sie in diesem Zeitraum alle 3 Monate CDT-Werte vorlegen musste. Diese Werte waren unauffällig, mit Bescheid vom 25.01.2008 wurde der Bw von der BH Braunau am Inn wiederum eine unbefristete und uneingeschränkte Lenkberechtigung erteilt.

 

Entsprechend einem Bericht der PI Mattighofen hatte sich die Bw am 31.10.2012 die Handgelenke mit einem Küchenmesser geritzt. Sie wurde deswegen ins Krankenhaus gebracht, entsprechend der vom Krankenhaus Braunau ausgeführten Verletzungsanzeige vom 09.01.2013 hat sich die Bw „im betrunkenen Zustand in mehr oder weniger suizidaler Absicht im Bereich des linken Handgelenkes mit einem Küchenmesser geschnitten“. Den Polizeibeamten gegenüber gab die Bw am 09.01.2013 an, dass sie zur damaligen Zeit (Ende Oktober 2012) Alkohol- und psychische Probleme gehabt habe. Sie sei psychiatrisch betreut worden und seither habe es keine Vorfälle mehr gegeben.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß   § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

5.2. Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) nach wie vor begründete Bedenken an der gesundheitlichen Eignung bestehen (z.B. VwGH 27.9.2007, 2006/11/0143). Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters bereits mehrmals ausgesprochen, dass der bloße Konsum von Alkohol (wenn auch in hohen Mengen) ohne Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen und ohne entsprechende Anhaltspunkte für eine Alkoholabhängigkeit keine Bedenken im Sinne des § 24 Abs.4 FSG begründet, die die Behörde ermächtigen, den Betreffenden zur amtsärztlichen Untersuchung aufzufordern (VwGH 21.9.2010, 2010/11/0126).

 

Die Bw hat nach einem Alkoholdelikt im Jahr 2006 im Jahr 2007 vier Mal unauffällige CD-Tect-Werte vorgelegt. Daraufhin wurde ihr die Lenkberechtigung wieder ohne Einschränkungen erteilt, was bedeutet, dass die BH Braunau am Inn damals von der uneingeschränkten gesundheitlichen Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausgegangen ist. Beim aktuellen Vorfall von Oktober 2012 hatte die Bw zwar offenkundig Alkohol konsumiert, es gibt jedoch keine Anhaltspunkte auf die Höhe der Alkoholisierung bzw. die Häufigkeit des Alkoholmissbrauchs. Bei diesem Vorfall hat die Bw auch kein Kraftfahrzeug gelenkt. Der einmalige Vorfall führt auch unter Berücksichtigung des Alkoholdeliktes aus dem Jahr 2006 nicht zur konkreten Befürchtung, dass die Bw alkoholabhängig sei. Zum Selbstmordversuch vom 31.10.2012 ist anzuführen, dass dieser offenbar auch vom Krankenhaus Braunau nicht als besonders schwerwiegend eingestuft wurde, weil sich ansonsten die Formulierung im Befund „in mehr oder weniger suizidaler Absicht“ nicht erklären ließe. Dieser Vorfall stand auch in keinem Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges und es ist nicht ersichtlich, inwieweit sich dieser Vorfall auf die Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen auswirken würde. Bei psychischen Erkrankungen ist eine Einschränkung der Lenkberechtigung jedoch nur dann berechtigt, wenn sich diese Erkrankung tatsächlich negativ auf die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auswirken kann. Weiters liegt der Vorfall inzwischen (nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Zeitpunkt der Berufungsentscheidung relevant) mehr als 7 Monate zurück und die Bw war seither völlig unauffällig.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände bestehen momentan keine begründeten Bedenken an der gesundheitlichen Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen, weshalb ihrer Berufung stattzugeben war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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